<< archive
 
KOROVAKILL
 
 

"Kultband" wird zwar seit Jahren (meist als Rechtfertigung für irgendwelche überflüssigen Reunions...) inflationär verwendet, wirklich gerechtfertigt ist es allerdings nur in den wenigsten Fällen. Korova bzw. KOROVAKILL dagegen kann man geradezu zur Definition dieses überstrapazierten Begriffs sehen: Einzigartige, schwer zugängliche Musik, die bei der breiten Masse meist auf Unverständnis und Ablehnung stößt, von einer kleinen Gruppe eingefleischter Fans jedoch abgöttisch verehrt wird. Zu letzterer zählt sich auch der Verfasser dieser Zeilen, weshalb dieses Interview mit Mastermind Christof Niederwieser in Sachen Umfang und "Detailtreue" für Außenstehende wohl etwas überladen wirken muß - mir wären allerdings noch ca. 665 weiter Fragen eingefallen. Fortsetzung folgt also, sobald ich einen Verlag gefunden habe, der das ganze dann als fünfbändige Sonderedition mit Ledereinband veröffentlichen will und ich es mir außerdem leisten kann, Christof ein Gehalt für seinen Fulltime-Job als Interviewpartner zu zahlen...

EquimanthorN: Euer Werdegang seit der Veröffentlichung von Dead Like An Angel war einigermaßen verworren und für Außenstehende nicht unbedingt durchschaubar - von manchen Seiten wurde sogar unterstellt, daß die kurzzeitige Bandauflösung letztes Jahr als Promotion - Gag zu sehen sei.... kannst du ein wenig Licht in die Sache bringen und genauer erklären, was alles vorgefallen ist?
Christof:
Wo geschrieben und geredet wird, da wird es auch immer spekulative Mutmaßungen und mutwillige Unterstellungen geben wie das Gerücht, die Auflösung von Korova im Frühjahr 2000 wäre nur eine Propagandaoffensive gewesen. Tatsache ist, daß wir damals nach fast einjährigen Sisyphusverhandlungen mit diversen Plattenfirmen betreffend WaterHells irgendwann keine Lust mehr auf diese Windmühlenfechtereien und Arschkriechereien hatten und die Band einfach begruben. Die Herde wurde geschlachtet, denn gerade auf Knien darum zu flehen, daß man für so eine Firma mehr oder minder gratis Sklavendienste leisten darf, das überlassen wir gerne anderen, denen das etwas gibt. Nach mehreren Monaten Leichendasein kamen jedoch irgendwann Red Stream, um einen Teil von uns mit einem sehr fairen Vertragsangebot von den Toten zu erwecken.

EquimanthorN: Dass ihr eurem Namen nach der Wiederauferstehung ausgerechnet ein 'Kill' angehängt, verwundert etwas, ruft es doch spontan Assoziationen zu diversen Metal-Klischees hervor, die euch eigentlich völlig fremd sind. Was hat es damit auf sich?
Christof:
Die Umbenennung in KOROVAKILL hat ein unentwirrbares Gewebe von einigen hundert Gründen. Ein paar davon wären: KOROVAKILL ist das Absterben der alten Haut und die Wiedergeburt in eine neue Stufe der Mutation. KOROVAKILL ist ein Phönix, der auf seine Asche kotzt. Auf Deutsch übersetzt bedeutet unser neuer Name soviel wie "Herdenschlachtung" und entfaltet seinen Schlachtplan somit überall, wo es gilt, Reviere zu verletzen und der Masse den Dolch ihrer eigenen Verdrängungen in die Achillesferse zu fletschen. KOROVAKILL ist Anti-Markt, Anti-Kollektiv, Anti-Materie, Anti-Schwerkraft und Anti-Begrenzung. Zudem wurde der Zeitpunkt der Herdenschlachtung mit den Zeitgeistern des Kollektivs abgestimmt, wodurch zeitgleich mit dem Erscheinen von WaterHells, exakt wie im Sommer 2000 berechnet, BSE und MKS zur Erscheinung der Herdenschlachtung in der Welt des Offiziellen wurden. Doch all dies waren nur ein paar Nebengründe der unnambaren Umbenamung.

EquimanthorN: Mir fällt auf, daß die gewisse Abseitigkeit, die eure Musik auszeichnet, auf Waterhells auf deutlich subtilere Art und Weise vermittelt wird als früher, die Riffs wirken z.B. viel gradliniger und zugänglicher. Habt ihr euch damit endgültig von komplexen und verworrenen Songstrukturen verabschiedet?
Christof:
Auf WaterHells haben wir die äußere Bewegung gegen innere Bewegung getauscht. Anstatt alles in einen Song zu packen haben wir alles auf 12 Songs verteilt, wobei jedes Lied sich auf das Repräsentieren eines speziellen Themas beschränkt. Nach dem Prinzip der Fraktaldehnung haben wir also die Grundmuster wie in Zeitlupe oder mit einem Vergrößerungsglas auf größere Spannen verteilt, um die Muster hinter dem Chaos des Großen Meeres besser sichtbar zu machen. Das Thema des Wassers läßt sich eben schlecht mit ruckartigen Zersplitterungsorgien und hysterischen Labyrinthbögen umreißen. Auf das was morgen kommen wird läßt WaterHells jedoch getreu dem Prinzip der Mutation keine Rückschlüsse zu...

EquimanthorN: Welchen Einfluß hatten die zahlreichen Besetzungswechsel in der Vergangenheit und aktuell (Einstieg von Renaud Tschirner) auf euer Songwriting?
Christof:
Die jeweilige Besetzung hatte auf das Songwriting bis dato noch nie einen sonderlichen Einfluß, weil mir die Lieder und Ideen ohnehin immer nur dort begegnen, wo keine Menschen sind. Die Stücke sind in der Regel bereits vollständig, wenn ich damit das erste Mal in den Proberaum komme, um mit den anderen die Arrangements durchzugehen. Vielmehr ist es so, daß die Besetzungswechsel immer nur ein Spiegel meiner Mutationen sind, indem ich mir nach jeder persönlichen Häutung und Wandlung neue Leute suche, um diese neue Gestalt ins Leben zu locken.

EquimanthorN: Ist KOROVAKILL noch die selbe Band wie Korova oder hat sich der Grundgedanke dafür zu sehr verändert?
Christof:
Wir verwenden immer noch verzerrte Gitarren, Doppelkickschlagzeug und Gebrüll, insofern ist es für jemanden, der das Ganze unbedarft von außerhalb der Metalszene betrachtet sicherlich immer noch dieselbe Gülle. Andererseits haben wir die Herde von sechs Personen des Korova-Endstadiums in eine Trinität von Renaud, Moritz und mir verwandelt. Unsere ganze Arbeitsweise ist dadurch viel flexibler und die konzeptionelle Herangehensweise hat sich auch stark verändert. Durch den Labelwechsel ist zudem unser Freiheitsdrang in sämtlichen Belangen wiedergekehrt. KOROVAKILL ist frisches Blut.

EquimanthorN: Neben der Musik sind auch deine neuen Texte erstmals vergleichsweise leicht verständlich ausgefallen. Ich erinnere mich an ein Interview zu Dead Like An Angel - Zeiten, in dem du sinngemäß gesagt hast, daß jeder intelligente Mensch deine damaligen, deutlich komplizierteren Texte verstehen müsse - bist du aus heutiger Sicht der Meinung, daß das ein Irrtum war?
Christof:
Es war zumindest dumm, diese Aussage offiziell zu verlautbaren, weil wir damit viele Leute ziemlich vor den Kopf gestoßen haben, obwohl dies gar nicht unsere Absicht war. Dabei haben wir unwillentlich vor allem unsere Freunde beleidigt, obwohl diese Worte eigentlich für unsere Feinde bestimmt gewesen wären. Mittlerweile ist es mir ohnehin egal, ob und wie irgendjemand irgendetwas versteht. Ich artikuliere die Bilder, welche in mir aufsteigen in Töne und Worte und überlasse sie dann ihrem Schicksal. Es soll jeder damit machen, was ihm beliebt.

EquimanthorN: Als du mit Korova begonnen hast, warst du in einem Alter, in dem andere vielleicht gerade beginnen, in ihrer ersten Band diverse Coversongs zu proben. Welche Einflüsse etc. in deiner Jugend haben deine persönliche Entwicklung deiner Meinung nach in diese extrem kreative Richtung gelenkt?
Christof:
Meine erste Band, The Noise, hat bereits 1987 ihr Unwesen getrieben. Das war Synthie-Pop mit Kriegsgesängen, Pauken und apokalyptischen Fantasy-Texten. Bereits damals war es mir gänzlich zu blöd, meine Zeit mit dem Kopieren irgendwelcher Idole und Wiederkäuen von Cover-Versionen zu verschwenden. Am ehesten war das ganze noch mit Adam & The Ants in Moll auf Elektro vergleichbar, doch wir spielten nur eigene Lieder. 1990 stieg ich dann von Keyboard auf Gitarre um und gründete zusammen mit zwei Freunden Korova. Unser erster Auftritt war 1991 und noch relativ thrashpunklastig. Unser 10Jähriges Bandjubiläum findet also heuer statt. Ab 1992 haben wir dann unseren heutigen Stil entwickelt mit 12 Minutenstücken, in welchen sich dutzende unterschiedliche Teile tummelten, als erste Stufe. Unsere ersten Einflüsse im Metalbereich waren TBC What? und Sodom, sind jedoch bereits ab 1992 gänzlich verschwunden gewesen. Seit dem Einstieg von Mortitz Neuner am Schlagzeug 1993 schließlich bekam Korova seine endgültige Form.

EquimanthorN: Gab es damals irgendwelche Bands/Künstler, die euch konkret und entscheidend beeinflußt haben? A Kiss In The Charnel Fields ist meiner Meinung nach absolut einzigartig, mir würden als äußerst vager Vergleich eigentlich nur Watchtower einfallen.
Christof:
Bei A Kiss In The Charnel Fields sind wir vor allem negativ beeinflußt worden, indem wir versucht haben, alles, was es in der Szene noch nicht gab, doch möglich ist, auf ein Album zu packen. Wir waren damals nach der ersten BlackMetal-Welle 1993 bald einmal angeödet von der einheitsbreiigen Einfallslosigkeit der meisten Bands und wollten neue Pfade aufzeigen. Watchtower kenne ich erst, seit mir jemand von einer Wiener Band 1995 eine Platte geschenkt hat, weil er angeregt von A Kiss In The Charnel Fields fand, daß mir das gefallen müsse. Sie steht noch heute in meinem Regal, angehört habe ich sie aber nur einmal.

EquimanthorN: Eure Musik wurde damals ja ziemlich oft (in Ermangelung besserer Schubladen, aber trotzdem nicht ganz zu unrecht) als Black Metal kategorisiert - wie sah damals dein persönlicher Bezug zu dieser Stilrichtung und ihren Symbolen, Idealen,... aus und wie denkst du heute darüber?
Christof:
Ich konnte damals ehrlich gesagt noch viel weniger mit Black Metal anfangen als heute. Napalm witterten den kommenden BlackMetal-Kuchen und wollten uns eben auch irgendwie in diesem Eck unterbringen, nachdem es damals auch wirklich kaum Alternativen zu dieser Schublade für uns gab. Insofern war das sicher in Ordnung. Als antichristlich oder nordisch hatten wir ja ohnedies nie gegolten.

EquimanthorN: Anno 1997 habt ihr auf einem Sampler namens V.A.K.U.U.M. Cleaner mitgewirkt - ich kenne davon nur die Tracklist, aber die läßt die Vermutung zu, daß die darauf vertretenen Bands nicht besonders metallastig und ziemlich unkonventionell sind. Wie kam es zu eurer Mitwirkung und welches Konzept stand hinter diesem Projekt?
Christof:
Wir waren lange Jahre recht aktiv in der Innsbrucker Szene. Dabei haben wir uns der Metalszene nie sonderlich zugehörig gefühlt, sondern waren mehr in den Alternativ, Noise und Punkkreisen umtriebig. Innsbruck hat da eine Vielzahl äußerst eigenständiger und hervorragender Bands zu bieten, welche aber leider kaum überregional bekannt sind, wie Bug, Turnout oder die mittlerweile inaktiven Sargnegl. Insofern war es für uns eine Ehre, auf diesem Experimental-Underground-Sampler vertreten zu sein mit einem Echowelt-Song.

EquimanthorN: Dead Like An Angel stellte im Vergleich zu seinem Vorgänger doch eine ziemlich radikale Kursänderung dar, zudem war die damaligen Anzeigenkampagne von Napalm (wie bei ihren anderen Bands auch) auf die optischen Reize des weiblichen Geschlechts ausgerichtet... welchen Einfluß hatte das Label damals insgesamt auf euch?
Christof:
Während Dead Like An Angel hatte ich gerade für ein Jahr in Italien gewohnt ohne große Verbindung zur Außenwelt. Damals bin ich lediglich für 3 Wochen nach Österreich gekommen, um mit der Band das fertige Material schnell einzuproben und im Studio aufzunehmen. Ich war dann echt schockiert, als ich die Weibsen-Werbung mit Namen von anderen Bands als Kaufgrund erstmals gesehen habe. Gebracht hat es ohnedies überhaupt nichts, aber wer kann das davor schon wissen...

EquimanthorN: Das Album wirkt mitunter etwas zusammengestückelt, da sich mit Europa In Flammen, Trip To The Bleeding Planets und Tantra-Nove-HyperCannibalism drei Songs darauf befanden, die bereits auf diversen Samplern oder bei anderen Projekten (Chaos Architects) zu finden waren. War es von Anfang an vorgesehen, die Songs in dieser Konstellation auf einem Album zu veröffentlichen?
Christof:
Eigentlich wollten wir damals unser zweites Album Echowelt veröffentlichen, aber Napalm Records sowie alle anderen Firmen haben sich schlichtweg geweigert, dieses Material herauszubringen. Nur Strangulation Alpha und Trip To The Bleeding Planets waren ihnen genehm, den Rest mußten wir verschmeißen und neue Lieder schreiben. Außerdem bestanden sie darauf, daß Europa in Flammen, ein Lied, welches ich niemals für Korova geschrieben hätte und für ein Projekt namens "Chaos Architects" bestimmt war, auch auf das Album kommt, da sie sich davon kommerzielle Durchschlagskraft erwarteten. Dann bestanden sie noch auf eine Sängerin und auf eine geile Weibse für Photos, anderenfalls hätten sie Dead Like An Angel nicht veröffentlicht. Ich mußte also Konzept, Songmaterial und Aufmachung mehrmals gänzlich über den Haufen schmeißen, bis sie schließlich zufrieden waren und gewillt waren, dieses unförmige Flickwerk herauszubringen. Tantra-Nove-HyperCannibalism hatten wir in einem recht guten Studio für einen unbekannten regionalen Sampler aufgenommen, und nachdem wir fast ein Jahr an diesem Lied geschrieben hatten (genau zwischen Charnel Fields und Echowelt) wollten wir es eben im Rahmen eines Bonustracks einer größeren Öffentlichkeit präsentieren. Im Nachhinein gesehen würde ich so etwas sicher nicht mehr machen, aber das ist alles schleichend passiert. Zuerst waren es nur ein paar kleine Änderungen, welche Napalm als Bedingung für die Veröffentlichung verlangten, dann noch ein paar kleine Änderungen und so weiter, bis einige Monate später die Anfangslinie gänzlich verweht war.

EquimanthorN: Wie kam es dann eigentlich zum durchgehenden Konzept von Dead Like An Angel? Wurden die Songs nachträglich in den konzeptionellen Rahmen gestellt? Strangulation Alpha scheint sich ja auch sauber einzufügen, obwohl es deiner Aussage nach ursprünglich zu Echowelt gehörte...
Christof:
Nun, es war wirklich ein hartes Stück Arbeit, die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Bilderwelten in einer dritten zu vereinigen. Die Bildblasen der Lieder sind ja immer Abbildungen von Teilen des Großen Meeres, der Echowelt auf der anderen Seite der Spiegel, wie sie uns emporsteigen. Die haben natürlich verschiedenste Berührungspunkte zueinander, denn am Ende sind hinter all den getrennten Liedern und Texten und Büchern und Werken der gesamten Erscheinungswelt alle Bildblasen miteinander verwoben. Man muß nur neue Wege durch die Wellen bahnen von einer Blase zur anderen. Die Verbindung zu Europa in Flammen ist immer noch recht fraglich, aber als Opener kann man es schon durchgehen lassen. Das Dead Like An Angel-Konzept habe ich an die Bildblase von Strangulation Alpha aus der Osthälfte des Echowelt-Reichs gekoppelt, sodaß es soetwas wie einen Kern des Albums darstellt. Trip To The Bleeding Planets aus der Post-Charnel-Zeit kam ebenfalls aus dem Osten, wodurch es sich auch recht gut einfügt. Die restlichen Lieder wurden einfach hineingegossen in die Zwischenlücken zwischen all diesen Grundruinen der zerstörten Uridee. Ansich ist das ja eine ganz spannende Angelegenheit.

EquimanthorN: Nach der Veröffentlichung von Dead Like An Angel war die Rede von einem Konzept namens Katalypse 2025 als Nachfolger. Außerdem existiert mit Echowelt noch ein mehr oder weniger komplettes (Mini-) Album, das bisher nur als Demo-Aufnahme veröffentlicht wurde. Was habt ihr mit diesen beiden "offenen Punkten" noch vor?
Christof:
Katalypse 2025 ist derart gewuchert, daß CDs als Datenträger zur Darstellung der Bilderwelt mittlerweile gänzlich ungeeignet geworden sind. In Grundzügen habe ich das Konzept in mehr als 100 Seiten festgehalten als Beilage zu den ersten Fragmenten der schwarzen Bücher. Musik wird das keine mehr... Für Echowelt stehen die Chancen auf Veröffentlichung deutlich besser.

EquimanthorN: Echowelt ist meiner Meinung nach euer mit Abstand extremstes Werk. Angesichts der Zugänglichkeit von WaterHells frage ich mich daher, ob du dich damit überhaupt noch identifizieren kannst und eine (Wieder-) Veröffentlichung in angemessener Form somit in Frage kommt.
Christof:
Mit Echowelt können wir noch um einiges mehr anfangen als mit Dead Like An Angel, wobei ich es generell als veraltet betrachte, sich mit etwas zu identifizieren. Diese Illusion baut nämlich auf dem Konstrukt auf, daß man eine einheitliche und zeitüberdauernde Persönlichkeit hätte. Doch wer von mir ist jetzt der eigentliche? Jedenfalls sind wir derzeit beim Abwägen, ob wir als nächstes Album Echowelt in Angriff nehmen sollen. Ob als volle CD, Minialbum oder überhaupt ist noch unklar. Definitiv fixiert ist noch nichts.

EquimanthorN: Exisitert eigentlich abgesehen von Echowelt schon neues Material, das Rückschlüsse auf eure zukünftige musikalische Ausrichtung zuläßt?
Christof:
Es existieren seit längerem noch zwei weitere Albumkonzepte in recht konkreten Gerüsten.

EquimanthorN: Zu der Zeit, als ihr mit A Kiss In The Charnel Fields erstmals in Erscheinung getreten seid, begannen quasi analog dazu diverse extreme Bands vor allem aus Norwegen, ihren Stil durch avantgardistische Elemente zu erweitern. Seht ihr euch als Vorreiter dessen, was man als Avantgarde Metal bezeichnen könnte?
Christof:
Wir sehen uns als gar nichts. Was uns emporkommt, das lassen wir eben hervorquellen. Ob es da irgendeine Szene oder Stilschublade gibt, in welche der Hörer das Ergebnis dann hineinpfercht ist für den Entstehungsprozeß nicht von Belang. Ob wir da zu irgendwas Vorreiter sind kann ich nicht beurteilen. Zwar ist es immer wieder amüsant, wenn wir eigene Riffs und Ideen einige Jahre später in leichter Variation auf fremden Alben hören, und wir denken uns auch unseren Teil, wenn achtzehnjährige Rotzlöffel, die vor zwei Jahren noch Skater-Grunge gehört haben, uns in ihren Reviews unterstellen, wir würden Arcturus kopieren, aber im Grunde ist doch jeder nur ein Spiegel seiner Zeit. Der eine ist eben früher dran und der andere später.

EquimanthorN: Wie stehst du zu anderen großen Bands dieses "Genre" wie z.B. Arcturus, Ulver, Ved Buens Ende oder Fleurety? Welche davon geben dir persönlich etwas, inspirieren dich vielleicht sogar...?
Christof:
Written In Waters von Ved Buens Ende ist wirklich ein gewaltiges und sehr eigenständiges Album. Wir haben es gerne und oft angehört, als es 1995 ziemlich zeitgleich mit A Kiss In The Charnel Fields herausgekommen ist. Mit den anderen Bands kann ich weniger anfangen, obgleich ich durchaus versucht habe, mich damit anzufreunden. Ich befinde es zwar als gut, daß Bands wie Arcturus, Fleurety oder Ulver die Szene etwas auflockern, doch persönlich gibt mir deren Musik einfach nicht viel. Da finde ich Unholy, neue Dodheimsgard oder Bethlehem um einiges packender, aber das ist nur meine persönliche Meinung und hat nicht viel zu sagen.

EquimanthorN: Schon seit euren Anfagstagen waren vor allem die Journalisten der größeren Magazine mit der Komplexität eurer Werke größtenteils überfordert und schenkten ihnen daher kaum Beachtung. Empfindest du dadurch eine Art Genugtuung oder Elitebewußtsein oder wäre es dir eigentlich lieber, wenn ihr mit eurer Kunst mehr Menschen erreichen würdet?
Christof:
Keines von beiden. Ich meine, in den Reviews für unsere Alben stand von originell bis abgedroschen, von komplex bis dilettantisch, von spannend bis langweilig, von eingängig bis verwirrt, von großartig bis minderwertig bislang bereits alles zu lesen. Referenzen wie Beach Boys, Watchtower, King Diamond, Arcturus, Venom, Celtic Frost, Dimmu Borgir, Tiamat, Swans, Pink Floyd, Diamanda Galas, Rammstein und dutzende andere wurden da bereits zur Stilbeschreibung herangezogen. Recht haben alle und keiner. Es ist echt nur Ansichtssache. Auch gibt es dabei keinen großen Unterschied zwischen den kleinen Fanzines und den großen Zeitschriften. Bereits für Dead Like An Angel sind wir teilweise in Riesenheften hochgejubelt worden und wurden in kleinen Fanzines zerrissen. Auf die Verkaufszahlen hat das ganze Medienspektakel erstaunlicherweise ohnedies nur marginal Einfluß, wie ich von einigen Firmen weiß.

EquimanthorN: Wie ich kürzlich erfahren habe, wollt ihr in Zukunft auf Live-Auftritte vollständig verzichten. Was sind die Gründe dafür? Wird dir das gewisse Live-Feeling nicht fehlen?
Christof:
Auf das Live-Feeling kann ich schon seit langem gerne verzichten. Du mußt auch bedenken, daß wir mit Korova nach einigen sehr erfolgreichen Auftritten in Westösterreich um das Jahr 1994 keine größeren Konzertangebote mehr bekommen haben. Wir sind Perfektionisten, und nur für zwei kleinere Clubkonzerte im Jahr mehrere Monate im Proberaum abzugammeln, das rentiert sich einfach nicht. Außerdem ist Moritz mit all seinen anderen Bands sowieso ständig ausgebucht mit diversen Studiojobs und Tourneen, sodaß wir in den letzten Jahren die meisten interessanten Angebote aus Termingründen seinerseits nicht annehmen haben können oder wieder absagen mußten. Das war mir auf Dauer echt zu mühsam, sodaß ich irgendwann beschlossen habe, den Konzertbetrieb gänzlich einzustellen und damit keine Zeit mehr sinnlos zu vergeuden.

EquimanthorN: Wie sieht dein Leben abseits der Musik aus? Welche Stellenwerte nehmen Kunst und "Alltag" ein, wo sind die Berührungspunkte? Wenn ich mich richtig erinnere, studierst du Wirtschaft... wie läßt sich das mit der Kunst vereinen?
Christof:
Kunst und Musik interessieren mich privat kaum. Ich höre lieber Pop- und Discosound zur Entspannung. Mir genügt das Radio im Kopf, da brauche ich nicht auch noch CDs von anderen Menschen. Entweder hat man einen Eigenwert, oder man braucht einen Stellenwert. Mit dem Wirtschaftsstudium bin ich bereits fertig, es betrifft mich also nicht mehr.

EquimanthorN: Was ist eigentlich aus deinen musikalischen Aktivitäten abseits von Korova (Chaos Architects, Shining Of Kliffoth, Angizia) geworden? Gab/gibt es außer den erwähnten noch andere Projekte, in denen du aktiv bist/warst?
Christof:
Ich habe keine Lust mehr auf diese ganzen Projekt- und Gastauftritte. Irgendwie bin ich da unabsichtlich durch Überredungen in einige Dinge hineingeraten, die im Endeffekt doch wesentlich mehr Zeit und Energie in Anspruch nahmen, als dies eigentlich kalkuliert war. Ich mag mich nur noch auf meine eigenen Ideen beschränken und keiner Herde mehr angehören. Trotzdem war es eine lustige Zeit mit sehr angenehmen Menschen.

EquimanthorN: Neulich hatte ich einen seltsamen Traum: Korova spielten ein Konzert in einer Art Buchhandlung/Bibliothek, die im Ikea-Kinderzimmer-Stil eingerichtet war; das Publikum bestand aus alten Frauen und Männern mit Schnauzbärten und Tirolerhüten. Erwähnenswert wäre vielleicht auch noch, daß es keine Bühne gab und ihr, wenn ich recht erinnere, auch keine Instrumente hattet. Wie würdest du das interpretieren? Gibts in eurer Bandhistory irgendwelche Ereignisse, die damit vergleichbar wären? Und welche Rückschlüsse auf meine Psyche lassen sich daraus ziehen, daß ich zu dieser Art von Träumen neige?
Christof:
Dieses Bild haben wir im Dezember 1999 ins kollektive Unbewußte gepflanzt. Jenseits der Gemeindekirche steht er in dieser Traumwelt an der Straße, der Neue Buchladen. Er ist recht modern eingerichtet mit hellem Holz (was Du als Ikea bezeichnest) und vielen verschiedenen Abteilungen von geographischen Bildbänden über Comics zu Taschenbüchern und Romanen, wissenschaftliche Werke und vieles mehr. Die Auswahl an Büchern ist unendlich groß, und trotzdem ist der Laden sehr klein, fast wie ein Kinderzimmer. Viele Leute tümmeln sich darin, an den Regalen, auf den überall aufgebauten Stühlen und Kissen oder in den schummrigen Schlaf- und Fickecken (die kamen in meinem Traum leider nicht vor... - EquimanthorN) im hinteren Teil des Buchladens. Einstmals haben wir dort unsere Instrumente zur Ruhe gelegt und sind von den Saiten zu den Seiten hinübergeglitten. Im rechten hinteren Eck der Bibliothek stehen an einem Regal meine künftigen Werke in schwarzen Einbänden zur Auswahl. Darin finden sich dreidimensionale, bewegliche Darstellungen und flüssige Buchstaben, welche in 1000 Welten führen. Die ersten 100 Seiten der Wege ins Weltwalten sind übrigens bereits fertig. Wie gesagt haben wir diese Buchhandlung am gläsernen Rand des Universums im Dezember 1999 ins kollektive Unbewußte gepflanzt und bekommen mittlerweile auch immer öfters Besuch aus der Menschenwelt. Wenn Du mal wieder in der Gegend bist, dann schau doch einfach vorbei!

EquimanthorN: Welchen Kommentar zu eurer Musik würdest du als Beleidigung empfinden?
Christof:
Ich habe bereits so viel gelesen, mich kann diesbezüglich nichts mehr erschüttern. Unsere Musik ist dergestalt konstruiert, daß sie an sich aus nichts besteht als aus einem nebeligen System von Spiegeln. Wenn jemand also über KOROVAKILL spricht, so spricht er unter den Scheinschleiern der Erscheinung gar nicht über unsere Musik, sondern im Indirekten aus seinen toten Winkeln über sich selbst und seine Wahrnehmung. Uns betrifft das insofern nur bedingt und wir lesen es mit einem Lächeln...

EquimanthorN: Mangels besserer Ideen bitte ich dich nun ganz unoriginell um ein paar letzte salbungsvolle Worte...
Christof:
Wir sehen uns in der Echowelt und anschließend in der Bibliothek. Vergeßt das schwarze Buch mit den lebendigen Buchstaben nicht.

EquimanthorN: Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen... bis auf die Anmerkung, daß es interessant zu wissen wäre, wieviel Prozent derjenigen, die dieses Interview zu lesen begonnen haben, bis hierher gekommen sind... hmmm...

 

2001 © EquimanthorNKorovakill