Das finnische Doom Label Firebox hat dieser Tage die Metalwelt mit einem Album überrascht, das wohl keiner so erwartet hätte. Denn anstatt eines weiteren genialen Doom Albums gibt es mit JÄÄPORTIT ein finnisches Solo Projekt von Tuomas M. Mäkelä, das mal gar nix mit Metal zu tun hat. Auf seinem Zweitwerk Uumenissa vermischt Tuomas atmosphärische elektronische Musik mit düsteren Ambient Melodien und erschafft so wundervolle Klangwelten. Nachdem mich Uumenissa tief berührt hatte, wollte ich nun mehr über den Mann und sein Projekt erfahren...

Tumoas M. Mäkelä

Dajana: Hi Tuomas! Du hast ja meine Rezension gelesen, die inhaltlich konform mit all den anderen Reviews geht, die es so gab. Hast Du mit einer solchen überwältigenden Resonanz gerechnet? Wie fühlt man sich dabei? Und was bringt Dir das für die Zukunft?
Tuomas:
Hallo Dajana. Deine positive Review kam schon überraschend, aber natürlich ist es toll, wenn andere meine Musik mögen und verstehen. Und es ist natürlich klar, das ein Label wie Firebox, das sich vorrangig auf Metal spezialisiert hat, auch hauptsächlich Media Kontakte in diese Szene hat. Da ich musikalisch ja völlig außen vor bin, hatte ich eigentlich nur mit ein paar lausigen Rezensionen von engstirnigen Metalheads erwartet, die jede Art von elektronischer Musik ablehnen. Aber glücklicherweise gab es eine Reihe anderer Reaktionen, so wie deine. Aber generell versuche ich schon das Feedback zu meiner Musik neutral zu betrachten und Reviews aus meinem Kopf zu halten. Das sind schließlich nur die Meinungen anderer und haben nichts mit mir selbst zu tun.

Dajana: Es scheint, das sich der Deal mit Firebox hervorragend auszahlt. Aber wie zur Hölle hast Du es geschafft, an ein Doom Label zu kommen? Und wie ist es, mit Firebox zu arbeiten?
Tuomas:
Eigentlich hab ich keine Ahnung, wie die auf mich aufmerksam geworden sind, denn Firebox hat mich kontaktiert und das in einer Zeit, in der ich musikalisch nicht einmal besonders aktiv war. Vielleicht lag es daran, das es ein paar MP3’s von älteren Veröffentlichungen im Internet gab und auf das Kauan Koskematon Tape-Album, das ich 1999 veröffentlicht hatte, gab es seinerzeit gute Resonanzen. Nachdem ich den Vertrag unterschrieben hatte, habe ich dann auch angefangen ernsthafter Musik zu machen. Als Label machen Firebox ihren Job ziemlich gut, sie tun was immer sie können, da gibt es überhaupt nichts zu nörgeln. Im Moment scheint es so, das Firebox ihre Struktur neu aufteilen und mehrere Sub-Labels gründen. JÄÄPORTIT wird zukünftig zur Underground Sektion gehören (neues Sub-Label namens FireDoom Music – Cal) und das ist gut so für mich.

Dajana: Die Arbeiten an Uumenissa haben ungefähr 5 Jahre gedauert, weil Du Dir erst das ganze Equipment kaufen und lernen musstest, damit umzugehen. Hast Du jetzt alles, was Du so haben wolltest? Und bist Du zufrieden mit dem, was Du jetzt in musikalischer Hinsicht realisieren kannst?
Tuomas:
Nein, ich hab nicht mal Ansatzweise das Equipment, das ich gerne hätte. Zur Zeit hab ich eigentlich nur das allerwichtigste Zeugs, um Musik in meinem bescheidenen Home Studio zu machen . Ich hab nicht mal genug Equipment, um live spielen zu können. Ich versuche natürlich Geld zu sparen, um mir neue Sachen kaufen zu können, da ich immer auf der Suche nach neuen Sounds bin. Aber so ein armer Künstler wie ich wird wohl nie genug Geld haben, um sich das zu kaufen, was man will. Aber wer weiß, vielleicht hab ich in ein paar Jahrzehnten mal meinen eigenen Konzertflügel, einen schalldichten Ort zum spielen und so gutes Equipment, um das Ganze auch noch aufzunehmen.

Dajana: Du wirst gerne mit Künstlern wie Vangelis, Jean Michelle Jarre oder Tangerine Dream verglichen, die zwar bekannt für ihre verträumten Soundkollagen sind, deren Musik aber immer irgendwie heiter ist. Deine Musik hingegen ist zwar ebenso verträumt aber sehr düster. War das so beabsichtigt?
Tuomas:
Ja, auf eine bestimmte Art war das so beabsichtigt. Das liegt vielleicht daran, das ich irgendwie meine Wurzeln in der düster, melancholisch-atmosphärischen Musik habe. Ich höre eigentlich kaum Musik, die fröhlich oder heiter ist. Ich bin auch niemand der immer fröhlich ist.

Dajana: Das Infoblatt des Labels besagt, das Du ein „einzelgängerischer Student der okkulten Kunst der Musik“ bist. Worauf beziehst Du Dich da bei der „okkulten Kunst“?
Tuomas:
Das war als kleine Anekdote für die (Metal) Leute gedacht, damit sie nicht denken, das meine Musik so ein religiöser New-Age Scheiß ist. Auf der anderen Seite beziehe ich mich da auf den Prozeß, wie ich gelernt habe zu komponieren, die Art, wie ich Musik kreiere und realisiere. Ich habe nicht wirklich eine musikalische Ausbildung, ich habe meine eigenen Zaubersprüche, um zu realisieren, was ich will.

Dajana: Du hast mal gesagt, das Du Deine Inspirationen aus dem Leben das Du lebst, beziehst. Was bedeutet das genau? Lässt Du Dich von all diesen kleinen Dingen inspirieren, die Dich täglich umgeben? Gibt es da spezielle Momente? Ich erinnere mich an eine Szene aus American Beauty, wo der Nachbarsjunge minutenlang ein Stück Papier filmt, das im Wind über den Bürgersteig treibt. Banal, aber ein wundervoll stiller Moment ...
Tuomas:
Ich bin schon immer ein stiller Beobachter des Lebens gewesen und manchmal sind diese kleinen Details die wichtigsten Momente. Die von Dir erwähnte Szene kommt dem Punkt, auf den ich hinaus will, sehr nahe. Ich bekomme meine Inspirationen für die Musik aus den Erinnerungen der Vergangenheit und Gegenwart, meinem Gemütszustand und den Visionen für die Zukunft. Auch visuelle Kunst, Filme und Literatur geben Impulse.

Dajana: Deine Musik hat einen starken „Entspannungsfaktor“, der jedermanns Gemüt zähmt. Braucht man dafür eine Art innere Balance oder inneren Frieden, um Musik zu machen, die solchen Effekt auf den Hörer hat? Falls ja, hast Du da eine bestimmte Philosophie, um diesen Punkt zu erreichen? Falls nicht, was bringt Dich dazu, diese Art von Musik zu machen, Selbsttherapie?
Tuomas:
Wenn es darum geht, Kunst zu erschaffen, ist es wichtig zu wissen, wer man wirklich ist, ohne sich davon beeinflussen zu lassen, was andere über dich denken, oder was sie wollen, das du bist. Das ist es, was dich etwas kreieren lässt, das wirklich aus dir selbst kommt. Ich bin immer auf der Suche nach meinem inneren Frieden. Es gibt Momente, wo ich diesen Punkt erreiche, und Momente, wo ich diesen wieder verliere und selbiger sich tief in meinem Inneren versteckt. Chill out Musik ist genau das, was ich tu, weil es auch für mich wie eine Selbsttherapie funktioniert und mein Gemüt zähmt.

Dajana: Wie funktioniert bei Dir das Songwriting? Hast Du zuerst eine Idee, ein Konzept oder läßt Du einfach Deinen Geist freien Lauf (und Deinen Fingern auf der Tastatur)?
Tuomas:
Ich benutze verschiedene Techniken, um Songs zu schreiben. Es könnte damit anfangen, ein paar Sounds zu justieren, lege meine Finger einfach auf die Tastatur und spiele, was mir gerade in den Sinn kommt. Wenn es gut genug klingt, nehme ich vielleicht ein Stückchen davon auf und fange dann an, andere Sounds darauf aufzubauen. Danach könnte man dann Basslinien und Rhythmusinstrumente dazugeben, oder was sonst noch gut klingt. Manchmal kommt auch einfach Musik dabei heraus, wenn man improvisiert.

Dajana: Was kann von zukünftigen Veröffentlichungen erwarten? Gibt es Ideen oder Pläne sich stilistisch zu ändern oder andere Einflüsse mit hinzuzunehmen? Falls ja, in welcher Richtung? Und was gibt es über die geplante Split CD zu erzählen?
Tuomas:
Naja, die Zukunft ist noch völlig offen, aber ich werde definitiv weiterhin mit der Musik experimentieren. Ungefähr im Herbst soll eine Compilation mit dem Titel Sonic Visions Of Middle-Earth über Foreshadow rauskommen. Dieser wird einen 15 Minuten langen Track von JÄÄPORTIT enthalten. Die geplante Split CD mit dem schwedischen Dark Ambient Projekt Mortesium ist noch immer in Arbeit und wird hoffentlich eines Tages das Licht der Welt erblicken, falls wir jemanden finden, der interessiert ist, das dann auch zu veröffentlichen.

Dajana: Mit welchen Musikern und Künstlern würdest Du gerne mal zusammenarbeiten wollen, wenn sich die Gelegenheit ergäbe?
Tuomas:
Es wäre wahrscheinlich höchst interessant mit Richard D. James (Aphex Twin – Cal) zu arbeiten. Aber wahrscheinlich wäre es sinnvoller, mit finnischen Musikern zusammenzuarbeiten, die mehr Ahnung davon haben, elektronische Musik zu produzieren, als ich.

Dajana: Du hörst bekanntlich so ziemlich alles in Sachen Musik. Aber was hat Dich in letzter Zeit besonders beeindruckt? Und gibt es Musiker/Künstler, die Du besonders verehrst?
Tuomas:
Nein, ich verehre wirklich niemanden. Mal schauen, was letztens so in meinem Player gelaufen ist: ein bißchen Biosphere, Steve Roach, Robert Rich, Chopin, Hawkwind, Pink Floyd und Ulver, aber auch verschiedene andere Sachen. Ich versuche immer mehr jede Art von interessanter Musik zu entdecken und zu hören.

Zum Schluss noch ein paar Shortcuts:
Dajana: Was war bisher das fantastischste Naturereignis, dem Du bis jetzt beigewohnt hast?
Tuomas:
Nordlichter, die Mondfinsternis und Gewitter

Dajana: Welche Magie haben Polarlichter?
Tuomas:
Die Aurora Borealis oder Nordlichter verbreiten ein sehr geheimnisvolles Feeling. Das ist eines der natureigenen Halluzinationen, wie ein Regenbogen, nur viel prächtiger, weil man sie am Nachthimmel sieht und sie sich bewegen und verändern. Das ist, als wenn man sich einen Film amschaut und manchmal haben Nordlichter sogar einen eigenen Sound.

Dajana: Was ist das Ungewöhnlichste, das Du bisher verbrochen hast?
Tuomas:
Das ist eine knifflige Frage, weil es darauf ankommt, was man als ungewöhnlich betrachtet und was nicht.

Dajana: Wie bringt man die Schönheit in einem Satz jemanden näher? Oder was sollte ein Besucher in Finnland unbedingt gesehen haben?
Tuomas:
Die Schönheit Finnlands ergibt sich aus der schönen Natur, der sauberen Umgebung, einer starken Kultur und der gleichberechtigten Chance für jedermann. Besucher sollten auf jeden Fall mal eine Sauna, den klirrenden Winter und die Mitternachtssonne erlebt haben.

Dajana: Gibt es einen Platz, an dem Du mal sein möchtest, wenn Du die Gelegenheit hättest, der eine Quelle der Inspiration für Dich sein könnte?
Tuomas:
Ich denke, die beste Möglichkeit Quellen der Inspiration zu finden wäre, im tiefen Winter rund um die nördlichen Gebiete von Norwegen und Finnland zu reisen.

Dajana: Ok, jetzt bin ich aber wirklich am Ende mit meinen Fragen. Recht herzlichen Dank für die ausführlichen Antworten und ich hoffe, es gibt was neues von Dir zu hören. Cheers!

 

10/2004 © Dajana Winkel • Jääportit