Mit ihrem letzten Album "Butterfly Effect" haben Moonspell mal wieder eine CD rausgebracht, deren Stil man nicht mit dem der anderen Alben vergleichen kann. Natürlich gab es da verschiedene Meinungen und eine Menge Fragen, die wir beantwortet haben wollten. Als Moonspell auf ihrer Tour mit Kreator, Witchery und Manic Movement nach Wien kamen, war Sänger Fernando so nett, und nahm sich vor Beginn der Show einige Minuten Zeit um unseren Wissensdurst zu stillen.

Bei The Butterfly effect ist der neue Sound und die Freude an Experimenten nicht zu überhören. Was hat euch dazu inspiriert ein Album wie dieses zu schaffen?

Wir wollten ein Album veröffentlichen, das unsere aktuellen und zeitgerechten Gedanken repräsentiert und deshalb haben wir versucht nachzuforschen und einen Sound zu schaffen, der irgendwie ungemütlich, auf seine Art apokalyptisch klingt. Das waren die Hauptmotivationen warum wir die Moonspell Sounds geradlinig und klassisch aufgebaut haben.

Wie war die Reaktion der Fans auf dieses neue und etwas andere Album?

Manche mochten es, manche konnten es nicht ausstehen, aber das war schon immer so, seit unseren Demo-Tagen. Wie es aussieht, ist es ein Album, das uns viel Respekt bringt. Und irgendwie scheint es die Leute, die auf die Musik von Moonspell stehen, zu trennen, weil wir 96 mit "Irreligious" eine der wichtigsten Bands im Gothic-Metal Bereich waren und normalerweise mögen die Leute Moonspell für das was sie sind. Der Verkauf von Butterfly FX läuft sehr gut und ich glaube nicht, dass das Album eines von der kommerziellen Sorte ist, in das man sich sofort reinhört, es ist ein Album, das Konzentration und Hingabe benötigt, und meiner Meinung nach sagen genau die Leute, die die Sache so angehen, dass das Album gut ist.

Warum habt ihr dem Album den Namen "Butterfly FX" gegeben? Gibt's da einen bestimmten Sinn hinter diesem Titel?

Also, wissenschaftlich gesehen ist der "Butterfly Effect" eine Theorie, die ziemlich viel Wert auf die eigentlich unwichtigen Dinge legt. Sie kommt aus der Mythologie und wurde von einem Mann namens Edward Lauren (?) erfunden, der die kleinen Ursachen für große Wetterveränderungen erforschte. Und irgendwann kam er mit dem Satz " Ein Schmetterling der in Japan seine Flügel schwingt, kann auf der US-Westküste einen Hurrikan erzeugen". Natürlich geht's in dem Album nicht direkt um das, weil meine wissenschaftlichen Fähigkeiten auch eher begrenzt sind, aber dieser Teil der Wissenschaft hat mich wahnsinnig interessiert, auch Sachen wie die Chaos Theorie oder ähnliches. Wir haben diesen Titel gewählt, weil er einen guten Eindruck davon vermittelt, was wir sind und wie wir uns verhalten werden, auch wenn wir den Drang zum Absoluten haben.

Warum habt ihr euren Musikstil so verändert? War es eure eigene Entscheidung oder wolltet ihr eure Musik nur einem breiteren Publikum zugänglich machen?

Wenn man Musik macht, sucht man immer einen Zuhörer, und mir war immer egal wer die Person ist, der die Musik gefällt, ob dieser nun eigentlich mehr Metal hört, eher dem Gothic verfallen ist oder was auch immer, denn ich halte nicht sehr viel davon die einzelnen Stile zu trennen. Sie existieren und alle haben eine besondere Beziehung zur Musik. Wenn du jetzt Musik mit einem Haufen an Emotionen rüberbringst, finden das manche Leute weniger gut, weil sie ja meinen, sie könnten NUR Metal hören.. und das finde ich irgendwie schade, weil jeder Mensch Gefühle hat. Der Sound... es ist immer so, dass wir versuchen das nächste Album besser zu machen, als das zuvor, in dem Sinn spielt der Fortschritt bei uns eine wichtige Rolle. Mit Butterfly FX haben wir versucht einen Stil hervorzubringen, der den typischen Hauch von Moonspell hat, aber mehr gitarrenorientiert ist, mehr Screaming Vocals hat, eben auch die zeitgemäße Komponente, weil wir die Musik weder für die Vergangenheit, noch für die Zukunft machen, denn schließlich ist es die Gegenwart, in der wir leben. Im Moment sind wir in einer Generation, in der es wirklich schwer ist irgendwas komplett neues zu schaffen, weil wir den Großteil der Sachen schon aus den 70er und 80er Jahren kennen, aber wir versuchen es trotzdem, wir forschen nach und wir nehmen die Risiken auf uns, aber ich glaube mit Butterfly FX haben wir schon viele Türen in uns selber geöffnet, die uns den Weg für unser nächstes Album andeuten. Vielleicht wird sich das nächste Album von Butterfly FX gar nicht so differenzieren lassen...

Wir haben drüber nachgedacht in was für eine Kategorie wir die Band "Moonspell" einordnen könnten, aber es ist wirklich ziemlich schwer zu sagen, weil ihr den Stil ja ziemlich oft gewechselt habt. Was würdest du sagen?

Wir nennen uns "Dark Metal", weil das wahrscheinlich die einzige passende Bezeichnung für unsere Musik ist, obwohl ich es eigentlich nicht ausstehen kann, mit anderen Bands in einen Topf geworfen zu werden. Aber es ist einfach das was wir tun, wir haben eine Metal-Basis, die in allen Formen von der Dunkelheit inspiriert ist. Das ist natürlich das Ziel der meisten Bands, nur stechen Moonspell trotzdem irgendwie hervor. Unser Ziel ist es, dass die Leute unsere CD kaufen, sie in den CD - Player legen und sofort wissen "Das ist Moonspell"... das ist wahrscheinlich das Ziel einer jeder Band.

Das ist nun das vierte Jahr in Folge, dass ihr in Wien spielt, es gibt nicht viele Bands die so oft auf Tour gehen. Macht ihr das so gerne?

Ich spiele gerne live. Die Sache mit dem touren ist etwas anderes, weil das meistens mit dem Warten auf irgendwelche Formalitäten zusammenhängt, man muss sich immer irgendeine Beschäftigung suchen, um sich auf der Tour nicht zu Tode zu langweilen, da die meistens so 1 - 2 Monate lang dauert. Aber ich spiele wirklich gerne live, es ist die komplette Verschmelzung mit der Musik, der komplette Ausdruck, es ist einfach das eigene live feeling. Natürlich muss man dafür auch seinen Preis zahlen, es ist z.B. nie sehr gemütlich auf Tour, man muss warten und Dinge tun, die man sonst nicht tun würde, aber wenn du dann am Abend auf der Bühne stehst ist es einfach so ein ultimatives Erlebnis, dass man den Rest einfach vergisst. Das ist der Grund warum wir so oft auf Tour gehen, weil wir eben so gerne live spielen, und es ist auch ein Weg, den Leuten die Wahrheit zu sagen, damit sie nicht alle Gerüchte glauben, die über uns in der Presse geschrieben werden oder die sie irgendwo aufgeschnappt haben. Ich glaube, dass man die Wahrheit erkennt, wenn man uns live sieht.

Jeder Liveauftritt von Moonspell den ich bis jetzt gesehen habe, war eine Show mit zahlreichen Action- und Lichteffekten. Was können wir für heute Abend erwarten?

Es gibt noch immer Lichteffekte... in unseren Anfangstagen, als wir das erste mal auf Tour gingen und wir uns noch kein Equipment leisten konnten, haben wir natürlich versucht nur mit unserer Mimik zu arbeiten, mit unseren Gefühlen... diese Dinge gibt's natürlich noch immer bei Moonspell. Jetzt können wir glücklicherweise mit einer größeren Produktion dienen, unser Lichtdesigner hat eine originelle Lichtshow für Moonspell entwickelt. Es ist etwas, das viel mit dem Konzept unserer CD zu tun hat, auch mit den Texten... es ist schwer zu beschreiben, aber es ist etwas sehr visuelles und wir haben auch die Musiker miteinbezogen um den Leuten nicht nur halbe Sachen zu bieten, sie sollen mit den Liedern mitfühlen und noch mehr....

Wir haben gehört, dass ihr im Frühling in der Türkei gespielt habt. Wie war das Konzert? Wie war ihr die Reaktion der türkischen Fans?

Wow, es war einfach ein Wahnsinn. Technisch gesehen war es wirklich hart, weil zu der Zeit in der Türkei gerade Wahlen waren, und alle Sachen, wie Lichter schon ausgeliehen waren, einfach alles... also mussten wir einen kleineren Gig auf die Beine stellen. Aber es war einfach beeindruckend, ich glaube es war sogar ausverkauft, und die Leute waren sehr, sehr, sehr enthusiastisch, sie haben einen Teil der Bühne zerstört und das habe ich bis jetzt an keinem Ort, an dem wir zuvor gespielt haben gesehn. Normalerweise sind es die Südamerikaner, die total verrückt sind, aber die türkischen Leute scheinen noch ärger drauf zu sein... es war auf jeden Fall eine großartige Erfahrung.

Es gibt nicht viele bekannte Bands in Portugal. Wie würdest du die Szene dort beschreiben?

Das einzige Problem ist es, die Bands rauszubringen. Ich glaube nicht, dass die Leute in Mitteleuropa oder in den USA sich viel mit der portugiesischen Szene beschäftigen, was ziemlich schade ist, weil ich glaube behaupten zu können, dass wir einige wirklich gute Bands haben, die ich als "Qualitäts - Metal" bezeichnen würde. Die Gothic-Szene ist ziemlich tot, weil die meisten Leute Drogen nehmen und dann ihr eigenes Projekt aufgeben, aber es gibt wirklich gute Bands, die mehr klassischen Metal spielen, und neue Sachen wie "The Temple" oder Bands wie "Sarcastic", sie machen wirklich gute Musik, und ich weiß nicht, warum sie das Problem haben, nicht aus Portugal hinauszukommen. Ich denke, es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Leute die portugiesische Szene als etwas mehr als Moonspell alleine betrachten werden.

In manchen Liedern singt ihr auf portugiesisch. Wollt ihr den Leuten damit zeigen, woher ihr stammt oder was ist der Grund dafür?

Bei unseren ersten Veröffentlichungen wie "Under The Moonspell" und "Wolfheart" spielten wir schon mit dem Gedanken unser Territorium zu präsentieren. Unsere Nationalität spielt dabei natürlich auch eine große Rolle, denn es gab nicht viele Bands aus Portugal und wir mussten ein Album machen, dass den Leuten zeigt woher wir kommen und dass wir eine eigene Kultur haben, die der europäischen nicht wirklich ähnlich ist. Natürlich hat sich das mit der Zeit geändert, aber zu diesen Zeiten war dem nicht so. Wenn man dann aber den letzten Song auf Butterfly FX betrachtet, den Hidden Track, der komplett in Portugiesisch gesungen ist, oder Opium und alle diese Lieder, dann war der Grund dafür, dass ich von Dingen inspiriert war, die hauptsächlich portugiesisch waren und darum habe ich sie in Portugiesisch gedacht, nicht in Englisch. Das ist der Grund, warum ich sie in Portugiesisch geschrieben habe.

Wenn du in aufwachst, kannst du dich dann an deine Träume erinnern? Beeinflussen Träume deine Texte?

Manche, aber nicht viele, weil sie meistens zu absurd sind, um sie in Worte zu fassen, trotzdem sind sie eine Sache die mich sehr interessiert. Was mich aber mehr als der Traum selbst fasziniert, ist die Tatsache, dass man ihn aufzeichnen kann, das kommt mir vor, als ob man Gedanken auf ein Blatt Papier reproduzieren könnte. Wenn man total müde ist und ganz fest schläft, bewegen sich die Augen, das ganze nennt sich "Rapid Eye Movement", und man kann diese Augenbewegungen aufzeichnen, was einem hilft sich den Traum zu merken. In den USA hab ich mir eine Maschine, eine sogenannte Traummaschine, gekauft, mit der man die Träume genauso veranschaulichen kann. Das Ganze hat mich dann dazu veranlasst Songs wie "Soulsick" und "Angelizer" zu schreiben, die sehr traumorientiert sind.

Wie singst du am liebsten?

Brutale Grunzvocals mit voller Energie und Hass oder lieber die cleanen erotischen? Das kommt ganz auf meine Stimmung an. Ich denke live verwende ich viel mehr Brutal Vocals, weil sie einfach so aus mir herauskommen, aber es kommt auf das Lied an - wenn es nach sanfteren Vocals verlangt, versuche ich es so zu machen, wenn eher die extremeren passen, dann wird es eben extremer, also mag ich sie beide gerne, obwohl ich momentan eher zu den brutaleren tendiere.

Was ist mit Deamonarch ? Wird es ein neues Daemonarch - Album geben?

Wahrscheinlich keine musikalische Veröffentlichung. Ich versuche, das Projekt jetzt mehr literarisch zu gestalten, weil ich es ein wenig vernachlässigt habe, und wenn es die Zeit zulässt organisiere ich eine Internetseite, die eine Art Forum für Leute sein wird, die an Sachen glauben, die künstlerisch mehr geprägt sind als der Satanismus ... Satanismus wird heutzutage wirklich schlecht repräsentiert, besonders von irgendwelchen sogenannten Black Metal - Bands, die keine Ahnung haben, über was sie eigentlich singen. Also denke ich, dass Daemonarch ein Projekt war, das nicht dagegen, aber ein wenig außerhalb dieser Sachen steht und ich wollte einfach eine neue musikalische Form zeigen.

Was ist deine absolute Lieblingsband? Wenn du die Möglichkeit hättest sie zu interviewen, was würdest du sie fragen?

Ich glaube, ich hatte immer meine 2 Lieblingsbands … Bathory und Celtic Frost. Und eine der beiden, Bathory, habe ich 89 getroffen und ein 4 stündiges Interview mit ihnen gemacht, also ist nicht mehr viel übrig, das ich sie noch fragen könnte. Trotzdem würde ich mich für Bathory entscheiden, weil das Treffen mit Quorthon und den anderen mein Leben verändert hat. Aber ich habe keine Fragen mehr übrig, vielleicht nur die eine, warum sie nie live gespielt haben, da gibt's nämlich viele Gerüchte, angeblich wären sie doch aufgetreten, aber ich glaub nicht, dass da was dran ist.

Das Internet ist im Laufe der Jahre zu einer wichtigen Informationsquellen geworden. Man kann alles finden, aber die Grenzen zum Illegalen sind leicht überwindbar. Was denkst du über das Internet?

Ich habe einen Anschluss und benutze ihn auch, ich bin aber kein Freak. Etwas, das ich im Internet überhaupt nicht leiden kann, sind die Chats, sie sind total kindisch und kein bisschen interessant. Das weiß ich, weil ich ein paar mal im Moonspell Chanel war und da liest man nur Gerüchte, irgendwas über Sex und Geschäfte und.. irgendwie unnötig, find ich. Einmal haben die mich sogar aus dem Moonspell Chanel gekickt. Ich mein, es ist nicht mein Chanel, aber sie benennen ihn nach dem Namen meiner Band... das ist eben eine Sache, die ich am Internet nicht leiden kann. Informationen kann man wirklich fast alle finden... aber die Leute sollten nicht vergessen, dass hinter all den Informationen ein menschlicher Ursprung steckt, und es ist nicht mehr so faszinierend, wenn man bedenkt, dass man es eigentlich kontrollieren kann, und solange man sich diesen Aspekt vor Augen hält, ist man irgendwie vom Internet besessen. Zum Nachsuchen ist es ziemlich gut, obwohl es dann die ganze "Arbeit" nimmt. Für Promotion ist das Internet auch ziemlich gut, so haben auch Moonspell eine eigene Website, wir haben versucht, das ganze ein wenig anders zu gestalten, mit Artikeln und Berichten über neue Bands und ich denke es ist ein guter Weg. Wenn du eine E-Mail schreibst, dann schreibst du sie und musst nicht reden oder anrufen. Aber die Internetsprache hat diese komischen Symbole, und ich kenn kein einziges davon...

Was hältst du von mp3 Files?

Für Promotion sind sie wirklich gut. Wir haben auch für Moonspell einige mp3s ins Netz gestellt, besonders von den letzten Alben, aber ich glaube, dass die Leute immer die CD haben wollen. Weil sonst keine Lyrics da sind, im Booklet sind meist Fotos, es ist ein Kunstwerk und ein mp3 - File ist nichts. Das File kommt aus einem Computer, es ist nur der Sound der Musik, sonst nichts. Es hat keine Lyrics, es hat nichts. Also denke ich nicht, dass mp3 - Files alles übernehmen werden, meiner Ansicht nach ist es ist blöd, Musik zu hören, während man vorm Computer sitzt, oder einfach nur dumm, auf diese Weise Musik zu hören.... ohne den materiellen Support der Musik. So was ist geeignet für Leute, die schon tonnenweise CDs veröffentlicht haben, so wie David Bowie, der seine Alben als mp3 veröffentlicht hat, aber ich glaub nicht, dass ich so was machen würde.

Einige Leute haben uns erzählt, dass du Philosophie studiert hast, Welche Philosophen haben dich am meisten beeinflusst?

Ja, 4 Jahre lang, bis es unmöglich gewesen wurde das Studium mit der Arbeit für Moonspell zu kombinieren. Ich bin sehr inspiriert vom Deutschen Rationalismus wie z.B. Kant und Feuerbach, aber auch von anderen Philosophen, die nicht so bekannt sind, wie z.B. ein rumänischer Philosoph, der in Paris lebt und ein paar Kant-Schüler, es gibt viele von denen, so viele, dass ich sie nicht zählen kann. Das Philosophie -Studium gibt einem viele Informationen und eine Menge an Hintergründen, die man sonst wahrscheinlich nie erfahren hätte. Und obwohl ich es aufgegeben habe, habe ich viel gelernt, nicht nur über klassische griechische Philosophen, auch über die modernen. Das ist mein persönliches Interesse, und weil es für mich wichtig ist, ist es auch wichtig für Moonspell.

Caroline Traitler, Dunja Edelman