Dajana:
Im Juli wurde Eure EP Agonie veröffentlicht und
ich muss gestehen, ich finde den Aufbau Eurer EP faszinierend.
Da hätten wir Der Stille Fluss und Postum als Opener und
Rausschmeisser, beides Songs, die vom Debüt abweichen und
viele Post Rock Elemente beinhalten. Dann Ingrimm und Die Welt
In Mir, die kürzer und eine Weiterführung der Stücke
vom Debüt sind und dann das kurze Zwischenspiel Ana im
Kern als Bindeglied. Klingt nach einem Konzept…?
Nikita: Man kann es Konzept nennen, ja. Ich mache mir relativ
viele Gedanken über die Anordnung der Songs und welche
Stücke man z.B. durch kleine Interludes, sei es nur eine
ausklingende Feedback-Gitarre, verbinden kann. Agonie ist mehr
oder weniger symmetrisch aufgebaut, wie du schon angedeutet
hast. Ich finde das interessant und ich mag es, wenn epischere,
längere Songs am Anfang und am Ende der Platten stehen.
So entsteht eine Art Rahmen und ich finde, das spornt auch dazu
an, die Alben bzw. die EP am Stück durchzuhören –
wie es auch sein soll. Ähnlich wird es auch beim kommenden
Album aussehen, aber mehr wird da noch nicht verraten.
Dajana: Ana
ist eine Interpretation von Erik Satie. Ich konnte das Original
dazu nicht finden, lediglich Gnossienes Nr. 2 kam mir ob seiner
Ähnlichkeit in den Sinn. Wo kommt Ana her und wie seid
Ihr auf Satie gestossen?
Nikita: Die Interpretation stammt vom ersten Teil aus Satie's
"Gymnopédies", einer dreiteiligen Serie von
kurzen Klavierstücken. Ich hatte die Melodie während
unseres Studioaufenthaltes schon die ganze Zeit im Kopf und
habe dann relativ spontan versucht, sie für Gitarre zu
arrangieren. Das hat sich am Ende so gut gemacht, dass wir es
als kleines Zwischenspiel bzw. als Kontrastprogramm zu den anderen
Songs in die EP mit aufgenommen haben. Ich habe nur einen neuen
Titel gewählt, da „Gymnopédie“ für
mich in unserem Zusammenhang keinen Sinn hatte und gleichzeitig
ist das Stück damit eine Widmung an meine Schwester.
Dajana: Satie
wird ja eher dem Cabaret zugeordnet. Ist das ein Genre das musikalisch
Einfluss auf Euch hat?
Nikita: Nein, eigentlich gar nicht. Klassische Musik im
Allgemeinen schon eher.
Dajana: Was inspiriert
Euch generell?
Nikita: Vorwiegend natürlich Musik aller Art, das tägliche
Leben, die Zeit, bestimmte Orte, Erfahrungen, Erinnerungen.
Alles womit man sich als Mensch eben beschäftigt.
Dajana: Habt Ihr
bestimmte Rituale beim Songwriting? Nehmt Ihr Euch eine Auszeit?
Verkriecht Ihr Euch irgendwo? Fahrt Ihr zu bestimmten Orten…etc.?
Nikita: Nein, bestimmte Rituale gibt es da nicht. Das einzige
was ich brauche, ist freie Zeit. Unter Druck oder mit anderen
Sachen im Kopf, kann ich nichts schreiben. Das Songwriting findet
immer direkt an der Gitarre bei mir daheim statt. Im Proberaum
haben wir noch nie einen Song geschrieben, was aber auch daran
liegt, dass auf Grund der Entfernung zu meinen Kollegen so gut
wie nie geprobt wird.
Dajana: Ich finde
die neuen Aspekte in der Musik ausgesprochen interessant. Nein,
vielmehr bin ich hin und weg von Atmosphäre, Gitarrenläufen
und den Melodien... Insbesondere, wenn man die Tracks 2 und
4 aussen vor und die anderen 3 Tracks dann am Stück laufen
lässt ;)
War das eine gezielte Weiterentwicklung in diese Richtung? Gab
es dazu Einflüsse, Impulse von aussen?
Nikita: Danke, das freut uns! Ich lege sehr viel Wert auf
ausdrucksstarke Melodien und Riffs, die mir eine Geschichte
erzählen können und mit denen ich etwas verbinde.
Das ist mir wichtig, denn dann kann man sich mit der Musik identifizieren
und hört sie sich gerne an. Man findet natürlich einige
neue Elemente auf der EP und auf dem kommenden Album wird das
sicherlich noch ein Stück weit ausgeprägter sein.
Ich höre Musik wann immer es möglich ist und da ist
es völlig natürlich, dass das einen gewissen Einfluss
mit sich bringt.
Dajana: Wie sieht
es derzeit mit den Arbeiten am neuen Album aus? Wie weit seid
Ihr? Was ist musikalisch zu erwarten? Wird es noch weitere stilistische
Änderungen, neue Elemente geben?
Nikita: Das Songwriting für das neue Album ist bereits
abgeschlossen und Ende Februar wird es ins Studio gehen. Die
Vorproduktionen stehen komplett und ich denke man kann sagen,
dass es noch einmal eine Ecke schneller und aggressiver wird.
Melodie und Atmosphäre wird aber wie immer dennoch groß
geschrieben – mehr gibt es vorerst nicht zu sagen!
Dajana: In Euren
Interviews drehen sich die Fragen meist um den Black Metal,
ob und wie Ihr da reinpasst. Was denkt Ihr, warum scheint es
dem Metaller, oder Musikkonsumenten im Allgemeinen, so schwer
zufallen, sich der Musik erst einmal unvoreingenommen zu nähern?
Stattdessen wird bereits schon im Vorfeld kategorisiert, kritisiert
und aussortiert. Viele Hörer versagen sich - meiner Meinung
nach - auf diese Weise Musik und Bands, die sie sonst sogar
mögen würden.
Nikita: Ich denke das liegt an dem heutzutage absolut übersättigtem
Markt und dem dadurch überforderten Hörer. Niemand
kann mehr unterscheiden, was gut und was schlecht ist und da
fällt es natürlich leichter sich auf irgendwelche
Schubladen zu verlassen. Es ist aber natürlich immer von
Vorteil, hier und da mal ein Ohr zu riskieren – Überraschungen
verstecken sich überall.
Dajana: DER WEG
EINER FREIHEIT war ja mal als eine einmalige Sache gedacht.
Nun ist aus dem Projekt eine richtige Band geworden. Wird es
dabei bleiben? Werdet Ihr zukünftig zusammen an den Songs
arbeiten?
Nikita: Richtig. Wie schon angedeutet proben wir als komplette
Band nur vor Auftritten, um Songs einzustudieren, die jeder
von uns vorher daheim für sich selbst übt. Das klappt
auf diese Weise zum Glück sehr gut aber auf Grund der Entfernung
der Mitglieder wird es vorerst zu keiner gemeinsamen Jam- oder
Songwriting-Session kommen, da fehlt einfach die Zeit.
Dajana: Gibt es
schon feste Daten für Konzerte und/oder Festivals für
das neue Jahr?
Nikita: Bisher sind zwei Konzerte in Leipzig und München
Anfang April, sowie das Eisenwahn und Baden in Blut Open Air
Ende Juli bestätigt. Es ist noch einiges mehr in Planung,
darunter auch eine kleine Tour – die aktualisierten Termine
findet man wie immer auf unserer Homepage.
Dajana: Dem Business
geht es bekanntlich schlecht, selbst ehemalige Multiseller wie
Alice Cooper beklagen sich, dass man dieser Tage kein Cent mehr
mit CD-Verkäufen verdienen kann und jeder sucht das finanzielle
Heil im Touring und Merchandise. Tatsächlich lässt
sich aber auch feststellen, dass insbesondere kleine Labels
mit üppig und liebevoll gestalteten CDs und Boxen, neuerdings
auch wieder Vinyl, die Nase vorn haben. Der Aufwand scheint
sich zu lohnen und zumindest jene Label über Wasser zu
halten. Könnt Ihr diesen Trend bestätigen? Wieviel
Einfluss habt Ihr auf Gestaltung und Vermarktung Eurer Musik?
Nikita: Das sehe ich ähnlich. Kleinere Labels müssen
einfach durch besondere Verpackungen oder Formate auf sich und
ihre Bands aufmerksam machen. Ich habe erst gestern von unserem
ehemaligen Schlagzeuger Christian eine viereckige Mini-CD zugeschickt
bekommen; keine Ahnung wie man die abspielen soll, sieht aber
sehr interessant aus! Bisher hatten wir bei allen visuellen
Angelegenheiten freie Entscheidung und das wird auch so bleiben.
Mit Viva Hate Records haben wir einen Partner, der auf diesen
Aspekt sehr viel Wert legt und unseren Wünschen weitestgehend
nachgeht bzw. oft auch selbst interessante Ideen einbringt.
Dajana: Wo seht
Ihr als Band zukünftig Alternativen Eure Musik an Mann
und Frau zu bringen? Was lässt Euch, in geschäftlicher
Hinsicht, weitermachen und nicht verzweifeln? Zumal ja die grossen
Konzerne bereits verlautbaren, demnächst die CD als Medium
komplett einstampfen zu wollen…
Nikita: Also in unserer Sparte sehe ich das nicht so problematisch.
Wenn die Major-Labels meinen, sie müssen die CD abschaffen,
heißt das ja noch lange nicht, dass es in ein paar Jahren
überhaupt keine CDs mehr zu kaufen gibt. Die CD und das
Vinyl wird es in unserem Bereich sicherlich noch eine ganze
Weile geben, vorausgesetzt es gibt noch ein paar Presswerke,
die da mitziehen. Aber ich käme jetzt nicht auf die Idee,
das Musikmachen an den Nagel zu hängen, nur weil es kein
ordentliches Format mehr gibt, das die Leute kaufen können.
Ich wäre sogar dafür, Musik komplett frei zugänglich
zu machen, wie es z.B. das Label Denovali tut.
Dajana: Kommen
wir zum Ende der Fragerei ;) Da wir uns, wie bereits erwähnt,
am Ende des Jahres befinden… Eure Highlights, Best-Of-Liste
bzw. Top 5 oder so in Sachen Alben, Bands, Konzerte, Festivals
und sonstigen denkwürdigen Ereignissen in 2011 :)
Nikita: Top 5 Alben:
1. Feist – Metals
2. Mogwai – Hardcore Will Never Die, But You Will
3. Lantlôs – Agape
4. Marduk – Iron Dawn
5. Anaal Nathrakh – Passion
Das beste Konzert 2011 war Crippled Black Phoenix in Frankfurt
(dem stimme ich natürlich uneingeschränkt und umgehend
zu, da selber konplett hin und weg von der Show in Dortmund
- Dajana), einfach eine unglaubliche Band. Wintersun gehört
wohl zu den meistgehörtesten Bands im letzten Jahr und
das absolute Highlight des Jahres war ein leider viel zu kurzer
Trip nach Norwegen mit ein paar sehr guten Kumpels (und noch
mal uneingeschränkt und umgehend ja, ich sah da nur Bergen…
;) – Dajana).
Dajana: Ich bedanke
mich recht herzlich für Zeit und Mühe. Hab eine ordentliche
Silvestersause und rutscht gut rüber! Man sieht sich hoffentlich
livehaftig im neuen Jahr!
Nikita: Danke für das Interview und ebenfalls alles
Gute!