Nachdem
Destroyer Of Worlds recht kontroversiell aufgenommen
wurde, erwies sich das neue BATHORY-Album Nordland
als ein Schritt zurück zu den epischeren Zeiten der Band, wirkt
aber dennoch aufgrund einiger neuer Einflüsse erstaunlich frisch
und sollte eigentlich jeden Fan zufriedenstellen (ein Review
folgt in Kürze). Meister Quorthon macht zwar immer wieder deutlich
spürbar, daß ihm Interviews im Allgemeinen und meine Fragen
(die eher aus der Fan-Perspektive heraus gestellt wurden) im
Speziellen ziemlich auf den Keks gehen, konnte sich aber erstaunlicherweise
dennoch äußerst lange und informative Antworten abringen...
EquimanthorN:
Beginnen wir mit einigen Fragen zum neuen Album: Nach einigen
Durchläufen von Nordland hat sich für mich herausgestellt,
dass es im Vergleich zu den anderen epischen Songs/Alben deutlich
schwieriger ist, einen Zugang zu finden. Die Refrains haben nicht
mehr diesen 'Mitsing'-Effekt, Hooklines sind deutlich seltener
usw, - ich erachte das sicher nicht als negativ, aber es würde
mich trotzdem interessieren, wo die Gründe dafür liegen.
Quorthon: Ich wundere mich wirklich wie jemand auf diese
Idee kommen kann. Es tut mir natürlich furchtbar leid dass du
die Refrains nicht mitsingen kannst, falls das für dich wichtig
sein sollte. Ich verspreche, in Zukunft mehr Mitsing-Refrains
zu schreiben, falls sonst noch jemand danach fragen sollte...
nur aus Neugierde: Wie kannst du bei Slayer oder anderen extremen
Metal-Bands mitsingen? Mit der Musik, den Lyrics, der Instrumentierung,
den Arrangements und dem Thema von Nordland wollte
ich eine rein nordische Atmosphäre schaffen, die sich dem Szenario
und der Storyline anpaßt. Das letzte, was mir in den Sinn kommen
würde, wäre, Refrains zu schreiben, bei denen man mitsingen kann.
Du hast nicht genauer beschrieben, was du mit 'more difficult
to listen to' meinst, aber ich vermute, es bezieht sich auf andere
Dinge als deine Ohren oder deine Stereoanlage. Nachdem ich nun
nicht weiß, wo deine Schwierigkeiten liegen, fällt es mir natürlich
schwer, Nordland zu verteidigen.
(Ok,
das war wohl mein Fehler... die Frage war schlecht formuliert
und Formulierungen wie 'singalong' oder 'hooklines' einfach nicht
angebracht, was wohl auch daran liegt, daß mein Englisch nicht
unbedingt das allerbeste ist. Also habe umformuliert und auf Aufklärung
gehofft...)
EquimanthorN:
2. Versuch: Nach einigen Nordland-Durchläufen habe ich
festgestellt, daß es auf eine andere Art und Weise 'funktioniert'
als die anderen epischen BATHORY-Alben, da es weniger markante
Einzelparts enthält und die Musik stattdessen eher durchgehend
dahinfließt, mehr noch als auf Blood On Ice, das ja schließlich
ein Konzeptalbum mit in sich geschlossener Story war. Dadurch
ist es zunächst zwar schwieriger zugänglich, entwickelt aber im
weiteren Verlauf auch mehr Tiefe. Wo liegen die Gründe für diesen
neuen Zugang - hat es in erster Linie was mit dem dahinterstehenden
Konzept zu tun, ist es eine Form natürlicher Weiterentwicklung,
vielleicht beides...?
Quorthon: Wenn ich Musik und Texte für einen Song oder
ein Album schreibe, dann ist es für mich nicht von Interesse,
ob der Zuhörer Hooks oder wiedererkennbare Passagen darin finden
kann. Falls ein Track eine Hookline beinhalten sollte, dann ist
diese sicher nicht gezielt so geschrieben worden - es muß sich
einfach gut anhören und anfühlen, darum geht es. Aber wie auch
immer... wenn man sich die Tracks von Nordland Teil
1 ansieht, findet man genug wiedererkennbare Teile:
Nordland basiert auf einer einfach wiederzuerkennenden,
melodischen Passage. Vinterblot besteht zu 50% aus einem
Chorus-artigen Teil. Dragon's Breath hat ein Chor-Thema
mit einer genau definierten Melodie. Ring Of Gold beinhaltet
ebenfalls eine Melodie, die in jeder Strophe wiederholt wird.
Foreverdark Woods hat ein genau definiertes Thema in Einleitung,
Bridge und Refrain Broken Sword kommen Chor-Themen und
Hooks vor. Great
Hall... hat eine wiedererkennbare Melodie in jeder Strophe
und jeder Bridge sowie eine Hookline im Refrain. Bei Mother
Earth wird das bereits in der Einleitung eingeführte Thema
während des ganzen Songs mehrmals wiederholt. Aber das weißt du
natürlich alles schon, nachdem du die CD selbst gehört hast...
und du hast mir immer noch nicht gesagt, wie du bei Slayer mitsingst.
(Hmm...
sieht fast so aus als wollte Quorthon gar nicht verstehen, worauf
ich eigentlich hinauswollte - zumindest hat diese Antwort jetzt
nicht sooo viel mit meiner umformulierten Frage zu tun und hätte
eher zur 'alten' Version gepaßt. Mag sein, daß er nach zig Interviews
schon leicht angepißt ist und einfach nur Dampf ablassen will...
ihn interessiert wohl (zurecht) kaum, daß ich von seiner Art zu
antworten etwas enttäuscht bin, und genauso sind mir die Probleme,
die er mit meinen dummen Fragen hat, eigentlich scheißegal...
wie auch immer... EqN)
EquimanthorN:
Welchem der anderen 'Viking'-Alben steht Nordland am nächsten?
Oder denkst du, daß es vollständig separat von deinen früheren
Werken gesehen werden sollte?
Quorthon: Das soll jeder für sich selbst entscheiden -
falls er den Drang verspürt, verschiedene Alben miteinander zu
verbinden. Es ist mir klar daß Twilight Of The Gods
als 'Viking'-Album gesehen wird, aber es war nie so gedacht, da
es primär auf philosophischen Themen basiert. Bei Hammerheart
gestehe ich aber ein, daß man es als 'Viking' bezeichnen könnte.
Aber wie die Kategorien auch definiert sein mögen, ich denke,
man sollte ein Album immer für sich gesehen beurteilen. Wenn man
es durch verschiedenste Filter und Kategorien preßt, wird das
Image irgendwann wichtiger als die Musik.
EquimanthorN:
Wie würdest du das 'Konzept' hinter Nordland zusammenfassen?
Vergleiche mit Blood On Ice sind wohl nicht wirklich zulässig,
da jeder Song ein in sich geschlossenes Kapitel zu sein scheint,
anstatt sich an eine durchgehende Hintergrundgeschichte zu halten.
Quorthon: Blood On Ice war in jeder Hinsicht
ein Konzeptalbum mit einer Story, die auf einer eigenen Saga basierte.
Nordland hat einen gewissen Themenrahmen, is aber
kein Konzeptalbum. Es sind zwar alle Texte miteinander verbunden,
aber dennoch so konzipiert, daß jeder, der es nicht als Doppel-Release
mit ineinander verwobenen Songs sehen will, die einzelnen Tracks
als in sich geschlossene Geschichten sehen kann. Wenn man aber
beide Teile von Nordland vor sich hat, sollte es
einem nicht schwer fallen gewisse Verbindungen zu sehen.
EquimanthorN:
Teil 2 soll schon im Frühjahr 2003 veröffentlicht werden; es stellt
sich daher die Frage, ob das Material für beide Alben in einer
Session geschrieben wurde.
Quorthon: Das gesamte Material wurde in einem Durchgang
geschrieben, aufgenommen und abgemischt. Als wir feststellten,
daß wir zu viele Songs für nur ein Album hatten und sich eine
Aufteilung in zwei Teile anbot, konzentrierten wir uns zunächst
auf das Material für Teil 1. Teil 2 wurde bisher noch nicht gemastert,
daher konnten wir uns beim Abmischen auch mehr auf den ersten
Teil konzentrieren. Das restliche Material wird aber noch dieses
Jahr fertiggestellt. Besondere Gründe, warum dieser und jener
Song auf Teil 1 oder 2 landete, gab es nicht - wir haben das vorhandene
Songmaterial einfach in zwei Hälften geteilt. Wichtig war nur,
den Titelsong auf Teil 1 unterzubringen.
EquimanthorN: Ich finde es recht interessant, daß der Sound
von Nordland dem der anderen 'Viking'-Alben ziemlich ähnlich
ist, obwohl beinahe 10 Jahre dazwischen liegen und in einem anderen
Studio aufgenommen wurde. Wurde gezielt ähnliches Equipment usw.
genutzt, um den typischen Sound zu erhalten?
Quorthon: Das Material entstammt dem selben Geist, also
sollten auch gewisse Ähnlichkeiten erhalten bleiben. Die typische
BATHORY-Atmosphäre ist für unser Publikum sehr wichtig,
und wir könnten auch kein rein nordisch inspiriertes Album machen,
ohne dabei die typischen BATHORY-Arrangements zu verwenden.
EquimanthorN:
Hast du jemals daran gedacht, deine Alben von einer anderen Person
in einem größeren Studio aufnehmen und prozuzieren zu lassen?
Angesichts des Status, den BATHORY haben, würde es wohl sich nicht
an finanziellen Gründen scheitern...
Quorthon: Ich schätze, daß es unsere Fans nicht interessiert,
wer produziert hat. Ihnen ist nur wichtig, was sie hören und fühlen.
Ich weiß, daß viele extreme Metal Band auf spezielle Produzenten
zurückgreifen, aber für mich klingen sie dadurch alle gleich.
BATHORY klingt wie keine andere Band, und daher denke ich
auch, daß wir das richtige tun, wenn wir Außenstehende von unserer
Musik fernhalten.
EquimanthorN:
Die meisten Reaktionen auf Destroyer Of Worlds waren nicht
wirklich positiv, obwohl ich persönlich finde, daß zumindest die
epischeren Stücke locker mit den früheren Werken mithalten können.
Welche Reaktionen hast du erhalten, und was hältst du selbst nach
fast einem Jahr von diesem Album?
Quorthon: Ich denke, daß diejenigen, die Destroyer
Of Worlds als Enttäuschung empfunden haben, ihre Meinung
eher auf Reviews stützen, anstatt sich von Images und Modetrends
zu befreien. (Und ich denke, daß er es sich etwas zu leicht
macht... EqN) Davon abgesehen kann man an den Reaktionen auch
erkennen, welch hohe Erwartungen die Leute in BATHORY setzen.
Reviews sagen immer mehr über den Schreiber als über das Album
selbst aus. Würdest du vielleicht deine Essensgewohnheiten an
einen Bericht anpassen, den ich über mein Mittagessen schreiben
würde? Die meisten BATHORY-Alben haben großteils schlechte
Kritiken erhalten. Sogar die legendären Mitt-80er-Scheiben waren
damals eher Lachnummern, als sie veröffentlicht wurden, während
sie heute als revolutionär und Inspirationsquellen für viele andere
Bands in Ehren gehalten werden - es scheint immer ein paar Jahre
zu dauern, bis sich die Leute an ein BATHORY-Album gewöhnt
haben. Ich erhalte jeden Tag tonnenweise Fanpost, und die Fans
sprechen darin eine andere Sprache als die Kritiker. Auf diese
Fans verlasse ich mich, denn sie sind ehrlich, im Positiven wie
im Negativen. Fanpost ist immer glaubwürdiger als irgendetwas,
was von den Medien verbreitet wird, und das bezieht sich sowohl
auf negative, aber auch auf positive Kritik. Destroyer Of
Worlds war von Anfang an so gedacht, wie es letztendlich
wurde: 1/3 episches Material, 1/3 brutale Hardcore-Songs und 1/3
'tongue-in-cheek'-Sachen. Daher denke ich, daß es unmöglich ist,
das Album auf eine Richtung festzulegen, und deshalb ist es wohl
auch schwer zugänglich.
EquimanthorN:
Die Pause zwischen deinem zweiten Solo-Album und Destroyer
Of Worlds betrug fast vier Jahre - was hast du zu dieser Zeit
gemacht?
Quorthon: In Sachen BATHORY waren wir in mehrere
Projekte involviert, um mit neuen Ideen herumzuspielen und die
kreative Atmosphäre aufrechtzuerhalten. Wir hatten uns zu einer
mehrjährigen Pause entschieden, um neue Perspektiven zu finden
und die Leute etwas ruhiger werden zu lassen. In den frühen 90ern
wurde heftig darüber diskutiert, welcher Stil nun der richtige
für BATHORY wäre, und wir hatten das Gefühl, daß es uns
nicht erlaubt war, uns weiterzuentwickeln. Daher war diese Pause
notwendig. Destroyer Of Worlds wurde als Comeback-Album
gesehen, aber ich empfinde diese Ansicht als lächerlich. Vielleicht
sind wir wieder zum Thema diverser Diskussionen geworden, aber
nur weil wir das davor nicht mehr waren, waren wir noch lange
nicht weg vom Fenster. Aber scheinbar muß man alle 10 Monate ein
Album veröffentlichen, wenn man verhindern will, daß die Leute
von einem Comeback reden...
EquimanthorN:
Twilight Of The God sollte ursprünglich das letzte BATHORY-Album
sein, erhielt aber nach einer Pause mit Octagon einen Nachfolger,
der musikalisch in eine völlig andere Richtung ging. Warum wolltest
du die Band damals sterben lassen, und was hat dich dann dazu
gebracht, mit komplett neuer musikalischer Ausrichtung doch weiterzumachen?
Quorthon: Twilight Of The Gods sollte nicht
das letzte BATHORY - Album sein - diese Aussage basiert
auf falschen Gerüchten. Die Pause nach Twilight Of The Gods
sollte neue Ideen für die Zukunft bringen. BATHORY waren
zu dieser Zeit vollkommen auf einen Stil fixiert - die Arrangements
wurden immer monströser, die Produktion entfernte sich immer weiter
von dem, was BATHORY in den 80ern repräsentierte. Unseren
Fans gefiel diese Entwicklung durchaus, aber wir selbst kamen
uns verloren vor. Daher legten wir diese Pause ein, um das nächst
Album wieder interessanter gestalten zu können. In der Zwischenzeit
nahm ich rein zum Spaß mein Soloalbum auf, das musikalisch so
weit wie möglich von BATHORY entfernt sein sollte. Als
ich dann durch Europa reiste, um die beiden Jubileum
- Scheiben und eben jenes Album zu promoten, fragten viele Fans
nach einer Rückkehr zu einem brutaleren, energiegeladeneren Stil,
weit entfernt von Twilight.... Und genau das wollten
wir nach all diesen bombastischen Arrangements auch tun, und so
waren die beiden folgenden Alben so spartanisch wie möglich arrangiert
und produziert. Um zu deiner Frage zurückzukommen: Das Album,
das nach Twilight.. erschien, hieß Requiem
(Sorry, peinlicher Fehler... ich wollte ursprünglich nach Requiem
und Octagon fragen, da diese beiden Alben eng zusammengehören,
habe den ersten Teil aber irgendwie vergessen... EqN). Manche
Leute scheinen es nicht als BATHORY-Album zu sehen, weil
es nicht in das nordisch/epische Schema paßt, und daher wird es
manchmal scheinbar übersehen. Trotzdem würde ich niemals wollen,
daß BATHORY zu einem Unternehmen wird, das immer nur das
gleiche Zeug fabriziert. Man zieht schließlich auch nicht jeden
Tag die gleichen Klamotten an, warum also sollten sich BATHORY
auf einen Stil fixieren?
EquimanthorN: In Lords Of Chaos wird u.a. darauf hingewiesen,
daß die Lyrics von Under The Runes auf die SS anspielen,
und es sind auch Zitate von dir zu lesen, die besagen, daß jener
Text absichtlich provozieren sollte. Ich weiß, daß dieses Buch
einige Unwahrheiten und Fehlinterpretationen enthält, und daher
würde mich interessieren, was du davon und auch von dem Song selbst
hältst.
Quorthon: Ich bin mir sicher, dass die Autoren von Lords
Of Chaos lesen und daher auch meine Interviews richtig zitieren
können, in denen ich über Under The Runes gesprochen habe.
Die darin enthaltene Provokation ist kein Geheimnis. Ich habe
Lords Of Chaos nicht selbst gelesen, aber man hat mir gesagt,
dass es in Bezug auf BATHORY massenweise Fehler enthält.
Das ist schade, denn wenn man ein Buch mit so hochgesteckten Ansprüchen
schreibt, sollte man wenigstens auf die Idee kommen, den betroffenen
Personen einen Brief zu schreiben und die Fakten somit persönlich
zu klären. Ich schätze, daß sich die Autoren solcher Metal-Bücher
und -Lexika einfach nur wichtig machen wollen. Ein deutscher Jounalist
hat mir einmal ein solches von ihm geschriebenes Lexikon geschickt,
und 75% dessen, was er über BATHORY geschrieben hat war
einfach falsch. Under The Runes war so geschrieben, daß
es jeden paranoiden deutschen Journalisten in den Wahnsinn treiben
würde. Wir wurden in Deutschland of angefeindet, weil wir für
das Artwork von Hammerheart das Sonnenrad verwendeten.
Für uns handelt es sich dabei um ein altes skandinavisches Symbol
für die Sonne und den Kreislauf des Lebens, das sich perfekt zu
diesem Album paßte. Aber die Deutschen verstanden alles falsch
und scherten sich überhaupt nicht darum, daß das Sonnenrad in
Skandinavian vor jenen 12 Jahren deutscher Geschichte seit 2000
Jahren ein übliches Symbol war. Ich hatte das Gefühl, daß wir
für 'aufregen-um-des-Aufregens-Willen'-Spielchen benutzt wurden
und habe mich zu dieser Zeit entschieden, immer wieder gewisse
provokante Themen in BATHORY-Texten zu verwenden, nur um
die Leute zu ärgern. Solche Personen und Institutionen werden
ohnehin immer ihre Ziele finden, wie zum Beispiel die Kirche,
die sich über Songs von Madonna oder Queen aufregt, anstatt sich
um extreme Black Metal Bands oder die Pädophilen in ihren eigenen
Reihen zu kümmern. Angriffe auf solche großen Acts bringen ihnen
eben mehr Publicity, als wenn sie ihre Energien für irgendwelche
kleinen Bands verschwenden. Also spielen sie eben Platten rückwärts
ab und behaupten, darin des Satans Pläne zur Welteroberung zu
erkennen.
EquimanthorN:
Das Line-Up auf den frühen Alben (bis Twilight Of The Gods)
ist für viele immer noch ein Rätsel. Hast du eigentlich einige
davon komplett alleine aufgenommen (wie oft behauptet wird) oder
gab es immer Sessionmusiker oder sogar eine 'richtige' Band?
Quorthon: Wären die Leute, die sich immer noch über das
Nichtvorhandensein von Photos und Namen wundern, wohl zufrieden,
wenn ich behaupten würde, daß meine Tante bei einem Song Bass
gespielt und die Babysittern meines Nachbarn einige Backing Vocals
auf einem Album eingesungen hat? Wenn die Diskussion dadurch verstummt,
würde ich auch voller Freude verkünden, daß der Besitzer vom Supermarkt
um die Ecke und meine Katze einige Leads eingespielt haben. Wenn
die Leute unbedingt Namen hören wollen und ihnen einige Kurzzeitmitglieder
aus den Anfangstagen so wichtig sind, kann ich gerne eine Liste
mit tausenden Personen zur Verfügung stellen und jeder sucht sich
die aus, die ihm gefallen. Für mich ist diese Diskussion vollkommen
uninteressant. Ich erinnere mich noch, wie schwer es in den 80ern
war, ein halbwegs konstantes Line-Up zu finden. Dieses Thema erinnert
mich an all die Joey-Tempest-lookalike-Idioten, die in unseren
Proberaum kamen, um Rockstars zu werden. Sie alle hatten nichts
von dem, was notwendig gewesen wäre, um zu einem kreativen und
involvierten Mitglied von BATHORY zu werden. Ich wollte
den Leuten nicht das Gefühl geben, daß BATHORY in dieser
Hinsicht ein einziges Problem wäre. Das Problem lag nicht bei
mir oder der Band, sondern bei der damaligen schwedischen Szene.
Daher haben wir diesbezüglich einfach den Mund gehalten und uns
darauf konzentriert, gute Alben zu veröffentlichen. Viele Leute
waren von BATHORY wegen dieser mysteriösen Anonymität fasziniert.
Da wir das erkannten, schickten wir natürlich auch keine Fotos
von irgendwelchen Ex-Mitgliedern raus, nur weil irgendwelche Fanzines
nach Bildern fragten. Diese Mysteriosität haben wir nicht selbst
kreiert, es passierte einfach aus den Umständen heraus. Es ist
kein Geheimnis, daß ich auf den frühen Alben oft den Bass eingespielt
habe, und seit 1990 stammen auch sämtliche Bass-Tracks von mir.
Für mich ist es unwichtig, wer was spielt, wie die Leute heißen
und wie sie aussehen - es geht nur um die Musik selbst.
EquimanthorN:
Hörst du dir eigentlich noch deine ersten vier Alben an? Gibt
es aus dieser Zeit irgendwelche speziellen Songs, auf die du besonders
stolz bist?
Quorthon: Ich habe mir alle alten Alben angehört, als wir
1992 die Tracklist für die beiden Jubileum - Scheiben
erstellten. Davon abgesehen höre ich sie mir nicht mehr an. Und
ich habe auch keine Lieblingssongs, ganz einfach deswegen, weil
ich BATHORY nicht auf diese Art und Weise betrachte. Ich
bin stolz auf BATHORY und die Wirkung, die wir auf die
gesamte Szene hatten, auf die Wichtigkeit, die wir für drei Generationen
an Fans haben, und die Inspiration, die BATHORY für so
viele Bands geliefert hat.
EquimanthorN:
Wie aus der inoffiziellen Fansite hervorgeht, hast du immer noch
massenweise unveröffentlichte BATHORY-Songs in der Hinterhand.
Wie viele davon hältst du für gut genug, um irgendwann auf CD
veröffentlicht zu werden? Ich denke da speziell an Occulta,
ein komplettes Album aus der Zeit zwischen The Return und
Under The Sign Of The Black Mark, für das viele Fans (u.a.
ich) ihren rechten Arm geben würden.
Quorthon: Wenn ich tonnenweise selbstgedrehte Pornos hätte,
würde ich sie auch nicht veröffentlichen, nur weil sie 'in der
Hinterhand' wären. Das unveröffentlichte BATHORY-Material
aus diversen Studio-Sessions befindet sich in verschiedenen Komplettierungsstadien.
Es ist nicht komplett abgemischt usw., um morgen veröffentlicht
zu werden. Wir müßten uns zusammensetzen und jedes einzelne Stück
genauer untersuchen, bevor wir eine Entscheidung treffen könnten,
wie und wann diese alten Songs veröffentlicht werden könnten.
EquimanthorN:
Apropos Website: Ich denke, daß die erwähnte Seite fast perfekt
ist und tonnenweise Infos enthält, aber leider nicht den Bekanntheitsgrad
hat, den sie verdient hätte. Was würdest du davon halten, sie
in Kooperation mit den Machern in eine offizielle Site zu verwandeln,
das Design und die URL zu ändern und sie somit mehr Fans zugänglich
zu machen?
Quorthon:
Ich habe immer gesagt, dass ich ein kreatives Publikum haben will.
Bis jetzt war ich eigentlich der Meinung, daß Websites von den
Fans verwaltet werden sollten und nicht vom Firmenlevel aus. Nun
bin ich aber zu der Überzeugung gelangt, daß eine offizielle BATHORY-Homepage
wohl doch notwendig ist - einerseits, um diverse Gerüchte auszräumen,
andererseits, um mit jenen Fans zu kommunizieren, die keine Fanbriefe
schreiben. Ich werde da hoffentlich bald etwas ausarbeiten.
EquimanthorN:
Seit wann wirft BATHORY für dich genug Geld für ein komfortables
Leben ohne regulären Job ab? Und was hast du in der Zeit davor
getan, um deinen Lebensunterhalt zu finanzieren?
Quorthon: Seit den späten 80ern deckt BATHORY meine
Ausgaben. Davor gab es keine regulären Jobs, immer nur kurzzeitige
Projekte, um etwas Geld zu beschaffen. Wir waren damals noch zu
jung um arbeiten zu gehen, als wir BATHORY gründeten, wurden
wir gerade mit der Schule fertig.
EquimanthorN:
Verglichen mit anderen extremen Bands aus den frühen 80ern (Slayer,
Celtic Frost oder sogar Metallica) blieb BATHORY immer ein Teil
des Undergrounds. Hast du jemals nach höheren (kommerziellen)
Zielen gestrebt oder bereut, daß du die Band in dieser Hinsicht
nicht an ihre Grenzen gebracht hast (das Potential, um 'groß'
zu werden, wäre sicher vorhanden gewesen)?
Quorthon: Ich denke, daß 20 Jahre eine verdammt lange Zeit
sind für eine Band, die als eine der einflußreichsten Kräfte der
Metal-Geschichte verehrt wird. Das ist eine Möglichkeit, etwas
als 'groß' zu beschreiben. Man kann gar nicht klein oder unwichtig
sein, wenn man so etwas erreicht hat. Dieser Status sagt mehr
aus als die Anzahl der Features, die man in einem x-beliebigen
Metalblatt erhalten hat. Jeder hat seinen eigenen Weg zu gehen,
und es bedeutet sicher nicht, daß man etwas Spezielles erreicht
hat, wenn man auf MTV läuft. BATHORY hat eine Million Platten
verkauft, ohne jemals in Wacken gespielt zu haben oder der Corpsepaint-Mode
gefolgt zu sein. Trotzdem messe ich Erfolg nicht am kommerziellen
Status, sondern am Feeling. Wenn sich etwas richtig anfühlt und
den kreativen Geist befriedigt, ist es gut. Wenn du ein Mitglied
des größten Metal-Acts der Welt bist, aber trotzdem dein halbes
Vermögen für Kokain verprassen mußt, weil du dich nur als ein
beschissenes Produkt und ein kleines Rädchen in der Maschine fühlst,
dann läuft etwas falsch.
EquimanthorN:
Wie hat sich der 'Kult' um BATHORY im Laufe der Zeit verändert?
Sind deine Fans erwachsener geworden oder schickt man dir immer
noch tote Hamster?
Quorthon: Mittlerweile kommuniziere ich hauptsächlich per
email, und es ist ziemlich schwer, tote Hamster im Outlook Express
unterzubringen. Ich war wohl vor ein paar Jahren recht erfolgreich
darin, die extremen Spinner abzuschrecken, als ich meine Soloalben
veröffentlichte. Als ihr 'Dämonengott' Quorthon das tat, waren
sie im Nu verschwunden und suchten sich andere Kultfiguren, die
sie anbeten konnten. Es ist sehr schwer, irgendeine Art von Beziehung
zu einer Person aufzubauen, die jeden Brief mit den Worten 'Du
bist mein Gott' beginnt. Wenn einem die Leute Nacktfotos ihrer
Freundin oder tote Tiere schicken und die Briefe mit ihrem eigenen
Blut schreiben, fällt es einem schwer, eine Verbindung zur Musik
zu sehen. Einige haben wohl gewisse Texte zu ausführlich interpretiert
und daraus ihre Schlüsse auf meine Person und darauf, was ich
gerne in meinem Briefkasten vorfinden würde, gezogen. Ein weiblicher
Fan aus Kalifornien hat mir vor Jahren einen Plastiksack mit Erde
geschickt. Als ich ihr zurückschrieb und danach fragte, antwortete
sie, daß sie einen Friedhof besucht und dort bei Vollmond auf
einem Grab masturbiert hätte. Die Erde stammte von diesem Grab
und sie dachte, ich könne sie für meine mitternächtlichen Rituale
gebrauchen. Zum Glück finde ich heute keine derartigen Geschenke
mehr in meiner Post. Ob das für den Reifeprozess der Fans oder
der Szene an sich spricht, weiß ich nicht genau. Aber es sieht
wenigstens so aus, als würden die Leute ihre Aufmerksamkeit mehr
auf die Musik lenken.
EquimanthorN:
Die letzten offiziellen Promofotos für BATHORY stammen aus dem
Jahr 1994, und seit damals tauchen genau diese Bilder bei fast
jedem Interview auf. Ich frage mich, warum das so gehandhabt wird,
schließlich scheinst du es ja nicht sonderlich zu mögen, wenn
deine Person als allzu mysteriös gesehen wird.
Quorthon: Das hängt davon ab, was du als 'offiziell' bezeichnest,
schließlich gibt es jedes Jahr eine gewisse Anzahl an neuen Schnappschüssen
von mir. Ich hatte nie das Gefühl, daß Bildern eine besondere
Bedeutung zukommt, die Musik zählt. Ich will nicht, daß die Leute
an Lederunterwäsche mit Stacheln oder Corpsepaint denken, wenn
sie den Namen BATHORY hören. Es gibt einige Bilder von
mir, auf denen ich nur Jeans und ein T-Shirt trage, und ich habe
deshalb tonnenweise Briefe bekommen, in denen mich die Leute fragen,
ob ich das wirklich bin - sie konnten nicht glauben, daß Quorthon
ganz normale Jeans trägt... Ich glaube nicht, daß ich jemals behauptet
habe, das Mysteriöse um meine Person nicht zu mögen. Dieses Image
enstand aus der Tatsache, daß ich einfach kein Interesse daran
habe, mich als Person oder meine Person als Produkt zu promoten.
Problematisch wird es nur, wenn mich die Leute als bluttrinkenden,
kinderschlachtenden satanischen Neonazi sehen, ohne mich jemals
getroffen zu haben. Jedes Jahr kommen einige neue BATHORY-Fotos
hinzu. Ich denke, daß diese Bilder völlig ausreichend sind und
halte es nicht für notwendig, in einem Fotostudio herumzuposen,
nur um den Leuten mitzuteilen, daß es ein neues BATHORY-Album
gibt... das sogar Musik enthält...
EquimanthorN: Unoriginelle Frage: Könntest du einige Dinge/Künstler/etc.
aufzählen, die dich und deine Arbeit beeinflußt haben - nicht
unbedingt auf direktem Wege, sondern eher als Inspirationsquellen...
Quorthon: Ich bin mir sicher, daß jeder Mensch von all
den Dingen, die er in seinem Leben sieht oder hört, beeinflußt
und inspiriert wird. Einige dieser Dinge, die für mich persönlich
von großer Bedeutung sind, haben aber auf den ersten Blcik mitunter
keinen Einfluß auf Quorthon oder BATHORY. Steve Jones'
Gitarrenstil und Sound haben mir sehr gefallen. Frühe Kiss-Sachen
waren ein großartiger Anstoss. Die ersten paar Black Sabbath-Albem
sind immer noch fantastisch. Frühe Motörhead sind auch ein
wichtiger Einfluss. Frühe GBH waren für den Sound von BATHORY
sehr wichtig. Nachdem die Leute aber GBH nicht kennen, glauben
sie, daß wir den ganzen Tag Venom hörten, um uns inspirieren zu
lassen, obwohl wir sie erst zwei Monate nach Veröffentlichung
unseres ersten Albums zum ersten Mal hörten. Ich liebe die Beatles
und Beethoven. Richard Wagner ist mein Gott und Johann Sebastian
Bach das größte musikalische Genie in der Geschichte der Menschheit.
Ich kann mir mittelalterliche Musik ebenso anhören wie Punk, und
meine alten Humble Pie-LPs und Nick Drake Tapes machen immer noch
die Hälfte von dem aus, was ich jeden Tag höre. Es fällt mir schwer,
mich mit Filmen zu befassen, weil ich genau weiß, daß alles, was
ich in ihnen sehe nicht echt ist. Die Bücher die ich lese und
die Sachen, die ich mir auf Video oder im Fernsehen ansehe, basieren
alle auf Fakten.
EquimanthorN:
Werfen wir zum Abschluß einen Blick in die Zukunft: Gibt es schon
Pläne für die Zeit nach Nordland II für dich und deine
musikalischen Aktivitäten? Abschließende Worte werden auch gerne
entgegengenommen...
Quorthon: Ich schreibe permanent an neuem Material. Wie
das Album nach Nordland klingen wird, weiß ich aber
noch nicht. Die Pläne werden sich mit der Zeit konkretisieren.
Vielleicht wird es wieder komplett nordisch und atmosphärisch,
wenn es die Fans für das nächste Album so wollen. Aber vielleicht
wird es auch sehr brutal und düster, wenn ich das Gefühl habe,
daß ich es so machen will. Es gibt keine Regeln. |