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Symphony X

 
2007-10-01 DE – Hannover - AWD-Hall
2007-10-07 DE – Düsseldorf - Philipshalle

Dajana: Ein DREAM THEATER Konzert ist eigentlich immer ein Highlight, auch wenn ich gestehen muss, dass keines der nachfolgenden Konzerte die Magie der Music In Progress-Tour 1993 (in Bonn in der Biskuithalle – eine der ewigen Top-10 Shows!) erreichen konnte. Nun denn, viel Zeit ist seitdem vergangen, welche DREAM THEATER zu Proggöttern hat werden lassen. Live haben sie sich schon immer rar gemacht, so dass ein Konzert nicht nur ein Muss, sondern auch ein musikalischer Genuss der Extra-Klasse ist.
Mit dem nunmehr neunten Album Systematic Chaos im Gepäck und dem 15-jährigen Jubiläum von Images And Words auf dem Buckel, begeben sich die New Yorker ProgRock-Helden auf ausgedehnte Welttour.
Der Andrang in der Düsseldorfer Philipshalle war groß (verbunden mit dem üblichen Parkplatzproblem), wenn auch nicht ausverkauft. Ich schätze mal... 6000 Fans waren da.
Moonchild: Ich habe sogar irgendwo 6500 gelesen und von vorne sah die Halle auch ziemlich voll aus. Ganz so viele waren es in Hannover dann doch nicht: 2200 Fans sind nach der kurzfristigen Verlegung vom Capitol noch in die AWD-Hall gepilgert, die dann auch ordentlich gefüllt war.
Dajana: Die Getränkepreise in der Philipshalle waren happig, schlimmer noch die Garderobenpreise.
Reverend: Ja, das ist immer unglaublich! In der AWD-Hall sah das ähnlich aus.
Dajana: Aber inzwischen hab ich gelernt, das es noch schlimmer geht. Man nehme den Ringlokschuppen in Bielefeld. Die nehmen dann doch glatt für 0,3l ganze 3 Euro. Das schafft nicht mal Kölle... tststs. Aber auch beim Merchandise langte man hier gut zu und als akkreditierte Fototante gab es einmal mehr den üblichen Zirkus (dankenswerterweise musste man aber nicht nach den 3 Songs die Kameras abgeben, außerdem war die Security ausgesprochen nett zu uns ;)). Den Zirkus hatten andere auch... denn man sammelte gnadenlos alle Handy- und Digicam-Wütige beim Fotografieren aus der Menge, sofern man sie gewahr wurde. Sehr seltsam das Ganze…
Moonchild: ...die Seltsamkeit kann ich aufklären, in Hannover war man nämlich im Vergleich einigermaßen gnädig mit Handys und Digicams: also muss diese Ungnade in Düsseldorf darauf zurückzuführen sein, dass der offizielle deutsche Fanclub The Mirror die Show dort gefilmt hat.
Reverend: Da auf der Live In Bucharest DVD (Official Bootleg) auch schon ein paar Filmchen enthalten sind, die von The Mirror geschossen wurden, darf man durchaus gespannt sein, was die Jungs sich diesmal ausgedacht haben.
Ich finde dieses Fotoverbot übrigens eigentlich - auch wenn mich nun Schläge treffen – gar nicht so schlecht, denn es nervt schon ziemlich, wenn während des gesamten Konzerts Journalisten im Fotograben rumspringen oder Leute einem von links und rechts ihre Handys vor das Gesicht halten. Trotzdem sollte natürlich eine angemessene Berichterstattung durch die Magazine möglich sein.
Dajana: Also... wir springen ja nicht die ganze Zeit da rum, sondern maximal für 3 Songs. Maximal... denn manchmal werden wir ja auch schon nach einem oder anderthalb Songs rausgescheucht...

:: Fotos ::

Dajana: In blutrotes Licht getaucht starteten .: SYMPHONY X :. pünktlich um 20 Uhr. Während das Licht statisch und eben ganz rot blieb, zeigte sich die Band ausgesprochen variabel, sehr agil und spielfreudig. Russell Allen sprudelte nahezu über vor Energie, fegte über die Bühne und suchte permanent Kontakt zum Publikum, während er eine grandiose Nummer nach der anderen vom aktuellen Album Paradise Lost ins Publikum schmetterte, welches förmlich an Allen’s Lippen hing und der Band ein entsprechendes Feedback lieferte. Ich habe hier SYMPHONY X zum ersten Mal bewusst und richtig live erlebt (und nicht nur im Vorbeigehen bei Festivals) und war hin und weg! Mr. Allen ist auf der Bühne ein wahrer Entertainer, richtiggehend packend und die Band insgesamt kam unglaublich sympathisch rüber. Das war ne Hammershow, ich sag’s euch! Fehlte nicht viel und SYMPHONY X hätten den Headliner an die Wand gespielt. Das konnte auch der recht mäßige Sound nicht trüben... Die knapp gespielten 40 Minuten waren dann auch Ruck Zuck wieder vorbei. Hmm… schade… Trotzdem ne arschgeile und kurzweilige Geschichte!
Moonchild: Ich fand SYMPHONY X auch wirklich gut - ich hatte aber auch eigentlich nichts anderes erwartet! Russell Allen ist ja wohl eine Erscheinung! Und seine Interaktion mit dem Publikum ist unglaublich! Ich hatte den Eindruck, dass die Jungs in Hannover auch ähnlich gut drauf waren wie in Düsseldorf.
Der Sound - na gut - was will man von nem Vorband-Equipment erwarten, aber dafür haben sie mächtig gerockt! Und in Hannover spielten sie noch einen Song mehr als geplant, obwohl Russells Micro schon abgestellt gewesen war - aber die Fans wollten mehr. Vielleicht auch, weil SYMPHONY X schon begonnen hatten zu spielen, als noch längst nicht alle Leute in der Halle waren. Wir hatten uns auch gewundert, dass wir kaum unsere Plätze in der ersten Reihe ergattert hatten und schon das Licht ausging. Einige Fans haben diesen furiosen Auftritt wegen dieser knappen Zeitplanung leider verpasst und waren mächtig enttäuscht - verständlich! Also: SYMPHONY X müssen als Headliner her!
Reverend: Ich muss sagen, dass ich SYMPHONY X seit einer Weile aktiv verfolge und der Meinung bin, dass diese geniale Band absolut unterbewertet ist. Sowohl was das Songwriting als auch was die instrumentalen Fähigkeiten der Musiker angeht, sind sie mit das Beste, was man da draußen so findet. Gerade auch diese herzerfrischend persönliche Art, ein Konzert zu zelebrieren, findet man bei Bands dieser Größenordnung einfach viel zu selten. Davon können sich auch Dream Theater ruhig noch eine Scheibe abschneiden, denn so feurig wie mit Russell Allen und seinen Jungs wurde es an diesen beiden Abenden später nicht nochmal!
Setlist: Intro, Set The World On Fire (The Lie Of Lies), Domination, The Serpent’s Kiss, Paradise Lost, Inferno (Unleash The Fire), The Walls Of Babylon, Of Sins & Shadows

Dajana: Nach einem unglaublich flinken Umbau von nur 20 Minuten legten .: DREAM THEATER :. mit einem Medley-Intro und diversen Filmausschnitten zu den Videos los.
Moonchild: Habt ihr das Bühnenequipment gesehen? Vom Feinsten! Das war übrigens in Düsseldorf noch üppiger als in Hannover – also vor allem die Beleuchtung, aber auch die Deko. Und Portnoys Schießbude fand ich ja erst richtig hässlich mit dem ganzen Plexiglas/Acryl, aber es zaubert wundervolle Lichteffekte im Zusammenspiel mit der Beleuchtung.
Dajana: Jau, genau, fand ich auch. Dieser Aufbau war schon beeindruckend. Generell war die Bühne ganz im Stile von Systematic Chaos dekoriert: die Ampel in der Mitte über der Bühne (funktionierte auch, bei grün begann die Show), die Straßenlaterne und das DT-Schild. Und natürlich alles voll mit Ameisen, an der Ampel, an den Keys, in groß auf dem Boden, am Schlagzeug... überall Krabbelviecher mit bösen roten Augen ;) Apropos Keyboards… Jordan Rudess hat sich da ja eine nette Kollage zusammengebaut. Auf einer drehbaren Hand thronten mehrere Keyboards, ein weiteres stand gegenüber (das war das legendäre Haken Continuum, Anm. Moonchild ;)) und ein mobiles zum um den Hals hängen gab es auch noch. Jordan tobte sich dann auch richtig an den Tasten aus, löste sich hin und wieder, um an den Bühnenrand zu kommen und den Fans zu huldigen, die ihrerseits bei seinen Solos fast in Kreischattacken ausbrachen. Dem setzte Mr. Portnoy hinter seinem Kit noch eins drauf. Seine erzwungene Ortgebundenheit glich er mit akrobatischen Übungen und „Im-Stehen-Trommeln“ wieder aus ;) Dem gegenüber standen die beiden Johns, quasi als Ruhepole, denn beide agierten eher introvertiert, versanken in ihr Spiel. John Petrucci, der aussah wie der Mann aus den Bergen, kam dennoch immer wieder an den Bühnenrand, wo die Huldigungen der Fans ein Lächeln auf sein Gesicht zauberten.
Moonchild: Aber leider auch nur dann. Mir kam es so vor, als ob JP irgendetwas auf dem Herzen hatte in Düsseldorf. In Hannover wirkte er viel entspannter, fröhlicher. Er rockte richtig mit, suchte intensiv den Kontakt zum Publikum und stand nicht hauptsächlich ruhig über seine Gitarre gebeugt – und auch James ging nicht ständig zu ihm, um ihm den Arm um die Schultern zu legen. Spielerisch war er natürlich top, wie eh und je, einfach zum niederknien.
Was Jordan angeht: der Zen Riffer ist doch echt der Hammer! So ein cooles Design, eine klasse Idee. So können sich JP und JR endlich „gleichberechtigt“ am Bühnenrand solotechnisch duellieren ;)
Dajana: Mr. James LaBrie wiederum war meiner Meinung nach bei fantastischer Stimme; das hab ich auch schon wesentlich schlechter erlebt. Die Setlist war dahingehend auch recht klug angelegt, denn sie bot LaBrie auf Grund der vielen Solos – die im Übrigen ein ums andere Mal ziemlich genial waren, egal, ob sie nun von den Drums, Bass, Gitarre oder den Keys kamen – viel Freiraum, um seine Stimme zu schonen.
Moonchild: Ja, das stimmt schon, allerdings waren DT-Songs schon immer so aufgebaut, deswegen würde ich LaBries unbestritten gute stimmliche Verfassung eher auf seine neue Technik zurückführen, die er sich nach einer chronischen Kehlkopfentzündung vor ein paar Jahren angeeignet hat. Ich denke nicht, dass die Setlist da eine Rolle spielt, denn in Hannover gab es z.B. kein Keyboardsolo, aber James war auch dort in Top-Form – nicht nur stimmlich. Gleiches galt übrigens für das Konzert im Capitol vor zwei Jahren und dem Gig diesen Sommer in Bonn, wo ja die gesamte Images And Words gespielt wurde und er eine tadellose Performance bot, was ihm in Bezug auf dieses Album viele nicht zugetraut hatten.
Dajana: Trotz all dieser überschwänglichen Lobesbezeigungen gab es aber auch reichlich enttäuschte Gesichter ob der Setlist, die sich erwartungsgemäß auf das aktuelle Album Systematic Chaos und die letzten Veröffentlichungen konzentrierte. Ich würde lügen, wenn ich mich nicht über die alten Klassiker gefreut hätte, andererseits kann ich auch die Band verstehen, die nicht immer wieder die alten Kamellen ausbuddeln will, wenn man mit einem neuen Album auf Tour ist.
Moonchild: Das mit den enttäuschten Gesichtern kann ich immer nicht ganz nachvollziehen. Natürlich müssen sich DREAM THEATER Fans erst einmal daran gewöhnen, dass es keine An Evening With Shows mehr gibt und dass deswegen die Songauswahl limitiert ist. Klar dürfte auch sein, dass der Schwerpunkt immer auf dem neuesten Material liegt. Aber ansonsten sind die Setlists doch sehr ausgewogen. Gut, in Düsseldorf war kein Song von vor 1998 dabei, aber in Hannover gab’s sowohl Scarred als auch Surrounded. Dazu muss ich anmerken, dass der Song Surrounded, der ja in der Albumfassung schon hervorragend ist, durch das neue Arrangement und den einzigartigen Instrumentalteil ein Hochgenuss für den anspruchsvollen Hörer geworden ist – und einige wunderbar integrierte Zeilen aus Marillions Sugar Mice vom Album Clutching At Straws enthält. Ob das ein Gruß an Fish ist, der gerade mit diesem Album und seinem neuesten Solo-Werk 13th Star auf der Clutching At Stars-Tour ist? Oder darf man den Gerüchten glauben, dass DREAM THEATER ein neues “Cover-Projekt” in der Mache haben? Clutching At Straws würde ja thematisch optimal zu Portnoys bald beendeter Anonyme Alkoholiker Saga passen.
Also zurück zur Setlist: man sieht, dass es sich bei DT durchaus lohnt, ein Konzert mehr zu besuchen, da man dann noch den ein oder anderen Song mehr genießen darf.
Dajana: Ach ja *zustimm* ich würde generell am liebsten jede Band zwei- oder dreimal am Stück sehen, wenn man dafür nicht immer halb um den Planeten reisen müsste oder andersherum dem Arbeitgeber vor die Füße werfen müsste, um sich ein paar Tage Urlaub zu ergattern... *seufz*
Generell hat die Setliste aber der Stimmung keinen Abbruch getan, die war von Anfang bis Ende auf hohem Niveau. Insgesamt hatte die Show vielleicht ein bisschen was Distanziertes, Kühles an sich, liegt vermutlich an der Musik an sich und den musikalischen wie handwerklichen Fähigkeiten der Protagonisten auf der Bühne. LaBrie bedankte sich jedenfalls artig für den ungemein positiven Zuspruch und ließ die Meute ein ums andere Mal wissen, wie toll es ist, wieder in Düsseldorf zu spielen (sie taten das exakt am selbigen Tag zwei Jahre zuvor).
Moonchild: Ja, mit der Distanz der Band hast du definitiv Recht. Da sollten sich DREAM THEATER wirklich mal was von SYMPHONY X abgucken – ich hatte in Düsseldorf den Eindruck, dass James das auch schon in Teilen macht. Denn auch Prog muss ja nicht immer so super-ernst und ober-professionell dargeboten werden. Übrigens hat LaBrie Deutschland mal in einem Interview positiv erwähnt, was den Feierfaktor der Fans angeht – in einem Atemzug mit Italien und Brasilien, da kann man schon stolz drauf sein. Allerdings fällt mir immer wieder auf, dass im Norden Deutschlands – und da zähle ich Hannover absolut dazu – während der Konzerte sehr viel weniger abgerockt wird unter den Fans als weiter südlich – und damit meine ich auch schon Düsseldorf! Das haben diese beiden Abende auch wieder einmal exemplarisch gezeigt.
Setlist Hannover: Intro (Video/2007: An Ant Odyssey), Constant Motion, Panic Attack, Blind Faith, Surrounded ’07, The Dark Eternal Night, Home, Scarred, In The Presence Of Enemies Pt. 1 & 2 // Big Medley: It’s Raining (Trial Of Tears), Finally Free, Learning To Live, In The Name Of God, Razor’s Edge (Octavarium)
Setlist Düsseldorf: Constant Motion, Never Enough, Blind Faith, Endless Sacrifice, The Dark Eternal Night, (Keyboard-Solo), Lines In The Sand, I Walk Beside You, In The Presence Of Enemies Pt.1 & 2 // Big Medley - Its Raining (Trail Of Tears), Finally Free, Learning To Live, In The Name Of God, Razors Edge (Octavarium)

Dajana: So, für mich war das ein wirklich tolles Konzert mit einer dicken Überraschung bezüglich SYMPHONY X, die letztendlich und irgendwie dann doch die heimlichen Lieblinge und Headliner des Abends waren ;)
Moonchild & Reverend: Das können wir sowohl für Hannover, als auch für Düsseldorf nur unterstreichen :) Das soll nicht heißen, dass DREAM THEATER nicht auch hinreißend waren, aber man muss SYMPHONY X sicherlich als ebenbürtigen Act ernst nehmen und von daher war das für uns eine traumhafte Bandkombination.

 

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