Leo: Ich
möchte euch zu Eurem großartigen neuen Werk The
Arcane Odyssey gratulieren! Welches Gefühl habt ihr
dabei, wenn ihr bei einem (Online-)Magazin zur Platte des Monats
gekürt werdet?
András: Das ist wirklich großartig! Wir
sind total überrascht!
Leo: Wie
sieht der Kompositionsprozess bei Euch aus und wie wichtig sind
für Euch die Texte?
András: Die Texte für ein Album schreiben
wir ganz zum Schluss. Wir schreiben die Musik immer zuerst,
wir jammen auch nicht im Proberaum; die Ideen werden geboren,
wenn wir alleine sind. Zu Beginn bauen wir die Basis des Songs,
nehmen die Ideen auf und schicken sie jedem einzelnen, sodass
jeder etwas beitragen kann. Dann proben wir sie und wenn wir
damit fertig sind, dann schreibe ich erst die Texte. Das ist
sehr wichtig, denn auf diese Weise gibt es zweifellos eine starke
Verbindung zwischen Musik und Text. Ich versuche die Stimmung
des betreffenden Liedes mit Worten auszudrücken. So werden
also unsere Texte geboren, sie sind sehr wichtig, so wie ein
Instrument, ein wichtiger Teil des Ganzen.
Leo: Gibt
es musikalisch gesehen etwas, worauf Du besonders stolz bist?
András: Ich bin stolz, dass es uns immer noch
gibt und die Menschen unsere Musik mögen. Das ist wirklich
cool. Auf The Arcane Odyssey bin ich
natürlich auch stolz weil ich einen Großteil der
Musik geschrieben habe und ich denke dass es unsere beste Scheibe
ist.
Leo: Im Gegenzug
gefragt: blickst Du auf Veröffentlichungen zurück,
die Du lieber ungeschehen machen würdest?
András: Nichts das wir getan haben bereue ich,
obwohl es Dinge gibt die wir aus heutiger Sicht anders machen
würden und ich weiß dass wir einige Fehler begangen
haben. Alle unsere Veröffentlichungen zeigen den jeweiligen
Stand während der damaligen Zeit, wie wir uns fühlten
als wir sie damals erschufen. Ich mag auch unsere alten Veröffentlichungen
weil sie eine ganz besondere Stimmung besitzen. Wir versuchen
immer nach Perfektion zu streben, aber im Verlauf unserer Karriere
gab es sicher bessere uns schlechtere Alben. Im Moment bewegen
wir uns auf hohem Niveau mit einem Album wie The
Arcane Odyssey and wir werden keine schlechtere
Platte einspielen.
Leo: Wenn
Du die Jahre im Musikzirkus Revue passieren lässt, was
hat sich gravierend geändert? Hat es eine Metal-Band heute
schwerer als noch vor 10 Jahren?
András: Die Szene hat sich gravierend geändert
wenn wir sie mit jener der Neunziger vergleichen. Dabei gibt
es positive und negative Seiten dieser Veränderung. Früher
war diese Art von Musik populärer aber ich sehe definitiv
eine Entwicklung die ich gut finde. Ich habe keine Ahnung ob
es für Metal Bands schwieriger ist erfolgreich zu sein.
Das ist ein komplexes Thema und hängt von einer Menge Faktoren
ab.
Leo: Welche
Probleme stellten sich Euch im Laufe eurer Karriere in den Weg?
András: Der Umstand, aus Ungarn zu kommen, war
nicht immer eine einfache Sache, es stellte aber auch kein Problem
dar, eher noch einen Vorteil, weil es uns in der Verfolgung
unserer Ziele gestärkt hat. Oftmals mussten wir mit Besetzungsproblemen
kämpfen. Es ist nicht leicht, aufopferungsvolle Menschen
zu finden. Wenn jemand nicht 100%ig hinter der Musik steht dann
schaue ich mich lieber nach einem Ersatz um.
Leo: Gibt
es in Ungarn Unterstützung für Bands wie SEAR BLISS?
Wie schaut es mit Auftrittsmöglichkeiten aus, werdet ihr
in der Öffentlichkeit akzeptiert oder eher belächelt?
András: Unsere Situation in Ungarn ist ganz
okay. Es gibt Möglichkeiten, um Konzerte zu spielen und
wir werden in der Öffentlichkeit und den Medien mehr akzeptiert.
Leo: Wolltest
Du schon jemals aufgeben und die Band auflösen?
András: Niemals! Während der 14 Jahre gab
es harte Zeiten aber ich dachte niemals daran aufzuhören.
Es gab mal eine Zeit da bestand SEAR BLISS
nur mehr aus zwei Personen (ich und der Drummer), aber der Gedanke
an eine Auflösung der Band kam mir nie in den Sinn. Ich
war schon immer ein Optimist, mein Wille war immer stark genug
die harten Zeiten zu überdauern. Diese Band ist wie mein
Kind. Ich gründete SEAR BLISS als ich
erst 15 Jahre alt war. Nun bin ich 29 und immer noch jung genug.
Ich fühle mich stärker als je zuvor. Ohne Musik kann
ich mir ein Leben nicht vorstellen, sie ist ganz wichtig für
mich.
Leo: Kannst
Du uns einige Bands aus deinem Heimatland empfehlen?
András: Das mag jetzt ein wenig egoistisch klingen,
doch ich empfehle Forest Silence, die Band unseres ehemaligen
Keyboarders. Ich war immer Fan seiner Musik, deshalb bin ich
auch stolz, dass er mich gefragt hat, ob ich die Gitarren auf
dem Debütalbum namens Philosophy Of Winter einspielen könnte;
es erschien letztes Jahr.
Leo: Hörst
Du abseits von Metal auch Musik?
András: Ja, ich höre mir Synthesizer-Musik
an wenn ich in der richtigen Stimmung bin, Bands wie Ulver haben
mich immer schon beeindruckt.
Leo: Bitte
erzähle mir über Dein erstes Zusammentreffen mit Metal
– welche LP hast Du Dir als Erste gekauft, welche Bands
haben Dir Deine Jugend versüßt?
András: Einer meiner Freunde gab mir 1987 das
Tape von Inside The Electric Circus von WASP. Ich war schockiert!
Ich verliebte mich sofort und wurde ein riesiger WASP Fan. Ich
verehre dieses Album immer noch, Mein erstes Album bekam ich
von meinem Vater und zwar das erste Album von WASP. Dann folgten
Iron Maiden, Accept, Grave Digger, Metallica, Slayer und ich
sah mich nach extremeren Bands um. Das führte mich zum
Thrash, Death und Black Metal.
Leo: Welche
Schmuckstücke finden sich in Deiner Plattensammlung?
András: Ich besitze ein paar alte Scheiben auf
Vinyl die ich sehr schätze, zum Beispiel die ersten drei
WASP Alben oder die Erste Iron Maiden und so weiter. Und natürlich
bin ich auf meine SEAR BLISS Sammlung am meisten
stolz haha? ;)
Leo: Welchen
Stellenwert besitzt Musik für Dich? Was musst Du als Idealist
nebenher noch arbeiten um Dich über Wasser zu halten?
András: Musik nimmt wahrscheinlich den größten
Teil meines Lebens ein. Ich könnte mir ein Leben ohne Musik
zu erschaffen und zu hören nicht vorstellen. Nebenbei muss
ich arbeiten, um meine Rechnungen bezahlen zu können. Manchmal
ist es extrem schwierig, Musik und Arbeit zu kombinieren, aber
bis jetzt konnte ich alle Probleme irgendwie lösen.
Leo: Ich
denke dass ihr zwar nicht übermäßig viele, aber
dafür umso eingefleischtere und treuere Fans habt, die
Eure Musik wirklich zu schätzen wissen. Wie sieht Deiner
Meinung nach die Zusammensetzung Eurer Fangemeinde aus?
András: Ich habe erwähnt dass eine Menge
unterschiedlicher Leute SEAR BLISS hören,
also denke ich dass es keine spezielle Gruppe gibt, die unsere
Musik bevorzugt. Soweit ich das sehe, sind unsere Fans aufgeschlossene
Metalheads, die ungewöhnliche Musik mögen, die ein
wenig abseits der Norm liegt. Das finde ich gut.
Leo: Gibt
es besonders lustige oder beeindruckende Erlebnisse mit Anhängern?
András: Da gibt es zu viele um sie zu erwähnen…und
natürlich gibt es auch einige, die ich nie erzählen
würde, haha. Wir haben eine Menge verrückter Typen
im Verlauf der Jahre kennen gelernt. Einmal musste ich einen
menschlichen Totenschädel signieren und auch eine hölzerne
Plakette einer toten Krähe.
Leo: Wer
kam auf die Idee mit der Zugposaune?
András: Das war ich. Ich wollte etwas Außergewöhnliches
zu unserer Musik hinzufügen, also fragte ich kurz nach
der Bandgründung einen meiner Freunde der in einer lokalen
Brass Band Posaune spielte ob er nicht Interesse hätte
mit uns zu spielen. Er war Metalfan und sagte sofort zu. Nach
den ersten Proben waren wir sehr überrascht wie gut die
Posaune dazupasste. Als er dann die Band verließ griffen
wir auf einen Session Posaunisten zurück, aber das war
nicht die optimale Lösung, so schauten wir uns nach einem
Ersatz um. Letztendlich fanden wir Zoltan der auch Metalfan
ist und außerdem ein sehr guter Posaunist. Er ist seit
dem Jahr 2000 dabei.
Leo: Wie
sahen die ersten Reaktionen auf die Verwendung einer Posaune
aus?
András: Meistens scheinen einige Leute skeptisch
zu sein aber nach den ersten Takten ändern sie ihre Meinung
und stimmen mit uns überein wie gut dieses ungewöhnliche
Instrument zur Musik von SEAR BLISS passt.
Leo: Wann
gibt es die nächste Chance, Euch auf der Bühne zu
erleben – The Arcane Odyssey wird doch hoffentlich
ausgiebig live vorgestellt, oder?
András: Wir werden dieses Jahr vier Shows in
Ungarn spielen und das war’s dann auch schon. Im nächsten
Jahr wollen wir uns auf Konzerte und Tourneen konzentrieren.
Gerade im Moment sehen wir uns nach einer Europa-Tour um und
ich hoffe wir finden da etwas, damit wir nächstes Frühjahr
auf Tour gehen können.
Leo: Wenn
eine Tour ansteht, wie oft trefft ihr Euch im Proberaum?
András: Derzeit proben wir oft, weil wir dieses
Wochenende 2 wichtige Konzerte spielen. Das sind auch die ersten
Veranstaltungen bei denen wir Lieder von The Arcane
Odyssey präsentieren. Wir proben 5mal die
Woche. Die nächste Show findet in Budapest, die zweite
dann in unserer Heimatstadt statt.
Leo: Eine
Frage, die in die Zukunft weist: wie wird sich die Szene in
den nächsten Jahren entwickeln? Wird das Problem mit den
Plattenverkäufen in den Griff zu bekommen sein bzw. wie
siehst Du das Internet allgemein?
András: Soweit es die Szene betrifft, denke
ich, dass Black Metal wieder angesagter ist und das ist gut
so, aber die Szene wird nie wieder so sein wie vor 10 oder 15
Jahren. Ich bin der Meinung dass durch das Internet und das
Herunterladen etwas verloren geht, als wäre die Magie weg.
Natürlich hat das Internet seine positiven Aspekte und
ich brauche das Netz auch aber nicht um herunter zu laden. Ich
bin so der richtige Old School Typ, der immer noch von einem
Plattengeschäft fasziniert ist, wenn er dort seine gewünschte
Platte in Händen hält. Solange es Menschen gibt die
ähnlich denken, wird es auch kein Problem geben!
Leo: Ich
wünsche Euch für den weiteren Verlauf Eures musikalischen
Schaffens viel Erfolg – möget ihr unsere Szene noch
viele Jahre mit Euren außergewöhnlichen Klängen
bereichern! Vielen Dank für die Zusammenarbeit!
András: Danke vielmals für Deine Unterstützung!