Und
wieder einmal bewahrheitete sich der alte Spruch von den „Hunden,
die bellen, aber nicht beißen“! LEICHENWETTER,
so stellte sich schon zu Beginn des folgenden Gesprächs mit
Guitarero Dawe heraus, geben sich zwar ganz gern finster und ein
bisschen durchgeknallt, sind aber im Grunde ihres Herzens fünf
richtig nette Jungs aus dem Sauerland!
Ole:
Stell doch bitte erstmal die Band vor: Vorher kommt Ihr,
seit wann seit Ihr als LEICHENWETTER unterwegs?
Dawe: Gern. Wir kommen aus Iserlohn und angefangen hat
alles ’97 mit einem Vierspurrekorder. Damals hab ich allerdings
die Gedichte noch allein vertont. Ja, und nach und nach ist es
dann gewachsen.
Heute
besteht die Band aus NUMEN (Gesang), DAWE (Gitarre), CPT. LOFT
(Bass), RUDIATOR (Elektrik) und RAWEN (Schlagwerk).
Ole:
Was für einen Hintergrund hat der Bandname?
Dawe: Ganz ehrlich? Keinen tieferen! (grinst) Der Name
war einfach irgendwann da und gefiel uns. Der hört sich zwar
ganz böse an, ist aber nicht so gemeint.
Ole:
Ihr präsentiert Euch ja recht martialisch – Ihr tragt
Hannibal-Lector-Masken, Leder- und Felloutfits und gebt Euch mysteriöse
Künstlernamen. Was für ein Konzept steht dahinter?
Dawe: Die Künstlernamen und die Masken haben den
Zweck, dass wir als Musiker hinter der Musik bzw. den Gedichten
zurücktreten wollen. Und die Leder- und Fell-Sachen: Na ja,
besser als Jeans und T-Shirt, oder? (lacht)
Ole:
Wie kamt Ihr auf die Idee, deutsche Poesie zu vertonen? Fielen
Euch keine eigenen Texte ein?
Dawe: Klar könnten wir theoretisch eigene Texte
machen, aber ich mag auch Lyrik sehr gern. Ich finde es einfach
schade, dass die alten Sachen in irgendwelchen Bücher verstauben.
Ole:
Gibt es irgendwelche Texte oder Autoren, die Ihr von vornherein
ausschließen könntet?
Dawe: Die Texte, die wir vertonen, würde ich als
„zeitlos“ bezeichnen. Insofern würden allzu zeitgenössische
Gedichte nicht unbedingt zu uns passen, Texte, in denen alltägliche
Wörter wie „Hauptbahhof“ vorkommen... –
ja, und englisch könnte ich wohl auch ausschließen.
Außerdem müssen sie natürlich eine Form haben,
die sich musikalisch umsetzen lässt. Sonette von Trakl, zum
Beispiel, sind toll, sind aber furchtbar sperrig!
Ole:
Das glaub ich. An dieser Stelle kann ich Dir auch eines von Robert
Gernhardt empfehlen: „Materialien zu einer Kritik an einer
der bekanntesten Gedichtformen italienischen Ursprungs“;
fängt übrigens an mit „Sonette find ich sowas
von beschissen...“
Dawe: (lacht) Cool!
Ole:
Du hast in einem Interview mal gesagt, dass LEICHENWETTER niemanden
zwingen, sich mit den Texten zu befassen. Aber gerade um deutsche
Texte kommt man doch nicht herum! Warum singt Ihr dann nicht in
Englisch?
Dawe: So war das gar nicht gemeint. Wir finden’s
natürlich gut, wenn sich die Leute damit befassen. Aber ich
denke, die Stücke funktionieren auch, ohne dass man weiß,
dass sie von Goethe oder so sind. Neulich hat uns sogar mal jemand
für die doofen Texte kritisiert. Der wusste tatsächlich
nicht, dass die nicht von uns sind!
Ole:
Apropos Schule: Was war Dein Lieblingsfach?
Dawe: Sport.
Ole: Nicht Deutsch?
Dawe: Deutsch war natürlich auch ganz vorn
dabei, aber Sport fand ich immer am besten.
Ole: Was liest Du privat?
Dawe: Krimis und Fantasy.
Ole: Dein Lieblingsautor?
Dawe: Tolkien natürlich. (grinst)
Ole:
Dass Die schlesischen Weber mit einer gewissen Wut gespielt
werden, kann ich ja noch gerade verstehen, aber warum musstest
ihr so etwas Zartes wie Eichendorffs Mondnacht derart
vergewaltigen? Immerhin heißt es darin „still
geküsst“, „die Ähren wogten sacht“
und „flog durch die stillen Lande“...!
Dawe: Stimmt. Ich hab auch deine CD-Rezension gelesen
und ich hab mir gedacht: „Irgendwie hat er ja Recht.“
(lacht) Aber so ist es nun mal. Da werkeln wir im Proberaum herum
und versuchen Text und Musik übereinander zu kriegen und
wenn wir den Song aufnehmen, kommt der Gesang nun mal als letztes
dran... (lacht nochmal)
Ole:
Euer Sound und Auftreten erinnert ja schon ein bisschen an Rammstein.
Würdest Du die Band als Einflussquelle zulassen? Gibt es
darüber hinaus musikalische Einflüsse?
Dawe: Ach ja, die Band mit dem großen „R“!
(seufzt) Wenn ich unseren Sound beschreiben sollte, würde
ich zwar auch Rammstein zitieren, aber eigentlich steh ich gar
nicht so auf die. Als wir als LEICHENWETTER angefangen
haben, fand ich eher Sachen wie Theatre Of Tragedy gut.
Ole: Und heute?
Dawe: Och, Metal ganz allgemein...
Ole:
Gibt es einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen den Titeln Eurer
letzten CD Urworte und der aktuellen Letzte Worte?
Dawe: Zum Teil, ja. Zum einen war ja die Urworte
noch eine Eigenproduktion. Und als wir den Deal mit MetalAxe bekommen
haben, musste ruckzuck eine neue CD her. Da haben wir einfach
fünf oder sechs Stücke von Urworte
übernommen. Die letzte Platte kannte ja noch kaum ein Mensch
und die nächste wird hoffentlich millionenfach über
den Ladentisch wandern. Deshalb ist das auch gar nicht so schlimm!
(lacht)
Ole:
Und, was kommt nach den Letzten Worten? Löst Ihr
Euch auf?
Dawe: Nein! Der Tod ist natürlich niemals nur das
Ende, sondern auch ein neuer Anfang. (grinst)
Ole:
„Letzte Worte“ für dieses Interview?
Dawe: (überlegt) Ja - Wir suchen noch einen Booker!
Wenn es also eine Agentur gibt, die uns in Zukunft unterstützen
möchte, kann er sich gerne an uns wenden!Ansonsten:
Danke für das Gespräch und den Gernhardt-Tipp!
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