Nachdem
der japanische Atom-Age Vampire Express 308 quasi direkt vor
meiner Haustür einen Stop einlegte, ließ ich es mir
nicht nehmen, auch ein Interview mit den Horror Punks von BALZAC
zu machen. Wann bekommt man schon mal eine japanische Band vor
die Nase... BALZAC waren in Europa lange ein
Geheimtipp, während sie Zuhause und in den Staaten bereits
Kultstatus haben. Mit ihrem aktuellen Album Came Out
Of The Grave wagte man nun auch den Sprung nach Europa
und zwar mehrheitlich nach Deutschland (was am deutschen Label
liegt), so dass sich daraus alleine schon eine Menge Fragen
ergaben. Nach vier Wochen Touring und großartigen Shows
bekam meiner einer die Gelegenheit vor der Show in Münster
Frontman Hirosuke ein paar Fragen zu stellen... mit der freundlichen
Hilfe von Jörg Lobedan, der hier als Übersetzer fungierte.
Dajana:
Ihr seid jetzt seit vier Wochen auf Tour durch Europa, bzw. durch
Deutschland. Wie ist es bisher so gelaufen?
Hirosuke: Die Tour läuft bisher ausgezeichnet. Die
Shows in Deutschland und England waren großartig. Ein paar
Dates haben wir ja noch vor uns. Aber insgesamt läuft es
so gut, das wir im nächsten Jahr gerne wieder in Europa touren
möchten. Es gibt auch viele Fans, die unbedingt möchten,
das wir wiederkommen. Es wäre auch schön, wenn BALZAC
noch einiges mehr in Deutschland machen könnten.
Dajana:
Ihr seid das erste Mal in Europa?
Hirosuke: Ja, das erste Mal.
Dajana: Und warum gibt es so viele Deutschland
Dates? Ich meine, Ihr hattet gerade mal je ein Date in Dänemark,
Schweiz, Österreich und in Tschechien.
Hirosuke: BALZAC wird ja in
Europa von G-Force vertreten, was ein deutsches Label ist. Und
für die war es auch erst mal so was wie ein „Experiment“.
Also hat man erst mal Sachen organisiert, wo man sich halbwegs
sicher war, das BALZAC gut laufen. Beim nächsten
Mal soll es dann mehr Dates in Europa, also in England, Belgien,
Holland, Italien, Frankreich... etc. geben.
Dajana:
Wie ist es für BALZAC bzw. japanische Bands generell zum
ersten Mal in Europa zu touren?
Hirosuke: Es gibt ja nicht so viele Bands, die in Europa
touren. Aber ich schätze in Zukunft wird es mehr japanische
Bands geben, die hier touren. Es gibt sehr viele japanische Bands
und es wäre schön, wenn man weit mehr japanische Bands
dem deutschen Publikum vorstellen könnte.
...Was die Frage nicht ganz beantwortet...
Hirosuke: Es ist eben ganz anders als in Japan
zu spielen. Die Lebensgewohnheiten sind völlig anders. Die
ganze Umgebung, die Locations, das ganze Drumherum ist halt komplett
anders. Aber es gefällt uns gut, auch wenn es für uns
völlig ungewohnt ist.
Dajana:
Was war bisher so das Beste das Euch in Europa so passiert ist,
wo Ihr gesagt habt: Wow, das ist richtig cool an Europa bzw. Deutschland?
Hirosuke: Das beste an dieser Europatour ist, das so
viele Leute zu den BALZAC Konzerten kommen.
Dajana: Ja, und sonst? Ist Euch was Tolles passiert,
habt Ihr was tolles gelernt oder erlebt?
Hirosuke: Ja, wie schon vorher erwähnt,
es ist halt alles so komplett anders für uns und wir lernen
jeden Tag was Neues.
Dajana:
Und wie ist das mit dem Essen? Ein Freund von mir aus Chicago
ist zum Beispiel total auf Currywurst abgefahren, als er zum ersten
Mal in Deutschland war.
Hirosuke: Für mich als George Harrison Fan war es
fantastisch, in hiesigen Plattenläden zu stöbern. Ich
habe auch vier Mal die All Things Must Pass Box gefunden, als
deutsche Pressung mit Poster. Aber noch beeindruckender war es,
die Davidswache in Hamburg zu besuchen, in der George Harrison
eingesessen war. Also das war eine fantastische Sache, da habe
ich dann auch schon eine Weile davor gestanden.
Dajana:
Was war so das seltsamste, komischste, das Euch hier passiert
ist?
Hirosuke: Was ich sehr überraschend fand, war die
Tatsache, das hier im Zuge der Fußball Europameisterschaft
wirklich alle Leute hinter irgendeiner bestimmten Mannschaft stehen
und dann vor dem Fernseher sitzen bleiben, anstatt zu einem BALZAC
Konzert zu gehen z.B.
Dajana:
Ok, kommen wir zum neuen Album. Das ist ja recht differenziert
aufgenommen worden. Die Meinungen schwanken von genial bis zuviel
Metal drin (Diehard Punks), zu poppig bis hin zum Mainstream und
das Came Out Of The Grave nicht mehr an alte Alben und
Glanztaten heranreicht.
Hirosuke: Also Kritiken sind mir völlig egal! Wir
machen die Musik, die wir auch gerne machen möchten. Und
was da hinein interpretiert wird, können wir eigentlich überhaupt
nicht nachvollziehen. Ist in Japan auch nicht so. Wenn wir kommerziellere
Musik oder Mainstream machen wollten, wären wir zu einem
Majorlabel gegangen.
Dajana:
Nichtsdestotrotz gibt es auch bei den Fans zwei Lager. Die einen
sagen, Ihr seid ein Misfits Klon, während die anderen BALZAC
zu Füßen liegen. Ich weiß, in Japan und den USA
habt Ihr Kultstatus, aber in Europa ist das dann doch eher zwiespältig.
Hirosuke: Denke ich nicht. Letztendlich ist es mir egal.
Aber na klar, es ist super, wenn die Leute unsere Musik mögen
und zu den Konzerten kommen. Und natürlich ist es ganz offensichtlich,
das wir die Misfits mögen, wir sind ja auch mit Jerry Only
von den Misfits eng befreundet und machen Geschäfte mit Misfits
Records, da sie unsere Platten rausbringen.
Dajana:
Ihr bringt Eure Alben immer in verschiedenen Variationen heraus.
Came Out Of The Grave gibt es - soviel ich weiß -
in vier verschiedenen Auflagen: die normale CD, die 10“
mit Klappcover, die Special Edition Longbox und noch eine limitierte
CD mit Sammelkarten... Meint Ihr nicht, das Ihr mit dieser Veröffentlichungspolitik
die Geldbörsen Eurer Fans ein wenig strapaziert?
Hirosuke: Wir möchten gern unsere CD’s in
verschiedenen Variationen veröffentlichen. Wir zwingen aber
keinen, die Sachen zu kaufen. Leute, die nur unsere Musik hören
wollen, kaufen sich auch nur die normale CD. Die Sammler dagegen
sind dankbar, wenn sie unsere Platten in verschiedenen Formaten,
in verschiedenen Variationen und mit unterschiedlichen Bonusmaterial
bekommen können. Jedem das seine, da steckt ja kein Kaufzwang
dahinter.
Dajana:
Ihr seid ja schon recht lange im Geschäft, über 10 Jahre,
aber man findet nicht besonders viel Material über Euch,
z.B. im Internet. Es gibt kaum was an detaillierteren Informationen.
Woran liegt das?
Hirosuke: Nun, auf unserer japanischen Homepage gibt
es massenweise Informationen und sonstige Sachen. Unsere Seiten
haben unheimlich viele Hits...
Dajana: Ja, ich spreche aber leider kein japanisch...
*seufz* und selbst auf der amerikanischen Webseite ist nicht allzu
viel zu finden, ganz zu schweigen von der deutschen...
Jörg: Als Kommentar von mir: über BALZAC
gibt es unheimlich viele Sachen auf japanischen Seiten. Wenn so
noch nicht allzu viel zu finden ist, dann liegt das vermutlich
daran, das vieles noch nicht übersetzt worden und im Aufbau
ist. Da kann man jetzt so auf die Schnelle auch nicht viel erwarten.
Dajana:
Welches Wort, Satz oder Phrase müssten wir Europäer
als erstes auf japanisch lernen, um das Phänomen BALZAC am
besten zu beschreiben?
Hirosuke: Yami!
Dajana:
Ähm... und das heisst?
Jörg: Das heisst soviel wie Darkness...
Dunkelheit
Dajana: Aha... das ist das Symbol, das man überall
bei BALZAC findet...
Dajana:
Ich bin jetzt auch am Ende mit meinen Fragen... Wollt Ihr noch
was loswerden? Habe ich irgendwas wichtiges vergessen, um BALZAC
dem Publikum näher zubringen?
Hirosuke: Das allerwichtigste für uns ist, das so
viele Leute wie möglich auf der ganzen Welt BALZAC
hören und wir die Gelegenheit bekommen, auch für diese
Leute live zu spielen.
Dajana: Ja super, der erste Schritt ist ja schon
gemacht... ;) Dann bedanke ich mich ganz herzlich für das
Interview. |