Jeder Metal-Abhängige wird schon einmal über den Namen Jens Rydén gestolpert sein – nun erfreut er uns mit seiner Ein-Mann-Band PROFUNDI und bringt ein hervorragendes Album namens The Omega Rising im Gepäck mit. Sei es die genannte Band, NAGLFAR oder auch DEAD SILENT SLUMBER – wenn Jens seine Finger im Spiel hat, dann KANN ja nur Großartiges entstehen! So war es mir eine besondere Ehre, dem Multitalent ein paar Fragen zu stellen – und ich erhielt überaus ausführliche Antworten, die direkt vom Grunde des Herzens zu kommen scheinen…

Profundi

Leo: Ich möchte Dir herzlich zu Deinem neuen Album The Omega Rising gratulieren. Die detaillierten Lieder habe ich gleich ins Herz geschlossen. PROFUNDI bist nur Du – was willst Du denn mit der Band und den Texten ausdrücken?
Jens:
Danke. Ja, PROFUNDI bin ich alleine und zwar in jeder Hinsicht. PROFUNDI ist mein Werkzeug, um meine Vision von extremer Musik zu präsentieren, wie diese klingen, aussehen und sich anfühlen sollte. Aber da gibt es noch etwas Tieferes darin, für mich bedeutet die Band auch, mit der ganzen Musikindustrie umzugehen, wie etwa die Strategien von Plattenfirmen, über das Merchandise bis hin zum Artwork. PROFUNDI ist ein Blick auf die gesamte Szene, Richtiges und Falsches, Positives und Negatives, wahres Herzblut oder Ausverkauf und so weiter.
Ich bin nun schon ein Weilchen in der Metal-Szene und alle Erfahrungen im Verlauf der Jahre fließen in gewissem Sinne in das PROFUNDI Konzept mit ein. Ich versuche es zu vermeiden, die gleichen Fehler noch einmal zu machen und möchte die erfolgreichen Schachzüge wiederholen; und ich will mich von Rip-Offs fernhalten.
Hmm, Musik und Texte…ich sehe PROFUNDI als ein Zusammenspiel von Wut, brutaler Intensität und Boshaftigkeit. Ich habe nicht den Anspruch, etwas gänzlich Neues und Einzigartiges zu schaffen, ich erschaffe einfach Lieder, die ich selbst gerne hören würde…das ist mehr oder weniger die Kernaussage von PROFUNDI, ich allein komponiere das Zeugs das ich gerade fühle. Es ist brutal, es ist schnell und meiner Meinung nach der perfekte Mix aus chaotischer Disharmonie und unheimlichen Melodien, Eingängigkeit and Bösartigkeit. Das ist meine Vision wie extreme Musik zu klingen hat.

Leo: Du hast alle Instrumente selbst eingespielt, auch für die Texte, die künstlerische Gestaltung und die Produktion bist Du allein verantwortlich. Wie viel Zeit hat dieser Alleingang in Anspruch genommen?
Jens:
Also, ich habe ziemlich viel Zeit aufwenden müssen, aber jede Sekunde war es wert. Ich muss vorausschicken dass ich kein professioneller Studio-Techniker bin, so haben der Mix und die Aufnahme mehr Zeit in Anspruch genommen als es normalerweise in einem professionellen Studio der Fall gewesen wäre.
Aber der Punkt ist, dass ich so weit wie möglich die Kontrolle haben möchte, und ich habe mir schon lange vorgenommen, eine Produktion ohne professionellen Studio-Techniker durchzuziehen. Der versteht vielleicht meine Vision nicht, wie denn diese Art von Musik zu klingen hat. So habe ich stattdessen meine Zeit verwendet, und zwar langsam, um jedes verdammte winzige Detail auf dem ganzen Album herauszuarbeiten. Ich habe jede Einzelheit auf Hochglanz poliert bis ich den Grad der Perfektion, der meine Vision reflektiert, erreicht hatte.
Dieses Ziel hatte ich mir gesteckt, so viel wie nur möglich selbst zu produzieren, und natürlich habe ich beschlossen, alle Instrumente selbst einzuspielen, aber weil ich es nicht gewohnt bin, Leadgitarre zu spielen, musste ich jede Menge Techniken üben bis ich gut genug war diese Art von Solos zu spielen die ich im Sinn hatte.
Das gilt auch für andere Dinge die diese Veröffentlichung angehen, um die ich mich ebenso gekümmert habe…so etwa Teile des Artworks und so weiter. Beispielsweise habe ich eine ganz einzigartige Schrift, die noch niemand vorher verwendet hat, für das Album entworfen – das brauchte
auch viel Zeit bis ich das Richtige fand.

Leo: Im Laufe Deiner musikalischen Karriere warst Du Mitglied in so manchen Bands und Projekten. Welche Erfahrung war besonders wertvoll?
Jens:
Ich erachte jede Band und jedes Projekt als absolut gleich erfüllend für mich, von verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet… also vergleiche ich sie untereinander auch nicht, denn ich empfinde jede neue Erfahrung als befriedigend, weil dich jede neue Situation auf einer persönlichen und professionellen Ebene wachsen lässt.
Meine Devise heißt “Erfüllung durch Wissen” – das steuert und inspiriert mich. Ich hasse Stillstand und deshalb strebe ich als Musiker und kreatives Wesen ständig nach Weiterentwicklung.
So kann ich auch Menschen nicht verstehen, die denken, dass dies und jenes sich gut anhört oder gut aussieht und es dabei belassen – das ist eher ein Zeichen von Faulheit und Mangel an Interesse.
Dieser Aspekt ist bei PROFUNDI wirklich wichtig und ich treibe mich deshalb auch ständig an, neue Dinge zu erforschen denn das gibt mir das Gefühl der Erfüllung von der ich spreche. Das ist ein Gefühl, das mehr zählt als jede königliche Bezahlung oder so etwas in der Art.

Leo: Können wir denn auf ein neues Lebenszeichen von DEAD SILENT SLUMBER hoffen?
Jens:
Da bin ich mir nicht sicher. Im Moment fühle ich mich eher dem Sound und der Atmosphäre von PROFUNDI verbunden und darauf will ich derzeit auch mein Hauptaugenmerk legen. Aber wenn ich morgen nach dem Aufwachen eine großartige Idee und ein Konzept für ein neues DEAD SILENT SLUMBER Album im Kopf haben sollte, dann werde ich das auch umsetzen.

Leo: Arbeitest Du lieber in einer Bandgemeinschaft oder bevorzugst Du es, die Kontrolle in Deinen eigenen Händen zu halten?
Jens:
Die Kontrolle ist mir lieber, ich denke ich schreibe die besten Lieder wenn ich alleine bin und glaube auch, dass ich die besten Resultate liefere wenn ich zu 100% die Kontrolle habe. Da muss ich meine Ideen nicht mit den Meinungen der Anderen abstimmen. Ich strenge mich an, Songs als Einheit zu schreiben, als umfassende Vision – und wenn nur ein kleines Teilchen dieser Einheit von anderen Personen ersetzt wird, dann ist es wahrscheinlich, dass die ganze Magie verloren geht. Wenn ich also ein Lied von Anfang bis Ende schreibe, behalte ich die Kontrolle über jedes Detail im Arrangement und das Zusammenfügen der kleinen Stücke, damit ich den Song immer weiter veredeln kann.
Ich bevorzuge es, so weit wie möglich, der Chef zu sein; während all der Jahre in der Metal-Szene habe ich schon so viel Mist erlebt, so viel Verarsche und Abzocke, dass ich all diesen Fehlschlägen aus dem Weg gehen möchte und die Dinge nach meiner Art zu regeln versuche. Das ist die einzige Möglichkeit für mich, dass die Dinge auch so laufen wie ich will und ich beurteilen kann, was falsch und richtig, gut oder schlecht, bzw. hässlich oder nett ist. Manche Menschen haben mir eine Million Mal Versprechungen gemacht, aber diese Menschen können offensichtlich ihr Wort nicht halten, oder? Also ist es sicherer, alles alleine in die Hand zu nehmen, damit alles geregelt abläuft. Wenn ich versage, dann kann man nur mich dafür verantwortlich machen, aber andererseits ist es meine verdammte Aufgabe und da trage ich die Verantwortung, richtig zu handeln und die Dinge geregelt zu bekommen.

Leo: Wo verbringst Du Zeit, um Dich zu entspannen und neue Inspiration zu finden?
Jens:
Ich stelle mich gern zum Flipperautomaten, um den alltäglichen Stressfaktoren zeitweilig zu entkommen. Meine Inspiration fließt ständig denke ich, da gibt es keinen Trick um neue Ideen aus dem Ärmel zu schütteln…nein, sie kommen jederzeit…unter der Dusche, mitten in der Nacht, im betrunkenen Zustand. Das ist von Zeit zu Zeit ganz unterschiedlich.

Leo: Ist es nicht schwierig für Dich als leidenschaftlicher Künstler, musikalische Aktivitäten und das Studium zu kombinieren?
Jens:
Das ist in gewisser Weise hart. Doch das ist immer so wenn man einem Hobby nachgeht, vor allem wenn du alles in deinem normalen Leben unterbringen willst mit all der Verantwortung bei der Arbeit, dem Studium oder was auch immer. Natürlich wünschte ich mir manchmal, mehr freie Zeit für die Musik aufbringen zu können. Bei PROFUNDI kann ich alle Dinge nach ihrer Wichtigkeit reihen und das erlaubt es mir, die Qualität hoch zu halten. Habe ich nun mal schlicht keine Zeit um gründlich an einem Song zu arbeiten, dann kann ich ruhig eine Woche oder so warten, bevor ich ihn schnell zu Ende bringen müsste, wobei sich das Lied dann wahrscheinlich zum Schlechten gewendet hätte.
Ich entscheide wann ich was erledige. Ich möchte das Qualitätslevel hoch halten und ich sehe keinen Grund in Stress zu verfallen, um einem verdammten Manager einen Gefallen zu tun oder um Gewinne für eine Plattenfirma zu erzielen; nein, das ist für mich nicht ausschlaggebend, ob es ein Jahr oder fünf Jahre dauert, um ein Album zu produzieren – für mich ist die Qualität wichtig. Es gibt wirklich Plattenverträge, die einem Künstler/einer Band vorschreiben, ein Album innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu veröffentlichen, so etwa ein Album pro Jahr. Kannst du dir das verdammt noch mal vorstellen? Diese verdammte Vorgehensweise hat rein gar nichts mit Qualität zu tun, es geht nur darum in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld zu scheffeln! Ich kann mir also überhaupt nicht vorstellen, welche Pappnasen solche Abzocker-Verträge unterzeichnen, aber ich bin keiner von ihnen.

Leo: Wie sieht es mit dem Kontakt zu Naglfar aus? Hast Du das neue Album Harvest schon gehört?
Jens:
Ich lebe jetzt in einer anderen Stadt, in einem ganz anderen Teil von Schweden. Da ist es ganz klar, dass ich die Jungs nicht mehr so oft wie früher sehen kann.
Ich habe das Album noch nicht gehört. Aber es ist sicherlich gut geworden.

Leo: Gibt es eine Möglichkeit, PROFUNDI auch auf der Bühne zu erleben?
Jens:
Mit PROFUNDI habe ich keine Pläne, live aufzutreten. Da verwende ich die Zeit lieber, um neues Material zu schreiben, bevor ich nach vorübergehenden Sessions-Musikern suche. Ich habe alle Konzerte, die ich mir gewünscht habe, bereits absolviert, so verfolge ich nun gänzlich andere Ziele.

Leo: Warum sollte ein Fan ausgerechnet The Omega Rising kaufen?
Jens:
Erstmals erachte ich es in jeder Hinsicht als mein bestes Album. Alle, die den Stoff mochten, den ich bisher in diese verrottete Welt geschleudert habe, sollten definitiv reinhören. Zweitens bedeutet es mir mehr als nur ein Album, ich habe wirklich sehr hart gearbeitet, was dieses Werk und alle umfassenden Details angeht. Also denke ich dass es dieser Aufwand noch mehr rechtfertigt, das Album anzuhören. Es ist ein Gesamtkunstwerk, mehr als bloße 40 Minuten Musik.

Leo: Ich danke Dir vielmals für Deine Antworten, viel Glück für die Zukunft mit PROFUNDI und Dein Studium!
Jens:
Danke für die Unterstützung, dein Aufwand und Einsatz für die Szene wird nicht vergessen werden.

 

1/2007 © Leo Seebauer • Profundi