Metal made in Israel ist vielleicht noch nicht so der Markenname, aber wenn es mit solchen Veröffentlichungen wie SALEM's Collective Demise weitergeht, sollte unser Blick nicht nur immer staunend nach Norden schweifen, sondern durchaus auch mal in die andere Richtung. Melodischen Death Metal mit vielen verschiedenen Einsprengseln findet sich auf SALEM's neuester Veröffentlichung, so dass sie nie droht langweilig zu werden. Wer etwas mehr über diese Band erfahren will und vielleicht auch etwas über die Szene in Israel sollte unbedingt weiterlesen.

Salem

Markus: Unglücklicherweise ist SALEM in Deutschland nicht besonders bekannt (zumindest hatte ich noch nie vorher von Euch gehört - Sorry!). Könntet Ihr Eure Karriere daher mal kurz abreißen und Euch kurz vorstellen?
Ze'ev:
Salem wurden 1985 gegründet und wir haben bisher 4 Alben und eine 7" Picture LP rausgebracht: Creating Our Sins (December 1992), Dying Embers (7" Picture LP ; April 1994) und Kaddish (Dezember 1994) wurden von Morbid Records veröffentlicht. A Moment Of Silence (Oktober 1998) wurde von Colin Richardson produziert und von B.N.E. veröffentlicht. SALEM's neuste Veröffentlichung, Collective Demise (September 2002) ist das erste Produkt von KMG / System Shock in Deutschland.
Das Line-Up besteht aus: Ze'ev Tananboim - Vocals, Lior Mizrahi - Guitar, Michael Goldstein - Bass, Nir Nakav - Drums und Nir Gutraimen, der kürzlich zu uns gestossen ist, - Guitar.

Markus: Collective Demise ist Eure vierte Langrille. Könntet Ihr ein paar Worte zu Euren bisherigen CD's und Demos sagen?
Ze'ev:
Unsere ersten Alben waren in Europa recht erfolgreich. 1994 war unser Videoclip zu The Fading in MTV's Headbangers Ball zu sehen. Danach wurden wir vom Kerrang Magazin, welches mit MTV zusammenarbeitete, zu einer der 10 erfolgsversprechenden Bands unseres Genres gewählt. Für mehr Informationen zu Salem besucht doch bitte unsere Webseite unter www.salemband.com

Markus: Ihr macht nun bereits seit 16 Jahren Musik. Wie habt Ihr Euch selbst und Eure Musik sich in dieser Zeit verändert?
Ze'ev:
Collective Demise ist sehr aggressiv geworden, obwohl das Album viele Melodien und Harmonien hat. Ich denke, dass Collective Demise ein gewisses Erwachsen sein von SALEM wiederspiegelt. Die Tatsache, dass es aggressiver und viel schneller ist, unterscheidet es von seinen Vorgängern.

Markus: Welcher Eurer Songs, die Ihr geschrieben habt, ist für Euch selbst am wichtigsten und warum?
Ze'ev:
Jedes Mitglied der Band schreibt Material und in den meisten Fällen treffen wir uns alle und hören es uns dann an. Dann wählen wir aus, was wir mögen und bauen daraus dann Songs, nachdem wir die Texte dazu haben. Wenn der Song fertig ist, können wir ihn immer noch ändern, solange er nicht endgültig aufgenommen ist. Daher sind alle Songs wichtig für uns, da wir sie alle zusammen schrieben.

Markus: Mit welchen Erwartungen und Plänen seid Ihr in den Songwriting - Prozess zu Collective Demise gegangen und glaubt Ihr diese umgesetzt zu haben?
Ze'ev:
Als wir anfingen Collective Demise zu schreiben, wussten wir nicht, was dabei herauskommen würde. Unsere Erwartungen waren allerdings hoch, weswegen wir auch mit dem Endergebnis zufrieden sind.

Markus: Ihr habt einige ungewöhnliche Death Metal Elemente (Frauengesang, orientalische Klänge etc.) in Eurer Musik. Denkt Ihr, dass "normaler" Death Metal zu langweilig ist oder was steckt hinter diesen Sachen? Ze'ev: Es gibt keine Regeln, wie man Musik schreiben muss und wie Musik zu klingen hat. Ich glaube auch nicht, dass Metal langweilig ist, aber ich denke, dass man alle möglichen Dinge ins Spiel bringen kann solange man nicht übertreibt. Außerdem leben wir in einem orientalischen Land und hier, in Israel, sind alle diese Dinge alltäglich. Es war uns einfach wichtig diese Dinge in unsere Musik zu integrieren.

Markus: Ihr mischt ja auch Death Metal mit vielen Melodien. Bis zu welchem Grad seht Ihr Euch von der starken schwedischen Szene (In Flames, Dark Tranquillity, Soilwork...) beeinflusst und wo liegen Eure generellen Einflüsse?
Ze'ev:
Ich kann keine Ähnlichkeiten zwischen SALEM und dem schwedischen Stil erkennen. Unsere Melodien bauen auf orientalischen Skalen auf. Die Bands, welche du genannt hast sind sehr gut, aber es ist nicht die Art von Musik, die wir hören oder die uns beeinflusst. Unser Haupteinfluss ist das Leben an sich. In Israel ist es unmöglich die Nachrichten zu ignorieren, da es einen direkten Einfluss auf unser Leben hat und daher auch auf unsere Songs. Außerdem werden wir viel von den musikalischen Wurzeln in Israel beeinflusst. Auf jeden Fall schreiben wir alle 5 Musik und wir mögen alle unterschiedliche Bands. Wenn wir dann also einen Song schreiben, klingt er wie wir. Meine frühen Idole waren Iron Maiden, Black Sabbath, Judas Priest, Motörhead etc..... Die Band, welche mich früher stark beeinflusste war Venom, dann kamen andere Bands wie Slayer, Sepultura, Bathory und andere.

Markus: Ich mag Collective Demise vor allem daher, da es interessant für den Kopf ist, aber auch sehr intensiv und somit den Bauch anspricht. Wie ist Euer Gesamteindruck von Collective Demise?
Ze'ev:
Zuerst einmal vielen Dank für das Kompliment. Also wie ich vorher schon sagte, Collective Demise spiegelt unser erwachsen werden wieder. Wir haben 18 Monate hart an diesem Album gearbeitet, um das Maximum herauszuholen und um damit vollstens zufrieden zu sein.

Markus: Was kannst Du so über die Texte erzählen, da sie doch recht häufig einen religiösen oder apokalyptischen Rahmen haben?
Ze'ev:
Unsere Texte sind vom Leben selbst beeinflusst. In Israel ist es unmöglich die Nachrichten zu ignorieren, da es einen direkten Einfluss auf unser Leben hat und daher auch auf unsere Songs. Es ist schwer mit der Angst umzugehen in überfüllten Räumen (wie Busse, Restaurants oder sogar Live Shows) zu sein, ohne zu wissen wie es enden wird. Die Tatsache, dass unschuldige Zivilisten sterben, gibt dir ein Gefühl der Hilflosigkeit. Für uns ist es schwer, eine Lösung für all das zu sehen, aber wir wissen nicht, was der nächste Tag bringen wird, daher hoffen wir einfach weiter. SALEM haben gerade drei neue Videoclips von Collective Demise fertiggestellt, wobei der erste die Sinnlosigkeit von Selbstmordanschlägen auf Busse in Israel verdeutlicht, der zweite beschäftigt sich mit dem Schmerz der Leute, die ihre Liebsten verloren haben und der dritte ist der israelischen Metal Szene, den Fans und der Beziehung zwischen den Leuten und SALEM gewidmet.

Markus: Ihr habt ja mit Al Taster eine alte jüdische Hymne gecovert, die eine Text aus den Psalmen enthält. Habt Ihr deswegen Probleme mit religiösen Leuten bekommen oder ist jeder mit dieser Metal Version glücklich?
Ze'ev:
Bis jetzt haben wir keine Probleme, da die CD gerade erst veröffentlicht wurde. Wir haben aber auch noch einen Videoclip dazu gedreht (Regie führte unser Schlagzeuger Nir Nakav) und ich denke mal, dass wir so in einem Monat die Reaktionen darauf bekommen werden. Auf jeden Fall sind wir mit SALEM nie Kompromisse bei unserer Musik eingegangen, egal ob wir deswegen Probleme mit religiösen Menschen oder der Regierung bekamen. Wir hatten damals ein Problem, als wir Kaddish gemacht hatten, da manche dachten, dass es nicht angemessen ist, Ha'ayara Boe'eret mit Metal zu spielen. Es ist ein sehr heikles Thema und einige Leute dachten, dass die Musik zu aggressiv sei, aber schlussendlich entschieden wir, dass es angemessen ist, solche Songs zu covern und daher tun wir es auch, vor allem auch deswegen da wir eine freie Meinungsäußerung bei uns haben.

Markus: Collective Demise ist Eure erste CD für System Shock. Wie sind Eure ersten Eindrücke und wie denkt Ihr rückblicken über Eure alten Labels?
Ze'ev:
Collective Demise wurde ja gerade erst veröffentlicht, daher kann ich nicht sagen wie KMG / System Shock arbeiten, aber ich bin mir sicher, dass sie eine genauso gute Arbeit wie für Vader, Malevolent Creation, Krabathor, Master und andere leisten werden.
Ich glaube nicht, dass wir die nötige Werbung von Morbid Records (es war nicht ihr Fehler) bekamen und wir waren daher enttäuscht. Aber die Zeiten waren anders, es gab kein Internet und die Veröffentlichungspolitik war eine andere. Damals, dauerte es ein paar Monate ein Album zu promoten, heutzutage geht das mit E-Mail, Online Magazinen etc. viel schneller.

Markus: Wo denkt Ihr, liegt der Hauptmarkt für SALEM ? In Eurer Heimat oder eher anderswo?
Ze'ev:
Ich denke Collective Demise kann überall auf der Welt erfolgreich sein. Mit dem richtigen Vertrieb kann man überall erfolgreich sein und ich denke, dass stimmt für alle Arten von Musik. Die Metal Szene in Israel hat seine Hochs und Tiefs. Neue Bands kommen und gehen andauernd. Zur Zeit wächst die Szenen in Israel gerade wieder und viele Kids hören wieder Metal, unterstützen ihn und kommen zu Shows. Einige gute Bands sind : Arallu, Nail-Within, Lehavoth, Untropia, Meleches, Orphaned Land etc.... So gut wie jede SALEM Show ist ausverkauft. Ich versuche auch anderen Bands zu helfen. Ich produzierte einige Bands wie Arallu, Azazel, Aztec, Betrayer und ich bin gerade erst aus Deutschland zurückgekommen, wo ich Harris Johns geholfen habe Nail Within zu produzieren. Außerdem haben wir hier in Israel ein tolles Label namens Raven Music, welches Metal unterstützt.

Markus: Bekommt Ihr eigentlich viele Impulse von anderen Bands aus Eurer Region?
Ze'ev:
Nein.

Markus: Habt Ihr viele Möglichkeiten live zu spielen?
Ze'ev:
Wir haben viele Möglichkeiten live zu spielen. SALEM Shows haben ein große Energie. Die Zuschauer kennen alle Songs und singen mit mir mit und, wie gesagt, fast alle Shows sind ausverkauft. Die Show dauert 80 Minuten und beinhaltet Songs von all unseren Veröffentlichungen. Außerdem ist jede Show anders, da wir vier CD's haben und wir versuchen, den Fans jedes mal etwas Neues zu geben, wenn sie eine SALEM Show sehen. Manchmal zeigen wir unsere Videoclips auf einer Leinwand oder projizieren die ganze Show.

Markus: Die politische Situation ist in Israel zur Zeit ja sehr angespannt. Wie denkst Du darüber und wie ist im Moment die Atmosphäre für eine Metal Band?
Ze'ev:
Die politische Lage ist angespannt. Das beeinflusst uns und man kann das in unseren Texten und unserer Musik wiederfinden. Es beeinflusst auch den Metal in Israel, da viele ausländische Bands Angst haben hierher zukommen. Außerdem ist es sehr leicht möglich, dass eine Show von uns gestrichen wird, wenn am selben Tag ein Terroranschlag war.

Markus: Die Metalszene auf der ganzen Welt rückt durch das Internet immer näher zusammen. Wie sehr nutzt Ihr denn dieses Medium?
Ze'ev:
Wir nutzen das Internet täglich. Wir lesen Fan Briefe per E-Mail, erhalten Interviews und Reviews etc. pp. Außerdem haben wir eine eigene Webseite, welche wir mehrmals im Monat updaten.

Markus: Die letzten Worte gehören Dir.
Ze'ev:
Thank you very much for your support. Keep metal alive!

 
11/2002 © Markus Wedig • Salem