Devin Townsend ist mit Sicherheit einer der interessantesten und begnadesten Musiker der Metalszene, die er somit auch kräftig mitprägt. Dabei ist es egal, ob man seine STRAPPING YOUNG LAD’s bemüht, sein Solo Projekt oder diverse Albumproduktionen anderer Bands. Er ist ein hyperaktiver Wahnsinniger, der nicht aufhören kann zu arbeiten. Und trotzdem strotzt jedes seiner Werke nur so vor kreativer Ideen und Innovation. Nun denn, kaum ein Jahr ist es her, das STRAPPING YOUNG LAD den Knaller Alien veröffentlicht haben, ganz zu schweigen vom Synchestra Album im Januar diesen Jahres (The Devin Townsend Band) und schon schlägt er mit The New Black wieder zu, welches wahrscheinlich das eingängigste aller SYL Alben geworden ist. Allerdings werden auch die Gerüchte immer lauter, die besagen, das Devin Townsend völlig ausgebrannt ist und die oftmals angekündigte Pause nun unausweichlich bevorsteht. Perfekte Gelegenheit also, den Meister mal selber über sein Befinden und sein grandioses neues Album auszuhorchen, das im Übrigen Album des Monats (Juli) beim Nocturnal Hall geworden ist...

Strapping Young Lad

Dajana: Hallo Devin, wie geht’s wie steht’s? Ihr habt gerade eine Handvoll an Livedates absolviert, wird es noch eine richtige Tour zu Eurem neuen Album geben?
Devin:
Hi Dajana, mir geht’s gut aber ich bin hundemüde. Wir haben jetzt erst mal einen riesen Tourslot beim Ozzfest zu absolvieren. Was danach kommt, man wird sehen... [inzwischen gibt es Gerüchte über eine SYL Headliner Tour Anfang 2007 – Cal]
Dajana: Ich wollte eigentlich zu Eurer Show in Holland fahren, aber mein Auto hat den Geist aufgegeben. Wie war’s?
Devin: Es lief gut. Wir hatten gute Besucherzahlen und jede Menge Spaß. War toll dort zu spielen...
Dajana: *seufz*...

Dajana: Ok, Stichwort neues Album, lass uns da mal drüber reden... Zunächst: was ist neu am Schwarz?
Devin:
Es ist weiß [lacht]... Naja, wir wollten es diesmal ein bisschen melodischer und weniger chaotisch haben. Jeder Track ist einzigartig und keiner gleicht dem anderen. Ich bin glücklich, das sagen zu können. Es ist aufregend und lustig und noch mehr. Ich bin richtig glücklich damit.

Leo: Wir haben hier nur die Promo zu The New Black bekommen, ohne Texte. Aber Tracks wie You Suck oder Antiproduct implizieren, das irgendwas Schlechtes im Vorfeld von Songwriting/Produktion vorgefallen ist. Du scheinst sehr wütend zu sein.
Devin:
Yeah, ich meine... na ja, ich hab wirklich die Schnauze gestrichen voll von der Musik Industrie. Das ist eine Sache zwischen der Musik Industrie und uns als Band und der Musik, die wir machen. Es geht darum Alben zu machen und sich mit den entsprechenden Leuten bei den Labels herumzuschlagen, du weißt, du bist Scheiße, ich bin Scheiß, wir alle sind Scheiße... oder so. Musik ist scheint so was wie eine Quälerei aus Liebe zur Quälerei zu sein. Also ist es ein Teil von und besonders Antiproduct ist ein Song, vielleicht gegen die Musik Industrie, gegen mich selbst... auf eine zynische Weise
Dajana: Genau. Das ist, was ich als Stichpunkt hier habe... Zynismus. Das Album ist purer Zynismus.
Devin: Dem stimme ich zu...
Dajana: Nichtsdestrotrotz... aber es ist nichts Spezielles passiert, das Dich so wütend gemacht hat?
Devin: Naja, wie Du weißt, es gab viele Dinge in den letzten Jahren. Deshalb will ich ja auch eine Pause nach dem Ozzfest machen. Keine Musik, keine Produktionen. Ich bin wirklich müde.
Dajana: Das hast Du schon oft gesagt, aber niemals wahr gemacht.
Devin: Ich weiß, aber diesmal werd ich.
Dajana: Ich hab gehört, Du wirst Vater?
Devin: Yeah, das ist richtig.
Dajana: Herzlichen Glückwunsch!!!
Devin: Danke. Das ist eine gute Gelegenheit für mich, diese Pause einzulegen, um für mich selbst herauszufinden, was ich mit meiner Karriere machen will.
Dajana: Aber um ehrlich zu sein... Ich kann mir schwerlich vorstellen, das Du zuhause auf dem Sofa mit einem Baby im Arm sitzt...
Devin: [lacht]... Das wäre auch was Neues für mich. Wir werden sehen. Ich will jetzt nicht groß über mein Privatleben plaudern, aber ich bin schon glücklich mit all dem.

Dajana: Wie lange willst Du Dich rar machen?
Devin:
Keine Ahnung. Es könnten ein paar Monate sein, oder Jahre. Ich bin da ganz offen und wird sehen, was passiert.

Dajana: Ok, zurück zum neuen Album: Ich persönlich liebe The New Black, ich find’s fantastisch. Aber ich schätze, viele Leute werden einmal mehr ein Problem damit haben. Es gibt da so viele Schichten und Ebenen, Stile und Elemente, die hier vereint werden. Beim ersten Durchlauf kann das schon wie ein absolutes Chaos wirken, von dem man einfach niedergewalzt wird...
Devin:
Yeah, ich meine... STRAPPING YOUNG LAD machen schon so viele Jahre lang Chaos, das ist jetzt einfach die nächste Stufe in der Evolution. Ich kann mir schon vorstellen, das Leute damit Probleme haben werden. Es ist sicherlich nicht einfach sich darauf einzulassen, aber ich bin stolz drauf! Ich bin glücklich darüber, wie es geworden ist und hoffe, dass die Leute dennoch Zugang zum Chaos finden werden und es nehmen, wie es ist.
Dajana: Yep, ist sogar noch mehr Chaos als auf Alien...
Devin: Das ist, was wir machen...

Psycho: Es gibt neue Elemente auf The New Black. Sind das Trompeten bei Antiproduct?
Devin:
Yeah, yeah, das sind Trompeten. Ich hab das irgendwo gehört, bei einer Big Band und dachte, ich probiere das mal aus und schau, was passiert. Meiner Meinung macht diese orchestrale Sachen Antiproduct interessanter
Psycho: Und? Denkst Du, das wird der nächste Trend?
Devin: [lacht] Nein, denke ich nicht. Das war nur ein Test. Ein Test, um die Musik zu erweitern. Ich mag es zu experimentieren und das Experimentieren zu gebrauchen.

Psycho: Und wie wollt Ihr das Live umsetzen?
Devin:
Öhm... wir spielen den Song nicht.

Psycho: Wenn man sich The New Black anhört, könnte man meinen, Du würdest gern ein Album machen, das völlig frei von Metal ist. Wäre das so was wie ein neuer musikalischer Anfang nach der Pause?
Devin:
Yeah, ich hoffe doch. Ich meine, ich mache nun Metal seit so langer Zeit, all die Strapping Alben und das ganze andere Zeugs. Ich möchte endlich mal was anderes machen und nun ergibt sich die Gelegenheit dafür. Ich hoffe, das ich während der Pause herausfinde, was anderes ich gerne machen würde und hinterher mit anderen Perspektiven aufwarten kann.
Dajana: Gibt’s schon erste Ideen?
Devin: Vielleicht was in Richtung Ambient, vielleicht Filmmusik, wer weiß...
Dajana. Aha... nen Soundtrack also…
Devin: Jau, es gibt jede Menge an Inspiration, deshalb will ich ja auch mal was anderes machen.
Dajana: Was wäre denn die perfekte Story für Dich, um nen Soundtrack dazu zu schreiben?
Devin: Oh... hmm... jemand verirrt sich im Megasound? [lacht]

Dajana: Bezüglich dem, was ich über Euer Album gesagt habe, hast Du mal gesagt: “People that don’t like my music are either silly or dead, for both I don’t have any time” Naja, da es ja nie einfach war mit Eurer Musik zu beschäftigen, könnte dieses Statement auf ziemlich viele Leute zutreffen...
Devin:
Das muss aber schon lange her sein, das ich das gesagt habe. Wie du weißt, bin ich der Meinung, dass Leute, die meine Musik nicht mögen, wahrscheinlich nen guten Musikgeschmack haben...Ich entschuldige mich wirklich dafür, was ich da gesagt habe.

Psycho: Wenn man mal ein bisschen zurückschaut... bist Du heute glücklich darüber, das Du nicht der neue Sänger von Judas Priest geworden bist?
Devin:
Oh ja! Absolut! Das wäre absolute das Falsche für mich gewesen. Ich bin wirklich dankbar für die Tatsache, das man mich zum Vorsingen eingeladen hat, aber... aber ich wäre nicht der richtige Sänger für Priest gewesen.
Psycho: Zumal man ja Ripper Owens auch ziemlich verheizt hat...
Devin: Er war aber auf jeden Fall der bessere Sänger für Priest und hat in seiner Zeit einen verdammt guten Job dort gemacht. Ich wäre jedenfalls nicht der Richtige gewesen...

Dajana: Ihr seid ja nun so was wie Stars in der Metalszene. Nicht, weil Ihr so viele Alben verkauft, sondern weil Ihr extreme Musikterroristen seid, total ausgeflippt und abgedreht (und sooo nett ;)), außergewöhnliche Musiker (vielleicht die Besten) und auf diese Weise was Besonderes. Wie fühlt man sich damit?
Devin:
Ein bisschen verschreckt? Naja, ich mach das schon solch eine lange Zeit. Ich bin froh, das die Leute genießen was wir machen, und das sie es wertschätzen aber ich bin auch sehr zufrieden darüber, das ich so unterschiedliche Musikstile machen kann und SYL ist ja nur einer davon. Ich schätze es sehr, das die Leute uns Respekt für unsere Arbeit zollen. Andererseits ist das nur ein Aspekt von dem, was wir tun können.

Dajana: Ihr ward dieses Jahr beim Rock am Ring und habt vor hunderttausend Leuten gespielt. Hat man Euch entsprechend wahrgenommen?
Devin:
Wir waren beim Rock am Ring und Rock im Park. Rock am Ring war wirklich großartig, Rock im Park... na ja ... war 50% gut.

Psycho: Songs zu komponieren, ist das mehr Inspiration oder harte Arbeit?
Devin:
Ich denke, das ist eine Kombination aus beiden Aspekten. Du hast eine Eingebung und dann ist es harte Arbeit, selbige in die Tat umzusetzen. Ich bin glücklich meine Musik realisieren zu können und es braucht Beides, um wirklich gute Songs zu machen.

Dajana: Apropos Inspiration... woher beziehst Du sie eigentlich?
Devin:
Nun ja, wie Du weißt, hab ich die Nase voll von der Musik Industrie und das inspiriert mich ein Album zu machen, wie sehr ich die Nase voll hab. Das ist wie eine Inspiration von der Inspiration zu bekommen.

Dajana: Und wie war’s im Studio? Ich kann mir vorstellen, dass es eine ziemlich knifflige Angelegenheit war, all diese Schichten, Stile und Elemente miteinander zu einem homogenen Stück zu verbinden.
Devin:
Das war ne ziemliche Wegstrecke... es war harte Arbeit, das alles so zusammenzubekommen und zu inszenieren, wie es sein sollte. Aber es war auch interessant, ein Projekt. Das ist wie bei jedem Album so oder bei allem anderen in Leben, das gut werden soll: es ist harte Arbeit. Ich bin glücklich was wir hier zustande gebracht haben und stolz darauf.

Dajana: Wenn Du mit Deinen Leuten im Studio arbeitest, versuchen sie Dich zu beeinflussen? Hörst Du auf sie oder machst Du was DU willst?
Devin:
Oh, ich höre auf sie. Wie entscheiden gemeinschaftlich Ideen und Produktion. Aber letzten Endes mache ich schon, was ich will.
Dajana: Bist also kein Tyrann im Studio...
Devin: Vielleicht ein kleines bisschen...

Psycho: Was liegt Dir mehr: geplantes Chaos oder totale Spontaneität?
Devin:
Beides? Also, wenn’s darum geht, ein Album zu machen, dann braucht es manchmal geplantes Chaos und manchmal totale Spontaneität. Ich denke, ein gutes Album ist eine Kombination aus beiden.

Psycho: Wie triffst Du Entscheidungen? Kopf oder Bauch?
Devin:
Bauch! Definitiv mit dem Bauch!

Psycho: Und was macht Devin Townsend um zu relaxen?
Devin:
Oh, hab ich nicht in den letzten 15 Jahren.
Dajana: Niemals?
Devin: Nö, ich meine, betrunken sein ist nicht relaxen, oder? Ich habe in den letzten Jahren nicht besonders viel Zeit mir selbst gewidmet. Das ist ziemlich enttäuschend. Deswegen will ich jauch die Pause nach dem Ozzfest, um mich mal richtig auszuruhen.
Dajana: Das wird aber auch langsam Zeit...
Devin: Genau.

Psycho: Hattest Du jemals Gesangsunterricht?
Devin:
Aber klar doch. Ich hab mal ne Weile in LA gelebt und dort hatte ich Unterricht. Die meisten Gesangsstunden hatte ich bei meinem High School Lehrer.
Dajana: Deinem High School Lehrer???
Devin: Yeah, und da bin ich ziemlich stolz drauf. Mr. Springer hat mir geholfen.

Psycho: Mit wem – Musiker oder Künstler – würdest Du gerne mal zusammenarbeiten?
Devin:
Hmm... im Besonderen... würde ich gern mal was mit dem Meshuggah Gitaristen Fredrik machen, oder mit Mikael von Opeth. Aber es gibt nicht allzu viele Leute, mit denen ich was machen wollte.
Dajana: Und außerhalb der Musikszene? Irgendein Künstler? Maler vielleicht? Keine Ahnung...
Devin: Naja, ich bin nicht besonders gut darin, mit anderen zusammenzuarbeiten. Ich könnte für jemanden schauspielern vielleicht, wäre ne coole Sache. Ich hab keine Ahnung.

Dajana: Was für andere Talente hast Du, neben der Musik?
Devin:
Ich kann richtig guten Kaffee machen [lacht]. Ich kann ein paar kleine Zeichnungen machen. Ich mache schon so lange ausschließlich Musik, das andere Talente verkümmert sind. Aber ich hoffe, das ich während meiner Pause ein paar davon wiederentdecke.

Psycho: Und was für Musik hörst Du als Privatperson?
Devin:
Ich höre eine Menge Anbient Zeugs. Ich mag Sigur Ros, die sind toll. Ich mag auch Schulbands, Meshuggah und Opeth, um Metalbands zu nennen und jede Menge anderer Sachen. Ein bisschen Abba ab und zu... you know.

Psycho: Noch was Politisches zum Ende... Keine Ahnung, ob Du’s gelesen oder gehört hast, aber viele Amerikaner behaupten in Europa Kanadier zu sein, da die meisten Europäer gegen die amerikanischen Kriegsrepressalien sind.
Devin:
Yeah, ... ich meine, ich weiß nicht besonders viel über Politik, noch lamentiere ich viel drüber. Kanadier zu sein ist nicht das Schlechteste, aber überall auf der Welt leiden Menschen und sterben Menschen. Ich denke, politisch gesehen, was immer sie tun um durchzukommen, ist ok. Ich denke, eine gute Person zu sein und das Beste draus zu machen ist die Essenz daraus.

Dajana: Ok, das war’s. Danke schön für die Zeit, um all diese Fragen zu beantworten und viel Kraft für den Promotion Marathon, den Du vor Dir hast. Ich hoffe, man sieht sich live on stage. Cheers!

 

06/2006 © Dajana Winkel • Strapping Young Lad