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Endlich steht Worst Enemy in den Regalen der Plattenläden. Nachdem man bereits einige neue Stücke auf dem legendärem 9. Wave Gotik Treffen im letzten Jahr zu hören bekam, dauerte es nahezu ein weiteres Jahr, bis das neue Album jetzt tatsächlich über die Ladentheke wandern kann. Grund genug, zu spätabendlicher Stunde den Bassisten Joe Trunk am Telefon zu quälen und mal bei den krassesten und brachialsten deutschen Deathmetallern nachzuhaken...

Disbelief

Dajana: Doch zunächst nochmal zurück zum 9.WGT. Wir habt Ihr das alles noch in Erinnerung? War ja doch recht chaotisch das Ganze...
Joe: Das war eigentlich absolut einzigartig für uns. Es war alles ziemlich chaotisch und wir fanden es erst gar nicht lustig, als wir nach 6 Stunden Fahrt am Sonntag ankamen und es hieß, das Festival ist abgebrochen. Aber wir konnten dann ja doch noch spielen und durch das ganze Chaos hatte sich eine geile Stimmung aufgebaut, die wir bei unserer Show auffangen konnten. Das war wunderbar. Die Leute sind voll abgegangen. Für uns war es ein absolut geiles Erlebnis. Ich glaub, so ein Festival erlebt man nur einmal...
Wir haben da auch ein Video gedreht, das ist ziemlich abgefahren.

Dajana: Setzt doch das Video auf Eure Webseite.
Joe: Das könnte man machen aber dafür müßten wir noch ein bißchen an unserer Webseite arbeiten (das ist auch nötig... Cal). Ich hoffe mal, das die Homepage spätestens nächste Woche (wie wär's mit Montag dem 30.04.0? *lol* - Cal) auf dem neuesten Stand ist.

Dajana: Euer drittes Album Worst Enemy steht nun endlich in den Läden. Und das, ganze 3 Jahre nach dem Vorgänger Infected. Es gab Line-up- und Labelwechsel bei Euch. Hört sich nach viel Ärger an... Bringt mal ein bisschen Ordnung in das Chaos.
Joe: Jaaa, das ist verwirrend, das kann ich mir vorstellen. Es war so, daß wir Worst Enemy bereits im Mai vergangenen Jahres aufgenommen hatten. Aber unserer altes Label GSM hatte nur einen sehr limitierten Vertrieb, so daß wir uns überlegt haben, wenn wir die Band nach vorne bringen wollen, brauchen wir einen neuen und besseren Vertrieb, ein Label, das mehr Kohle reinstecken kann. So wäre die Scheibe einfach nur im Sande versickert. Unser Manager, Andy Siri, hat sich dann darum gekümmert, wir haben viele Bewerbungen geschrieben und konnten letztendlich im Januar 2001 bei Connected einen Vertrag unterschreiben.

Dajana: Was gibt es zum Line-up Wechsel zu sagen? Karsten raus, Karsten rein?
Joe: Das kam halt so, das wir Probleme mit unserem Sänger Karsten Jaeger hatten, die sich über die Jahre so aufgebaut haben. Das wirkte sich auf seine Einstellung zur Band und unsere Arbeit aus. Nach der Bolthrower Tour (Jan '99) kam dann der Knacks, wo wir sagten, wir können so nicht mehr zusammenarbeiten und wir uns von unserem Sänger getrennt haben. Danach hat sich dann jeder so seine Gedanken gemacht. Fehler gemacht haben wir alle und nach einem halben Jahr haben wir uns erstmalig wieder getroffen. Der Karsten hat mit jedem von uns geredet und es wurden Fehler und Probleme ausgeräumt. Auf dieser Basis konnten wir dann einen Neuanfang wagen. Seit September letzten Jahres ist der Karsten wieder mit dabei und dann ging es auch gleich mit neuen Songs weiter.
Das der Tommy Fritsch im Januar 2000 ausgestiegen ist, kam total überraschend und unerwartet und war richtiggehend ein Schock für uns. Er sah kein Vorankommen und hatte die Motivation verloren. Aber zum Glück hatten wir sofort einen neuen Gitarristen, den Jan-Dirk Löffler zur Hand. Er ist ein guter Freund der Band und auch ein Fan. Er hatte richtig Lust drauf und sagte sofort zu, als wir ihn fragten.

Dajana: War die Existenz von DISBELIEF je gefährdet?
Joe: Nein, eigentlich nie. Wir wollten nicht aufgeben und haben Geduld bewiesen, denke ich. Obwohl manchmal die Kacke wirklich am dampfen war. Aber wir haben immer gesagt, die Musik liegt uns so sehr am Herzen, es wird weitergemacht, egal was kommt! Dieser Faden hat sich so durch die Jahre hindurchgezogen, trotz der Probleme, die wir hatten.

Dajana: Ich denke, Ihr habt durch diese lange Zwangspause den Faden zum Publikum und zur Szene verloren. Ihr fangt jetzt praktisch wieder ganz von vorne an, da Ihr ja auch nicht so oft auf Tour gewesen seid. Ist das Belastung oder eher eine Chance?
Joe: Also eine Belastung ist das auf gar keinen Fall! Wir haben uns einen kleinen Fankreis erarbeitet und der hat uns die Treue gehalten. Sie waren auch richtig heiß darauf, das wir wieder ein Album veröffentlichen. Aber ja, es ist tatsächlich ein Neuanfang. Schon alleine vom Bandklima her, das ist jetzt völlig anders, als noch vor 2, 3 Jahren.

Dajana: Euer neues Album wird ja nun richtig abgefeiert. Fast immer die Höchstpunktzahl in allen relevanten Metal Magazinen. Das ist ja beinahe erschreckend.
Joe: *lacht* ja, nun müssen wir schauen, das wir nicht abheben. Es ist schon ein bißchen überraschend, früher wurden wir nicht so abgefeiert, ganz im Gegenteil. Man merkt jetzt, das wir mit unserem neuen Album die Leute mehr erreichen. Worst Enemy ist viel besser auf den Punkt gebracht, als die anderen beiden Alben. Na klar freut es uns, daß die Leute so auf unsere Scheibe reagieren.

Dajana: Eine Möglichkeit Euch wieder ins Gedächtnis der Leute zubringen wäre ausgedehntes touren. Was ist geplant ?
Joe:
Da ist leider noch nichts geplant.
Dajana:
Noch gar nix???
Joe: Nein, überhaupt noch nichts.

Dajana: Wieso zur Hölle nicht??? Was ist mit Festivals?
Joe: Nein, auch da ist nichts. Es heißt, wir wären zu spät gewesen und alle relevanten Festivals sind bereits ausgebucht. Sicherlich ist diese Situation enttäuschend für uns, aber wir müssen das wohl so akzeptieren.
Vielleicht ergibt sich noch kurzfristig eine Möglichkeit auf einem Festival zuspielen, wenn andere Bands absagen, oder so. Wir sind selber total heiß darauf zu spielen.

Dajana: Auffallend am neuen Album ist, das Ihr die melancholisch traurigen Melodien zurückgenommen habt, auf die Anwendung anderer oder zusätzlicher Musikinstrumente (z.B. Didgeridoo) verzichtet und auch Karsten nur noch punktuell cleanen Gesang einsetzt (was ich persönlich ein bisschen schade finde...). Das lässt Eure Musik noch böser, noch heftiger und noch krasser klingen, als jemals zuvor. War das so beabsichtigt ?
Joe: Ich kann schon nachvollziehen, das Du das vermisst. Es kann immer wieder passieren, das wir sowas in der Art machen. Das heißt jetzt nicht, das wir nur noch Platten wie Enemy Worst machen werden. Das hängt immer davon ab, in welcher Stimmung wir gerade sind. Es kann sein, das das nächste Album vielleicht ganz anders wird. Da möchte ich mich nicht festlegen.
Das Album war jetzt nicht in dem Sinne so geplant oder beabsichtigt. Das war einfach so im Bauch drin und mußte raus. Die Infected war sicherlich mehr melancholisch, aber das war damals auch eine Stimmung, die raus mußte. Wir sind jetzt in einer Aufbruch- / Umbruchstimmung, und die Platte spiegelt das gut wieder. Unsere Musik ist sowas wie ein Statement der Band.

Dajana: Wer schrieb die Texte zum neuen Album? War da Karsten wieder am Werk?
Joe: Ja, Karsten hat die meisten Texte geschrieben. Zwei sind aber auch von mir.

Dajana: Gibt es spezifische Themen, die Ihr aufgreift?
Joe: Ich würde sagen, hauptsächlich beschäftigen wir uns mit dem Kampf, den man mit sich selbst führt. Sich selbst zu erkennen, besonders die Schwächen und sie auch einzugestehen. Als Verarbeitung von dem, was wir eben in unserer Band erlebt haben. Vergangenheits-bewältigung halt. Dem einen fällt musikalisch was ein und es wird ein Text dazu geschrieben oder umgekehrt.

Dajana: Habt Ihr inzwischen schon wieder neues Material am Start?
Joe: Ja, massenhaft. Wenn wir es schaffen, gehen wir noch in diesem Jahr wieder ins Studio.

Dajana: Wieder ins Stage One Studio?
Joe: Das weiß ich noch nicht. Wenn wir vielleicht ein bißchen mehr Kohle zur Verfügung haben, probieren wir vielleicht auch mal was anderes.

Dajana: Eurer erstes selbstbetiteltes Album habt Ihr Heinz Siri gewidmet. Wer ist das und welche Bedeutung hat dieser Mann für Euch?
Joe: Heinz Siri ist der Vater von unserem Manager Andy Siri. Der ist kurz nach der Produktion unserer ersten Platte verstorben und wir haben ihm auf Andy's Wunsch die Platte gewidmet.

Dajana: Woher kommen eigentlich Eure musikalischen Vorbilder, Einflüsse etc.? Ich meine, Ihr liegt mit Eurem Stil ja komplett außerhalb von dem, was sich so auf dem Markt tummelt.
Joe: Einflüsse... eigentlich alles, queer Beet.
Vorbilder... da würde ich sagen Neurosis. Aber nicht so sehr in musikalischer Hinsicht. Es ist eigentlich mehr ihre Einstellung, wie sie ihr Ding durchzuziehen. Sich nicht beirren oder unterkriegen lassen.

Shortcuts:

Erstes Album :
Iron Maiden

Erstes Konzert:
Running Wild

Lieblingsbier:
Krombacher (jawoll, jawoll! 100 Punkte - Cal)

Lieblingsessen:
alles, oder eher was orientalisches

Top 5:

Deftones - White Pony
At The Drive In - Relationship In Command
Napalm Death - Enemy Of The Music Business
Sepultura - Nation
Meshuggah - alles

Letzte Worte:
Wir brennen darauf endlich wieder live spielen zu können! Vielleicht mit 'ner amerikanischen Band wie Fear Factory ?

 

05/2001 © Dajana Winkel • Disbelief