Da ist sie nun: die neue Scheibe der unserer deutschen Underground Heroen JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE. Konnten sie sich mit ihren bisherigen Scheiben im Underground eine ordentliche Fanbase erspielen, wird mit Rauchen & Yoga eine absolut fette Sohle auf das Musikerparkett gelegt. Und zu Recht lässt sich das neueste Grindbrett auf den Thron unserer Scheibe des Monats Oktober nieder. Klar das da Gesprächsbedarf besteht! Bony erzählt uns, was es mit „Forget about Grindpunk! This is Popgrind“ und musikalischen Nachhilfestunden auf sich hat und ob Rauchen und Yoga sextauglich ist…

Torsten: Ich war angenehm überrascht als ich Eure Scheibe gehört habe! Sie klingt im Vergleich zu den Vorgängeralben eingängiger - hat einen bestimmten Reifegrad. Was habt Ihr dieses Mal beim Songwriting anders gemacht oder ist es für Euch einfach die logische Entwicklung?
Bony:
Diesmal mussten wir nicht auf den letzten Drücker noch Material schreiben, damit wir bei Studioantritt genügend Songs für ein Album zusammen haben, wie es bei Hardcore Aus der ersten Welt der Fall war. Wir haben 2 Jahre lang Ideen gesammelt, vieles wieder verworfen oder komplett umgebaut. Als dann alle Songs fertig waren, fiel uns auf, dass einige wenige davon für JAKA-Verhältnisse sehr "catchy" sind. Wir haben sie dann trotzdem aufgenommen.

Torsten: Ihr schreibt selber „This is Popgrind – forget Grindpunk“. Das könnte das Unwort 2007 werden… Da bringt mal Licht für den Leser ins Dunkel!
Bony:
Den Begriff "Popgrind" haben uns in der Tat einige Leute sehr übel genommen. Sie waren dann aber erleichtert, als sie das Album gehört hatten und feststellten, dass wir, wie wir es gerne mal machen, Leute im Vorfeld grundlos verunsichern.

Torsten: Was ja auch gleich die nächste Frage aufwirft: Das Release-Date von Rauchen & Yoga ist um 2 Wochen vorverlegt worden. Habt Ihr Euch im Studio dazu entschlossen doch mehr Grind als Pop zu spielen und wurdet so früher fertig? ;-)
Bony:
Warum die Platte 2 Wochen früher als geplant erschienen ist, musst Du die Plattenfirma fragen. Das hatte logistische Gründe, für die sich niemand aus der Band interessiert. Die Aufnahmen sind seit mehr als einem halben Jahr abgeschlossen, lediglich der Mix hat sich etwas in die Länge gezogen, da Christof dem Rob vom Counterforce Studio stets eMails mit enorm wichtigen Verbesserungsvorschlägen geschickt hat ("mach das Fade-Out am Ende von Erfolg Verdammt ein bisschen smoother" oder "am Ende von Eruiert ist das zweite Tom zu leise".)

Torsten: Demnach haben Relapse nicht gedrängelt… Ihr habt vor kurzem eine Split mit den Bathtubshitters für die Relapse Slimewave Series aufgenommen? Wie kam es zu der „Hochzeit“?
Bony:
Die haben uns gefragt und wir hatten Zeit. Wir durften uns dann noch aus dem Pool von Bands diejenige aussuchen, die dass Vergnügen hatte, unsere B-Seite zu sein. Aufgrund unseres Namens haben wir uns dann natürlich für eine japanische Band entschieden.

Torsten: Aber zurück zu entspannenden Übungen… Rauchen & Yoga hat einen bemerkenswert fetten, brachialen Sound! Ihr habt in der Zeche Carl von Carsten Rehmann recorden lassen – Euer Wunschkandidat und Eure Wunschlocation für diese Scheibe?
Bony:
Um ehrlich zu sein, ist das CKB-Studio vom Carsten gleichzeitig unser Proberaum, der mit einem Regieraum inklusive Mischpult + Technik verbunden ist. Das heißt, wir haben immer dann aufgenommen, wenn wir Zeit und Lust hatten anstatt viele Tage am Stück in einem Studio abzuhängen und somit schnell den Überblick zu verlieren.

Torsten: Wie viel Einfluss hattet ihr auf den Endmix?
Bony:
Insbesondere unser Drummer Christof hatte derart viel Einfluss, dass Rob am Ende so genervt war, dass er nie wieder mit anderen Leuten außer sich selbst arbeiten will.

Torsten: Der Titel Rauchen & Yoga bildet definitiv den Gegenpol zu Eurer Musik – oder soll Eure Scheibe exklusiv beim Heilpraktiker mit Räucherstäbchen genossen werden?
Bony:
Man kann die Platte auch prima über Kopfhörer beim Einkaufen hören. Zumindest ist mir aufgefallen, dass ich dann die zu besorgenden Lebensmittel gewissenhafter auswähle. Als Beschallung beim Sex ist sie aber gänzlich ungeeignet. Als ich bei einem meiner zahlreichen Bordellbesuche die Dienstleisterin neulich bat, während der Dienstleistung Rauchen & Yoga einzulegen, meinte sie nur: "Sie sind ja krank im Kopf".

Torsten: Offensichtlich ist der „Pop-Einschlag“ beim We Will Rock You infizierten Opener Der Angriff startet. Eine Hommage an Freddy? Ohnehin ist der Song brachial und schwer ausgefallen… Ein klasse Opener!
Bony:
Angriff funktioniert nur als Opener. Hätten wir ihn irgendwo in der Mitte der Platte untergebracht, würde er verpuffen. Der Song wäre beinahe nicht auf's Album gekommen, da er während der Aufnahmen nicht richtig knallte. Als Marco dann aber seinen Bass druntergelegt hatte, waren wir beruhigt.

Torsten: Neben Der Angriff startet bietet ihr einen guten Hang zum Industrial auf, wie z.B. bei Hungerhilfe der Fall…
Bony:
Diesen Hang haben wir aber schon seit Anbeginn der Band. Vielleicht kommt er diesmal durch die brachiale Produktion besser zum Tragen.

Torsten: Mit dem Titelsong habt Ihr sogar einen charttauglichen Song an Bord!
Bony:
Sehe ich nicht so. Für einen Charterfolg müsste man zumindest einen schmissigen Refrain am Start haben. Da der Song aber nur aus Strophen besteht, bleibt uns die Top-Ten-Single höchstwahrscheinlich verwährt.

Torsten: Ihr veröffentlicht alle Eure Texte im Internet, was ich persönlich eine absolut klasse Idee finde. Glaubt Ihr dass Ihr damit eine Menge Menschen erreicht? Gibt’s Feedback dazu?
Bony:
Uns bleibt gar nichts anderes übrig als die Texte ins Netz zu stellen. Sonst würde es wahrscheinlich jemand anderes tun und dann wahrscheinlich auch noch falsch. Wenn ich durch diverse Internetforen "surfe", hagelt es da nur so vor Jaka-Textzitaten, drum glaube ich, dass wir schon einige Leute erreichen.

Torsten: Für Rauchen & Yoga hab ich leider keine Texte vorliegen… Aber Titel wie Wir haben nicht gewusst, dass es solche Lager gibt zeigen auf, dass Ihr auch auf dieser Scheibe nicht mit Sozialkritik geizt. Könnt ihr zusammenfassen worum es euch auf Rauchen & Yoga geht? Titel wie Punkerpolente, Betatier, Hungerhilfe oder Verrat am Metal klingen wieder mal sehr viel versprechend…
Bony:
Es geht um das jetzt und hier, und das bedeutet, es geht um: Werbung, Konsum, Fernsehen, Metal/Emocore-Bands (die Individualität beanspruchen und trotzdem alle gleich aussehen), Sex und schlechtes Essen.

Torsten: Der Kundenbetreuer bekommt ordentlich sein Fett weg… hat einer von Euch spezielle Erfahrungen mit ner Hotline-Saftschubse gemacht?
Bony:
Frag mal unseren Gitarristen Klaus, wie oft er in der Zeit, als er noch Kunde bei Arcor war, mit dem Kundenbetreuer telefoniert hat. Da kommt man gar nicht drum herum, einen Song daraus zu machen.

Torsten: Gibt’s einen Song auf dem aktuellen Album der Euch am meisten bedeutet?
Bony:
Das mag jetzt pathetisch klingen, aber eine große Bedeutung hat das Album nur in seiner Gesamtheit. Von allen Platten, auf denen ich je mitgespielt habe (und das sind viele), ist Rauchen & Yoga die einzige, die ich komplett hören kann, ohne an irgendeiner Stelle Kopfschmerzen zu kriegen. Wir haben diverse Spielfehler auch nicht nachträglich ausgebessert, wie es bei so vielen anderen Bands der Fall ist. Die lassen sich von ihrem Produzenten am Computer nach dem Einspielen alles geradebiegen. Ich liebe jeden Fehler auf der Platte. Wenn ich sie höre, freu ich mich immer und denke: in der nächsten Strophe verspielten wir uns wieder.

Torsten: Thema Gigs: Die JAPANISCHEN KAMPFHÖRSPIELE haben dieses Jahr auf dem Fuck The Commerce gezockt. Ich hab nicht nur positive Stimmen gehört, z.B. sind die Fans ausgeblieben. Könnt Ihr eine Lanze brechen oder seht Ihr die Festivalentwicklung kritisch?
Bony:
Wenn auf einem Festival die wirklich großen Namen im Billing fehlen, ist es nicht verwunderlich, wenn nur 900 Leute kommen. Das kann man schon daran ablesen, dass wir Samstag der sogar der Co-Headliner waren. Das da nicht abertausende von Leuten kommen, war somit schon vorher klar. Das FTC 2007 war trotzdem prima. Wir haben unendlich viel Fleisch gegessen, viel getrunken und unser neuer Gitarrist Rene hätte beinahe dem unsympathischen Zweitsänger von Cuntgrinder die Zähne rausgeschlagen. Wir haben also keinen Grund zur Beschwerde.

Torsten: Ich hab mal an anderer Stelle gelesen, dass Ihr Eure regelmäßigen Auszeiten mitsamt Sauerstoffzelten nach ein paar Konzerten braucht. Auch jetzt habt Ihr „nur“ für die nächsten Monate einige Gigs geplant. Ich selber werde mir den Spaß in Ravensburg nicht entgehen lassen! Wollt Ihr Eurer Fanbase nicht noch mehr Gigs gönnen?
Bony:
Wir spielen so oft, wie es uns Spaß macht. Und deshalb werden wir niemals monatelange Touren fahren, auf denen die Musik zu einem Job verkommt, den man ohne Lust erledigt. Wer aber ab und zu auf unsere Homepage schaut, wird feststellen, dass wir für JAKA-Verhältnisse mittlerweile sehr viel spielen. 2008 geht's sogar nach Amerika.

Torsten: Youtube & Co sind ja feine Plattformen… da gibt’s u.a. sogar Nachhilfeunterricht in Sachen Grindcore-Drumming von Christof :)
Bony:
Am wichtigsten in seinen Filmchen finde ich das Zitat: Technik ist egal, Hauptsache schnell!!!

Torsten: Und gibt’s die Perlen auch auf Eurer DVD zu sehen die ihr für 2008 geplant habt? Was erwartet den Fan? Das Video zu „Komm wir drehen einen Porno“?
Bony:
Ich kann schon mal sagen, was den Fan nicht erwartet: Dolby Surround, mit mehreren Kameras gefilmte Konzertmitschnitte... oder um es kurz zu machen: High End ist was anderes. Aber neben diversen Live-Songs aus den letzten 5 Jahren gibt's viel "Behind The Scenes"-Material: JAKA im Studio, JAKA backstage, JAKA auf der Loveparade und Klaus, wie er sternhagelvoll in den Ausgabeschacht eines Zigarettenautomaten pinkelt.

Torsten: Und nun noch Deine/Eure aktuellen Top 5 der Musikplaylist:
BONY:

01. Interpol - Case Is The Trick (Song)
02. Nonstop Spritzen - Internet Ist Out
03. Ben Folds - Songs For Silverman
04. S.Y.P.H. - Zurück Zum Beton (Song)
05. Brutal Truth - Extreme Conditions

Torsten: Ihr habt ein letztes Wort für unsere Leserschaft?
Bony:
Rasiert Euch den Sack. Alles andere wäre unzumutbar!

Vielen Dank für das Interview – wir sehen uns auf Tour!
Bony:
Welche Tour?

Rock on.

 

10/2007 © Torsten Parzich • Japanische Kampfhörspiele