2006-08-11 DE – Bad Berka
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Den Freitag eröffneten KILLING SPREE auf verhältnismäßig „gemütliche“ Art und Weise – keyboardlastige Angelegenheit, ihr Death Metal mit leichter Tendenz zum Black Metal und einigen Gothic-Anleihen. Damit zogen sie aber durchaus schnell schon die eine oder andere Hundertschaft vor die Bühne und letztendlich war die Resonanz, die sie bekamen, alles andere als schlecht – vor allem, wenn man ihre Position als erste Band bedenkt.

KAAMOS waren im Vorjahr ja kurzfristig ausgefallen und bekamen heuer die Chance, den versäumten Auftritt nachzuholen, was offenbar ganz im Sinne vieler Besucher war, denn die Band wurde mit lautem Jubel begrüßt und der Bereich vor der Bühne war jetzt wirklich schon erstaunlich voll. Vermutlich war auch einigen bekannt, dass dies die letzte Gelegenheit war, die Schweden live zu erleben, da sie ja schon vor einiger Zeit bekannt gegeben hatten, sich nach dem PARTY SAN auflösen zu wollen. Auf alle Fälle legten sie einen würdigen Abschluss hin. Sänger Karl Envall wirkte verdammt böse, wie er da das Stück Black Revelation herausbellte und auch der Rest der Band trug seinen Teil zu dieser letzten Machtdemonstration bei. Blood Of Chaos und Doom Of Man wurden abgefeiert, bevor Karl schließlich „the last song forever“, nämlich Prophesies ankündigte und wahrscheinlich den einen oder anderen Fan mit schwerem Herz hinterließ. Mächtig!

Bei SEVERE TORTURE waren wir uns vor 4 Wochen beim Kaltenbach Open Air in der Hinsicht einig gewesen, dass wir sie beide als äußerst öd empfanden, diesmal aber kamen sie deutlich fetter rüber. Der sympathische Sänger Dennis klang wieder einmal wie eine Klospülung. Stücke wie Impelled To Kill riefen noch mehr Begeisterung hervor als zuvor der Kaamos-Auftritt, vorläufiger Stimmungshöhepunkt war allerdings das beste Stück der Niederländer, Mutilation Of The Flesh, daran konnte auch der leichte Regen nichts ändern. Ziemlich starker Auftritt, und die Bezeichnung „öd“ möchte ich (Gunnar) somit etwas relativiert haben…

Die für kurzfristig für Dew-Scented eingesprungenen FALL OF SERENITY haben wir aus einer Reihe von Gründen nicht miterlebt, umso größer war die Aufmerksamkeit dann allerdings bei DESTRÖYER 666. Leder, Nieten, Raserei – Black Thrash vom allergeilsten! Black CityBlack Fire, Phoenix Rising und das besonders euphorisch begrüßte Australian And Antichrist ließen die Herzen der Freunde der alten Schule höher schlagen. Ganz klar der bisherige Höhepunkt! Und sicher hätten viele am Schluss lieber noch was von dem saugeilen eigenen Zeugs der Australier gehört, mussten aber mit dem nicht gerade dringend notwendigen Venom-Cover Live Like An Angel vorlieb nehmen.

Die ganz in Bandtradition blutrot beschmierten und in Felle gehüllten TURISAS begeisterten anschließend nicht nur die Folk Metal-Fans mit ihrem energiegelandenen Auftritt, der wie üblich mit As Torches Rise begann. Die Show, die vor allem der Live-Akkordeon-Spieler Ruka Ylitalo abzieht, muss man gesehen haben und auch das Ultra-Babygesicht Olli Vänskä an der Geige ist eine Nummer für sich. The Land Of Hope And Glory wurde lauthals mitgesungen, bevor zu Sahti-Waari wie immer der Pit am Toben war. Sänger Mathias Nygård widmete anschließend dem nach seinem schweren Unfall immer noch an den Rollstuhl gefesselten ehemaligen Gitarristen der Band, Georg Laasko, das eingängige One More. Auch von hier alles Gute an Georg! Nach einem kleinen bisserl Geigenwichserei ertönte dann das sehr epische Rex Regi Rebellis, bevor Battle Metal unter lautstarker Begleitung durch die Fans den Pflichtteil beendete. Danach gab es noch diese blödsinnige Cover-Session, die schon am Ragnarök-Festival genervt hat, wieder mit Eurovisionsfanfare, „Lambada“, Titelmelodien aus „Bonanza“ und „Dallas“ und weiterem überflüssigem Klumpert, das aber wenigstens nicht gar so in die Länge gezogen wurde wie damals. Insgesamt waren TURISAS am PARTY SAN deutlich kürzer und trotzdem wesentlich besser als auf besagtem Ragnarök. Einfach eine geile Live-Band.

Nachdem etwas mehr als eine Stunde zuvor die Lehrstunde in Sachen Leder, Nieten und Old School Black Thrash - Raserei mit Destroyer 666 zu Ende gegangen war, setzten NIFELHEIM da tatsächlich noch einen drauf. Und wie! Das nette an der Band ist ja, dass sie sich selbst nicht 100%ig ernst nehmen dürfte, auch wenn sie kein dümmliches Benehmen der Marke Illdisposed an den Tag legt. Einfach nur geiler pechschwarzer Rock’n’Roll mit großartiger Bühnenpräsenz (bitte mal die Fotos anschauen!). Stücke wie Satanic Sacrifice und The Final Slaughter versetzten die vielen Fans, die schon lange auf die Band gewartet hatten, in Ekstase und als die Band nach Storm Of Satans Fire von der Bühne marschierte, war jedem klar, dass man hier soeben das lang vermisste fehlende Glied zwischen Motörhead und Darkthrone gehört und gesehen hatte. Und weg war der letzte Sonnenstrahl!

Da aber am Freitag zum Unterschied vom Vortag die Todesblei-Fraktion gegenüber den Black Metal-Anhängern in der Überzahl war, hatten es CRYPTOPSY anschließend nicht allzu schwer, da noch begeistertere Reaktionen hervorzurufen. Es gibt aber auch wirklich kaum eine Band, die derartig brutalen und technischen Death Metal auf eine so dramatische und umklammernde Art präsentieren kann wie die Kanadier. Fett!

ENSLAVED sind eine der Bands, bei denen zumindest unsereiner immer auf möglichst viel Material der frühen Alben hofft. Diese Hoffnung wurde diesmal leider ganz und gar nicht erfüllt. Dabei fing es nach überlangem Soundcheck mit dem Frost-Knaller Loke äußerst vielversprechend an. Danach aber konzentrierten sich die Norweger hauptsächlich auf ihr neues Album Ruun (u.a. mit Essence und dem Titelstück) und boten daneben mit Isa und einem Stück von der Monumension-Scheibe auch nicht gerade die brachialsten Live-Fetzer. Sicher, das Zeugs kam mächtig und atmosphärisch und Grutle und Ivar sind auf der Bühne sowieso immer imposante Erscheinungen, aber beim alten Zeugs fliegt die Metal-Sau halt doch wesentlich heftiger. Es soll allerdings nicht verschwiegen werden, dass ENSLAVED ziemlich bejubelt wurden. Durch den langen Soundcheck hatte man sich jedoch selbst etwas von der Spielzeit abgezwackt und wurde daher früher als geplant von der Bühne beordert. Schade, wahrscheinlich wär ja da noch was Altes (wie der bewährte Live-Kracher Jotunblod) gekommen. Subjektiv eine etwas enttäuschende Angelegenheit, objektiv haben sie aber ziemlich abgeräumt.

Man erinnere sich an eine kleine kanadische Band und ihre Debüt EP The Mystical Gates Of Reincarnation sowie das darauffolgende Album Sorcery. Damals war oft die Rede von „archaischem und unstrukturiertem Krach“ (was völliger Quatsch ist), den sich „ja kaum einer anhören kann“. Und heute? Heute ist KATAKLYSM wahrscheinlich DIE Extrem-Metal-Band überhaupt, beliebt bei den meisten Todesmetallern, vielen Metalcorelern und jedem einigermaßen toleranten Thrasher. Die Band ließ den PARTY SAN Auftritt für eine DVD filmen. Dass aber der Fan-Zustrom derart groß war, liegt wohl weniger daran, dass manche auf eine persönliche Erwähnung im DVD-Abspann gehofft hatten, sondern musste jedem klar sein, der die Entwicklungen im Metal einigermaßen wach mitverfolgt. Glücklicherweise hat man auf der letzten Scheibe In The Arms Of Devastation wieder etwas mehr Melodien eingebaut und nicht nur auf monströse Groove-Walzen gesetzt. Vom Opener Like Angels Weeping an fraßen die Leute der Band willig aus der Hand und sorgten dafür, dass KATAKLYSM wohl der ganz große Sieger des Festivals waren. Gespielt wurde leider ausschließlich Zeugs von den letzten 4 Alben (nicht einmal die geniale Prophecy wurde berücksichtigt), wobei man Setlist-mäßig offenbar ein wenig auf Nummer sicher ging und keine Überraschungen einbaute. Where The Enemy Sleeps (unbegreiflich, dass diese fade Nummer so gut ankommt…), The Resurrected, As The Glorios Weep, As I Slither, Face The Face Of War und natürlich die Überhits Manipulator Of Souls und In Shadows And Dust sorgten für unumschränkte Begeisterung, ebenso wie die neuen Stücke Let Them Burn, Crippled And Broken und (zum Abschluss) The Road To Devastation. KATAKLYSM sind offenbar am Höhepunkt ihrer Karriere. Die Aufforderung „I wanna see some violence here in the front!“ wurde brav mit einigen Riesenpits befolgt. Maurizio zeigte zudem auch abseits der Bühne, dass er ein absolut sympatischer Zeitgenosse ohne Allüren geblieben ist. Ganz, ganz stark! Schade nur, dass während des gesamten Auftritts der Fotograben wegen der angeblichen pyrotechnischen Gefahr gesperrt war. Andere Bands (v.a. Hypocrisy, Marduk und Naglfar) hatten mehr Pyroeffekte und trotzdem einen offenen Fotograben.

HYPOCRISY ließen sich von all dem nicht beeindrucken und schlugen mit einer sehr starken Leistung zurück. Ließ der Starter Fractured Millenium, der bei der Mehrheit (inkl. mir – Hel) ziemlich einschlug, mich (Gunnar) noch eher befürchten, dass der Gig eine ähnlich fade Angelegenheit wie die Anti-X-Mas-Auftritte 2005 werden könnte, so wurde man im weiteren Verlauf eines besseren belehrt. Killing Art, Fire In The Sky und Osculum Obscenum sorgten für die Mobilisierung der letzten Reserven und als dann auch noch Impotent God ertönte, hatten die Schweden endgültig bewiesen, dass sie auch heute noch ihre Wirkung erzielen. Ebenso gut wurde das neue Zeugs (u.a. Warpath und die letzte Zugabe Let The Knife Do The Talking) aufgenommen. Herr Tägtgren lobte das Festival in den höchsten Tönen als ein „echtes Festival für Fans“ und servierte natürlich auch Roswell 47 und The Final Chapter, sodass auch wirklich keiner mehr was zu meckern haben durfte. Und gute Nacht!

 

story & pics © Gunnar & Hel