Nach dem Konzert in der Hiltruper Stadthalle am 15.11.07 nahm sich Jim Gilmour ein wenig Zeit für mich und lieferte ein sehr entspanntes Interview ab. Starke Leistung nach 2 ½ Stunden powervollem Auftritt und ein sehr angenehmer Gesprächspartner, dem allerdings beim Thema „Internetdownload“ die Nackenhaare zu Berge standen. Und da hat er einige von…

Saga

Jochen: Hallo Jim, erst mal Glückwünsche zu Eurem wirklich gelungenen Auftritt!
Jim:
Danke, freut mich dass es dir gefallen hat. Wir hatten auch viel Spaß dabei.

Jochen: Mir kam es vor, als wäre Euer Auftritt diesmal eine Spur härter gewesen, als die Performance letztes Jahr im Jovel.
Jim:
So, meinst du - Hmm, weiß nicht, dass ist schon so lange her und so viele Konzerte lagen dazwischen… Nein im Ernst, wir möchten natürlich nicht, dass sich alle Shows gleich anhören. Und so gibt es Unterschiede, die auch mal die Härte betreffen. Wir entwickeln uns weiter, auch wenn wir ältere Songs spielen. Es gibt Leute, die kapieren das nicht, aber ich denke eine Band, die so lange im Geschäft ist wie wir hat das Recht sich zu verändern. Und das kann auch altbekannte Songs betreffen.

Jochen: Etwas ganz anderes – wie geht es eigentlich Brian Doermer, ist er wieder gesund, bzw. auf dem Weg der Besserung?
Jim:
Das war eine dramatische Sache. Wir saßen in einer Kneipe und bekamen einen Anruf, dass Brian urplötzlich ohne erkennbaren Grund umgefallen sei. Er kam sofort in ein Krankenhaus, wo sich dann herausstellte, dass er einen Herzanfall erlitten hat. Es geht im mittlerweile aber wieder besser, er hat sich gut erholt.

Jochen: Euer Tourdrummer Chris Sutherland macht aber eine gute Figur hinter dem Schlagzeug, und sein Solo war schlicht genial!
Jim:
Ja, er leistet verdammt gute Arbeit. Vor allem wenn man bedenkt, dass er kaum eine Woche Zeit hatte, sich die Stücke raufzuarbeiten, er hat es geschafft und er kann sie alle! Brian hat ihn uns wärmstens ans Herz gelegt!

Jochen: Wo wir gerade bei Bandmitgliedern sind: kam Michaels Ausstieg aus der Band eigentlich überraschend, oder waren die Anzeichen dafür schon länger vorhanden?
Jim:
Nein, es kam nicht wirklich überraschend. Wenn man sich so lange kennt wie wir, merkt man, wenn sich Veränderungen anbahnen. Wir ahnten, dass Michael über kurz oder lang aussteigen wollte. Und irgendwann hat er’s dann auch verkündet. Es kam nicht über Nacht.

Jochen: Was automatisch zur nächsten Frage führt: wird es SAGA ohne Mr. Sadler weiter geben?
Jim:
Ich denke doch! Wie es genau weiter geht, wird sich noch rausstellen. Aber SAGA wird es auch 2008 geben. Wir werden die Tour zu Ende bringen, dann ausspannen und uns zusammensetzen, um zu überlegen wie’s weiter geht.

Jochen: Ist das Instrumental Corkentellis vom 10,000 Days Album vielleicht ein Hinweis auf die mögliche Richtung, die SAGA einschlagen wird?
Jim:
Gut beobachtet. Das ist eine Option, die wir tatsächlich wahrnehmen möchten. Mal sehen…

Jochen: Klingt spannend. Wir rechnen also mit einer weiteren Existenz von SAGA auch ohne Michael Sadler.
Jim:
Auf jeden Fall!

Jochen: Wie verkauft sich das aktuelle Album eigentlich? Trust stieg ja hierzulande ganz ordentlich in die Charts ein.
Jim:
Was soll ich dazu sagen? Ist ein schwieriges Thema. Klar, Trust lief ganz gut, Platz 23 in den Charts, glaube ich, aber was heißt das schon? 14000 – 15000 verkaufte Exemplare; früher lagen unsere Verkaufszahlen im sechsstelligen Bereich! 10,000 Days ist zu kurz draußen, um wirklich etwas Genaues sagen zu können; aber da draußen kennen viele Leute unsere neuen Lieder, von denen keiner das Album gekauft hat. Die laden sich’s runter, haben die Musik, und wir gehen auf Dauer leer aus. Das ist auch ein Grund, warum, ich kein neues Solo-Album mache – es lohnt sich einfach nicht! Am Ende steht man bei Plusminus Null und fragt sich – wofür die ganze Arbeit?

Jochen: Vielleicht ist das Internet ja nicht nur Problem, sondern auch ein Weg zur Lösung. Radiohead haben ihr neues Album erst mal zum Download frei gestellt und es den Hörern überlassen wie viel sie dafür bezahlen. Scheint aber nicht besonders gut zu funktionieren, da viele User nichts oder kaum was bezahlen.
Jim:
Unser Drummer hat es sich runtergeladen und dafür bezahlt. 10 Dollar, wenn ich nicht irre. Er ist nämlich der Meinung, dass Musik Bezahlung verdient hat.

Jochen: Stimmt. Und 10 Dollar für Radiohead sind völlig okay ;-) Aber mal wieder ein Sprung zurück zu Eurem aktuellen Album, bzw. Eurem Maskottchen Golden Boy. Ist er nur noch ein Relikt in der Wüste, wie auf dem Cover dargestellt?
Jim:
Haha, du liest und denkst zu viel hinein. Das Cover war ein Wunsch der Plattenfirma, eine tiefere Bedeutung sollte man nicht hinein legen.

Jochen: Gut. Eure Jubiläumstour geht noch bis zum 05.12. und hat etliche Konzerte in Deutschland zu bieten. Die Menschen hierzulande scheinen Euch zu mögen…
Jim:
Richtig, hier leben unsere Fans! Vor wenigen Tagen hatten wir ein tolles Konzert in Kopenhagen, das war ein unglaubliches Publikum! Aber in Deutschland zu spielen ist immer wie Heimkommen. Wir lieben es!

Jochen: Das freut mich. Endet Eure Tour in München einen Tag vor Nikolaus?
Jim:
Nicht ganz. Wir haben anschließend noch ein Konzert in San Juan in Puerto Rico. Wir sollten auch in Caracas auftreten, aber unser Promoter riet uns aufgrund der politischen Situation dort von einem Auftritt ab!

Jochen: Konzerte in Lateinmerika sollen ja eine außergewöhnliche und stimmungsvolle Sache sein.
Jim:
Jawohl, da herrscht eine außergewöhnliche Atmosphäre. Und anschließend können wir wunderbar zum Strand fahren und entspannen…

Jochen: Und das war’s dann in der bestehenden Zusammensetzung. Ist diese Tour was ganz besonderes oder eher eine Tour wie alle anderen auch?
Jim:
Im Moment ist es noch eine Tour wie die anderen auch. Aber je näher wir dem Ende kommen, umso schwerer wird uns ums Herz. Besonders für Michael wird es nicht gerade einfacher, denke ich. Aber warten wir’s ab.

Jochen: Morgen spielt ihr in Reichenbach, nahe der tschechischen Grenze. Das ist ja eine ganz schöne Odyssee durch Deutschland.
Jim:
Stimmt. Deshalb werde ich noch ein, zwei Bier trinken und mich dann in meine Buskabine zurückziehen, um morgen wieder fit zu sein.

Jochen: Eine letzte Frage, die Du gerne mal gestellt bekommen würdest?
Jim:
Eine Frage nicht, nur ein dickes Dankeschön für die Unterstützung, die wir über die letzten 30 Jahre bekamen!

Jochen: Dann danke ich für 30 Jahre, die Ihr uns musikalisch begleitet habt! Und wir freuen uns auf SAGA 2008.
Jim:
Wir werden kommen!
Jochen: Und wir werden da sein!!

 

11/2007 © Jochen & Tim König • Saga