REMEMBER TWILIGHT konnten mich schon mit ihrem Demo aus dem letzten Jahr überraschen, obwohl ich auf Grund der 2 Stücke darauf nicht wirklich sicher war, wohin die Reise eigentlich musikalisch geht. Daher war ich umso neugieriger, als es hieß, das REMEMBER TWILIGHT den zweiten Part der Waltari Tour supporten würden. Von daher war ich eigentlich nicht wirklich traurig, das ich den ersten Teil der Tour mit Subway To Sally (schon x-mal live gesehen, auch wenn immer eine Klasse für sich) verpasst hatte, denn nun bekam ich zwei Bands, auf die ich sehr gespannt war, nicht nur unverfälscht live zu sehen, sondern konnte sie auch nach Herzenslust mit Fragen bombardieren. REMEMBER TWILIGHT waren das zweite Opfer des Abends. Während Benny (Drums) und Jörg (Bass) schon mal das Equipment ins Auto schleppten, hatten Timo (Gitarre, Gesang), Anna (Geige) und Florian (Oboe) einiges zu erzählen ...

Remember Twilight

Dajana: Eurer letztes Demo kam im Mai 2003 raus und liegt damit ja schon ein Weilchen zurück. Was hat sich so bei Euch in der Zwischenzeit getan?
Timo:
In der Zwischenzeit hat sich recht viel getan. Wir sind ja gerade mit Waltari auf Tour. Vor der Tour wollten wir eigentlich unser neues Album schon soweit fertig haben, das wir es auf der Tour hätten verkaufen und uns selbst ein bisschen finanzieren können. Das hat allerdings nicht so geklappt, weil der Gesang noch nicht fertig ist. Das ist natürlich ärgerlich, denn nach den vielen positiven Resonanzen auf unsere Promo CD hatten wir uns gedacht, wir gehen mal zum Alex Krull ins Studio und nehmen ein ganzen Album auf.

Dajana: Woran lag es letztendlich, das sich alles so verzögert hat?
Timo:
Im Gegensatz zu unserer Promo CD, wo ja nur 2 Stücke drauf sind, sind die neuen Songs doch sehr viel komplexer geworden, mehr als wir uns das so gedacht haben. Wir haben sehr viel Geige aufgenommen, sehr viel Gitarre und das ging dann halt nicht so schnell, wie bei den zwei Promosongs. Es sollte diesmal eben alles stimmen, wir waren da sehr perfektionistisch. Deswegen hat sich das auch alles ein wenig verschoben.

Dajana: Was kann man jetzt vom neuen, dem Debütalbum erwarten?
Timo:
Was kann man erwarten ... Es wird alles sehr metallastig sein und trotzdem wird die Kammermusik genauso präsent sein. Man kann erwarten, das es noch anspruchsvoller wird, melodischer. Und ich denke, das wird schon eine runde Sache, auf jeden Fall!

Dajana: Wird es neue Elemente, neue Ausrichtungen geben oder führt Ihr mit Eurem Stil direkt weiter?
Timo:
Wir haben es schon versucht ... wir gehen jetzt ein bisschen anders ans Werk. Wir haben an einigen Stellen noch ein Englischhorn dazugenommen, damit es abwechslungsreicher wird. Das Englischhorn kling ein bisschen anders wie die Oboe, damit wir auch einen wärmeren Sound bekommen. Wir haben sehr am Gesang gearbeitet, an den Texten gearbeitet, das alles noch ausgefeilt und wir haben versucht, die Schwächen, die uns selbst noch auf dem Promo aufgefallen sind, auszumerzen.

Dajana: Heute bei Eurem Livegig ist mir aufgefallen, das Eure Songs genau das vermissen lassen, was die beiden Promosongs, die ja sehr avantgardistisch, experimentell sind und sehr viele Einflüsse haben, so besonders gemacht hat. Die klassischen Instrumente haben zwar der Musik einen gewissen folkloristischen Anstrich gegeben, aber das gewisse Etwas, das die beiden Promosongs hatten, fehlte irgendwie ...
Timo:
Da muss man halt die ganzen Umstände sehen. Wir sind jetzt einfach auf Tour gegangen, ohne die finanziellen Mittel, Möglichkeiten und auch den Platz zu haben, alles mitzunehmen. Normalerweise ist die zweite Geige dabei, die natürlich musikalisch alles viel mehr abrundet. So ist jetzt praktisch eine komplette Melodielinie weggefallen. Auf dem Wave Gotik Treffen werden wir aber wieder vollständig sein. Wir hätten schon gern mehr gemacht, sind aber nur mit einem alten VW Bus unterwegs. Wir sind selbst nicht ganz zufrieden, denn wir wissen, da geht mehr, aber wir haben halt finanziell und organisatorisch net die Möglichkeiten.

Dajana: Ihr seid doch bei Vielklang, gibt es da denn nicht ein bisschen was an finanziellen Background vom Label?
Timo:
Wir sind da ja nicht unter Vertrag.
Dajana: Ach sooo ...
Timo: Wir haben zwar jetzt die Tour bei Vielklang, das haben wir über die Doro gemacht, aber wir sind nicht unter Vertrag bei Vielklang. Das heißt, wir bekommen von nirgendwoher Unterstützung und müssen alles selber finanzieren. Und das ist schon hart und nicht billig.

Dajana: Und wie macht Ihr das jetzt mit dem Album? Läuft das über Vielklang oder via Eigenvertrieb oder gibt es andere Interessenten?
Timo:
Also das ist so: Wir haben es ja noch nicht ganz fertiggestellt. Aber wenn es soweit ist, dann werden wir sicherlich unter anderen auch zu Vielklang gehen und es da vorstellen, allerdings will ich mich da noch überhaupt nicht festlegen. Es ist auch nicht ganz auszuschließen, das ich das Album im Eigenvertrieb rausbringe, da hat man doch sehr viel mehr Kontrolle.

Dajana: Wie seid Ihr denn überhaupt auf die Idee gekommen, diese Art von Musik zu machen. Gerade wo Ihr ja jetzt mit Waltari auf Tour seid, könnte man ja fast meinen, die finnischen Crazyheads hätten Pate beim Crossover Gedanken gestanden.
Timo:
Ganz kurz – um den Bezug zu Waltari herzustellen – unser Bassist Jörg ist ein großer Waltari Fan. Für ihn ist es das absolute Highlight Waltari kennen zulernen und mit ihnen auf Tour zu gehen.
Bei uns angefangen hat es mit den The Inchtabokatables und Letzte Instanz und solchen Bands, wo mit Geigen und harter Musik rumexperimentiert wurde. Wir haben gesagt: Ok, The Inchtabokatables – coole Musik, coole Leute, lass uns mal so was machen. Aber ein bisschen mehr Metal, das muss schon sein.

Dajana: Anna, wie sieht es mit Dir aus? Um das jetzt mal plakativ auszudrücken, Du gehörst ja nicht wirklich zur Metalszene und man würde nicht erwarten, Dich in solch einer Band zu finden. Wie bist Du zu REMEMBER TWILIGHT gekommen?
Anna:
Also, an diese Band bin ich durch unseren Sänger gekommen, das ging über 3 Ecken, Verwandtschaft ... etc. und die haben eine neue Geige gesucht und das war dann ich. Anfangs war das schon schwierig für mich, weil ich aus der absoluten Klasssikszene kam aber ich wurde dann immer lockerer beim spielen, hab auch weiter klassische Themen und Technik geprobt und dann wurde es immer besser und besser in der Band. Ich konnte mich immer besser in diesen Musikstil reinfinden und reinsteigern und inzwischen bin ich soweit, das auf der Bühne alles recht locker geht.

Dajana: Und wie ist das so – als quasi unbeschriebenes Blatt – mit langhaarigen Bombenlegern auf Tour zu sein?
Anna:
[lacht] ... also eigentlich ganz lustig.
Dajana: Naja, ich weiß ja nicht, was Ihr so im Tourbus hört, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, wenn man Nichtmetaller im Hause hat, die gehen dann schon mal schnell die Wände hoch bei dem „Geprügel“.
Anna: Also bei mir geht es ganz gut.

Dajana: Ihr habt jetzt 6 Tage Tour mit Waltari hinter Euch, was gibt es so an großen und kleinen Katastrophen, chaotischen Momenten und Highlights zu berichten?
Anna:
Also in Prag z.B., da hatten wir ein günstiges Hostile gefunden und abends nach dem Gig sind wir dann rüber und wollten duschen. Da gab es heißes Wasser und kaltes Wasser und es gab ein Info, auf dem stand, das die Hähne vertauscht sind, also: das da, wo kalt draufsteht, warmes Wasser rauskommt und umgekehrt. Und eigentlich hatte das auch jeder von uns verstanden ... bis auf Timo ... der stand unter der Dusche und hat geschrieen wie am Spieße. Der hat überhaupt nicht aufgehört, der hat geschrieen und kalt geduscht. [allgemeines Gelächter] Er kam raus und hat sich mörderisch beschwert und wir dann: Du weißt schon, das die Hähne vertauscht sind? Timo ist dann zurückgerannt, hat es ausprobiert ... und siehe da, es kam warmes Wasser.
Dajana: Dafür sollte Timo jetzt keine Probleme mit Erkältungen haben ... [Gelächter]
Florian: Vielleicht hätte ich kalt duschen sollen ... [schnieft, hustet]
Dajana: Ja, Dich hat es wohl ziemlich erwischt ... Was gab es sonst noch so an Katastrophen?
Timo: Ja, apropos Katastrophe ... es gibt ja eine Handbremse am Auto, dieses Teil, das man löst, wenn man losfährt ...
Dajana: Jaaa, sollte man ...
Timo: ... hat aber einer bei uns nicht gemacht und ist dann mehr oder weniger 2 Stunden mit angezogener Handbremse rumgefahren. [Gelächter] Auf dem nächsten Rastplatz sind wir dann ausgestiegen und hinten hat dann schon gequalmt und wie verrückt gestunken ...
Dajana: Au weia, das Auto war kaputt?
Timo: Glücklicherweise nicht ... Zum Glück war der Rest der Band ziemlich betrunken, so dass das keiner weiter mitbekommen hat ... aber war schon witzig ...

Dajana: Ihr erreicht jetzt auf der Tour ja ein recht breitgefächertes Publikum. Das scheint sich für Euch echt zu lohnen. Was habt Ihr für einen Eindruck?
Timo:
Es ist ein bisschen wechselhaft. In Prag war es echt geil, 450 Leute, super Show. Die Leute haben uns hinterher die Hand geschüttelt und sich bedankt, weil wir da gespielt haben. Aber es gab auch Shows, wo es nicht ganz so gut lief. Bei uns ist auch das Problem, das wir sehr auf Technik angewiesen sind, weil wir keinen eigenen Mischer haben. Und da ist es schon mal passiert, gerade, wenn man einen lokalen Support hat, das sich der Mischer die Einstellung nicht auf geschrieben hat. Du gehst auf die Bühne, hattest vorher deinen Soundcheck und nix passt mehr, kein Monitor und nix. Das kommt dann beim Publikum nicht besonders gut an, die haben sich dann auch gewundert, was machen die da oben eigentlich? Aber alles in allen ist die Tour bisher positiv gelaufen.

Dajana: War das nicht ein gewisses Risiko mit Waltari auf Tour zu gehen? Ich meine, die waren ja auch für 4 Jahre weg vom Fenster und es war fraglich, ob sie den Zugang zu ihren Fans und Publikum wiederfinden würden ...
Timo:
Also für uns war das schon eine relativ sichere Sache, denn Waltari Fans sind sehr offen, was Musik betrifft. Angenommen, man geht mit Manowar auf Tour ... dann hat man ein kleines Problem ... [Gelächter] Aber bei Waltari war klar, die Fans sind offen. Die kommen nicht und sagen: Hey, ich will jetzt Metal, sonst hau ich wieder ab ... Von daher war das schon eine sichere Sache. Das Publikum war es ein bisschen Risiko, aber es fing in Prag super an, vor 450 Leuten und heute ist es auch extrem voll und war auch wirklich gut. Im Schnitt kann man sagen, waren immer 100 Leute da und damit kann man wirklich zufrieden sein. Wir werden gut behandelt, von den Clubs und von Tom (Waltari Tourmanager), der ist super nett und kümmert sich um alles.

Dajana: Wie erklärt Ihr Euch den Erfolg des letzten Demos, auf dem ja nur 2 Stücke waren? Zum ersten Demo gibt es nur eine handvoll Reviews, zum letzten bergeweise und alle sehr positiv und das bei nur 2 Stücken, wo man ja gar keinen Gesamteindruck von der Band bekommen konnte.
Timo:
Naja, das ist schwierig zu erklären ... Viele haben uns früher mit Mittelaltermusik verglichen und uns dann diesen Stempel aufgedrückt. Durch die Presse haben wir dann schon mitbekommen, das die Leute keinen Bock auf 08/15 Mittelaltermusik gepaart mit Metal haben. Und wir wollten halt nie wie eine Mittelalterband klingen, sondern wir wollten immer wirklich harte Musik machen und die Geigen dann mit dazunehmen. Das Demo wurde auch sehr gut vom Alex produziert. Und ich glaub, das war mal wieder was Neues für die Leute. Wir sind beim Hammer Demo des Monats geworden und ich hab mit dem Verantwortlichen telefoniert und er meinte: das gefällt mir so gut, weil es eben nicht so klingt, wie all die anderen Sachen, die derzeit auf dem Markt sind. Von daher ist es auch schade, das wir den zweiten Song vom Demo (Der Wahnsinn lebt...) nicht live spielen konnten, weil noch nicht alle dabei sind, und ohne zweite Gitarre kann man den Song nicht spielen. Aber spätestens beim WGT stehen 7 Leute auf der Bühne ...

Dajana: Angenommen, das Debüt läuft gut und Ihr bekommt einen Deal, ist dann zu erwarten, das Ihr auf dem nächsten Album wieder mehr experimentiert, so wie bei Wirklichkeit verstehen?
Timo:
Also unser Debüt Album ist schon sehr experimentell ausgefallen, vom Gesang, von der Instrumentierung. Wir lassen wirklich eine Menge Stile einfließen. Ein zweites Album würde sehr viel Zeit kosten, das würde mindestens 2, 3 Jahre dauern. Wir haben da auch einen recht hohen Anspruch in Sachen Qualität und Perfektion. Aber ich denke, alles was danach kommt, wird auf jeden Fall sehr abwechslungsreich werden.

Shortcuts:
Dajana: Was hört Ihr aktuell gerade?
Tim:
The Vision Bleak ist gerade Top 1 bei mir, The Inchtabokatables - Mitten im Krieg ist immer Top 1 bei mir, tja ... Top 3 ... da wird es schwierig, das variiert. Zur Zeit höre ich noch gerne Deathstars
Anna: Top 1 ist Letzte Instanz – Götter auf Abruf; Top 2 ist ein Klassiker Maxim Vengerov, ein sehr sehr guter Geiger und Top 3 sind Thora aus Aachen, die haben gerade ein neues Album rausgebracht und haben neulich mit HIM gespielt, haben aber auch schon mit uns 2 Gigs gespielt, die finde ich gut
Florian: Top1 ist Angizia – 39 Jahre für den Leierkastenmann; Top 2 Sins Of Thy Beloved - Perpetual Desolation und Top 3 ist wohl auch gerade die The Vision Bleak

Dajana: Wie ist das bei Dir Anna – kommt mir gerade so in den Kopf – bei Deinem klassischen Background, gibt es da die Möglichkeit, mal klassische Themen (z.B. aus Sinfonien) für die Musik der Band zu verarbeiten?
Anna:
Allgemein für die Band glaub ich, wäre es schwer, sich da durchzusetzen. Zu sagen, ich hab hier was von Mozart, lasst uns da mal Metal draus machen und das war es dann ... Aber z.B. bei meinen Solis, da achte ich schon darauf, das ich z.B. Stücke von Paganini, die ich wirklich gut fand, in die Solis einfließen lasse.

Dajana: Einflüsse und Inspirationen?
Timo:
Hmm ... textlich ... Letzte Instanz und immer noch, obwohl es schon ewig her ist, Ton Steine Scherben, die haben sehr gute Texte und die schaffen es immer, haarscharf am Kitsch vorbeizuschrammen. Und musikalisch ... ja, eigentlich alles. Der Bassist hört z.B. gerne Death Metal ...
Dajana: Und wo kommen so die Jazz- und Blues Einflüsse her? Die eher avantgardistischen Sachen?
Timo: Also unser Bassist hat früher sehr viel Jazz gespielt, deswegen bringt er diese Einflüsse mit. Ich hab früher sehr viel Flamenco und so was gespielt ... und so weiter, und da wird dann drumherum gebaut.
Florian: Ich bin ein großer Freund von zeitgenössischer klassischer Musik, alles, was so in den letzten 100 Jahren entstanden ist ... und daher ... Keine Angst vor Dissonanz!!! [Gelächter] Mein Traum ist dann irgendwann noch ein zwölftoniges Stück von und mit REMEMBER TWILIGHT.

Dajana: Ok, letzte Frage: was wäre für Euch das Verrückteste, Abgedrehteste, Lustigste und Ungewöhnlichste, das Ihr machen würdet, wenn Ihr die Chance und Möglichkeit dazu hättet?
Timo:
Wenn die CD fertig ... eine Theatertour zur Platte, wo zu den Songs und deren Inhalt Theater gespielt wird. Wo die Band irgendwo im Graben sitzt und nur die Musik macht.
Dajana: Was für ein Thema hätte das Theaterspiel dann?
Timo: Was gesellschaftskritisches. Also nicht besserwisserisch aber so, das man Denkanstöße gibt.
Florian: Mit Sopor Aeternus eine Liveaufführung zu machen ... aber da die ja nie live auftreten, wird das wohl ein Traum bleiben ...
Anna: Hmm ... in der Karibik ’ne Holzhütte zwischen den Palmen und Pferd daneben direkt am Wasser haben. Und ich bin glücklich und zufrieden.

Dajana: Irgendwelche Lebensweisheiten oder schwertragende philosophische Erkenntnisse, die Euch Rückhalt geben *lol*?
Timo:
Philosophen ... ???!!!
Anna: Weigere Dich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen, weigere Dich lediglich, Dich ihm zu unterwerfen!

Dajana: Wenn das mal nicht ein perfektes Schlusswort ist ;) Herzlichen Dank für das Interview, war mir ein Vergnügen!

 

4/2004 © Dajana Winkel • Remember Twilight