Psycho: Wie
seid Du/Ihr auf die Idee gekommen, ein derartiges Festival aufzuziehen?
Michael Bohnes: Vielfach bin ich darauf angesprochen
worden, wie ich zu der „genialen“ Idee kam, ein
solches Festival in unserem Schloss Broich aufzuziehen. Ebenso
wurde in vielen Presseberichten immer wieder das Konzept und
seine Umsetzung lobend erwähnt.
Dabei liegt die Idee doch auf der Hand. Man platziere sich doch
einfach nur mal auf den leeren Schlosshof, schließe für
einen Moment die Augen und stelle sich vor, welch Treiben hier
im Mittelalter geherrscht haben könnte. Mittelalterliches
Marktgeschrei und Handwerk, umherziehende Vaganten, die mit
Minnegesang versucht haben, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen,
oder Narren, die zur Belustigung des Volkes ihren Schabernack
trieben. Hier das Burgfräulein in Begleitung ihrer Zofe
auf dem Spaziergang, dort, hoch zu Ross, der stolze Ritter.
Alles gut vorstellbar, oder?
Und wer anschließend das wunderbare Ambiente innerhalb
der alten Schlossmauern in Augenschein nimmt, muss zwangsläufig
zu dem Schluss kommen, dass nichts näher liegt, diese Umgebung
bei einem Musikfestival mit mittelalterlichen, aber auch dunklen
und melancholischen Rockklängen zu füllen.
Die Idee - genial einfach oder einfach genial? Ich tendiere
zum Ersteren.
Psycho: Was
sagen die Stadtväter zu dem merkwürdigen Volk, dass
jedes Jahr den Stadtpark unsicher macht?
Michael Bohnes: Ich glaube, da hat sich mittlerweile
eine allgemeine Akzeptanz eingestellt. Klar anfangs wurden unsere
Besucher kritisch beäugt, doch nach 6 Jahren CASTLE
ROCK ist es mittlerweile ein vertrautes Bild, wenn
schwarzgewandete Menschenmassen einmal im Jahr unsere Innenstadt
bevölkern. Viel dazu beigetragen hat im Übrigen das
freundliche und friedfertige Auftreten unserer Festivalbesucher,
so dass etwaige von Vorurteilen geprägte Befürchtungen
schon im Keim erstickt werden konnten.
Ich spreche in diesem Zusammenhang gerne von „Schwarzen
Farbtupfern“ in unserer Stadt.
Psycho: Wenn
ich recht informiert bin, dann wird das CASTLE ROCK von der
Stadt Mülheim (auch finanziell) unterstützt, was für
ein “schwarzes” Festival doch eher ungewöhnlich
ist. Wie ist es zu dieser Kooperation gekommen?
Michael Bohnes: Hier muss ich dich leider ein wenig
korrigieren. Die Stadt Mülheim an der Ruhr unterstützt
dieses Festival nicht, sondern sie veranstaltet es. Ich bin
als Mitarbeiter beim städtischen Kulturbetrieb mit der
Planung, Organisation und Durchführung der Veranstaltung
betraut.
Psycho: Z.Z.
wird Mülheim von der SPD regiert, die ja momentan eher
auf dem absteigenden Ast ist. Befürchtest Du Veränderungen
in der städtischen Politik bzgl. des CASTLE ROCK, sollte
bei der nächsten Wahl eine CDU-basierte Ratsmehrheit an
die Macht kommen?
Michael Bohnes: Diese Befürchtung habe ich nicht.
Die Kulturpolitiker in unserer Stadt - gleich welcher Partei
- sehen in dem CASTLE ROCK FESTIVAL ein jugendkulturelles
Angebot, das weit über die Stadtgrenzen hinaus wahrgenommen
wird. In den vergangenen Jahren haben die Politiker im Kulturausschuss
immer lobende und anerkennende Worte für das Festival gefunden.
Ich denke, unsere Stadtväter haben erkannt, dass solch
ein Festival imagefördernd ist; zeigt sich Mülheim
in solch einem Augenblick doch als weltoffene und aufgeschlossene
Kulturstadt.
Psycho: Nach
welchen Kriterien stellt ihr die Besetzung zusammen?
Michael Bohnes: Zunächst einmal: Ich würde
grundsätzlich keine Band einladen, die mir persönlich
nicht gefällt. Letztendlich ist die Auswahl der Bands eine
reine Gefühlssache, wobei ich aber schon darauf achte,
ein möglich breites Spektrum dunkler Musik abzudecken.
Meine Grundkonzeption geht davon aus, zwei bekanntere Bands
auf den Headlinerpositionen spielen zu lassen und die anderen
Positionen des Festivals mit noch nicht so bekannten Bands zu
besetzen. Gerade die Besetzung dieser Positionen halte ich für
eminent wichtig, da ich das CASTLE ROCK als
Plattform verstehe, auf der sich junge, noch nicht etablierte
Bands einem breiteren Publikum präsentieren können
und vielleicht schon die Stars von Morgen sind. Außerdem
versuche ich darauf zu achten, dass die von mir eingeladenen
Bands sich möglichst exklusiv bei uns präsentieren.
Psycho: Meiner
Meinung nach ist das CASTLE ROCK in den letzten Jahren nicht
nur rockiger, sondern vor allem auch Metal-lastiger geworden.
War das eine bewusste Entwicklung, eine Frage der Gelegenheit
(bestimmte Bands buchen zu können) oder eine Reaktion auf
Wünsche des Publikums?
Michael Bohnes: Na da kommt wohl der alte Metaller
in mir zum Vorschein. Nein im Ernst, das ist keine bewusste
Entwicklung. Aus Besucherumfragen und Gästebucheinträgen
kann man schon einen Trend festmachen, welche Bands gerne auf
dem CASTLE ROCK gesehen werden. Aber wie bereits
oben dargestellt, erfolgt die Auswahl aus dem Bauch heraus.
Hinzu kommt, dass das Gesamtpaket halt passen muss. D.h. der
finanzielle Rahmen, der durch die Platzkapazität des Schlosses
vorgegeben ist, spielt eine ebenso große Rolle, wie die
Verfügbarkeit der jeweiligen Künstler.
Psycho: Subjektiv
betrachtet war es in diesem Jahr etwas leerer als in den letzten
Jahren, ihr habt jedoch wieder ein „Ausverkauft“
ans Tor genagelt. Was stimmt denn nun? (Oder wurde von vorneherein
mit etwas weniger Publikum gerechnet?)
Michael Bohnes: Objektiv war das Festival mit 1.800
Besuchern ausverkauft.
Psycho: Habt
ihr schon einmal daran gedacht, dass ganze in einem größerem
Rahmen (evtl. auch an zwei Tagen) aufzuziehen?
Michael Bohnes: Möglicherweise könnte ein
erfolgreiches Festival noch erfolgreicher gestaltet werden.
Insofern keimen solche Überlegungen natürlich immer
wieder einmal auf.
Aber die Veranstaltungslocation ist fest mit der Namensgebung
des Festivals verbunden. Ich könnte mir nicht vorstellen
ein CASTLE ROCK FESTIVAL auf einer großen
Wiese, einem Flugplatz etc. zu veranstalten. Den Ruf, den das
CASTLE ROCK sich bisher erarbeitet hat, ist
ja nicht zuletzt auf ein stimmiges Zusammenspiel von Location
und Programm zurück zu führen. Viele Besucher haben
mir ihre Befürchtungen mitgeteilt, dass das Festival aufgrund
seines Erfolges expandieren wird. Und die möchte ich natürlich
nicht enttäuschen.
Das Problem bei einem
Festival über zwei Tage ist die fehlende Infrastruktur
um das Schloss Broich herum. Es gibt in Mülheim z. B. keine
Zeltplätze.
Vielleicht ließe sich bei einem Bauern ja ein Zeltplatz
einrichten, aber man darf auch nicht vergessen, welcher Aufwand
dann dahinter steckt. Das fängt mit einem möglichen
Shuttle-Service an, geht über die Installation von sanitären
Anlagen und hört bei der Müllentsorgung auf. Dabei
darf man nicht vergessen, dass solch eine Geschichte sehr kostenintensiv
ist. Außerdem ist das "CASTLE-ROCK"
eigentlich eine Ein-Mann-Geschichte. D. h. die Planung und Organisation
angefangen über dass Bandbooking, die Sponsorenakquise
bis hin zur Plakatgestaltung liegt alleine in meinen Händen.
Die Einrichtung einer angemessenen Infrastruktur würde
meine Kapazitäten dann doch erheblich überschreiten,
zumal ich in meinem Beruf in der Hauptsache mit anderen Aufgaben
betraut bin.
Psycho: Welche
Bands haben Dir in den letzten Jahren besonders gut gefallen?
Michael Bohnes: Mir gefallen grundsätzlich alle
Bands, die ich einlade.
Psycho: Welchen
Act würdest Du Dir für das nächste CASTLE ROCK
wünschen?
Michael Bohnes: Ich habe meine Wunschbesetzung für
das nächste Jahr zwar schon im Kopf, werde es aber noch
nicht verraten. Soll ja eine Überraschung sein. Ich kann
nur so viel sagen, dass ich die Bandbewerbungen von Metallica,
Marilyn Manson und Sisters Of Mercy abgelehnt habe.
Psycho: Ist
für Dich auch ein CASTLE ROCK denkbar, bei dem z. B. nur
4 Bands auftreten, wenn man so im Rahmen dieses Billings einen
absoluten Wunsch-Act finanzieren könnte, der ansonsten
bei mehr auftretenden (und zu bezahlenden) Künstlern zu
teuer wäre?
Michael Bohnes: Nein!
Psycho: Wird
es im nächsten Jahr wieder eine After-Festival-Party geben
(im RingLokSchuppen oder anderswo)?
Michael Bohnes: Im nächsten Jahr wollen wir definitiv
eine After-Show-Party in einer nahe gelegenen Location veranstalten.
Allerdings sind die Verhandlungen hinsichtlich der finanziellen
Konditionen noch nicht abgeschlossen, so dass eine endgültige
Bekanntgabe erst dann erfolgt, wenn alles in trockenen Tüchern
ist.
Psycho: Warum
hört es inzwischen jedes Jahr um Punkt 13:00 (zunächst)
auf zu regnen?
Michael Bohnes: Das ist mein besonderer Deal mit dem
etwas betagteren Herrn da oben. Wenn er unbedingt meint, dass
es regnen muss, kann man natürlich nichts machen. Allerdings
habe ich in den letzten beiden Jahren unter Aufbietung meines
ganzen Verhandlungsgeschicks erreichen können, dass er
es bei einem Schauer während des Einlasses (12.00 Uhr –
13.00 Uhr) und einem Schauer während des Festivalprogramms
15.00 Uhr – 16.00 Uhr belässt. Im nächsten Jahr
will er unser Festival wieder mit trockenem Wetter und Sonnenschein
beglücken.
Psycho: Wie
beurteilst Du die Toilettenfrage (aufgrund manchmal extrem langer
Schlangen der einzige Kritikpunkt an der Organisation des CASTLE
ROCK)? Würde es sinnvoll sein, am Ausgang zum Park hin
noch mobile Toiletten aufzustellen?
Michael Bohnes: Diese Kritik ist sicherlich nicht ganz
unberechtigt. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich aber sagen,
dass ca. 80 % der Festivalbesucher das Aufsuchen mobiler Toiletten
einfach ekelhaft finden (Psycho: Kein Wunder...). Hinzu kommt,
dass die Kosten für das Aufstellen und die Reinigung solcher
Toiletten zwangsläufig auf den Besucher umgelegt werden
müssen. Nun frage ich dich: Was ist das kleinere Übel?
Längere Warteschlangen in Kauf zu nehmen und auf gereinigten
Toiletten sein Geschäft zu verrichten oder stinkende Mobiltoiletten
aufzusuchen und dafür noch einen höheren Eintrittspreis
zu berappen.
Psycho: Beeinflusst
ihr auch die Getränke- und Essenspreise (normaler Weise
nehmen die Caterer inzwischen viel mehr Geld für ihre Dienste)?
Michael Bohnes: Selbstverständlich habe ich Einfluss
auf die Getränke- und Essenspreise. Ich kann doch nicht
einerseits mit der Begrifflichkeit "Ein Festival von Fans
für Fans" kokettieren, um andererseits den zahlenden
Fans das Geld aus der Tasche ziehen. Ich versuche bei der Organisation
des Festivals aus einer absoluten Überzeugung heraus und
mit viel Herzblut zu vermeiden, was mich persönlich immer
an vielen anderen Festivals gestört hat. Angefangen vom
Programm, dem Eintrittsgeld bis hin zu den Getränke- und
Imbisspreisen versuche ich den Besuchern "Value for Money"
zu bieten, was offenbar honoriert wird.
Psycho: Any
last words an unsere Leser?
Michael Bohnes: „Niemand hindert einen, jeden
Tag klüger zu werden. Nur Idioten ändern sich nicht.“
Dem ist eigentlich
nichts hinzuzufügen. Vielen Dank für das Interview,
und wir sind jetzt schon auf die Bands im nächsten Jahr
gespannt... ;-)