Paradise Lost: stets dem Wandel zugetan:

Nach all den Jahren, in denen sie schon Musik machen hat sich im Hause Paradise Lost so einiges geändert. Und jetzt war es endlich soweit und die Pioniere des Gothic Metal beehrten uns wieder mit einem neuen Album, und natürlich der dazugehörigen Tour, wo sie als Support Act von Sisters Of Mercy auch in Wien Halt machten. Das war natürlich die Gelegenheit um die Jungs aus England über ihr neuestes Werk und ihr Musikalisches Schaffen auszufragen. Ich sprach also mit Lee (Drums) und Greg (Gitarre) vor dem Konzert:

Zu dem Titel eures neuen Albums: "Believe in nothing" (zu Deutsch "glaubt an nichts"), glaubt ihr persönlich auch an nichts?

Wir sind sehr Zynische Leute, daher ist der Titel nur ironisch gemeint. Wir hatten diesen Titel schon seit einiger Zeit im Kopf, es ist also nichts wirklich spontanes. Wenn du in einer Band wie Paradise Lost bist, und schon seit 12 Jahren Musik machst dann mußt du dir immer wieder von Leuten anhören, was für eine miese Band du doch bist und der Titel des Albums ist eigentlich nur eine Parodie auf das, es ist lustig, ironisch.

Warum habt ihr Bienen als Cover auf dem Album? Hat das eine spezielle Bedeutung?

Eigentlich nicht, uns hat nur das Bild so gut gefallen. Wir haben es gesehen und es ist uns sofort ins Auge gestochen. Und nachdem wir das neue Album total anders gestalten wollten als dessen Vorgänger war das Bild wirklich perfekt! Wir wollen jedem Album einfach ein anderes Design geben.

Kommen wir mal zu eurem Vorgängeralbum Host. Erzählt mal warum es so anders klang als das, was ihr zuvor gemacht habt:

Wir wollten etwas neues ausprobieren, es ist so langweilig für uns immer und immer wieder dasselbe zu machen, das ist wie in einer Fabrik zu arbeiten. Das einzig störende an Host war, daß alle dachten, wir würden in eine total andere Richtung gehen aber so war es nicht. Wir mußten einfach was neues ausprobieren. Das einzige was wir nie machen würden ist fröhliche Musik.

Was ist mit den Fans, hattet ihr Angst sie zu verlieren?

Mit allem was du rausbringst kannst du Fans verlieren und gewinnen. Wir haben eigentlich nicht an so etwas gedacht weil wir die Musik nur für uns schreiben, wir versuchen uns damit weiterzuentwickeln. Du kannst es nie jedem Recht machen und bevor wir Host herausgebracht haben, haben wir genau gewußt daß wir dafür kritisiert werden würden. Trotzdem dachten wir daß alle das Album in irgendeiner Weise verstehen würden aber viele taten das eben nicht. Die Leute haben sich darüber aufgeregt, daß es nicht genug Gitarren auf Host gibt obwohl dem nicht so war. Man braucht keine große Verzerrung auf der Gitarre, damit es nach Gitarre klingt. Es sind genauso viele Gitarren auf Believe In Nothing wie auf Host, aber ich denke die Leute wollen lieber diesen Heavy Sound, die Verzerrung auf den Gitarren. Wir haben nur mit sounds experimentiert und wollten mit Host einfach ein atmosphärisches, trauriges Album machen, ohne daß es genauso klingt, wie das was wir zuvor gemacht haben.

Und wie steht ihr persönlich zu Host?

Wir mögen alles was wir bis jetzt herausgebracht haben und wenn ich das neue Album höre, dann finde ich daß Host viel sensibler klingt. Ich kann mich erinnern, als wir Gothic herausgebracht haben, hat keiner das Album gemocht aber ein, zwei Jahre später waren die Leute ganz verrückt danach. Ich denke also daß es Zeit braucht bis man Host verstehen wird.

Auf eurer Homepage steht, daß ihr stolz darauf seid die Gründer des Gothic Metal zu sein. Wie seht ihr Gothic Metal heutzutage und würdet ihr eure Musik noch immer mit diesem Ausdruck beschreiben?

Gothic Metal wird jetzt ganz groß rauskommen und New Metal einfach ersetzten…New Goth…(lacht)… Das war ironisch. Ich finde daß wir nun seit Jahren keiner Szene mehr zugeordnet werden können, es ist aber lustig wenn Leute versuchen uns wo einzuordnen. Naja, wenn ihr unsere Musik als Gothic Metal bezeichnen wollt dann ist das schon ok, denn es sind ja genauso viel Metal wie Gothic Elemente in unserem Sound enthalten.

Welches eurer Alben war der bedeutendste musikalische Wechsel für euch?

Ich denke das war Draconian Times, und dann One Second. Mit Draconian Times wollten wir wirklich was ganz anderes machen. Jeder denkt daß One Second die größte Veränderung für Paradise Lost war aber ich denke das ist nicht ganz richtig, denn auf dem Album hat sich schon sehr stark abgezeichnet, wohin wir mit Host gehen würden. Mit One Second haben wir gemerkt, daß es eine neue Art gibt, Sounds zu machen, wir wollten nicht die Gitarren weglassen, wir wollten nur etwas zu dem was wir schon hatten hinzufügen. Wir haben einfach mit Sounds rumexperimentiert. Als wir Believe In Nothing gemacht haben, mochten wir die Art, wie Host live geklungen hat, so dynamisch, und genauso wollten wir dann das neue Album haben.

Wie schreibt ihr eure Songs?

Wir verwenden etwas von allem, Gitarre, Computer…Das neue Album wurde genauso geschrieben wie Host. Es kann damit beginnen, daß wir einfach nur ein Riff haben, oder eine Bass Linie, oder eine Keyboard Melodie. Der Song Mouth zum Beispiel entstand aus einer Gitarre, aber er wurde ursprünglich als B-Side geschrieben. Nur, als wir das Album fertig aufgenommen hatten gefiel uns die Mischung nicht und wir haben noch daran gearbeitet und mehr Tracks draufgetan.

Ihr habt mit dem berühmten Produzenten John Fryer gearbeitet, habt ihr das bekommen, was ihr euch erwartet hattet?

Wir haben mit John schon wegen der Produktion von Host gesprochen, aber das war noch nicht die richtige Zeit, denn Host sollte ein sehr relaxtes Album werden. Aber diesmal war John einfach der perfekte Produzent denn er kann einem Album genau diese live Atmorphäre geben wie wir sie wollten. John war wirklich die beste Wahl! Der einzige Grund, warum wir unsere Alben nicht selber produzieren ist, daß wir uns bei nichts einig sein können, so ist ein Produzent einfach wichtig, denn er ist ein extra Ohr für uns.

Was denkt ihr über die englische Metal Szene? Habt ihr schon mal daran gedacht Bandmitglieder auszutauschen, wie My Dying Bride, Cradle Of Filth und Anathema das immer tun?

Nein, wir lassen sie das machen (lacht). Wir kennen all diese Bands schon seit Jahren, aber sie sind die 2. Welle, sie sind alle nach uns herausgekommen. Sie hassen es auch, wenn man sie in Interviews mit uns vergleicht, was besonders My Dying Bride oft passiert aber auch manchmal Anathema. Sie klingen nämlich gar nicht wie Paradise Lost. Wenn wir die Jungs dann in den hiesigen Pubs treffen fragen sie uns immer wieder warum man sie mit uns vergleicht. Wir sind aber eigentlich nicht wirklich ein Teil der Szene, es gibt auch keine echte Szene in England, das ist eigentlich etwas, was man immer nur in Magazinen sieht. Es gibt aber keine Szene…es gibt gar nichts zur Zeit in England (lacht)

Ist es hart die Musik, Familie und das Privatleben unter einen Hut zu bekommen?

Wir sind daran gewöhnt und daran hat sich nichts geändert. Wir sind damit aufgewachsen und kennen nur das.

Was würdet ihr machen wenn ihr nicht bei Paradise Lost spielen würdet?

Keine Ahnung, vielleicht kannst du mir ja einen Tipp geben? Es wäre so hart jetzt noch einen Job zu bekommen. Ich stelle mir das gerade vor, wie ich zum Arbeitsamt gehe und die fragen mich was ich die letzten 10 Jahre gemacht habe….saufen, Musik machen, auf Tour gehen…

Gibt es Bands mit denen ihr nie auf Tour gehen würdet? Und welche mit denen ihr schon immer mal touren wolltet?

Es gibt einige Bands, wie Slayer zum Beispiel mit denen wir nicht auf Tour gehen würden, weil deren Fans einfach zu verschieden sind und unsere Musik nicht verstehen würden. Es würde einfach nicht zusammenpassen. Ich würde gern mal mit Britney Spears auf Tour gehen, mit ihr den Umkleideraum teilen, und die Gemeinschaftsdusche…Aber Christina Aguilera ist fast noch besser…Wir würden eine Britney Tour machen, dann Christina Aguilera….N'Sync, Backstreetboys… Wir sind doch eigentlich auch eine Boyband (lacht).

Wie siehts aus mit Videoclips zu euren neuen Songs?

Wir haben zwei Videos gedreht, eines für Mouth und eines für Fader. Beide haben wir in Wien aufgenommen, zur selben Zeit. Der Regisseur kam aus Wien also hat er uns einfach hergeholt weil er hier alle Studios und Drehorte kennt.

Was ist euer Lieblingssong vom neuen Album?

Ich mag sie alle, es kommt immer auf meine Stimmung an welchen ich am liebsten höre. Ich denke nicht, daß es einen schwachen Song auf dem Album gibt.

Abschließend bemerkte Lee noch, daß es wirklich schwer sein muß ein Fan von Paradise Lost zu sein (was seine ironische Art nur noch bestätigte) und hoffte auf keine bösen Scherze (wie herabstürzende Scheinwerfer…) der anderen Bands, da es ja das letzte Konzert der Tour war. Paradise Lost planen nun eine kleine Tour in England, wir können aber hoffen, sie mal wieder als Headliner in Wien zu sehen, denn als Vorgruppe der Sisters hatten sie nicht viel Zeit sich musikalisch zu entfalten… Ein Glück nur daß Lee's Befürchtungen mit dem Scheinwerfer nicht eingetroffen sind, so werden wir noch weitere Überraschungen von Paradise Lost zu erwarten haben, die stets dem Wandel zugetan sind.

Caroline