Nach Soundtrackarbeiten (hauptsächlich für Dokumentarfilme, dazu unten mehr) legen LES FRAGMENTS DE LA NUIT ihr Debütalbum Musique Du Crepuscule vor. Eine fantastische Reise durch die Gestade der Dämmerung in die Nacht hinein. Angesiedelt zwischen Neo-Klassik, dezentem Folk, Minimalismus-Einflüssen und Soundtrack-Miniaturen ist Musique Du Crepuscule eine überzeugende CD-Premiere. Ein Interview mit Michel Villar (Piano) und Ombeline Chardes (Violine), den Köpfen hinter LES FRAGMENTS DE LA NUIT sollte also einen kleinen Wegweiser für die Reise ans Ende der Nacht abgeben.

Jochen: Wie würdet ihr selbst eure Musik beschreiben?
M & O:
Wir nennen es schlicht Musik für die Nacht, darum hieß auch unser erstes Demo so. Es ist eine Art fantastische und emotionale Vision der Verbindung von Nacht und Musik.

Jochen: Habt Ihr ein bestimmtes Publikum im Blick mit Eurer doch recht ungewöhnlichen Musik?
M & O:
Eigentlich nicht, wir möchten unsere Musik mit jedermann teilen. Unsere Shows besuchen ganz unterschiedliche Menschen, von 10 bis 70. Es ist immer eine Freude sich mit unserem Publikum auszutauschen und sie an unserer musikalischen Botschaft teilhaben zu lassen.

Jochen: Wie ist die Resonanz auf Eure Musik, besonders natürlich auf Euer erstes Album?
M & O:
Wir bekommen ein Menge positives Feedback aus den unterschiedlichsten Ländern; weshalb wir auch nicht nur in Frankreich touren wollen. Das ist sehr wichtig für uns. Aber noch mehr schätzen wir das Interesse und die Ernsthaftigkeit, mit der über uns geschrieben wird.

Jochen: Dunkelheit spielt anscheinend eine große Rolle für Euch, sowohl, was Euren Namen betrifft, als auch den Albumtitel. Und es spielt auch in die Musik hinein, die sich zwischen Bedrohung und Wohlklang bewegt. Welche Intention steckt hinter diesem „Jekyll & Hyde“ Charakter (um es salopp zu sagen)?
M & O:
Du hast Recht, wir bewegen uns zwischen Tragik und epischen Elementen. Aber nicht unbedingt als gegensätzliche Gefühle, sondern eher ergänzende. Es soll dir das Gefühl einer reise zwischen Traum und Alptraum geben. Obwohl das natürlich abhängig von der persönlichen Wahrnehmung ist. Für manche Menschen ist ein Alptraum nichts anderes als ein schöner und leidenschaftlicher Traum.

Jochen: Was antwortet Ihr Kritikern, die behaupten die Musik sei teilweise zu kitschig?
M & O:
Kitschig? Möglicherweise, weil wir keine großartigen Intentionen haben. Wir müssen einfach unsere verschiedenen Einflüsse auf diese Art kondensieren.
Wobei Kritik jungen Bands meist gut tut, wir jedenfalls haben ein offenes Ohr dafür. Denn letztlich sorgt das für eine Weiterentwicklung. Zu der auch ständiges Hinterfragen gehört.

Jochen: Obwohl Euer Album keine elektronische Musik aufweist, erinnerten mich kurze Passagen an Klaus Schulze. Gibt es eine Beziehung zu derartiger Musik, insbesondere der „Berliner Schule“, die hauptsächlich mit Schulze und den frühen werken Tangerine Dreams in Verbindung gebracht wird?
M & O:
Cool, das hören wir zum ersten Mal! Klar, wir haben repetitive Momente und mögen eine Menge, auch dunkler, Ambient-Musik. Außerdem sind wir gelegentlich experimentell und nutzen die Möglichkeiten, die uns Klassik und Rock bieten. Wir sollten Klaus aber unbedingt mal nach seiner Meinung fragen.

Jochen: Wie groß ist der Einfluss des Kinos auf Eure Musik? Ihr habt an diversen Soundtracks mitgearbeitet, inwieweit haben diese Arbeiten eine Rolle für Musique Du Crepuscule gepielt?
M & O:
Einige Stücke auf Musique Du Crepuscule wurden für’s Kino komponiert, für einzelne Sequenzen. Deshalb handelt es sich um “Kurzversionen”. Die restlichen Stücke sind imaginäre Reisen für’s Publikum. Als wir mit dem Komponieren begannen, nahmen wir es sofort auf Tape auf, meistens nachts. Es war wie das Sammeln assoziativer Fragmente und Bilder. So fiel es uns leicht auch Soundtracks zu komponieren, und wir verfolgen das weiter. Filme sind eine ständige Inspiration.

Jochen: Welche Filme habt Ihr musikalisch untermalt? Wovon handeln sie?
M & O:
Im Moment arbeiten wir nicht an internationalen Filmen, aber wir haben etliche französische Produktionen am Start. Manchmal sind es kleinere Sachen unabhängiger Regisseure, manchmal auch für’s französische Kino, wir kennen keine Limitationen wenn und die entsprechenden Filme gefallen, jeder Soundtrack ist eine wertvolle Erfahrung. Wir haben das Glück, dass „unsere“ Filme im französischen Fernsehen ausgestrahlt werden, sodass wir mittlerweile auf eine Vertriebsfirma zurück greifen können. Diese Unterstützung ist wichtig, denn sie ermöglicht uns unsere Musik international zumindest als Soundtrack-Ergänzung unterzubringen. Check mal die Credits am Ende etlicher filme, mag sein, dass etwas auftaucht, das dich an LES FRAGMENTS DE LA NUIT erinnert...

Jochen: Sind Eure Soundtracks als CD oder auf Vinyl erhältlich?
M & O:
Ja, einiges ist auf CD erhältlich, kontaktiert einfach unseren Vertrieb: www.kosinus.fr. Man kann uns auch online hören, wenn man ihren Katalog durchsucht. Musique Du Crepuscule erscheint im Mai 2009 auf Vinyl, zu bestellen über DENOVALI RECORDS - www.denovali.com, ein deutsches Label, das auch unsere Tour betreut.

Jochen: Was sind Eure wichtigsten musikalischen, cinematographischen und literarischen Inspirationsquellen?
M & O:
Musik: Dvorak, Erik Satie, Magma, Arvo Part, Godspeed You Black Emperor, Entombed, J. S. Bach, Ethno-Musik aus Java, The Cure und noch viel mehr...
Kino: David Cronenberg, David Lynch, Paul Thomas Anderson, Dogma, dänische Regisseure überhaupt, sowie Andrej Tarkowskij.
Literatur: Michail Bulgakow, Stefan Zweig, Dostojewski, Maupassant, Philip K. Dick, Robert Silverberg, Herman Hesse und auch hier noch einige Autoren mehr...

Jochen: Sind LES FRAGMENTS DE LA NUIT eine Band oder eher ein Projekt?
M & O:
Es ist eine echte Band! Wir komponieren für unsere Musiker, und sie spielen es, weil wir wissen wie sie spielen und was sie mögen. Wir sind keine „Masterminds“, sondern Sklaven der Musik, die uns heimsucht und der wir jeden Tag dienen müssen.

Jochen: Wird es Live-Auftritte außerhalb Frankreichs geben?
M & O:
Aber klar! Wir werden am 29.05. auf dem Wave-Gotik Treffen in Leipzig spielen, schaut einfach auf unsere Myspace-Seite. Wir touren gerade durch’s nördliche Europa, Deutschland und Holland; aber wir werden den Süden bald nachholen und spielen überall, wohin man uns einlädt. Es lohnt sich zu unseren Auftritten zu kommen, denn da öffnet sich eine ganz neue Dimension.

Jochen: Vielen Dank für eure hervorragende Musik und das freundliche Interview?
M & O:
Dankeschön ebenfalls für dieses Interview. Gute Nacht.

 

5/2009 © Jochen König • Les Fragments De La Nuit