Leo: Ich
möchte Dir herzlich zu Deinem neuen Album The Omega
Rising gratulieren. Die detaillierten Lieder habe ich gleich
ins Herz geschlossen. PROFUNDI bist nur Du – was willst
Du denn mit der Band und den Texten ausdrücken?
Jens: Danke. Ja, PROFUNDI bin ich
alleine und zwar in jeder Hinsicht. PROFUNDI
ist mein Werkzeug, um meine Vision von extremer Musik zu präsentieren,
wie diese klingen, aussehen und sich anfühlen sollte. Aber
da gibt es noch etwas Tieferes darin, für mich bedeutet
die Band auch, mit der ganzen Musikindustrie umzugehen, wie
etwa die Strategien von Plattenfirmen, über das Merchandise
bis hin zum Artwork. PROFUNDI ist ein Blick
auf die gesamte Szene, Richtiges und Falsches, Positives und
Negatives, wahres Herzblut oder Ausverkauf und so weiter.
Ich bin nun schon ein Weilchen in der Metal-Szene und alle Erfahrungen
im Verlauf der Jahre fließen in gewissem Sinne in das
PROFUNDI Konzept mit ein. Ich versuche es zu
vermeiden, die gleichen Fehler noch einmal zu machen und möchte
die erfolgreichen Schachzüge wiederholen; und ich will
mich von Rip-Offs fernhalten.
Hmm, Musik und Texte…ich sehe PROFUNDI
als ein Zusammenspiel von Wut, brutaler Intensität und
Boshaftigkeit. Ich habe nicht den Anspruch, etwas gänzlich
Neues und Einzigartiges zu schaffen, ich erschaffe einfach Lieder,
die ich selbst gerne hören würde…das ist mehr
oder weniger die Kernaussage von PROFUNDI,
ich allein komponiere das Zeugs das ich gerade fühle. Es
ist brutal, es ist schnell und meiner Meinung nach der perfekte
Mix aus chaotischer Disharmonie und unheimlichen Melodien, Eingängigkeit
and Bösartigkeit. Das ist meine Vision wie extreme Musik
zu klingen hat.
Leo: Du hast
alle Instrumente selbst eingespielt, auch für die Texte,
die künstlerische Gestaltung und die Produktion bist Du
allein verantwortlich. Wie viel Zeit hat dieser Alleingang in
Anspruch genommen?
Jens: Also, ich habe ziemlich viel Zeit aufwenden müssen,
aber jede Sekunde war es wert. Ich muss vorausschicken dass
ich kein professioneller Studio-Techniker bin, so haben der
Mix und die Aufnahme mehr Zeit in Anspruch genommen als es normalerweise
in einem professionellen Studio der Fall gewesen wäre.
Aber der Punkt ist, dass ich so weit wie möglich die Kontrolle
haben möchte, und ich habe mir schon lange vorgenommen,
eine Produktion ohne professionellen Studio-Techniker durchzuziehen.
Der versteht vielleicht meine Vision nicht, wie denn diese Art
von Musik zu klingen hat. So habe ich stattdessen meine Zeit
verwendet, und zwar langsam, um jedes verdammte winzige Detail
auf dem ganzen Album herauszuarbeiten. Ich habe jede Einzelheit
auf Hochglanz poliert bis ich den Grad der Perfektion, der meine
Vision reflektiert, erreicht hatte.
Dieses Ziel hatte ich mir gesteckt, so viel wie nur möglich
selbst zu produzieren, und natürlich habe ich beschlossen,
alle Instrumente selbst einzuspielen, aber weil ich es nicht
gewohnt bin, Leadgitarre zu spielen, musste ich jede Menge Techniken
üben bis ich gut genug war diese Art von Solos zu spielen
die ich im Sinn hatte.
Das gilt auch für andere Dinge die diese Veröffentlichung
angehen, um die ich mich ebenso gekümmert habe…so
etwa Teile des Artworks und so weiter. Beispielsweise habe ich
eine ganz einzigartige Schrift, die noch niemand vorher verwendet
hat, für das Album entworfen – das brauchte
auch viel Zeit bis ich das Richtige fand.
Leo: Im Laufe
Deiner musikalischen Karriere warst Du Mitglied in so manchen
Bands und Projekten. Welche Erfahrung war besonders wertvoll?
Jens: Ich erachte jede Band und jedes Projekt als absolut
gleich erfüllend für mich, von verschiedenen Gesichtspunkten
betrachtet… also vergleiche ich sie untereinander auch
nicht, denn ich empfinde jede neue Erfahrung als befriedigend,
weil dich jede neue Situation auf einer persönlichen und
professionellen Ebene wachsen lässt.
Meine Devise heißt “Erfüllung durch Wissen”
– das steuert und inspiriert mich. Ich hasse Stillstand
und deshalb strebe ich als Musiker und kreatives Wesen ständig
nach Weiterentwicklung.
So kann ich auch Menschen nicht verstehen, die denken, dass
dies und jenes sich gut anhört oder gut aussieht und es
dabei belassen – das ist eher ein Zeichen von Faulheit
und Mangel an Interesse.
Dieser Aspekt ist bei PROFUNDI wirklich wichtig
und ich treibe mich deshalb auch ständig an, neue Dinge
zu erforschen denn das gibt mir das Gefühl der Erfüllung
von der ich spreche. Das ist ein Gefühl, das mehr zählt
als jede königliche Bezahlung oder so etwas in der Art.
Leo: Können
wir denn auf ein neues Lebenszeichen von DEAD SILENT SLUMBER
hoffen?
Jens: Da bin ich mir nicht sicher. Im Moment fühle
ich mich eher dem Sound und der Atmosphäre von PROFUNDI
verbunden und darauf will ich derzeit auch mein Hauptaugenmerk
legen. Aber wenn ich morgen nach dem Aufwachen eine großartige
Idee und ein Konzept für ein neues DEAD SILENT
SLUMBER Album im Kopf haben sollte, dann werde ich
das auch umsetzen.
Leo: Arbeitest
Du lieber in einer Bandgemeinschaft oder bevorzugst Du es, die
Kontrolle in Deinen eigenen Händen zu halten?
Jens: Die Kontrolle ist mir lieber, ich denke ich schreibe
die besten Lieder wenn ich alleine bin und glaube auch, dass
ich die besten Resultate liefere wenn ich zu 100% die Kontrolle
habe. Da muss ich meine Ideen nicht mit den Meinungen der Anderen
abstimmen. Ich strenge mich an, Songs als Einheit zu schreiben,
als umfassende Vision – und wenn nur ein kleines Teilchen
dieser Einheit von anderen Personen ersetzt wird, dann ist es
wahrscheinlich, dass die ganze Magie verloren geht. Wenn ich
also ein Lied von Anfang bis Ende schreibe, behalte ich die
Kontrolle über jedes Detail im Arrangement und das Zusammenfügen
der kleinen Stücke, damit ich den Song immer weiter veredeln
kann.
Ich bevorzuge es, so weit wie möglich, der Chef zu sein;
während all der Jahre in der Metal-Szene habe ich schon
so viel Mist erlebt, so viel Verarsche und Abzocke, dass ich
all diesen Fehlschlägen aus dem Weg gehen möchte und
die Dinge nach meiner Art zu regeln versuche. Das ist die einzige
Möglichkeit für mich, dass die Dinge auch so laufen
wie ich will und ich beurteilen kann, was falsch und richtig,
gut oder schlecht, bzw. hässlich oder nett ist. Manche
Menschen haben mir eine Million Mal Versprechungen gemacht,
aber diese Menschen können offensichtlich ihr Wort nicht
halten, oder? Also ist es sicherer, alles alleine in die Hand
zu nehmen, damit alles geregelt abläuft. Wenn ich versage,
dann kann man nur mich dafür verantwortlich machen, aber
andererseits ist es meine verdammte Aufgabe und da trage ich
die Verantwortung, richtig zu handeln und die Dinge geregelt
zu bekommen.
Leo: Wo verbringst
Du Zeit, um Dich zu entspannen und neue Inspiration zu finden?
Jens: Ich stelle mich gern zum Flipperautomaten, um
den alltäglichen Stressfaktoren zeitweilig zu entkommen.
Meine Inspiration fließt ständig denke ich, da gibt
es keinen Trick um neue Ideen aus dem Ärmel zu schütteln…nein,
sie kommen jederzeit…unter der Dusche, mitten in der Nacht,
im betrunkenen Zustand. Das ist von Zeit zu Zeit ganz unterschiedlich.
Leo: Ist
es nicht schwierig für Dich als leidenschaftlicher Künstler,
musikalische Aktivitäten und das Studium zu kombinieren?
Jens: Das ist in gewisser Weise hart. Doch das ist
immer so wenn man einem Hobby nachgeht, vor allem wenn du alles
in deinem normalen Leben unterbringen willst mit all der Verantwortung
bei der Arbeit, dem Studium oder was auch immer. Natürlich
wünschte ich mir manchmal, mehr freie Zeit für die
Musik aufbringen zu können. Bei PROFUNDI
kann ich alle Dinge nach ihrer Wichtigkeit reihen und das erlaubt
es mir, die Qualität hoch zu halten. Habe ich nun mal schlicht
keine Zeit um gründlich an einem Song zu arbeiten, dann
kann ich ruhig eine Woche oder so warten, bevor ich ihn schnell
zu Ende bringen müsste, wobei sich das Lied dann wahrscheinlich
zum Schlechten gewendet hätte.
Ich entscheide wann ich was erledige. Ich möchte das Qualitätslevel
hoch halten und ich sehe keinen Grund in Stress zu verfallen,
um einem verdammten Manager einen Gefallen zu tun oder um Gewinne
für eine Plattenfirma zu erzielen; nein, das ist für
mich nicht ausschlaggebend, ob es ein Jahr oder fünf Jahre
dauert, um ein Album zu produzieren – für mich ist
die Qualität wichtig. Es gibt wirklich Plattenverträge,
die einem Künstler/einer Band vorschreiben, ein Album innerhalb
einer bestimmten Zeitspanne zu veröffentlichen, so etwa
ein Album pro Jahr. Kannst du dir das verdammt noch mal vorstellen?
Diese verdammte Vorgehensweise hat rein gar nichts mit Qualität
zu tun, es geht nur darum in möglichst kurzer Zeit möglichst
viel Geld zu scheffeln! Ich kann mir also überhaupt nicht
vorstellen, welche Pappnasen solche Abzocker-Verträge unterzeichnen,
aber ich bin keiner von ihnen.
Leo: Wie
sieht es mit dem Kontakt zu Naglfar aus? Hast Du das neue Album
Harvest schon gehört?
Jens: Ich lebe jetzt in einer anderen Stadt, in einem
ganz anderen Teil von Schweden. Da ist es ganz klar, dass ich
die Jungs nicht mehr so oft wie früher sehen kann.
Ich habe das Album noch nicht gehört. Aber es ist sicherlich
gut geworden.