Mit der Veröffentlichung ihres zweiten Albums A Modicum Of Truth haben die Braunschweiger von TEPHRA ihre Position mehr als gefestigt und werden gerne als die deutsche Speerspitze in Sachen Post/Noise Rock/Core gehandelt. Vergleichsnamen wie Mastodon, Cult Of Luna oder Isis gehen beim Namedropping wie selbstverständlich über Lippen und/oder (digitale) Feder, und dass, obwohl auf der anderen Seite das Genre quasi tot geredet wird, man sich über Stagnation und Innovationslosigkeit in der Musik beschwert. Gerade zur Tür rein nach absolvierter Deutschlandtour muss Sänger Ercü ran und ein paar Fragen beantworten… ;)

Dajana: Moin Jungs, wenn Ihr die Fragen bekommt, seid Ihr gerade mit Eurer Deutschlandtour fertig. Wie ist es gelaufen?
Ercüment:
Genau, die war echt super.

Dajana: Was waren so die Höhe- und Tiefpunkte? Gibt’s duchgeknallte Stories?
Ercüment:
Das miese Wetter war ein Tiefpunkt und unser Keyboarder hatte sich eine Lungenentzündung geholt, so dass er die Letzten drei Shows nicht mitspielen konnte. Ein Höhepunkt war, das unser Sound Techniker, der auch Drummer bei 244GL ist, sich im Bus die Songs einstudiert hat und wir teilweise Shows mit zwei Drums gespielt haben.
Das war mal echt spontan und grandios!

Dajana: Ich hab Euch ja zum letzten Mal im September auf der LDC Releaseparty live gesehen... das hätte ja eigentlich auch Eure Party sein können. Vom VÖ hätte das ja gepasst. Hattet Ihr ne eigene Party? Wann und wo und mit wem und wie war’s?
Ercüment:
Nee, wir haben diesmal darauf verzichtet und haben die Tour als Release Tour gesehen.

Dajana: Dann lasst uns mal über A Modicum Of Truth reden... Seid Ihr zufrieden mit den Reaktionen? Es gab ja überall viele lobende Worte ;)
Ercüment:
Ja, ein paar haben wir gelesen und es ist auch ein gutes Gefühl, dass es vielen gefällt aber irgendwann hört man auch auf Reviews zu lesen, sonst verliert man noch den Boden unter den Füßen, aber es sind auch ein paar dabei die nicht so gut sind, gehört halt dazu und bringt natürlich auch Gleichgewicht.

Dajana: Außerdem werdet Ihr oftmals als die deutsche Speerspitze in der Szene bezeichnet und in einem Atemzug mit Neurosis, Isis, Cult Of Luna oder Mastodon genannt... Das geht doch runter wie Öl, oder? Habt Ihr es jetzt geschafft?
Ercüment:
Was geschafft!? Na ja, wie Öl würde ich das nicht nennen. Es schmeichelt ja schon aber wir wollen auch nicht so sein wie oben genannte Bands oder unbedingt nach denen klingen. Das ist nicht unser Ziel.

Dajana: Unser Rezensent Jochen, der auch Eure Platte besprochen hat, hätte da allerdings folgende Anmerkung:
Jochen: Da produziert eine Band ein atmosphärisch dichtes Album, mal brutal, mal straight, mal ausladend und ruiniert's (für mich) ziemlich durch den heiseren, growlenden Antigesang. Das ist wie Fettdruck mit Unterstreichung.
Ercüment:
Keine Ahnung, hab es nicht gelesen. Sorry!

Jochen: Die Musik spricht doch schon eine klare Sprache, muss da gesanglich noch eins draufgesetzt werden?
Ercüment:
Warum nicht!?

Jochen: ...Außer, wenn ich gerade meine bombastischen fünf Minuten habe, bin ich ja ein Fan des Betonens durch Auslassen, Gegensätzliches zuzulassen finde ich ebenfalls äußerst reizvoll (und nein, es müssen nicht immer Opernsängerinnen und Gothic Metal sein), aber muss auf eine musikalische Attacke unbedingt eine vokale Kriegserklärung drauf gepackt werden?
Ercüment:
Und was ist dann mit Bands wie Marduk oder Cannibal Corpse?

Dajana: Ich hab gelesen, dass Ihr Eure Musik quasi aus dem Bauch heraus komponiert und entwickelt. Lässt sich das über einen längeren Zeitraum so durchziehen? Oder braucht man irgendwann dann doch so was wie ein Konzept (so beim 10. Album oder so)?
Ercüment:
Beim 10. Album sind wir ja noch nicht angekommen aber bis jetzt klappt es gut und vielleicht kommt auch mal ein anderer Gesang, haha.

Dajana: Eine andere Sache, die in Euren Rezensionen auffällt bzw. wo es inzwischen auch generelle Diskussionen gibt, ist die Tatsache, dass die Post/Noise Rock/Core Szene allenorten für Tod erklärt wurde, oder als Sackgasse. Es gibt nichts Neues oder gar Innovatives mehr. Alle Bands wiederholen sich nur selbst und kopieren ihre Vorbilder bzw. sind denen zu ähnlich. Seht Ihr das genauso?
Ercüment:
Ach, hör dir doch den Metal von Heute an, da klingt doch auch fast jeder wie alte At The Gates, Dismember oder Slayer oder der ganze Hardcore und Punk. Da wurde doch auch schon jedes Riff schon Tausendmal gespielt und es wiederholt sich ständig und keiner beklagt sich. Mir ist es egal was Leute über irgendwelche Genres denken und schreiben, muss ja auch nicht jedem gefallen, oder!?

Dajana: Was wäre Eure erste Medikation, um den Patienten wieder in die Waagerechte zu bringen?
Ercüment:
Was, wie soll ich das jetzt verstehen!? Von uns aus sollen sie 10 belgische Duvel trinken und mit dem Kopf gegen eine Wand rennen, haha!

Dajana: Was ist für Euch so an stilistischen Mitteln/Experimenten drin, um Eurer Musik vielleicht eine andere Richtung zu geben, Akzente zu setzen, was zu ändern? Wollt Ihr das überhaupt?
Ercüment:
Eigentlich alles, es gibt ja noch so viele Instrumente und Mittel mit denen man musikalisch noch so einiges verändern kann. Wir sind eine Band die sich natürlich auch weiter entwickeln und nicht stumpf immer das gleiche machen wird, Wir werden sehen und (Hören).

Dajana: Wo holt Ihr das Gefühl für die intonierte, alles zerstörende Traurigkeit, Verzweiflung und Brachialität eigentlich her? Braucht man dafür eine spezielle Ader? Denn – auch wenn viel Scheiße im Leben passiert – so richtig gewaltig runterziehen tut es einen üblicherweise ja nicht. Oder sind’s die Beziehungskisten, die einem das richtige Maß an Depression verpassen?
Ercüment:
In letzter Zeit kam es einfach so raus, Musik ist wie ein Ventil. Man drückt seine Gefühle in der Musik so raus wie man es am besten kann und bei uns war es bis heute diese Art von Ausdruck.

Dajana: Was steht in nächster Zeit bei Euch an? Wird es noch eine größere, europäische Tour geben, oder vielleicht mal rüber in die Staaten? Videos?
Ercüment:
Wir werden erstmal kommendes Jahr mehr oder weniger Wochenend Shows spielen und gegen Ende des Jahres eine größere Tour in Angriff nehmen. Ich denke mal, das wir im Sommer für ein paar Tage nach England gehen werden und vielleicht klappt es ja auch mit Amerika in Zukunft…Videos, haben wir zwei in Planung.

Dajana: Wann kommt die ltd. Vinyl Edition zu A Modicum Of Truth?
Ercüment:
Die ist schon längst draußen!

Dajana: Hab Ihr vielleicht schon was an Shows für eine eventuelle DVD mitgeschnitten?
Ercüment:
Ja, wir haben so einige Aufnahmen gemacht, aber das reicht uns noch nicht, um eine DVD die uns und natürlich auch den Fans gefällt raus zu bringen.

Dajana: Da kommt mir grad ein Kommentar auf Eurer MySpace in die Quere: „früher waren tephra geil und voll real - aber mit dem Geld kam der pop...“ Geld? Hab ich was verpasst? Habt Ihr zwischendurch bei nem Major unterschrieben? ;)
Ercüment:
Hahaha, nein! Das ist ein guter Freund von uns, der Meta von The Ocean. Ich hab’s auch neulich auf unserer Seite gelesen und hab mich erstmal weggeschmissen, hahah.

Dajana: Wenn schon bergeweise Knete, wofür würdet Ihr es raushauen?
Ercüment:
Koks und Nutten! Nein, wir würden uns einen coolen Tourbus kaufen, ein eigenes Studio einrichten und unser eigenes Label gründen. Das wäre genau unser Ding!

Dajana: Gibt es so Bands/Musiker/Künstler, mit denen Ihr irre gerne mal zusammen fabrizieren würdet?
Ercüment:
Ja, viele! Mit Björk, Tom Waits, David Bowie … ach, und so vielen mehr.

Dajana: Ihr werdet mit ner zweiten Band im Studio eingeschlossen und sollt zusammen zwei oder drei Songs für ne Split komponieren und produzieren. Wer wäre dafür Euer Lieblingssparringspartner und was würde dabei herauskommen?
Ercüment:
Puh, das ist schwer zusagen mit wem und was!? Auf jeden Fall würde etwas sehr Abgefahrenes, Krankes und wiederum Schönes bei rauskommen aber dazu muss erst mal kommen…

Dajana: Ach, was mir grad noch einfällt, wo kommt eigentlich Euer Name TEPHRA?
Ercüment:
Aus der Vulkan Terminologie.

Dajana: So, und zum Schluss dürft Ihr gerne noch all das loswerden, das ich eigentlich hätte noch fragen müssen :)
Ercüment:
Danke an euch für das Interview, unserem Label, Booking und natürlich an alle die Hinter uns stehen und auch wieder zu unseren Shows gekommen sind.

Dann erholt Euch mal gut von der Tour und bis zum nächsten Mal.
Cheers Dajana

 

10/2007 © Dajana Winkel • Tephra