Kari Rueslåtten
 
 

Kaum aus dem verregneten Winterschlaf erwacht, dürfte das noch junge Jahr einem seiner ersten musikalischen Höhepunkte entgegenblinzeln: Die norwegische Songwriterin KARI RUESLÅTTEN, ehemals Frontfrau bei den Progressive Doom Metallern The 3rd & The Mortal, veröffentlicht dieser Tage ihr mittlerweile fünftes Solo-Album. Grund genug, der überaus reizenden Sängerin ein paar Fragen zu stellen...

Kari Rueslåtten

Ole: An Deinen Songs fällt auf, dass es immer eine „Ich“-Erzählerin gibt. Sind die Stücke autobiographisch?
Kari:
Nein. Es ist vielmehr, dass ich die Sichtweise anderer Leute einnehme und versuche zu fragen: „Was würdest Du in dieser Situation tun?“

Ole: Erzähl doch bitte ein bisschen über den Titeltrack Other People’s Stories. Worum geht es?
Kari:
Es war das erste Lied, das ich für das Album geschrieben hab. Ich mag einfach diesen Kluft zwischen der sanften Melodie und diesen starken Worten. Das heißt nicht, dass ich mit dem übereinstimme, mit dem, was diese Frau tat, aber ich wollte einfach jemanden zeichnen, der dieser Besessenheit ausgeliefert ist.

Ole: In dem Song singst Du „I just killed a man“ und „I did it for you“ – Gibt es irgendwas oder irgendwen wofür es sich Deiner Meinung nach zu töten lohnt?
Kari:
Ich glaube, Ungerechtigkeit kann mich manchmal dazu veranlassen, jemanden töten zu wollen. Nicht, dass ich Gewalt unterstütze, aber Du kannst jemanden auch bildlich töten.

Ole: In Push singst Du „I drove all night, all the way from Berlin“? Wie sieht es mit Deinem Verhältnis zu Deutschland aus?
Kari:
Ich hab mal eine Zeit lang Deutsch gelernt und in der Schweiz hab ich mal eine Frau getroffen, die mich eingeladen hat, sie in Deutschland zu besuchen, aber bis jetzt hab ich es noch nicht geschafft, nach Deutschland zu kommen.

Ole: In Deiner Musik finden sich Spuren anderer Künstler. Woher kommen Deine Einflüsse? Wer oder was inspiriert Dich?
Kari:
Allgemein gesprochen mag ich Musik von Leuten, die sich trauen, etwas anders zu machen. Zum Beispiel Diamanda Galas. Sie macht zwar ganz andere Musik als ich, aber sie macht ihr eigenes Ding.

Ole: In Deiner Musik hört man auch einen gewissen Einfluss von Folk, wie man ihn z.B. von Loreena McKennitt kennt. Würdest Du dem zustimmen?
Kari:
Möglich. Ich mag, was sie tut, aber ich würde eher sagen, wenn, dann beziehe ich mich eher auf traditionelle norwegische Musik.

Ole: Erzähl uns etwas über Deine Art zu arbeiten. Was ist zuerst da: Text oder Musik?
Kari:
Natürlich ist der Kern der Musik ein guter Text. Ich bevorzuge es, eine Melodie um den Text herum zu bauen. Ich sitze oft am Klavier. Wenn ich dabei eine starke Melodie entdecke, spiel ich sie in den Computer und der Band vor. Aber das alles funktioniert nicht, wenn Du keinen guten Text hast...

Ole: 1998 las ich zum ersten Mal von Deinem Solo-Album Mesmerized. Davor kannte ich Dich nur von Tears Laid In Earth von The 3rd & The Mortal. Warum hast Du Dich von der Band getrennt?
Kari:
Ich hab mich schon damals mehr für traditionelle norwegische Musik interessiert und die anderen wollten mehr in eine experimentellere Richtung gehen. Es war überhaupt nicht leicht für mich, aber ich hab mich entschieden zu gehen. Zunächst war ich sehr unglücklich mit diesem Schritt, hab sogar oft deswegen geweint. Aber im Nachhinein war es das Richtige. Heutzutage lebe ich zwar in Oslo, aber wir treffen uns immer noch, wenn ich mal wieder in Trondheim bin.

Ole: Würdest Du zustimmen, wenn ich sage, das die Band damals den Gothic Metal, wie wir heute von Nightwish oder Within Temptation kennen, vorausgenommen hat?
Kari:
Möglich. Als wir 1994 damit anfingen, gab es ein Album von Anathema (unter anderem mit wunderschönen weiblichen Vocals) und wir wollten etwas Ähnliches machen. Rock war damals noch so ein Jungs-Ding und die anderen wollten zuerst auch eine männliche Stimme integrieren, aber ich sagte damals schon: „Auf keinen Fall.“
Ole: Magst Du eigentlich dieses Nightwish-Zeugs?
Kari: Ja, schon. Ich denke, sie haben sehr eingängige Heavy Metal Pop-Songs, aber ich mag dann doch lieber diese bisschen düster-melancholische Atmosphäre.

Ole: Was dürfen wir als nächstes von Dir erwarten? Kommst Du auf Tour?
Kari:
Das will ich doch hoffen! Wir arbeiten dran. Und vielleicht komm ich dann endlich auch mal nach Deutschland.

Ole: OK, danke und noch viel Glück dafür.
Kari:
Danke und vielleicht bis bald. Take Care!

 

1/2005 © Ole Arntz • Kari Rueslåtten