Ich hatte vor dem Konzert in Wien am 17.Dezember die Möglichkeit, mit dem neuen Keyboarder von OPETH, Per Wiberg, zu sprechen. Die Unterhaltung gestaltete sich lustig und entspannt, was zum einen an der coolen Atmosphäre des Clubs lag, als auch am Gesprächspartner selbst. Interessante Antworten, garniert mit ein paar Witzchen zeichneten mein redseliges Gegenüber aus.

Opeth

Fotos von der Show in Wien von Janine Pichler

Leo: Ghost Reveries ist Deine erste Platte für OPETH. War es schwierig für Dich, solch lange und komplizierte Lieder zu spielen?
Per:
Ich glaube nicht, dass die Länge der Songs den schwierig zu meisternden Teil darstellt, es ist mehr dieses Sich-Einfügen in eine Band, die schon lange besteht. Schließlich will ich ja nicht eine gute Sache ruinieren, hehe! Also würde ich sagen, dass es keine spieltechnischen Schwierigkeiten gab, es galt sich einzufügen und die richtigen Sounds zu finden.

Leo: In welchen Bands spieltest Du zuvor?
Per:
Die einzige Band, der ich angehörte, die auch in Österreich gespielt hat, waren die Spiritual Beggars, und abgesehen davon spielte ich in verschiedenen schwedischen Bands; egal welche Stilrichtung, ich arbeitete oft als Session Musiker seit den späten 80ern.

Leo: Kannst Du nach so kurzer Zeit bei OPETH das besondere dieser Band in Worte fassen?
Per:
Tja, ich mochte die Jungs immer schon weil sie sich kaum um die Zugehörigkeit zu einem Genre scheren, da so viele verschiedene Einflüsse eine Rolle spielen. Das empfinde ich als sehr interessant, denn du kannst so mit jeder Veröffentlichung einen Schritt vorwärts kommen. Es gibt keine Regeln und das finde ich cool!

Leo: Reizt es Euch nicht, Songs für den Mainstream zu komponieren, um größeren Erfolg zu haben?
Per:
Nein, das besondere an OPETH ist die Tatsache, dass sie immer Musik für die eigene Unterhaltung schreiben, das bedeutet: du kannst nicht darüber nachdenken oder versuchen, Musik zu machen, von der du hoffst, dass sie den Menschen da draußen gefällt. Du musst Musik komponieren, die dir selber gefällt, worauf du stolz bist, das ist in Ordnung so und eigentlich alles, was du tun kannst.

Leo: Gibt es beim neuen Album große Unterschiede zu den Vorgängern?
Per:
Nein, es gibt keine großen Veränderungen, es gibt nach wie vor Elemente, die immer schon Bestandteil der Musik waren; vielleicht sind einige Songs kürzer geraten. Ich würde also nicht sagen, dass es anders klingt, vor allem nicht seit dem Damnation Album, das vielleicht das außergewöhnlichste OPETH Werk darstellt.

Leo: Mit welcher Band würdest Du gerne auf Tour gehen? Habt Ihr da Einfluss darauf?
Per:
Es gibt eine Menge Bands, mit denen wir touren wollen, weil es viele nette Typen gibt, mit denen du eine angenehme Zeit verbringen willst, wenn du lange tourst. Also spielt es für mich rein von der musikalischen Seite keine so große Rolle, wer noch mit von der Partie ist. Aber selbstverständlich verstehe ich auch den Standpunkt der Fans, dass sie nicht gerade erfreut über eine Techno-Band als Support wären, abgesehen davon, dass so eine Band ja niemals mit uns auftreten würde…aber wenn ich zu Konzerten gehe, mag ich eine gewisse Abwechslung, es macht wenig Spaß, wenn sich jede Band gleich anhört. Seit ich mit der Band spiele, gab es verschiedenartigsten Support, angefangen von Death-Metal bis Progressive Rock.

Leo: Ist Dein Musikgeschmack auch breit gefächert?
Per:
Ja, ich höre jede Art von Musik!!

Leo: Welche LP hast Du dir als Erste zugelegt??
Per:
Destroyer von KISS!

Leo: Gibst Du dem Vinyl oder der CD den Vorzug?
Per:
Es ist schwierig, Platten herumzuschleppen, wenn man auf Tour Musik hören will, aber es war schon ein größerer Spaß, LPs zu kaufen, dieses Format ist einfach cooler schon wegen des Covers, man kann viel mehr mit dem Cover anfangen; aber ich schätze CDs wegen der einfacheren Handhabung – und heutzutage brauchst du dir ja nicht mal mehr CDs zu kaufen, du kannst Musik online erwerben.

Leo: Was hältst Du vom Internet? Eine Chance oder ein Fluch?
Per:
Allgemein würde ich das Internet als feine Sache bezeichnen! Es gibt jungen Bands mehr Chancen, sich zu präsentieren und die ganze Werbung ist einfacher als vor 10 Jahren. Ich hoffe, dass die wirklichen Fans nach wie vor die Original-CD's kaufen werden, aber es bleibt ihnen selbst überlassen, was sie tun. Zurzeit kann anscheinend niemand genau sagen, wie die Zukunft der Musik aussieht, wie Musik gemacht und wie die Werbung funktionieren wird, aber die CD wird es sicher noch für viel Jahre geben. Ich glaube nicht, dass es nur online Musik geben wird (oder welches elektronische Medium auch immer); eine Menge Leute bevorzugt aber dennoch, in ein Geschäft zu gehen und ein Stück Kunst in der Hand zu halten.

Leo: Es gibt die These, dass sich eine Band nach drei Alben auflösen sollte, weil sie schon alles gesagt und getan hätte – wie lange werden OPETH noch auf der Bühne stehen und CDs aufnehmen?
Per:
Ich habe keine Ahnung, schwierig zu sagen…ich denke mal, so lange jeder Spaß an der Sache hat. Alle Bandmitglieder werden sicher bis an ihr Lebensende Musik machen, auch wenn es irgendwann mal nicht mehr für OPETH sein sollte. Musik ist dermaßen wichtig für jeden in der Band, dass niemand das Instrument an den Nagel hängen wird, wenn es OPETH nicht mehr gibt. So wird's aussehen. Schwer zu sagen, alles kann passieren, der Tourplan ist ziemlich anstrengend, vor allem für Mikael, der ja Vater ist.

Leo: Bist Du verheiratet?
Per:
Nein, bin ich nicht, aber ich hatte 8 Jahre die gleiche Freundin, manchmal ist es ganz schön hart, so weit weg zu sein…aber das ist es was du liebst, ich werde mich nicht darüber beklagen, auf Tour zu sein. Würde ich es nicht wollen, wäre nichts leichter als auszusteigen! Jede Arbeit hat ihre Höhen und Tiefen, bei mir sind es zu 90 % positive Erlebnisse!

Leo: Sind deine Eltern stolz auf Dich?
Per:
Ich hoffe doch, ich werde sie auf jeden Fall zu Weihnachten fragen, wenn wir nach Hause kommen! Ja, ich glaube schon, denn ich würde ohne sie nicht Musik machen, also hoffe ich, dass sie stolz sind; die beiden sind große Jazz- und Bluesliebhaber und ich bin mit dieser Art Musik aufgewachsen, sie haben mich die ganze Zeit über unterstützt.

Leo: Hast Du Dich jemals gefragt, ob der Aufwand (Werbung, Tourstress) nicht zu groß ist?
Per:
Sobald ich auf die Bühne gehe, ist es die Arbeit wert!

Leo: Was ist wichtiger für Dich: der Applaus der Fans oder die Nominierung für einen Award?
Per:
Ich bin kein Freund von Preisen, klarerweise ist es fantastisch, nominiert zu werden und so, aber das ist mir nicht besonders wichtig. Irgendwo sitzt eine Jury, das kümmert mich nicht wirklich. Auf der Bühne zu stehen ist definitiv besser!

Leo: Hattest Du schon mal Genickschmerzen wegen des Headbangings?
Per:
Na klar! Ich versuche mich dann zu schonen und zu dehnen…wir haben seit Sommer ja schon über 100 Konzerte gespielt, es kann ganz schön auslaugend sein, wenn du nicht auf dich acht gibst.

Leo: Was machst Du, wenn du zu viel getrunken hast?
Per:
Wer hat schon keine Probleme mit Alkohol, zumindest am Tag danach, hehe!? Ich habe da auch keine spezielle Kur, wir sagen uns nur immer wieder: “Warum haben wir nur wieder so viel getrunken?“ – und dann trinken wir mal nichts.

Leo: Kennst Du Sehenswürdigkeiten in Österreich?
Per:
Ich war schon ein paar Mal in Wien, die meiste Zeit über natürlich mit Bands, sodass ich wenig Zeit hatte, mir viel anzusehen, aber ich habe Schönbrunn besucht, es war wunderschön! Dort bin ich spazieren gegangen, nachher ging es zum Stephansdom, diese Kirche ist wirklich sehenswert…aber das ist auch schon alles, nur ein kleines Bisschen.

Leo: Könntest Du die Musik von OPETH mit einem Gemälde ausdrücken?
Per:
Das neue Albumcover trifft es ziemlich genau, das passt zur Musik. Ich würde nicht sagen dass ich ein sehr guter Maler bin, ganz passabel eigentlich; wenn ich nicht auf Tour bin, erledige ich recht viele graphische Arbeiten, aber ich bin nicht der beste Maler der Welt.

Leo: Würdest Du gerne mit einem Orchester zusammen arbeiten?
Per:
Ja, vielleicht, das könnte verschiedentlich realisiert werden, das wäre interessant.

Leo: Welche Pläne habt Ihr für das kommende Jahr?
Per:
Die Tour dauert noch bis Oktober 2006, wir werden ein paar Festivals spielen, aber ich bin nicht sicher, welche schon bestätigt sind. Die Sommerzeit bedeutet ja gewöhnlich Festivalzeit, also bin ich sicher, dass es wirklich eine Handvoll Auftritte gibt, aber noch nichts Definitives.

Leo: Welche Bands werden demnächst so richtig groß?
Per:
OPETH, hahahaha!

Leo: Wie heißen Deine Lieblingsalben 2005?
Per:
Alle Arten von Metal eigentlich…ein Album, das ich wirklich sehr schätze, heißt Unraveled von Confessor; die Punk-Band The Bellgraves veröffentlichte die Scheibe Red, White And Black und das ist sehr, sehr gut. Einige meiner Freunde spielen in einer Band namens Clutch, die auch ein fantastisches Album herausbrachten, ein paar Death Metal Bands natürlich auch, eine Art Avantgarde Band namens Sunn und eine Gruppe, von der ich nicht genau weiß, wie man sie ausspricht, nämlich Khanate, extremer Doom Metal würde ich sagen, die Mitglieder spielten früher bei den ebenfalls coolen Burning Witch.

Leo: Gibt es Vorbilder, die Du gerne treffen würdest?
Per:
Hm, die Art von Mensch bin ich eigentlich nicht, mich interessiert es weniger, die Leute zu treffen, es genügt mir, wenn ich die Musik höre. Ich verstehe nicht wirklich, wie man sich jemandem nähert, dessen Musik du schon dein ganzes Leben lang hörst; ich meine, was soll man schon sagen und warum? Ich will die Musik hören und interpretieren; wenn ich etwas über den Menschen dahinter wissen will, kann ich auch ein Buch lesen.

Leo: Was erwartest Du vom heutigen Konzert?
Per:
Es macht immer Spaß zu spielen, und zwar überall, natürlich auch hier in Österreich. Es scheint allerdings immer so, dass Österreich am Tourplan nur einmal vorkommt, also sind wir bereit und wir werden ein gutes Konzert spielen. Die vergangenen Shows hier waren allesamt positiv, das Gleiche erhoffe ich auch heute.

Leo: Kannst Du Dich an Dein schlechtestes Konzert erinnern?
Per:
Das muss ein Konzert mit den Spiritual Beggars gewesen sein, hehehe, das ist allerdings schon ein Weilchen her!

Per hatte natürlich Recht und die Band spielte ein exzellentes Konzert, eine Mixtur aus nahezu allen Alben mit den Höhepunkten Deliverance und dem überraschenden Song Under A Weeping Moon von der ersten Platte. Die Atmosphäre war überwältigend, die Band präsentierte sich über 2 Stunden in überragender Form mit einem richtig gut aufgelegten Entertainer Mikael an der Spitze. Danke für das Interview und die großartige Musik!

 

12/2005 © Leo Seebauer • Opeth