Drei Jahre nach dem schwarzmetallischen Manifest Antithesis, nehmen SECRETS OF THE MOON auf ihrem neuen Werk den Faden zwar genau dort wieder auf, klingen auf Privilegivm dennoch ganz anders und reflektieren zum ersten Mal das, was SECRETS OF THE MOON als Band ausmacht, wie niemals zuvor. SECRETS OF THE MOON sind ihrem ersten Kokon entschlüpft und entfalten ihre schwarzen Schwingen. A new darkness has risen!
Eine Band wie SECRETS OF THE MOON wirft viele Fragen zu noch mehr Aspekten auf, die nach einer Antwort schreien. Doch das geplante Interview auf dem unsäglichen Bleeding Edge Festival steht zunächst auf der Kippe, bis sich dann Drummer Thelemnar viel Zeit nimmt, um viele Fragen zu beantworten…

Dajana: ...denn …mir ist das Interview schon wichtig, schließlich macht Ihr ja nicht so oft welche...
Thelemnar:
Jetzt mit der neuen Platte im Hintergrund machen wir schon eine Menge Interviews. Nur Face To Face Interviews machen wir relativ selten. Wir hatten 3 oder 4 in London, in Oslo auch. Das finde ich persönlich auch viel schöner, als Email Interviews. Das ist spontaner. Ich sag hier nur einmal was, dass ich dann auch nicht mehr revidieren kann. Bei Email Interviews kann ich über das, was ich sagen will, nachdenken und am nächsten Tag gegebenenfalls alles ändern. Von daher finde ich das so viel spontaner...
Dajana: Und ich kann sofort nachhaken und hinterfragen...
Thelemnar: Genau, ist ja auch wichtig.

Dajana: Euer neues Album Privilegivm wurde auf Grund der Verpackung eine Woche nach hinten verschoben, aber jetzt steht es im Regal. Presse-Reaktionen gibt es auch reichlich. Verfolgt Ihr die?
Thelemnar:
Wir bekommen die Rezensionen, zu 60-70% lese ich die auch. Was die Printmagazine schreiben bekomm ich hier und da mal zusehen; Online-Rezensionen schau mir allerdings nur gelegentlich an. Ich bin nicht so der Online-Fan, von daher interessiert mich das wenig. Es ist natürlich schön, wenn da wer tolle Reviews über uns schreibt, aber ich bin niemand, der heiß darauf ist, was andere über uns sagen oder schreiben oder über unsere Musik denken. Wir machen das in erster Linie für uns! Und wenn es jemanden gefällt, sind wir zufrieden.

Dajana: Ihr polarisiert ja wieder einmal bestens. Die einen lieben Privilegivm, die anderen verreißen es...
Thelemnar:
Das finde ich sehr schön! Das ist das Beste, was einem Album passieren kann, das es Gegner und Befürworter gibt. Wenn jemand sagt, das ist mir zu sperrig oder zuviel und sich trotzdem damit beschäftigt, oder sich später noch mal Zeit dafür nimmt und dann das Album für sich entdeckt… ist doch gut. Natürlich stoßen wir auch Leuten damit vor den Kopf, aber das ist unser Privilegium!

Dajana: Ah... perfekte Überleitung. Privilegivm - der Titel Eures neuen Albums. Wer ist wie privilegiert oder wen wollt Ihr privilegieren was zu tun?
Thelemnar:
Ich denke, wir sind eine Band, die anders ist. Das war schon immer so. Wir haben die Leute schon mit der Carved In Stigmata Wounds vor den Kopf gestoßen. Die Reaktionen waren damals sehr gemischt, weil wir Sachen verarbeitet haben, die damals in der... das böse Wort: „Szene“ nicht aktuell und nicht alltäglich waren. Mit Antithesis war es genau das Gleiche. Das war unsere Antithese zu vielen bestehenden Dingen. Und Privilegivm enthält so viele neue Sachen, mit denen Leute, die früher die Band gemocht haben, heute nichts mehr anfangen können, aber womit wir auch wieder neue Leute erreichen. Und ich denke - das ist jetzt nicht arrogant gemeint - aber das ist unser Privileg das so zu tun. Genauso ist es mit den Texten, wo wir das Privileg nutzen, um gewisse bestehende Thesen zu invertieren bzw. um eine andere Sichtweise aufzuzeigen.

Dajana: Apropos... Arroganz. Euch wird ja generell gerne Arroganz und „elitäres Denken“ unterstellt, stört Euch das?
Thelemnar:
Ja, das hab ich schon oft gehört und ich finde das sehr schade. Wir sind eine Band die nur introvertierter ist. Auch live, wo wir kaum Ansagen machen oder Interaktionen mit dem Publikum haben. Das gehört zu der Band. Wir sind von Natur aus zurückhaltender. Die Musik ist sehr okkult und profund in gewissen Dingen, das trägt dazu bei. Das sind wir und wir sind auf der Bühne genauso, wie wir auch privat sind. Das ist kein Image! Wenn wir jetzt auf der Bühne versuchen würden irgendwelche Stimmung zu verbreiten, würde das der Musik überhaupt nicht gerecht werden. Leute, die uns sehen wollen, wissen, was sie erwartet, andere können vielleicht nicht damit umgehen. Das ist privat genau das gleiche. Wenn einer auf uns zukommt, springen wir nicht in die Luft und trinken 10 Bier mit dieser Person. Das ist nicht unser Ding. Wir sind ruhiger und zurückhaltender. Und das ist etwas, womit viele Leute heutzutage, speziell heute hier auf diesem Festival, nicht mit umgehen können. Hier herrscht heute Partystimmung und wir… wir sind die Schwärze.

Dajana: Gut, dieses ganze Festival heute... da ist ne Schmerzgrenze erreicht...
Thelemnar:
Das ist einfach unglaublich!
Dajana: Zumal man sagen muss, das bei den „eigentlichen“ drei Bands und Borknagar die Halle ziemlich leer war, wohingegen bei den „Drumherum-Bands“, die ja nun rein gar nix mit Eurer Musik und der der anderen zwei Bands zu tun hat, im T-Club die Hölle los war.
Thelemnar: Ja, ich find das wirklich sehr traurig, was da heutzutage so passiert. Gut, das ist eine andere Generation, das sind Teenager, keine 20 Jahre alt. Bei mir war das in dem Alter schwedischer Death Metal und Skandinavischer Black Metal. Jetzt haben die was anderes, das ist eine ganz andere Zielgruppe. Und die können wir vielleicht gar nicht mehr erreichen. Der ganze Musikgeschmack, der Stil hat sich komplett verändert mit all den Einflüssen wie Viking Metal und Power Metal und so. Oder die Mischung aus Superhelden... was wir da so heute beim Festival haben. Wenn ich das sehe, wird mir wirklich schlecht! Weil das dem Metal, mit dem ich groß geworden bin, schlicht in den Hintern tritt. Und das finde ich schon sehr schade. Auch was heutzutage in der Black Metal Szene passiert. Ich interessiere mich zwar nicht dafür, aber wenn ich mal was mitbekomme, finde ich das verdammt traurig. Der Geist, die Seele dieser Musik ist weitestgehend verloren gegangen.

Dajana: Ok, worüber ich nun aber reden muss, und ich schätze, das wird Euch jeder fragen... das Plattencover zu Privilegivm. Was habt Ihr Euch denn dabei gedacht?
Thelemnar:
Viel! Man findet auf so vielen Veröffentlichungen Tod, Teufel, Verderben, Elend und antichristliche Sachen. Aber genau eine so unglaublich antichristliche Frucht ist zum Beispiel der Apfel. Wenn man die Bibelgeschichte heranzieht, ist das der ultimative Sündenfall. Mit dem Apfel ist viel gefallen und wir haben den Apfel bewusst gewählt. Dieser Apfel ist quasi das umgedrehte Kreuz von SECRETS OF THE MOON. Dieser Apfel ist auch irgendwo Blasphemie, deshalb das schwarze Loch im Apfel. Das ist kein Biss, sondern ein schwarzes Loch. Das ist ein Symbol, ein Sinnbild, weil man nie weiß, was einen erwartet, wenn man in einen Apfel beißt. Der kann schmecken, oder auch nicht. Da können Maden drin sein, oder sonst was. Man bekommt etwas mit einer äußeren Hülle und weiß nicht, was drin ist. Und genauso ist das mit unserer CD. Man bekommt etwas, einen alltäglichen Gegenstand, den man kennt, aber man weiß nicht, was drin ist. Genauso ist das mit dem Loch im Apfel. Das passt alles schon ganz gut zusammen.
Dajana: War das eine Idee, die Ihr von Anfang an so hattet?
Thelemnar: Wir hatten eigentlich was anderes für das Cover geplant. Ein Gemälde mit Schlangen und einem Kreuz, das in der Vorankündigung zu Privilegivm schon zu sehen war. Aber wir durften das Gemälde aus urheberrechtlichen Gründen nicht benutzen. Und da hat ein Bekannter von uns – ein französischer Künstler, der auch schon mit Gorgoroth und Taake gearbeitet hat – dieses Cover speziell und ausschließlich für uns entworfen. Wir sind da sehr stolz darauf, das ist eine gute Idee. Das Cover verkörpert wirklich alles, wofür dieses Album steht.

Dajana: Da es zwecklos ist Musiker nach ihrem Befinden zum neuen Album zu befragen, schwenk ich mal über zur Studiozeit. Gab es da besondere Herausforderungen oder technische Finessen, mit denen Ihr Euch rumschlagen musstet? Habt Ihr Neues ausprobiert?
Thelemnar:
Technisch überhaupt nicht. Wir sind mit der Einstellung in den Aufnahmeprozess gegangen, dass wir möglichst primitiv aufnehmen wollten. Mehr im 80iger Jahre Stil sag ich mal. Wir haben nichts zusammengeschnitten oder zusammengebastelt, sondern ganz traditionell und ehrlich aufgenommen. Allerdings mit einem unglaublich guten Sound wie ich finde. Im Studio waren wir ziemlich frei, wir sind auch - ganz bewusst - nicht 100% vorbereitet ins Studio gegangen, um uns gewisse Freiheiten offenzuhalten. Und das Resultat spricht für sich. Man kann das auch hören. Privilegivm klingt gut produziert aber auch ein bisschen räudig. Wir haben spontan Sachen einfließen lassen, wie z.B. Trompeten oder eine Hammond Orgel. Auch das ist ein Privileg. Wir haben uns danach gefühlt und einfach diese Sachen ausprobiert. Oder die Chöre. Wir haben uns dafür zwar Zeit genommen, aber die Idee war völlig spontan. Oder die Stimmen... Es gibt so viele Sachen auf Privilegivm zu entdecken. Das war alles eine Sache der Spontaneität.
Dajana: Da stimme ich 100% zu. Ich hab das Album schon zig mal gehört und finde immer wieder was Neues, das mir vorher nicht aufgefallen war, das ich manchmal sogar geneigt bin, meine Rezension komplett über den Haufen zu werfen und noch mal zu schreiben, weil man hinterher ganz andere Eindrücke und Empfindungen zu diesem Album hat.
Thelemnar: Privilegivm ist ein Album, das klingt frisch, auch nach dem 20. Durchlauf. Es gibt immer wieder Sounds, meinetwegen auch noch nach einem halben Jahr, wo man dann denkt, das hatte ich vorher noch gar nicht so bewusst wahrgenommen. Aber... es wirkt trotzdem als Ganzes. Privilegivm ist vielleicht sperrig...
Dajana: Das find ich überhaupt nicht...
Thelemnar: Das ist gut. Aber ich hab auch schon von vielen gehört, das sie echt ein Problem damit haben. Was ich wiederum wieder sehr gut finde! Das ist wie mit einem dicken Buch, da muss man sich auch durchkämpfen und SECRETS OF THE MOON machen ja nun keine Easy-Listening-Musik. Bei uns gibt es was zu entdecken, das ist wie ein unglaublich schwarzer Trip, eine Reise, von der man nicht weiß, wo sie hinführt...
Dajana: Hast Du meine Rezi gelesen?
Thelemnar: Nein, hab ich nicht. Wieso?
Dajana: Ich hab das sehr ähnlich formuliert. Das Privilegivm wie eine Reise ist, nicht das Ziel, wie eine Metamorphose, bei der man nicht weiß, was am Ende dabei herauskommt...
Thelemnar: Ich kann mir Privilegivm richtiggehend als einen Film vorstellen. Man hat diese Einleitung, das Intro mit den Chören, das heißt, man wird als Zuschauer - weil man ja dazu Bilder im Kopf hat - oder eben als Hörer in ein Geschehen hineingeworfen und findet sich plötzlich irgendwo wieder, hört diese Chöre und die tiefen Trommeln, die sehr bedrückend wirken, ja geradezu bedrohlich. Und dann steigt irgendwas empor. Bei Sulphur, wenn es dann losgeht und die Gitarre zum ersten Mal einsetzt, sehe ich eine Schlange, die sich ihren Weg durch die Erde bahnt und dann mit den Gitarren durch die Oberfläche bricht und weiterkriecht. Und das Schlimme ist... ich sag „schlimm“ ganz bewusst... es gibt auf diesem Album diese lichten Momente, auch schon bei Sulphur, einen Part, wo es ruhiger wird und man sich etwas geborgen fühlt, nur um sofort wieder runtergerissen zu werden. Das ist wie ein Trip ohne Ende. Das Ganze endet dann mit Shepherd. Aber davor kommt erst noch Descent, wo man am Abgrund steht. Das hab ich ganz bewusst so gewählt und dieser Track ist auch spontan, erst in den letzten Tagen im Studio entstanden. Da wollte ich eine Version musikalisch erfassen, wo man am Abgrund steht und sich entscheiden muss: spring ich? Ist es dann alles gut oder nicht? Oder bleib ich stehen und freu mich, dass ich es überstanden habe? Shepherd ist dann der Fall des Albums, wenn man diesen Trip hinter sich hat, an diesem Abgrund steht und sich fallen lässt. Das ist für mich dieser freie Fall und gleichzeitig der Abspann des Films.
Dajana: Shepherd ist für mich sowieso ein Song, der völlig aus dem Rahmen fällt, der so ganz anders ist und viel Raum für Spekulationen lässt und für die Frage, wie es weiter geht.
Thelemnar: Ganz genau! Nur, wir wissen nicht wie es weiter geht. Aber es gibt auf unseren Alben immer Überleitungen, Songs, die sich verbinden lassen. Bei Antithesis ist es der letzte Track, da gibt es ein paar Tom
s zu hören, und am Anfang von Privilegivm gibt es wieder Schlagzeugparts. Es gibt da also einen fließenden Übergang, obwohl wir gar nicht wussten, was nach Antithesis kommen würde. Mit Antithesis hatten wir die Trilogie abgeschlossen und danach kam ein völlig neues Kapitel. Und Shepherd lässt wieder Raum für viele Spekulationen... Das finde ich super!

Dajana: Wo wir gerade dabei sind... mir ist aufgefallen, das sich Dein Schlagzeugspiel verändert hat.
Thelemnar:
Inwiefern?
Dajana: Ich finde das Drumming diesmal sehr mythisch, tribal-orientiert...
Thelemnar: Rituell.
Dajana: Ja genau. Das erinnert mich natürlich ein bisschen an Negura Bunget und Norilor zum Beispiel. Das hat da wohl ein bisschen abgefärbt.
Thelemnar: Abgefärbt... Also ich denke, dass das, was ich früher als Gastmusiker bei Negura Bunget machen durfte, was Negura Bunget in ihrer Musik transportiert haben, oder hatten - muss man ja sagen, da für mich diese Band nicht mehr existent ist - war etwas, das mich musikalisch schon immer, auch privat, begleitet hat. Ich stehe sehr auf diese rituelle Ambient Musik. Vorher hat es vielleicht nicht gepasst, so etwas einzubauen, aber die Musik an sich ist für uns so was wie ein Ritual und deswegen mussten wir das auch irgendwie so rüberbringen. Ganz bewusst! Das tragen wir so in uns, das ist für uns eine ganz logische Sache.
Und die Sache mit Negura Bunget... gut...
Dajana: Das war halt so der erste Vergleich, der mir zwangsläufig in den Sinn kam...
Thelemnar: Das ist ja auch interessant. Ich denke diese Bands haben (hatten) ja auch einiges gemeinsam, ob das jetzt bei uns eingeflossen ist... das kann durchaus sein. Privilegivm ist spontan entstanden, es gibt viele Parts, die wir erst im Studio entwickelt haben und wir haben es dann einfach so gelassen, wie es aufgenommen wurde.

Dajana: Ich persönlich finde auf Privilegivm diesmal sowieso sehr viele Zitate und Querverweise zu anderen Bands. Früher habt Ihr ja jeglichen Einfluss von außen immer abgestritten.
Thelemnar:
Das liegt daran, das es jetzt nur noch zwei Leute sind, welche die Musik schreiben (Thelemnar und sG), natürlich zusammen mit LSK (Bass). Früher saßen da vier Leute im Proberaum, im Studio und es gab Diskussionen. Das ist jetzt alles weggefallen. sG und ich haben die gleichen Wurzeln und die gleichen Visionen. Das passt einfach und wir zwei können wirklich blind Songs schreiben. Wir können uns in den Proberaum stellen – nicht wenn wir müssen, wie z.B. jeden Dienstag oder Donnerstag, sondern wir sprechen uns ab und treffen uns, wenn wir uns danach fühlen. Wir tauschen Parts aus, die dann oft schon ineinander übergehen und daraus entwickeln wir dann die Songs. Natürlich hört man ein bisschen die Musik heraus, die uns jeden Tag begleitet.

Dajana: Ich finde, dass das Riffing diesmal vereinfacht wurde. Dadurch kommen bestimmte Hooks noch besser zur Geltung. Das finde ich toll. Zum anderen schleicht sich ein bisschen Monotonie ein, was wiederum den rituellen Charakter unterstreicht und diesen dadurch hervorhebt aber manchmal wird es mir auch ein bisschen zu langatmig.
Thelemnar:
Zum Beispiel wo?
Dajana: Bei Harvest. Da passiert mir nicht genug.
Thelemnar: Ja, aber deswegen ist der Song auch in drei Kapitel unterteilt. Das sind ja quasi drei individuelle Songs. Wir hätten den auch splitten können, haben wir aber nicht.
Dajana: Bei I Maldoror gibt es auch einen Zwischenpart, ist mir vorhin auch live noch einmal aufgefallen, wo ich denke, der hätte ruhig weggelassen werden können...
Thelemnar: Obwohl ich denke, einen Song wie I Maldoror haben wir noch nie gemacht. Der rockt.
Dajana: Streite ich ja gar nicht ab, ganz im Gegenteil...
Thelemnar: Das ist gerade ein Song wo wir auch versucht haben, mehr auf den Punkt zu kommen, griffiger zu wirken. Auch bei Harvest, wenn man ihm mehr Aufmerksamkeit schenkt, ist auch dieser Song griffig und eingängig.
Dajana: Wie gesagt... ein paar Stellen finde ich persönlich halt zu langatmig
Thelemnar: Das ist ja auch ok.
Dajana: Dafür krieg ich For They Know Not nicht mehr aus dem Kopf raus, der Song hat sich total eingefressen. Immer, wenn ich was summe, ist das dieser Track.
Thelemnar: Das finde ich cool. Bisher hat nämlich noch niemand diesen Song genannt. Nie. Finde ich super! Ich hab Angst, dass dieser Song ein bisschen untergeht. Da gibt es Sulphur als opening Track, Queen Among Rats, I Maldoror, Black Halo, die Songs, die mit ihren Refrains so ein bisschen herausstechen. Und For They Know Not hat so viele Trademarks von SECRETS OF THE MOON, gerade da gibt es einen Querverweis auf eine Band, die sehr, sehr wichtig war für SECRETS OF THE MOON. Früher, und heute immer noch. Besonders früher. Und das muss man erst mal finden. Ganz bewusst gibt es da einen Querverweis. Mehr geht nicht!
Dajana: Ok, da muss ich noch mal genauer hinhören.

Dajana: Ist das LSK bei Sulphur?
Thelemnar:
Die geflüsterte Stimme ist LSK. Und die andere Stimme im Hintergrund ist meine Großmutter.
Dajana: Ah, das hatte ich den Credits gelesen. Wie hast Du sie denn dazu bekommen das zu machen?
Thelemnar: Ich... ich weiß nicht. Ich hab die Melodie von Sulphur gehört und sG gesagt, da hätte ich gern die Stimme einer alten Frau dazu. Dieses Album trägt sehr viele Emotionen in sich und speziell ältere Frauen, also Großmütter haben mit diesem Album viel zu tun. Meine Großmutter lebt noch und hat sehr viel für dieses Album getan. Sie hat zum Beispiel das Geld zugeschossen für eine neue Gesangsanlage im neuen Proberaum, sonst hätten wir Privilegivm auch gar nicht so schnell schreiben können. Und ich wollte sie einfach auf diesem Album verewigen. Und auch live ist sie jetzt jeden Abend dabei wenn wir proben. Das ist immer ein wichtiger und schöner Moment.
Dajana: Finde ich sensationell. Respekt an Deine Großmutter.

Dajana: Stichwort Bandgefüge. Es hat im Bandgefüge von SECRETS OF THE MOON Veränderungen gegeben, ich meine nicht personell, die sind ja bekannt, ich meine in spiritueller Hinsicht, man kann es förmlich spüren...
Thelemnar:
Man spürt unsere Stärke. Wir sind endlich wieder ein Ganzes. Das war vorher nicht so. Da waren wir 2+2 oder 3+1. Aber diese Band kann nur als Ganzes funktionieren. Es sind drei feste Mitglieder + 1. Ok. Aber live sehe ich uns als Ganzes. Wir passen alle hervorragend zueinander, wir sind vom Charakter her ein bisschen verschieden, aber trotzdem fügt sich das Ganze wunderbar zusammen. Und so ein Gefühl wie heutzutage auf der Bühne hatte ich zum letzten Mal als die Carved In Stigmata Wounds rausgekommen ist. Ein besseres Line-Up hat es für diese Band noch nie gegeben. Es sind alles hervorragende Musiker, da sitzt jedes Break und es ist einfach stimmig. Es ist eine Gemeinschaft. Das haben wir viele Jahre lang nicht gehabt und ich bin da jetzt sehr, sehr froh darüber.

Dajana: Das wird ja auch perfekt transportiert in Eurem neuen Logo. Mit dem Unendlichkeitssymbol...
Thelemnar:
Was denkst Du darüber?
Dajana: Ich finde das sehr interessant, das Ihr das genommen habt und es reflektiert ja auch, was sich im Bandgefüge getan hat. SECRETS OF THE MOON ist keine normale Band, sondern eine Art Kollektiv, eine in sich geschlossene Kommune mit einem eigenen Geist, der für sich selbst steht. Man gibt sich quasi als Individuum ein und hin und fließt in das Ganze ein, dass daraus wiederum seine Energie und Stärke zieht.
Thelemnar: Ich finde diese Interpretation sehr gut! Und das stimmt auch so.
Dajana: Das merkt man der Band aber auch an. Zumal sG mal in einem früheren Interview sinngemäß sagte, das die Mitglieder bei SECRETS OF THE MOON beliebig austauschbar wären, da diese Band eben diesen eigenen Geist hat, den man verinnerlichen muss. Und genau das merkt man dieser Band nun besonders deutlich an.
Thelemnar: Das stimmt! Und dieser Geist ist jetzt mächtiger als jemals zuvor. Das sehe ich so.

Dajana: Du und sG Ihr lebt ja inzwischen beide in Berlin, eine sehr kreative, flippige und lebhafte Stadt, färbt davon was auf Euch ab?
Thelemnar:
Ich muss ja sagen, ich bin überhaupt kein Stadtmensch und habe mich weitab der Stadt sehr wohl gefühlt. Berlin ist ein neuer Schritt, eine ganz neue Erfahrung. Ich bin ja großer Krautrock-Fan und damals sind viele freie und experimentelle Bands nach Berlin gegangen. Da weht einfach ein anderer Wind. Ich merke das jetzt auch. Ich hätte mir das vor Jahren niemals vorstellen können, dass ich mit der U-Bahn fahre, mich bewege, wo viele Menschen sind, was ich überhaupt nicht mag. Und daran wird sich auch nichts ändern. Aber man fühlt sich dort irgendwie... das ist eine ganz andere Welt und auch eine ganz neue Erfahrung. Das ist spannend, etwas sehr Positives und etwas worauf ich mich freue. Ich kann jetzt theoretisch jede Woche zu einem Konzert von Bands gehen, die ich schon immer mal sehen wollte. Das hat es in Osnabrück nie gegeben. Es gibt so viele Leute die man treffen kann. Nicht, das ich darauf immer Lust hätte, aber man kann einfach mal abends rausgehen, ein Bier in einer Metalkneipe trinken, was ich auch mal genieße. Sowas gab es halt vorher in meinem Leben nicht. Musikalisch wird das sicherlich nicht soviel Einfluss auf SECRETS OF THE MOON haben; menschlich... wird es vielleicht neue Aspekte geben. Was natürlich positiv ist, wenn man als Band etwas erreichen möchte, auf Tour gehen will und so - Berlin ist ein Dreh- und Angelpunkt. Berlin ist leicht zu erreichen, auch für die anderen Bandmitglieder. Man kann bestens von Berlin aus in die Welt starten oder umgekehrt schaut die Welt auf Berlin, man kann hier viele Kontakte knüpfen. Berlin ist schon sehr wichtig.

Dajana: Kommen wir mal zu den Texten. Inhaltlich verarbeitet Ihr unter anderem die Gesänge des Maldoror von Lautréamont (Pseudonym für Isidore Lucien Ducasse (1846 - 1870)) (eines der radikalsten Werke der abendländischen Literatur und maßgeblicher Einfluss auf den Surrealismus und die Literatur der Moderne), was natürlich perfekt zu Euch passt. Habt Ihr die Gesänge komplett gelesen? Bei Antithesis waren es Ovids Metamorphosen, ein in Hexametern verfasstes mythologisches Werk über Metamorphosen - grob die griechische Genesis.
Thelemnar:
Ovids Metamorphosen basierte sehr auf den Studien von A.D. Er beschäftigt sich privat sehr viel mit dieser Geschichte und wir dachten, das passt. Das war halt sein Part.
Die Gesänge des Maldoror ist ein Buch, was sehr intensiv ist, sehr schwarz und ich denke, es beschreibt den ultimativen schwarzen gefallenen Engel auf Erden. Wenn ich mich recht erinnere, war die Idee einen Song darüber zu schreiben schon da, als wir die Carved In Stigmata Wounds aufgenommen haben. Da geisterte Maldoror schon rum. Privilegivm basiert ja nicht nur auf den Gesängen des Maldoror, das ist nur ein Aspekt in einem Song. Aber diese Geschichte kann man ausweiten auf die gesamte Antithese und Blasphemie, die wir so verbreiten.

Dajana: Ok, damit wäre ich nun am Ende meiner Fragen. Wie geht es aktuell weiter? Nach der Europatour geht’s rüber in die USA.
Thelemnar:
Richtig. Mit Moonspell. Für 2010 kann ich noch nichts sagen. Wir nehmen uns nichts bewusst vor. Es sind zwar schon ein paar Shows gebucht, es wird viele Festivals geben, allerdings werden wir versuchen Deutschland weitestgehend zu meiden, weil wir in Deutschland einfach zu oft gespielt haben. Jetzt wollen wir erst mal in anderen Ländern spielen, die etwas hungriger sind oder wo wir noch nie waren. Ich würde z.B. gern mal in der Türkei spielen, oder im Baltikum. Wir wollen nach Portugal, Griechenland, Marokko oder mal nach Südamerika. Vielleicht dann noch mal in den Staaten touren. Es gibt viel was wir gern tun würden, mal schauen, was davon realisiert werden kann. Deswegen entschuldigen wir schon mal bei Deutschland, das wir nächstes Jahr nicht so präsent sein werden.

Dajana: Gibt es noch ein paar Dinge abseits der Musik und SECRETS OF THE MOON, an denen Du Dich austoben kannst und willst?
Thelemnar:
Sportliche Aktivitäten wie Mountainbike fahren. Ich muss Natur haben, da kann ich mich austoben. Wenn ich jemanden auf die Nerven geh, muss er mich einfach einen halben Tag in den Wald schicken, dann ist alles wieder gut.
Ansonsten tob ich mich halt musikalisch in diversen Projekten aus.
Dajana: Waren doch gar nicht so viele, oder?
Thelemnar: Da gibt’s schon einiges, wo ich mich dransetzen muss, wo ich involviert bin: Dordeduh zum Beispiel, Eudaimony, The Vision Bleak und Dekadenz. Da stehen überall neue Sachen an. Dann hab ich noch nebenbei zwei Black Metal Projekte...
Dajana: Ok, ok, die Frage wäre geklärt.

Dajana: Gut, dann bedanke ich mich recht herzlich für’s Stillsitzen und das ausführliche Interview. Habt noch ne tolle Tour in Europa und vielmehr drüben, auf der anderen Seite des großen Teiches.

 

9/2009 © Dajana Winkel • Secrets Of The Moon