Mit ihrem 2002er Debut knallten uns RAUNCHY einen Bastard aus modernem Trash und Industrial Metal kombiniert mit eingängigen Melodien und großartigen Vocals vor den Kopf. Nun, fast zwei Jahre später, sind sie mit ihrer zweiten Attacke und dem kryptischen Titel Confusion Bay zurück. Grund genug, herauszufinden, was sich so bei der Band derzeit tut…

Clemens: Hallo, Leute! Gratulation zu Eurem neuen Album. Confusion Bay (CB) ist ein wirklicher Killer, obwohl es einige Durchläufe benötigt hat, um bei mir richtig wegzustarten. Wo seht Ihr selbst die Unterschiede im Vergleich zu Velvet Noise (VN)?
Jesper: Nun, generell denke ich, dass einfach alles besser ist dieses Mal. Die Songs sind um einiges besser und wirklich tight gespielt und vor allem die Produktion ist um einiges ausgereifter als die von Velvet Noise. Meiner Meinung nach ist die CD auch extremer ausgefallen, weil ein paar Tracks drauf sind, die einfach brutaler als alles auf VN ist, aber gleichzeitig gibt’s auch ein paar Songs, die etwas gemäßigter und ruhiger sind. Im Übrigen denke ich aber nicht, dass wir großartig den Stil verändert haben, außer vielleicht, dass dieses Mal generell mehr Trash Metal-Riffs zu finden sind als dies auf unserem Debut der Fall war.

Clemens: CB ist irgendwie um einiges härter ausgefallen als das Debüt. Manchmal tendiert es fast schon in Richtung Slipknot oder der neuen Machine Head. Habt Ihr das geplant, war es ein natürlicher Schritt oder hat sich das einfach im Verlauf des Songwritings so ergeben?
Jesper: Wir haben niemals geplant, das Album härter zu machen und ich glaube auch nicht, dass irgendwer von uns überhaupt mitgekriegt hat, dass es härter werden würde, bevor wir es im Kasten hatten. Ich glaube, es klingt ein wenig verrückt, aber VN hatte ein paar Tracks – wie Twelve Feet Tall oder Out Of Sight - und CB hat ein paar sehr ruhige Stücke wie The Devil oder den Titeltrack. Und da wir uns dann speziell auf diese Songs irgendwie konzentrierten, dachten wir schon, es würde gar nicht so heavy ausfallen…

Clemens: Verglichen mit VN seid Ihr nicht mehr so leicht zugänglich. Ehrlich gesagt hatte ich mir im Prinzip ein „kommerzielleres“ Album von Euch erwartet mit Songs wie Leech oder Bleeding. Habt Ihr versucht, bewusst etwas komplizierter zu Werke zu gehen?
Jesper: Nein, eigentlich nicht wirklich. Bei ein paar Tracks wollten wir einfach ein paar Erneuerungen ausprobieren und anders an das Songwriting herangehen, aber generell war es uns wichtig, wieder gute und eingängige Melodien zu finden. Ich persönlich denke auch, dass auf Confusion Bay bessere Melodien sind, was mir auch von den meisten Leuten gesagt wurde, die das Album bislang gehört haben.

Clemens: Was ist der Zusammenhang zwischen Bleeding und Bleeding 2?
Jesper: Es gibt keine Verbindung außer dem Text. So weit ich weiß behandeln beide Texte dasselbe Thema, aber ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, worum’s in den jeweiligen Lyrics geht.

Clemens: Wie lang hat es gedauert, die Songs zu schreiben?
Jesper: Es war ein ziemlich langer Prozess, weil ein paar Ideen bereits kursierten als wir VN aufnahmen. Trotzdem war im Endeffekt nur ein Song zu 100% fertig, als wir mit den Aufnahmen begannen. Beim Rest waren großteils die Vocals noch nicht ganz ausgereift, aber Lars gab sich einen Ruck und arbeitete die meisten Gesangslinien dann noch im Studio ordentlich aus!

Clemens: Arbeitet Ihr demokratisch oder gibt’s einen Bandleader?
Jesper:
Nun, auf gewisse Art bin ich schon der Hauptsongwriter der Band, was bedeutet, dass ich die meisten Riffs schreibe und viele der Ideen einbringe. Aber davon abgesehen sind wir trotzdem zu 100% demokratisch, weil jeder sich, soweit er will, einbringt. So klingen die Tracks im Endeffekt dann auch am Ende immer ziemlich anders als ursprünglich geplant.

Clemens: Eine wirkliche Überraschung stellt The Devil dar, ein Song, der mehr nach Tiamat klingt denn nach RAUNCHY. Glaubst Du nicht, dass sich der Track schon fast zu viel vom Rest des Materials unterscheidet und er somit die eigene Identität verliert? Warum habt Ihr gerade hier noch dazu diesen tiefen Gesang verwendet anstelle des „normalen“?
Jesper: Ich denke einfach, dass es ziemlich cool ist, wenn ein Album ein, zwei Songs enthält, die sich stark vom Rest unterscheiden, denn so bringen sie die nötige Auflockerung rein und halten den Hörer wach. Aber es stimmt, wir machten uns wirklich Gedanken darüber, ob wir das Stück nun draufgeben sollten oder nicht, weil wir wussten, dass viele Leute wohl denken würden, dass es zu „anders“ ist. Der Grund für die tiefen Vocals ist der, dass Lars auf vielen Songs sowohl eine hohe als auch eine tiefe Stimme eingesungen hat. Als er bei The Devil mit der tiefen zu singen begann, fanden wir es so gut, dass wir das gleich so beließen.

Clemens: Ehrlich gesagt, bläst einen die Produktion völlig weg. Sie ist kristallklar aber trotzdem verdammt heavy. Wo und wie lang habt Ihr aufgenommen? Wie seid Ihr selbst damit zufrieden?
Jesper: Das Album wurde im Jacob Hansen Studio in Dänemark aufgenommen und wir sind verdammt zufrieden mit dem Ergebnis. Jacob produzierte auch VN, aber ich denke, er hat einiges aufgeholt bei diesem Album. Wir hatten 3 Wochen für Recording und Mix und obwohl es um einiges mehr an Zeit als für VN war, mussten wir trotzdem hart arbeiten. Wenn Jacob um fünf nach Hause gegangen ist, haben wir bis um fünf in der früh weitergemacht, bevor wir uns niederlegten, somit hatten wir ziemlich viel Stress. Aber wir hatten auch viel Spaß, tranken viel Bier und feierten die meiste Zeit daneben.

Clemens: Meiner Meinung nach habt Ihr auf die Vocals ein bisschen zu viel Effekte gelegt. Warum habt Ihr sie nicht weiter nach vorne gestellt? Lars hat eine Stimme, mit der er sich nicht verstecken muss…
Jesper: Wir waren uns alle einig, dass der Gesang auf VN im Endmix untergegangen ist, weshalb wir ihn dieses Mal mehr herausheben wollten. Auch die Effekte wollten wir verringern und ich denke, dass es diesmal perfekt ist. Ich denke nicht, dass man da noch was hätte verändern sollen/können, aber das ist natürlich Geschmacksache…

Clemens: Worum geht’s in den Texten?
Jesper: Lars schreibt alle Texte und es ist nichts, wo wir uns großartig einmischen. Er schreibt meistens über Gedanken, Erfahrungen, Mädchen, die Band oder einfach über das Leben in der Großstadt oder generell. Aber es gibt auch viele Songs, wo ich gar nicht weiß, worum’s geht…

Clemens: Obwohl RAUNCHY eine ziemlich “alte” Band ist, kam Euer Durchbruch erst 2002. Wie lange habt den Weg verfolgt, den Ihr jetzt mit der Band darstellt? Wie habt Ihr vorher geklungen? Habt Ihr jemals daran gedacht, aufzugeben?
Jesper: Wir begannen schon 1992, aber es war nichts Ernstzunehmendes und wir spielten auch nur Cover-Songs die ersten paar Jahre. Als wir dann mit eigenen Liedern begannen, war es mehr oder weniger eine primitive Version des Materials, das wir jetzt spielen mit der Ausnahme, dass wir anfangs keine Keyboards dabei hatten. Nachdem wir unser drittes Demo aufgenommen hatten, hatten wir schließlich das Gefühl, dass wir es diesmal schaffen mussten, sonst würden wir nie einen Deal an Land ziehen. Die zwei Jahre, die vergingen, bevor wir 2000 dann von Mighty Music gesignt wurden, verbrachten wir dann, ohne großartig zu proben. Und obwohl wir eigentlich nie über das Ende der Band sprachen, war wohl allen klar, dass wir ohne Deal aufgeben würden.

Clemens: Gibt es irgendein Ziel, das Ihr mit der Band verfolgt?
Jesper: Nun, unabhängig davon, einen Deal zu ergattern, hatten wir eigentlich keine wirklichen Ziele. Aber natürlich würden wir gern so weit kommen wie möglich, eine Menge Alben verkaufen und viele Konzerte spielen. Davon abgesehen aber gibt’s keine „realistischen“ Ziele, weil wir ja nie wissen, was als nächstes passieren wird und wie die Leute auf unsere Musik reagieren werden.

Clemens: Das Cover-Artwork für CB ist wirklich ein Hammer, aber irgendwie ergibt es für mich auch nicht viel Sinn. Was soll es darstellen? Was ist die „Confusion Bay“?
Jesper: Das Artwork wurde von Lars Christensen (unser zweiter Gitarrist) gestaltet, der auch bereits für jenes von VN verantwortlich war. Wir wollten irgendwas, das „killermässig“ und spacig ausschaut aber sonst hatte Lars freie Hand. Ich habe nie mit ihm geredet, ob es was Spezielles darstellen soll, aber ich denke, dass Du Recht hast und es nichts wirklich Sinnvolles darstellt. Es ist einfach cool und um das ging’s. Das Artwork war fertig, bevor wir den Titel zur CD hatten, somit gibt’s keinerlei Verbindung, obwohl viele Leute denken, dass das Cover die „Confusion Bay“ darstellt. Das Album wurde einfach nach dem Song benannt, aber daneben wurde uns immer wieder gesagt, dass unsere Musik etwas verwirrend ist, somit fanden wir den Titel auch ironisch.

Clemens: Ich attestiere Euch ein “Fear Factory meets Depeche Mode”-Feeling. Irgendwie klingt Ihr auch wie Strapping Young Lad und die Devin Townsend-Band in einem. Was sind Eure Einflüsse?
Jesper: Nun, die von Dir genannten Bands haben uns definitiv inspiriert als wir Velvet Noise aufnahmen, aber beim neuen Album glaub ich nicht, dass sich noch irgendjemand von Fear Factory oder so beeinflussen ließ. Ich denke, unsere wichtigsten Einflüsse waren diesmal Marilyn Manson, Rob Zombie, Entombed, Soilwork, Killswitch Engage, Pain, Korn, In Flames, 30 Seconds to Mars, Devin Townsend und Spineshank.

Clemens: Euer Name klingt ein wenig seltsam. Warum habt Ihr diesen Namen gewählt. Seid Ihr noch immer zufrieden damit, weil Eure Musik ja eigentlich das Gegenteil davon darstellt – steril und ziemlich „clean“.
Jesper: Wir wählten den Namen etwas zur Zeit des ersten Demos, also etwa 1995. Einer der Hauptgründe für unsere Wahl war, dass wir keinen typischen Blood/Evil/Death/Hate-Namen haben wollten. Als wir dann VN aufnahmen, hatten wir den Namen bereits so lange verwendet, dass wir ihn nicht mehr verändern wollten. Persönlich mag ich den Namen immer noch, aber wenn ich daran denke, wie oft er schon in Reviews kritisiert worden ist, hätten wir ihn wohl lieber ändern sollen.

Clemens: Gibt es Tour-Pläne für 2004?
Jesper: Wir haben keine Tour-Pläne bislang aber ich hoffe, dass wir das Album mit einer ordentlichen Tour unterstützen können, was wir bei VN damals nicht machten. Aber da wir alle Fulltime-Jobs haben oder studieren, bleibt nicht so viel Zeit. Mal sehen!

 

01/2004 © Clemens Mayr • Raunchy