Mephisto:
Ich darf euch mal wieder zu einem hervorragendem Album gratulieren
– Have A Nice Trip ist meiner Ansicht nach ein
echter Hammer geworden! Wie sind die ersten Pressereaktionen
ausgefallen?
Volk-Man: Tja
bis jetzt alle sehr, sehr überschwänglich zu unserem
Erstaunen. Ich meine es ist ja nicht so das straighte Album,
welches man vielleicht erwartet hätte, sondern es ist ein
bisschen etwas anderes aber die Leute haben sich intensiv damit
auseinandergesetzt, das hat man auch gemerkt und das freut uns
natürlich.
Mephisto:
Im Vergleich zu All You Need Is Love bedeutet Have
A Nice Trip ja nochmals einen größeren stilistischen
Schritt von dem weg, was ihr früher gemacht habt. Du hast
ja in einem früheren Interview mal erwähnt, dass ihr
mit Skeleton keine experimentellen Sachen machen konntet –
und soweit ich mich erinnere, ist Sir G erst kurz vor der Fertigstellung
von All You Need Is Love dazugestoßen... mag
es sein, dass ihr jetzt erst euer wirkliches Potential entfalten
konntet?
Volk-Man: Ja
gut, Sir G hat auf den Songwriting-Prozess keinen direkten Einfluss,
weil er das spielt, was wir ihm quasi mit den Riffs vorgeben.
Natürlich denkt er sich das Drumming aus aber es ist natürlich
so, dass wenn man zu hause an der Gitarre sitzt man weiß,
da gibt es einen Drummer, der alles spielen will und alles spielen
kann, dann traut man sich auch völlig andere Sachen zu
machen, weil man weiß, man kann es zumindest einmal probieren.
Mephisto:
Genau das habe ich gemeint – in dem angesprochenen Interview
ging es darum, dass Skeleton hauptsächlich Blastbeats spielen
wollte...
Volk-Man: Genau.
Die Scheibe wäre mit ihm auch nicht zu machen gewesen.
Wir sind ja immer noch gut befreundet und fahren ihn öfters
mal besuchen und haben ihm natürlich die neue Scheibe auch
gleich vorgespielt und er hat gesagt „na gut 3-4 Songs
gefallen mir ja auch, aber der Rest uhhhh uhhhh...“. Aber
ich meine das ist ok, er ist halt so ein echter Death/Grind
Freak, der wollte immer seine OldSchool Geschichten durchziehen
und das ist auch in Ordnung.
Mephisto:
Wer hat denn hier bei den Aufnahmen zu Have A Nice Trip
wen geritten – der Teufel die Reiter oder sie ihn?
Volk-Man lachend: Beides
irgendwo ein bisschen. Eigentlich sollte die Scheibe ja im Sommer
aufgenommen werden, weil auch einige Songs drauf sind, die sag
ich mal ein helleres Licht werfen, nicht ganz so negativ sind
wie früher, aber wir waren natürlich verdammt in so
einem kleinen Kaff in Westfahlen in einem kleinen Studio zu
hausen, wo im Umkreis von 50 km wirklich nichts gewesen ist.
Also da hatte man schon manchmal das Gefühl, dass einem
die Decke auf den Kopf fällt und man musste sich teilweise
wirklich zusammenreißen, dass man nicht den ganzen Tag
völlig dem Siechtum verfallen ist. Aber ansonsten sag ich
mal so – stecken wir dem Teufel am liebsten die Zunge
raus, das entspricht eher unserem Naturel.
Mephisto:
Eumel heißt laut Presseinfo nun Fuchs – was hat
es mit diesem Namenswechsel auf sich?
Volk-Man: Ich
kann dazu natürlich jetzt nicht sonderlich viel sagen,
weil das eine persönliche Entscheidung von ihm ist. Soweit
ich weiß, ist Eumel für ihn jemand, der er früher
war, den er dargestellt hat – nun hat er zum Teil sehr
lange Reisen unternommen, hat viele neue Dinge kennen gelernt
und sagt er sei jetzt einfach ein anderer Mensch. Ich kenne
ihn schon seit wir in die Schule gekommen sind und gerade im
Vergleich zu den letzten 4-5 Jahren ist er jetzt wirklich ein
wesentlich positiv denkenderer Mensch und sieht das Gute, wo
er früher eigentlich oft das Schlechte gesehen hat und
er wollte, denke ich, diesem inneren Wandel auch mit dem anderen
Namen Ausdruck verleihen.
Mephisto:
Eine Band, die mir beim hören eures neuen Albums in den
Sinn kommt ist die EAV...keine Ahnung warum, aber es ist so
– kennst du die vielleicht?
Volk-Man: Die
Erste Allgemeine Verunsicherung? Ja, die kenne ich noch so aus
Kindertagen...
Mephisto:
Ich bin wahrscheinlich der einzige, der diesen Vergleich anstellt...
Volk-Man: Dazu
kenne ich die Alben nicht gut genug...
Mephisto:
Ich habe selten ein extremes Metal-Album mit dermaßen
vielen Einflüssen gehört – wirft bei euch einfach
jeder seine Zutaten in den Topf und dann kommt das dabei heraus?
Volk-Man: Man
könnte es sich einfach machen und es so sagen. Nun wir
sind sicherlich keine Band, bei der nur einer komponiert, wobei
Fuchs sicherlich mit dem Dr. Pest zusammen sehr viel Material
schreibt, aber es steht eigentlich trotzdem immer alles im Proberaum
zur Diskussion und das Arrangement macht halt die Band zusammen.
Es ist so, dass unglaublich viele Sachen reinkommen –
auch vom Drummer – der ist ein unglaublicher Freak von
so Trip Hop und Jazz Sachen und dadurch wird das alles noch
ein bisschen verrückter als es von Haus aus schon ist.
Grundsätzlich ist es schon interessant zu sehen, wenn man
über viele, viele Monate hinweg Songs schreibt und man
hat die auf Tapes und fügt die dann im Studio zusammen
und merkt erst dann eigentlich wie weit teilweise die Stimmungen
auseinanderdriften. Aber das ist einfach ein natürlicher
Prozess – ich weiß auch nicht, was ich morgen für
ein Riff schreibe. Das ist einfach – in dem Moment schreibt
man etwas, man nimmt es in den Proberaum mit und sagt „ich
finds gut, wie findet ihr’s?“ und wenn die anderen
meinen, dass es ok ist, dann wird es eben erst mal verwendet.
Was sicherlich eine Rolle spielt ist, dass wir einfach auch
im Laufe der Zeit gegenüber anderen Stilen noch offener
geworden sind, als wir es früher schon waren – einfach
so vom persönlichen Geschmack wenn man zu Hause Musik hört
– da habe ich eigentlich fast gar keine Beschränkung.
So gibt es viele Sachen, die man entdeckt und man ist innerlich
auch nicht mehr so blockiert was andere Stile angeht.
Mephisto:
Ich glaube bei der Musik kommt es hauptsächlich auf die
Emotionen an – wenn die stimmen ist auch nichts dagegen
einzuwenden, wenn man andere Elemente einbaut.
Volk-Man: Ja.
Mephisto:
Wie sieht es eigentlich mit den Vorurteilen euch gegenüber
aus? Ich glaube vor allem bei den ersten Alben hat es gewisse
Leute gegeben, die mit euch nicht ganz klargekommen sind. Hat
sich das mittlerweile gebessert?
Volk-Man: Generell
sind die REITER immer noch eine Band, die polarisiert.
Also da gibt es schon immer noch sehr viel Unverständnis
– manche Leute verstehen nicht wie wir sind, weil für
sie die Band nicht in irgendeinen Raster passt und dadurch nicht
irgendwie unterstützungswert ist. Man erwartet halt von
einer Death Metal Band, dass die irgendwie mit verschränkten
Armen auf Fotos abgelichtet werden und auf der Bühne auf
eine ganz bestimmte Art und Weise agiert und da gibt es vielleicht
auch immer noch Leute, die damit nicht so ganz klar kommen.
Aber da kümmern wir uns in dem Moment auch gar nicht so
drum, weil’s auch unheimlich viele Leute gibt, die sagen
es ist halt eine Band, die man nicht wirklich einordnen kann
aber irgendwie ist es auch die einzige Band, die so was macht,
also ist es für mich auch irgendwie eine Bereicherung.
Mephisto:
Was darf man für die Zukunft erwarten? Werden die REITER
noch abgedrehter?
Volk-Man: Also
auf Krampf abgedrehter wollen wir nicht werden. Es ist einfach
so – unser Hauptziel ist immer, nachvollziehbare Songs
zu schreiben, die irgendwie ein bisschen in den Arsch treten,
auch wenn sie langsam sind. Sie müssen dich irgendwie packen.
Das ist immer das Wichtigste. Deswegen werden wir nie auf Teufel
komm raus komponieren, damit es noch verrückter und abgedrehter
wird. Es sollte schon immer ein roter Faden drin sein. Deswegen
würden wir uns aber auch nicht kopieren. Jedenfalls denke
ich, dass die Reiter schon so ihren Stil zu schreiben gefunden.
Ich denke es wird immer dieses treibende Schlagzeug geben, eher
simple aber griffige Riffs und sehr melodische Keyboards die
sowohl im Hintergrund als auch melodieführend sein können,
das ist eine Art Trademark, dass sich herausgeprägt hat.
Mephisto:
Das Cover ist übrigens auch wirklich gelungen – fragt
sich nur – welchen Reiter darf man welcher Figur auf dem
Bild zuordnen?
Volk-Man: Hmm
... den Spaß haben wir uns noch gar nicht gemacht. Wir
haben wirklich einfach nur diese ganzen Charaktere der biblischen
Vorgabe sozusagen ins Gegenteil verkehrt. Das heißt aus
Krieg ist Frieden geworden, aus Hungersnot Völlerei, aus
Pest Gesundheit also im Prinzip immer genau das Gegenteil der
biblischen Vorgabe. Bei der Alten gab es auch keine direkte
Zuordnung. Also wahrscheinlich ist Dr. Pest der von uns, der
am meisten essen kann also müsste er wahrscheinlich auch
der sein, der auf dem Wagen liegt. Und der Sir G ist wahrscheinlich
der sportlichste also wird er wahrscheinlich gar nicht aufs
Pferd raufmüssen...
Mephisto:
Den blonden vorne habe ich eigentlich eher dir zugeordnet...
Volk-Man lacht: Das ist interessant, weil
ich denke das sollten wir wirklich einmal ausdiskutieren, wer
jetzt hier wer ist...
Mephisto:
Gibt es etwas, wovor sich die Reiter fürchten?
Volk-Man: Vor
Gleichgültigkeit. Vor Mittelmaß. Es wäre mir
in musikalischer Hinsicht lieber, wenn ich fünf positive
Kritiken und fünf negative Kritiken bekomme als gar keine.
Der Grat sollte immer schmal bleiben. Ich meine wenn einmal
die Kritik käme, dass es zu sehr Mainstream sei und nicht
mehr das, was die REITER eigentlich ausmacht,
dann sollte einem das schon zu denken geben.
Mephisto:
Was würdest du tun wenn es euch wie Manowar geht und ihr
bei „Top of the Pops“ auftreten könntet?
Volk-Man: Das
weiß ich im Moment nicht wirklich. Ich meine natürlich,
wenn man vor der Chance steht...was man da machen würde...ich
weiß es nicht. Ich habe echt keine Ahnung aber vielleicht
kann man so einen Auftritt auch so gestalten, dass man dem etwas
positives abgewinnen kann.
Mephisto:
Das Problem ist, die wissen wahrscheinlich gar nicht, wie man
solche Art von Musik abmischen muss.
Volk-Man: Es
ist zudem ja auch noch Playback...
Mephisto:
Playback ist scheiße... Demnächst gibt es euch auf
den No Mercy Festivals livehaftig zu sehen – seid ihr
mit eurer Position im Billing zufrieden?
Volk-Man: Ja
auf alle Fälle. Es sind alles riesige Bands und ich denke,
wenn man in der Mitte spielt, dann spielt man zu einer guten
Zeit. Das No Mercy Konzept ist Klasse, aber ich denke 10 Bands
sind zuviel. Soviel kann man als Fan irgendwann gar nicht mehr
aufnehmen. Ich denke, wenn man so zwischen 8 und 9 Uhr spielt,
hat man eine volle Halle und die Leute sind noch halbwegs fit
und es ist die Aufmerksamkeit für die Band noch gegeben.
Mephisto:
Das ist auch meine Erfahrung aus den letzten Jahren –
bei den eigentlichen Headlinern ist die Stimmung eher am Tiefpunkt,
weil keiner mehr kann. Gibt es so eine Art „Wunschliste“
an Bands, mit denen ihr unbedingt mal spielen wollt?
Volk-Man: Eigentlich
hab ich mir da noch keine Gedanken darüber gemacht.
Mephisto:
Manowar?
Volk-Man: Manowar,
Slayer, Anthrax...das wäre sicherlich eine Show sag’
ich mal...aber so bestimmte Wünsche gibt’s da eigentlich
nicht.
Mephisto:
Wo würdet ihr eher einen Gig spielen – in Washington
oder in Bagdad?
Volk-Man: Hmm...in
Bagdad denke ich. Einfach weil ich New York kenne und Amerika
ist nicht was mich so unbedingt reizt als Land. Es wäre
natürlich auch cool in New York zu spielen, keine Frage,
aber ich stelle es mir verrückter vor, in Asien zu spielen,
weil die Leute da eine ganz andere Kultur haben und auch nicht
so übersättigt sind.
Mephisto:
Wenn wir schon bei Auftritten sind – es gibt eine österreichische
Band, von der du sogar schon eine CD rezensiert hast, die euch
von der Unbekümmertheit ihres Auftretens her nicht unähnlich
ist – Freund Hein nämlich. Kannst du mir mit dem
Vergleich folgen oder siehst du das anders?
Volk-Man: Ich
habe sie ja leider noch nicht live gesehen, deswegen kann ich
dazu nur schwer Stellung nehmen. Ich weiß auf alle Fälle,
dass es für mich was die musikalisch machen schon auch
abgedreht ist.
Mephisto:
Ich hab sie vor kurzem erst wieder live gesehen – zusammen
mit Obscurity und Legacy of Darkness, wenn du die kennst und
es ist einfach so, dass es eine Band ist, die ein Publikum mitreißen
kann, das nicht immer zu 100 % aus Metalheads bestehen muss,
einfach weil sie eine total mitreißende und ungezwungene
Show haben... Wenn es einen Satz gäbe, den du in die Gedanken
aller Menschen dieser Welt projizieren könntest –
wie würde er lauten?
Volk-Man: Jetzt
soll ich einen Satz sagen, den alle verstehen...
Mephisto:
Ja genau...etwas, das dir am Herzen liegt.
Volk-Man: Das
Leben ist hart aber schön!
Mephisto:
Beim letzten Interview hatte ich mich darüber beschwert,
dass ihr auf All You Need Is Love keine Metal-Hymne
a la Metal Will Never Die hattet – nun habt ihr
gleich 2 absolut geniale abgeliefert – wie sehr fühlt
ihr euch eigentlich mit dem Begriff „Metal“ verbunden?
Volk-Man: Metal
ist einfach die Stilrichtung, womit man aufgewachsen ist, da
hat man so seine ersten Erfahrungen mit Musik gemacht und hat
es einfach schätzen gelernt, dieses ganz besondere Feeling
auf Konzerte zu gehen und einfach dieser Fanatismus für
Musik. Es ist einfach so, dass normale Menschen ganz viele Interessen
und Hobbies haben und hören Musik einfach so nebenbei und
Metal, ein Metalfan ist für mich in erster Linie auch jemand,
wo die Musik die zentrale Rolle im Leben einnimmt. Und das definiert
ihn einfach – einfach ein Sammler, hört viel Musik
und nimmt auch die Sachen auseinander, analysiert die Bands.
Das ist einfach etwas, das Klasse ist, weil Musik ist einfach
eine ganz eigene Art von Kunst und es ist schön, dass es
Leute gibt, die das einfach auch so sehen und das so akzeptieren
das es nicht so eine Massenware, so ein Konsumgut ist, das man
nimmt, ein bisschen darauf rumkaut und es dann ausspuckt, sondern
dass es einfach ernst genommen wird. Metal steht für mich
auch für einen bestimmten Sound, den man irgendwie gerne
hat – eine verzerrte Gitarre – das ist einfach irgendwie
mit einem verrückten Gefühl – das kann man nicht
beschreiben, es ist einfach nur unheimlich gut. Deswegen ist
da ganz tief drin so eine Verbundenheit zum Sound an sich aber
auch zu dieser ganzen Gemeinschaft wenn man was weiß ich
in Wacken über das Festivalgelände läuft und
die vielen Leute sieht, die einfach auch das teilen in dem Moment
– das ist schon außergewöhnlich. So etwas gibt
es eigentlich auch selten.
Mephisto:
Wenn Aliens und somit intelligente Lebewesen unseren Planeten
betreten – wie würden sie wohl über die Spezies
Mensch denken?
Volk-Man: Das
kommt jetzt darauf an, wie die Aliens aussehen. Vielleicht würden
sie sich schon über unser Aussehen wundern, weil wir nur
zwei Arme und zwei Beine haben...ansonsten würden sie sich
vielleicht über viele andere dinge wundern, die wir als
Moral oder Gerechtigkeit definieren. Das ist jetzt schwer zu
sagen. Vielleicht wäre es für sie seltsam, dass sich
zwei zusammentun und ein Haus aus Stein bauen anstatt in der
Natur zu wohnen – vielleicht würden sie das seltsam
finden.
Mephisto:
Welche Erfindung hätte deiner Meinung nach nie gemacht
werden dürfen?
Volk-Man: Das
ist schwierig. Manchmal denke ich sogar der Mensch selbst. Wenn
man alles in allem zusammenaddiert, ist es manchmal einfach
nur haaressträubend, was der Mensch sich ausdenkt, welche
Perversionen, er erschafft. Ansonsten vielleicht das Fernsehen.
Weil es Menschen zu völlig passiven Mutanten verkommen
lässt, die sich einfach nur berieseln lassen und ihr Gehirn
abschalten und Dinge gar nicht mehr hinterfragen. Da gibt es
viele Dinge, das ist schwierig zu beantworten.
Mephisto:
So, das war’s auch schon wieder – ich bedanke mich
für das Interview und wünsche euch viel Erfolg auf
der Tour!
Volk-Man: Alles
klar – wir freuen uns sehr auf Österreich und werden
richtig die Hütte rocken.
Mephisto:
Daran habe ich keinen Zweifel...