Die aus Hamm /Westfalen stammenden MINDFIELD hatte ich letztes Jahr beim Metal Over Münster II im Zuge der Releaseparty von Morning Caress zum ersten Mal live gesehen. Ich wusste zwar, das sie bereits ihr Debütalbum Deviant veröffentlicht hatten, mit welchem sie gute Kritiken einheimsen konnten, dennoch vermittelten sie noch immer den Eindruck einer typischen Underground Band. Nun, in den letzten 14 Monaten hat sich eine Menge im Bandcamp getan. Man hat ein neues Label, wird professionell promotet und nicht zuletzt, wird man mit dem gerade erschienenen fantastischen Zweitwerk Be-Low mehr als nur ein paar Pluspunkte sammeln können. Da war es an der Zeit, mich als Schreiberschreckgespenst der Schlange anzuschließen, welche Newcomerbands gewöhnlich Löcher in den Bauch fragt ... Bassist Philip hatte Rede und Antwort zu stehen...

Mindfield

Dajana: Seit den deathmetallischen Anfangstagen in 1994 habt Ihr ja Euren Stil extrem geändert. Als Euer damaliger Sänger ausgestiegen war, habt Ihr da konkret geplant, keinen Death Metal mehr zu machen oder kam diese Entwicklung über die Jahre?
Philip:
Natürlich, ein Grund war, das unser ehemaliger Sänger Thomas ausgestiegen ist. Zum anderen aber auch unsere ganz normale musikalische Weiterentwicklung. Vor allem unsere Gitarren wurden nach und nach melodischer und da passte Thomas’ Gesang seiner Meinung nach nicht mehr richtig dazu. Er hat dann selbst gesagt, dass das so nix richtiges wird und er wollte auch nicht mehr wirklich was in musikalischer Hinsicht tun. Aber wir sind noch immer gute Freunde und er ist ein Fan der Band. Danach haben wir dann überlegt, wie es weitergehen soll. Wir haben versucht, Thomas zu ersetzen, aber haben keinen gefunden. Auf der Deviant hab ich dann auch selbst gesungen, kann das inzwischen auch recht gut, aber zu dem Zeitpunkt, als Thomas ausgestiegen ist, hätte ich das so nicht machen können. Zumal ich ja auch noch Bass spiele ... Naja, und der Danny war dann halt die beste Lösung. Er war schon in der Band als Keyboarder und das passte dann einfach, auch bei den älteren Songs, die ja noch ein bisschen thrashiger waren ...
Dajana: Ja, ich kann mich noch erinnern, als ich Euch live gesehen habe, da hattet Ihr noch ’nen anderen Sound, als nun auf Eurem aktuellen Album Be-Low.
Philip: Der Unterschied von der Deviant zu Be-Low ist eigentlich nicht so groß, da ist zwar schon ein Schnitt, weil wir von den Growls zu komplett cleanem Gesang gewechselt haben. Heute sind wir kompakter, nicht mehr so verspielt, die Melodien sind ausgefeilter und wir sind vielleicht nicht mehr so schnell, aber immer noch heavy.

Dajana: Ihr habt ja mit dem neuen Album ja praktisch einen Rundumschlag gemacht. Ihr habt das Label gewechselt – von Gutter Records zu Lifeforce und habt eine professionelle Promotion.
Philip:
Das ist eigentlich ganz einfach. Wir haben 2001 gesehen, das Gutter Records kein größeres Interesse mehr an uns hatte. Wir haben aber weiter gemacht und wieder von Neuem bei den Labels Klinken geputzt. Und nun sind wir glücklicherweise bei Lifeforce gelandet. Die Promotion von SureShotworx läuft aber über das Label, da haben wir selbst nichts mit zu tun.

Dajana: Ihr habt Eure MCD Final Piece und Euer Debüt Deviant bereits mit Andy Classen vom Stage One Studio aufgenommen. Wir seid Ihr an ihn rangekommen? Das ist ja eigentlich recht ungewöhnlich, sich mal eben Andy Classen zu krallen ...
Philip:
Ja, heute vielleicht schon, aber damals 1997 war Andy noch nicht so in aller Munde, wie heute. Er war damals weit und breit der günstigste auf diesem Niveau. Außerdem kannte unsere ehemaliger Sänger Thomas Andy, weil er schon mal mit einer anderen Band dort ein Demo aufgenommen hatte. Man kann halt super mit ihm zusammenarbeiten, er hilft bei allen Dingen, ist ein super Gastgeber und kompetenter Produzent. Er weiß, wie er jeden einzelnen Musiker nehmen muss, sodass er das Beste gibt. Deshalb sind wir auch bei ihm geblieben.

Dajana: Dann lass uns doch mal über das neue Album Be-Low sprechen. Das zweite Stück z.B. Destination 666 hat ja mit Metal eigentlich nichts mehr zu tun. Ich würde es einfach als Rock bezeichnen ...
Philip:
Naja, wir haben uns nicht hingesetzt und gesagt, jetzt schreiben wir einen Rocksong, dann ’ne Metalnummer oder so. Die Songs entstehen einfach aus den Riffs und Ideen, die der Rainer so anschleppt, oder Keyboardlinen, oder Ideen vom Schlagzeuger. Das wird dann alles zusammengeworfen und ausgearbeitet. Da ist es dann auch egal, ob das nun richtig heavy oder rockig ist.

Dajana: Ich spreche das deshalb an, weil der dritte Track Desperate dann wieder richtig heavy wird und zudem noch einen recht progressiven Mittelteil hat, nicht unbedingt Gefrickel, aber doch gut progressiv, während man dann beim vierten Track Mucher No Illores z.B. spanische Gitarren als Intro hat, was ja nun wieder ganz was anderes ist. Man hat also eine hohe Stilvielfalt. Oder die geniale Ballade Gallery In Black ... Wie war das mit dem Songschreiben. Alles intuitiv?
Philip:
Die stilistisch breite Spannweite ist einfach zu erklären: wir hören zwar alle Metal und Musik generell, die wir alle zusammen gut finden, aber im Grunde genommen kommen wir jeweils aus ganz verschiedenen musikalischen Ecken und die unterschiedlichen Einflüsse fließen dann auch in unsere Musik ein.

Dajana: Wo würdet Ihr Euch musikalisch selbst einsortieren? Crossover oder Metal oder Rock?
Philip:
Also ich würde sagen Heavy Metal auf jeden Fall, dann auch Rock und vielleicht ein bisschen Power Metal, weil unsere Gitarren ja sehr melodisch sind. Ok, man kann natürlich sagen, man hört noch ein paar Death Metal Einflüsse, vielleicht Modern Metal, weil wir ja noch immer nach Metal klingen.

Dajana: Werdet Ihr denn diesen Stil nun beibehalten oder denkt Ihr, das Ihr Euch zukünftig noch mal deutlich stilistisch ändern werdet?
Philip:
Also, ich würde mal sagen ... einen direkten Vergleich mit alten Songs kann man schlecht machen ... den ersten beiden Songs des neuen Albums merkt man z.B. die Rockattitüde deutlich an und es ist schön zu wissen, das wir auch nicht davor zurückschrecken, auch mal ’ne härte Gangart einzuschlagen. Wir stellen uns aber nicht hin und sagen: jetzt machen wir einen Death Metal Song. Die Mischung macht es und wird dann zeigen wo es hingeht. Aber bisher ist zumindest für mich immer ein roter Faden erkennbar gewesen.

Dajana: Zwischen dem Debüt Album und dem neuen Album Be-Low liegen ja ca. 2 Jahre. Was habt Ihr in dieser Zeit so getrieben, außer neue Songs zu schreiben? Denn live gesehen hat man Euch ja auch praktisch nicht.
Philip:
Wir hatten eine Menge Probleme. Zum Beispiel der Schlagzeuger auf dem neuen Album ist nicht unser Schlagzeuger, den wir auf Deviant hatten und der jetzt wieder dabei ist. Jener hat uns direkt wieder nach den Aufnahmen verlassen und es war verdammt schwierig hier in NRW einen Drummer nach unseren Geschmack zu finden. Das hat uns ziemlich ausgebremst. Wir haben ja 2001 das Album aufgenommen und dann angefangen Klinken zu putzen, alles in Eigenregie. Das hat ein Jahr gedauert. Von der Unterzeichnung des Vertrages über die Promotion dauert es ja auch noch ein bisschen, bis dann das Album tatsächlich auf dem Markt ist. Es war zwar nicht viel von uns zu hören, aber wir waren dennoch präsent und haben immer Kontakt nach außen gehalten, um nicht in der Versenkung zu verschwinden.

Dajana: Was steht jetzt bei Euch so demnächst an? Gibt es schon Pläne?
Philip:
Ja, wir sind gerade dabei, ein paar Konzerte zusammenzukriegen aber das Problem sind unsere Arbeitgeber – wir haben ja alle ’nen Job, deshalb können wir noch nicht konkret sagen, wann und wo. Den einzigen festen Termin, denn wir haben, ist der auf der Popcom beim Showcase von Lifeforce.

Dajana: Gibt es Menschen, Bands, Musiker, die Euch so beeindruckt haben, das Ihr Euch inspiriert fühlt oder die Einflüsse auf Eure Musik haben? Direkte Vergleiche kann man bei Euch kaum ziehen, was ja soviel heißt, das Ihr recht eigenständig seid.
Philip:
Ich hab halt schon den einen oder anderen Musiker, den ich verdammt geil finde. Ich hab z.B. deshalb angefangen Bass zu spielen, weil ich unheimlich auf Cliff Burton von Metallica und Danny Lilker abgefahren bin, aber diese Bands beeinflussen uns eigentlich nicht. Als wir noch Death Metal gespielt haben, konnte man ganz klar sagen, dass Edge Of Sanity eine unsere Lieblingsband war und uns auch beeinflusst hat. Da war das noch einfach auszumachen. Auch die ersten Amorphis Platten. Bei Rainer ist es Fields Of The Nephilim, die er verdammt geil findet, der Marc hat viel Death Metal gehört aber auch viel Gothic und Wave.

Dajana: Mal so rein hypothetisch: Ihr müsstet jetzt ein Album machen, das mit Metal oder Rock und dem, was Ihr gerade so macht überhaupt nix zu tun hat. Wie würde das klingen?
Philip:
Hm ... entweder ... ich glaube ... das wäre dann ganz düster und traurig, wenn man den Metal ausklammert.
Dajana: Ihr würdet dann Eure Spur einfach weiterverfolgen und nur den Metal / Rock / Crossover ausklammern?
Philip: Ja, denn wenn man wirklich Songs und Musik schreibt, kann man nicht aus seiner Haut. Man wird die Art zu schreiben nicht los. Schau dir Peter Tätgtren an. Da findet man auch allenthalben Gemeinsamkeiten zwischen Hyprocrisy und Pain. Der kann halt auch nicht aus seiner Haut raus. Ich denke, das geht auch gar nicht. Man wird seinen persönlichen Stil irgendwie immer beibehalten.

Dajana: Habt Ihr als Newcomer schon Banderfahrungen gemacht die Ihr anderen Newcomern gerne weitergeben würdet? Wo Ihr sagt, das können wir empfehlen oder davon lasst die Finger?
Philip:
Also ich kann nur sagen, das Newcomer im Metal immer ein extremes Zuschussgeschäft sind. Man darf da nicht zuviel erwarten wenn man zum ersten Mal einen Deal unterschreibt, da ja die Labels meistens auch sehr klein sind. Man braucht halt viel Enthusiasmus, muss viel selbst auf die Beine stellen und muss immer weitermachen. Ist auch leider teilweise so, das man entweder zu Hause entsprechendes Computer Equipment braucht oder die finanziellen Mittel, um was Konkurrenzfähiges an Demo Material auf die Beine zu stellen. Labels und Konsumenten sind da ja heutzutage sehr verwöhnt, bei dem, was so möglich ist. Man kann nicht mehr im Proberaum mit ’nem Recorder auflaufen und dann Tapes verteilen oder die Sachen so ins Internet stellen. Ansonsten ... ja, Hartnäckigkeit zahlt sich irgendwann aus. Wir haben ja auch ein Jahr lang gesucht, bis wir im Geschäft waren.

Dajana: Würdest Du sagen, das Du persönlich inzwischen eine differenzierte Betrachtungsweise hast: einmal als Musiker und dann als Konsument von Musik?
Philip:
Das Einzige, was ich bisher eigentlich gelernt habe, ist, auch mal an einer schlechten Produktion oder Proberaumaufnahme vorbeizuhören und trotzdem das Potential der Band zu erkennen. Ich kann mir dann schon vorstellen, wie geil eine Band zu klingen vermag, wenn sie die Gelegenheit hätte, sich professionell im Studio auszutoben.

Dajana: Und wie ist das als Band? Ich meine, Ihr werdet ja jetzt auch durch den üblichen Fleischwolf gedreht mit Promotion, Terminen, Reviews und Interviews. Hat sich da was in Euren Ansichten geändert, wenn Ihr nun Sachen über Euch selbst lest, anstatt nur über Eure Lieblingsbands? Ihr seid ja nun jetzt selbst „Opfer“ ...
Philip:
Was halt ein bisschen nervt ist die Tatsache, wenn man neu in der Szene ist, werden bei Interviews häufig dieselben Fragen gestellt. Dann ist es schon ein bisschen enttäuschend, wenn man mehr über eine Band wissen will und auch deren Platte geil findet und dann liest man immer dasselbe. Aber das kann man den Schreibern eigentlich kaum vorwerfen, weil, das sind halt Standard- informationen, die man ja auch braucht.
Dajana: Eine Newcomerband hat ja auch noch nicht so viele Eskapaden hinter sich, die man ausschlachten könnte ...
Philip: jau ... Bei den Reviews war ich eigentlich schon immer recht offen. Wenn uns einer Scheiße findet, dann ist das auch ok. Und wenn einer was Schlechtes über uns schreibt ...
Dajana: ... solange es ordentlich begründet wird ...
Philip: ... ich kann mit jeder Kritik oder Lob oder Hasstirade leben. Weil, ich hasse ja manchmal auch Bands dafür, wenn sie sich drastisch verändert haben oder so.

Dajana: Ok, dann sind wir auch schon so ziemlich am Ende. Ein paar Shortcuts hätte ich da noch:
Deine aktuellen Top 5:

Devin Townsend – Accelerated Evolution
Katatonia – Viva Emptiness
Bloodbath – Resurrection Through Carnage
Anacrusis – Manic Impressions

Lieblingsbuch / Lieblingsfilm:
Buch ... hm ... ich hab da gerade einen Autor für mich entdeckt, Chuck Palahniuk oder so, der auch die Buchvorlage zu Fight Club geschrieben hat. Sein neues Buch heißt Flug 2039, welches ziemlich geil ist, mit viel hintergründigem Humor und Sarkasmus, wie man das von Fight Club kennt. Das Buch hab ich durch Zufall entdeckt und bin nun Feuer und Flamme.
Filme ... es ist noch gar nicht so lange her, das ich mir einen DVD Player gekauft habe. Da laufen nun so Sachen wie M.A.S.H.

Das Beste, was Du jemals zustande gebracht hast:
Um ... hm ... ich glaube, das Beste, was ich jemals zustande gebracht habe, war wohl meine Geschichtsklausur zum Abi. Ich hab fürchterlich schnell geschrieben, gar nicht mehr gelesen, weil ich so schnell wie möglich wegwollte, um zum Dynamo Festival zu fahren. Da hab ich dann ’ne 1 geschrieben ...

Dein schlimmster Alptraum?
Das allgemein Schlimmste, was einem passieren kann, ist, wenn man in einer Situation ist, die einen nachhaltig negativ beeinflusst, oder die einen so reinfährt, das man da absolut nichts mehr machen oder retten kann.

So, nun Deine letzten Worte. Erzähl und alles, was Du schon immer sagen wolltest und die Schreiberlinge nie fragen:
Um ... jeder, der interessiert ist, sollte unsere Homepage besuchen. Da kann man sich auch ohne Interview informieren, was ich z.B. persönlich zu den Texten, die ich geschrieben habe, so meine. Da kann man sich dann selber ein Bild machen. Ja ... Musik machen ... Heavy Metal machen, Heavy Metal Fan sein, ist mit das Größte, was es gibt.

Dann mal vielen Dank für’s Interview, vielleicht sieht man sich demnächst bei einem Konzert von Euch.


06/2003 © Dajana Winkel • Mindfield