Selten
passiert es, dass eine Band, die es seit knapp einem Jahr gibt,
gleich einen Plattenvertrag einstauben kann, aber NEGATOR
aus Hamburg zeigen, dass so etwas möglich ist -
mit ihrem Debütalbum Old Black konnten sie
das Label Remedy Records in kürzester Zeit für sich
gewinnen. So wollten wir natürlich wissen, wie das zustande
gekommen ist, inwiefern sich die Bands von anderen unterscheidet
und was das besondere an ihnen ist.
Dunja:
Euch gibt es ja erst seit Februar 2003 – erzählt mal,
wie ihr zusammengefunden habt und wie es denn so schnell gegangen
ist, dass Ihr bereits jetzt Euer erstes Album auf einem Label
herausbringen könnt?
Negator: Wir
kennen uns alle schon eine ganze Weile, und als ich mal mit der
Idee rüberkam, eine Band wie NEGATOR zu
machen, waren die anderen relativ schnell zu begeistern. Zudem
merkten wir aber auch von Beginn an, dass das Line-Up stimmig
ist, bzw. wir mit einer guten Portion Enthusiasmus schnell etwas
auf die Beine stellen können. Dass wir schließlich
sogar bei Remedy gelandet sind, konnte natürlich keiner ahnen.
Aber im nachhinein kommt mir das erste NEGATOR-Jahr
in seiner Entwicklung eigentlich recht logisch vor.
Dunja:
Ihr seid ja auch in anderen Bands tätig gewesen bzw. noch
immer tätig. Ist es zu indiskret zu fragen, um welche Bands
es sich dabei handelt?
Negator: Wir
hatten uns innerhalb der Band darauf geeinigt, NEGATOR
ausschließlich für sich stehen zu lassen, und nicht
mit anderen Bands in Verbindung zu bringen, insofern wirst Du
hier von mir nicht mehr erfahren. Wir machen insgesamt kein großes
Geheimnis daraus, in Hamburg weiß ohnehin jeder, wer wo
spielt, dennoch wollen wir mit anderen Namen auch nicht hausieren
gehen.
Dunja:
Ihr kritisiert in eurer Presseinfo den leidenschaftslosen „Gala
Black Metal“ – was ist das für Euch? Gehören
Bands wie Emperor oder Satyricon dazu, oder meint Ihr eher die
Dimmu Borgir Ecke, oder liege ich mit meinen Vermutungen ganz
falsch?
Negator: Das,
was uns vornehmlich von norwegischen Bands seit der Mitte der
90er als Entwicklung des BM verkauft wird, ist in meinen Augen
der allerletzte Schrott. Da geht es dann nur noch darum, mit einer
großen Plattenfirma im Rücken einen Hochglanz-Starkult
um BM-Bands zu inszenieren, deren Mitglieder sich wie Popstars
aufführen. Und das Ganze wird dann Merchandise-mäßig
noch schön ausgeschlachtet. Im Endeffekt gibt es hier keinen
Unterschied mehr zu dem, was Du heute auf MTV geboten bekommst
– und das ist definitiv nicht der Grund, warum ich seinerzeit
Schwarzmetaller geworden bin. Wenn eine Band sich um Professionalität
bemüht und darum, die Sache voranzubringen mit innovativen
Ideen, Techniken und Sounds, dann finde ich das ok. Wenn aber
nur noch die Show in den Vordergrund gestellt wird, und die Musik
für sich betrachtet keinerlei Seele mehr besitzt, dann wird
es Zeit, diese Typen auf den Mond zu schießen, und die Sache
wieder selbst in die Hand zu nehmen. Und letztendlich war auch
das mit ein Grund dafür, NEGATOR zu gründen.
Dunja:
Am 13.02. habt ihr in Hamburg eure CD Release Party abgehalten
– wie ist die abgelaufen? Sind die 50 Liter Freibier auch
gut weggekommen? Findet Ihr es zeitweise nicht störend, dass
manchen Konzertbesuchern der Alkohol wichtiger ist als die Musik?
Negator: Mir
ist Alkohol ja auch manchmal wichtiger als Musik, insofern kann
ich damit leben. Wenn ich mich mit Musik auseinandersetze, dann
tue ich das in Ruhe zu Hause. Bei Konzerten will ich was auf die
Ohren kriegen – und genauso gehen wir mit NEGATOR
auch an die Sache heran. Solange die Leute abgehen, sollen sie
trinken, so viel sie vertragen. Der Ballroom war brechend voll
und die Leute sind abgegangen, wie ich es selbst noch nicht erlebt
habe. Dennoch bin ich mit dem Auftritt nicht ganz zufrieden. Auch
wenn es eher am Sound bzw. der Technik gelegen haben mag, so konnten
wir die Leute nicht in der Form begeistern, wie es vergangenen
Juni der Fall war und wie es eigentlich unser eigener Anspruch
ist. Aber wir werden im Rahmen unser eigenen Möglichkeiten
daran arbeiten, um in Zukunft stets live das zu bieten, wie wir
uns das selbst vorstellen.
Dunja:
Nachdem Ihr ja live wahnsinnig gut ankommen sollt, würde
es mich natürlich interessieren, was Euch von anderen Bands
unterscheidet. Wie kann ich mir eine NEGATOR Live-Show vorstellen?
Negator: Wir
sind einfach voller Adrenalin und Energie, wenn wir live spielen.
Wir verzichten auf überflüssigen Krempel und versuchen
einfach, die Leute ebenso unter Strom zu setzen, wie wir es selbst
sind. Nachtgarm ist sicherlich der ideale Frontmann, um unsere
eigene Stimmung auf die Leute zu übertragen. Aber am besten,
Du siehst es Dir bei Gelegenheit selber an – sofern mit
Sound und Technik alles klappt, sollte alles klargehen mit uns.
Dunja:
Nachdem ich für die Suche von Informationen ja meistens die
bandeigene Homepage verwende und bei Euch noch keine finden konnte,
würde mich interessieren ob Ihr eine geplant habt, bzw. wann
diese ins Netz gestellt werden soll. Oder seid Ihr eher Vertreter
der Sorte „wir wollen nicht im Internet vertreten sein“?
Negator: Ich
persönlich sehe keinen Grund, eine Homepage zu haben. Wir
sind schließlich eine Black Metal-Band und keine Multi-Media-Show.
Aber da gehen die Meinungen auch auseinander. Warten wir es ab...
Dunja:
Euer Album Old Black wird in sämtlichen Ländern
vertrieben und wird demnach eine Vielzahl von Leuten erreichen
– ist das nicht irgendwie untypisch für eine Black
Metal Band? Was haltet Ihr von Bands, die ihre Alben möglichst
gut „verstecken“, d.h., limitieren, nur einigen auserwählten
Mailordern zukommen lassen etc., damit auch ja keine falschen
Leute an die CD rankommen (außer dann ein paar Verrückte
auf Ebay, die das Zehnfache zahlen)?
Negator: Diese
Selbstlimitierung halte ich für Blödsinn. Wenn eine
Underground-Band ihre Releases bewusst limitiert, ist das für
mich ein Zeichen, dass sie ohnehin nicht mehr verkaufen würde.
In der Regel steckt da nicht viel hinter, und das ganze Gelaber
drumherum ist nur dazu da, um sich wichtiger zu tun, als man ist.
Wenn man wie wir mit Herzblut eine gute Scheibe veröffentlicht,
dann will man natürlich viele Leute erreichen. Wie die Leute
drauf sind, ist mir persönlich auch egal – sofern einer
durch unsere Musik dazu kommt, sich mit dem traditionellen BM
der frühen 90er auseinanderzusetzen und damit, wofür
BM eigentlich steht – um so besser. Ob das jetzt typisch
ist oder nicht, interessiert mich nicht, denn wir machen unsere
Sache, egal was andere dazu sagen.
Dunja:
Eines Eurer Stücke heißt Vernunft 1.0 – was bedeutet
dieses 1.0? Wird es auch eine 2. Version geben oder steckt ein
tiefsinnigerer Grund dahinter?
Negator: Das
1.0 bezieht sich auf das Menschenbild von Hobbes, der im Menschen
lediglich ein mechanisch- funktionierendes Wesen sieht. Ich kann
Dir dazu nur den „Leviathan“ von Hobbes zur Lektüre
empfehlen. Ein 2.0 wird es nicht geben - das würde auch inhaltlich
zu NEGATOR nicht mehr passen, da es doch in seiner
Idee etwas völlig anderes darstellen würde.
Dunja:
Wie steht Ihr zu anderen Bands aus eurem Umkreis? Mit welchen
Bands seid Ihr in Kontakt, gibt es bei Euch so etwas wie eine
funktionierende Szene?
Negator: Hamburg
und Umland ist eigentlich ganz ok – es gibt so einige Bands,
zu denen man Kontakt hat, zu anderen pflegt man eher eine gewisse
gegenseitige Ignoranz – so wie es wohl überall der
Fall ist. Die Hamburger Szene definiert sich sicherlich zum Grossteil
über das Publikum im Ballroom, dementsprechend kennt man
die Leute auch dort, und in der Regel kannst Du am Donnerstagabend
stets dort jemanden treffen, auch einen von uns.
Dunja:
Wie zufrieden seid Ihr bislang mit eurem Label Remedy Records?
Das Label bietet ja Spielraum für Bands aus sämtlichen
Metal-Richtungen – wie gut denkt Ihr, dass ihr da dazupasst?
Negator: Ich
kenne jetzt nicht alle Bands auf dem Label, aber man scheint mir
dort Wert auf Bands zu legen, die wirklich noch mit Leidenschaft
für ihre Sache einstehen, so wie man auch bei Remedy selbst
drauf zu sein scheint – insofern passen wir da wunderbar
rein. Nach allem, wie es bisher so gelaufen ist, war die Entscheidung,
sofort bei Remedy zu unterschreiben und es nicht erst noch woanders
zu probieren, richtig.
Dunja:
Danke für das Beantworten der Fragen – Eure letzten
Worte?
Negator: Unsere
letzten Worte sind noch lange nicht gesprochen...
|