Die Band, 1989 gegründet, hat mittlerweile 11 Alben veröffentlicht, von denen jedes einzelne einen Fortschritt bedeutete. Eine Band, die auf diese Weise ihr eigenes Talent weit übertroffen und somit einen einzigartigen Sound kreiert hat, ist bekannt als THE GATHERING. Und nun bekam ich die Gelegenheit Anneke van Giersbergen ein paar Fragen zu stellen, die ich schon immer mal loswerden wollte ...

The Gathering

Jessie: Was wollte die Band mit dem neuen Album Souvenirs erschaffen?
Anneke:
Erschaffen... das ist solch ein gewaltiges Wort. Wir machen einfach die beste Musik, die wir halt machen können. Es dauerte 3 Jahre, dieses Album fertig zu stellen, und das war eine lange Zeit, um das Material zusammen zu bekommen. Die Studiozeit war diesmal schwieriger, sowohl im Guten, als auch im Schlechten. Wir haben erreicht, was wir wollten und konnten, was möglich war, um aus dem Album das zu machen, was daraus geworden ist. Es hat uns eine Menge Arbeit gekostet und am Ende ist es ziemlich gut geworden.

Jessie: Manche Kritiker drücken Euch den Stempel Trip Rock auf. Wie seht Ihr das? Ich meine, wo Ihr Euch doch musikalisch so weiterentwickelt habt, das man Euch eigentlich gar nicht mehr kategorisieren kann?
Anneke:
Wir lesen und hören nicht nur diese eine Kategorisierung. Wir sind mal Rock, Dark Rock oder Trip Rock, alles, was man gefühlsmäßig damit verbinden kann. Aber wir haben auch andere Einflüsse. Unsere Musik ist trippy, nicht tanzbar oder sowas in der Art, trippy, wegen der Emotionen und der Tiefe der Musik. Mehr wie ein Gedankengang, insbesondere zusammen mit den Gitarrenrhythmen. Unsere Musik ist nicht nur eine spezielle Gattung. Wir wollen viel mehr als das. Unsere Musik ist, was sie ist, auch ohne Etikett.

Jessie: Seid Ihr Euer eigenes Label Psychonaut Records habt, ist es da jetzt einfacher Euch in Eurer Musik künstlerisch auszudrücken?
Anneke:
Auf jeden Fall können wir kreativer sein, als bei Century Media. Niemand funkt mehr dazwischen, wenn es darum geht, wie ein Album verkauft werden soll, das Layout, Marketing und Promotion. Seit wir unser eigenes Label haben, können wir mehr für uns tun. Das erste ist natürlich gute Musik zu machen, das ist ‘n schwerer Job, eine große Aufgabe aber es fühlt sich gut an.

Jessie: Ihr arbeitet inzwischen auch mit The End Records (USA). Habt Ihr dadurch mehr Freiheiten beim aufnehmen und/ oder produzieren als bei Century Media?
Anneke:
Wir haben mit denen einen Lizenzvertrag. Seit wir mit Adrian arbeiten, geht’s in den Staaten voran. Er ist der Marketing Spezialist und es scheint, er will die Band wirklich vorwärts bringen. Er sieht mehr in uns und nutzt all seine Kenntnisse und Möglichkeiten, uns zu promoten. Er ist wirklich gut und macht einen guten Job. Wir sind sehr dankbar, das wir ihn haben.

Jessie: Gab es ein gewisses Maß an Erlösung, nachdem Euer Deal bei Century Media erfüllt war und Ihr nun auf einem neuen Label seid?
Anneke:
Ja, viel Freiraum. Der Druck, dem wir ausgesetzt sind, ist anders. Aber wir tun es für die Musik. Da sind so viele Bands bei Century Media, dass es schien, das wir nur eine ... wie soll ich sagen ... gute Band unter vielen waren [lacht]. Dabei waren wir schon eine von den größeren Bands auf bei diesem Label. Es war nur anders. Das neue Label hat einen viel persönlicheren Touch. Wir haben den Freiraum mehr zu tun, kreativer zu sein. Wir können unsere Musik weiter ausbauen, auf andere Art und Weise.

Jessie: Ihr habt nun mehr als 10 Alben veröffentlicht, jedes mit seiner eigenen Langlebigkeit. Hat die Band versucht, bestimmte Gefühle oder Gedanken ...etc. in jedem Album zu vermitteln?
Anneke:
Ja. Wir haben sicherlich versucht, bestimmte Momente einzufangen. Zu jedem Album das wir machen, lassen wir uns was einfallen. Typischer Aufnahmevorgang. Manche Alben haben sich besser gemacht. Das ist, als wenn man ein Bissen Zeit eines jeden Jahres für das bestimmte Album nimmt, andere Dinge sind geschehen und haben Stimmung und Gefühle beeinflusst. Mehr wie ein logischer Schritt zur rechten Zeit. Jedes Album erzählt seine eigene bewegte Geschichte.

Jessie: Gibt es ein spezielles THE GATHERING Album, das in textlicher oder musikalischer Hinsicht ein „Album der Liebe“ war?
Anneke:
Hmm ... Also mein Lieblingsalbum ist Souvenirs, weil es ein gutes Album ist, aber ich denke, eigentlich ist es How To Measure A Planet, weil es unheimlich ist, transparent, ehrlich und was wahrlich Neues ist. So viele positive Gefühle, weil es ein Doppelalbum ist, an das man sich gewöhnt hat, weil es etwas war, das wir vorher noch nie mit unserem Material gemacht hatten. Es war für uns als Band ein großer Schritt vorwärts. Ich fand es wirklich toll, das auch die Fans das Album mochten. Das ist ein gutes Gefühl.

Jessie: Was war der Coup mit Trickster G ein Duett bei A Life All Mine zu singen?
Anneke:
Er war ein Black Metal Musiker auf dem gleichen Label und wir alle sind Fans. Hans, unser Drummer, war derjenige, der ihm Mails schickte und mit ihm sprach. Wir fragten ihn, ob er Lust hätte, mit uns einen Song zu machen und er sagte: ja. Also schickten wir ihm einen Song, den er gut leiden könnte und er mochte ihn. Der Song wanderte hin und her via Email oder mit der Post, da Trickster G ja in Norwegen lebt.

Hier fingen wir dann an über Politik zu reden und die Tatsache, das ein Schauspieler die Wahlen in Kalifornien gewonnen hat und nun Gouverneur ist ...

Jessie: Auf Grund der musikalischen Entwicklung scheint es gemischte Rezensionen über Souvenirs zu geben. Ist es für Euch schwierig, mit negativen Reviews umzugehen?
Anneke:
Nicht notwendigerweise, solange die Review gut geschrieben ist. Gut gesprochen. Wir sind sehr glücklich, da 99% der Reviews positiv sind. Schlechte Reviews bedeuten nicht viel. Jedermann hat seine eigene Meinung. Vielleicht sind jene nicht vertraut mit dieser Art von Musik oder so. Wir jedenfalls wissen, das es ein gutes Album ist. Es ist also egal, musikalisch gesehen, weil wir wissen, was wir da an Arbeit reingesteckt haben.

Jessie: Als ich dem neuen Material lauschte, fühlte ich mich auf eine Art und Weise zurückgenommen, als würde die Musik ein Eigenleben haben. Ist es das, was die Band zu erreichen versuchte?
Anneke:
Ich denke schon. Musik sollte für sich selbst sprechen. Die Musik nimmt dich mit auf eine Reise, die Geschichte führt dich zu einem höheren Ziel. Man fühlt sich imstande, etwas Schönes auf die Reihe zu bekommen. Eine schwierige kreative Sache, das dies eher erreicht, als die Musik.

Jessie: Jeder der neuen Song hat eine besondere Tiefgründigkeit. Gab es da etwas, das den Sound und die Produktion insgesamt beeinflusst hat?
Anneke:
Ja, das arbeiten mit Produzent Zlaya Hadzik hat uns sehr gut getan. Er hat uns wirklich gedrängt, mehr aus uns zu machen. Tatsächlich soviel mehr, das wir uns auf eine höhere Ebene bewegten. Der Sound war gut, wirklich gut. Aber vielleicht hat er uns ein bisschen zu sehr gedrängt. Der Sound war gut, wo wir aber vielleicht den Sound hätten mehr veredeln können... Aber wir haben ein großartiges Album gemacht und sind glücklich damit.

Jessie: Songs wie Souvenirs und These Good People sind ungemein bewegend, mit melodischen Tönen, die eine eigene Stimmung erzeugen. Gab’s da etwas, welches das Leitmotiv dazu mit solch einer beweglichen Tiefe erzeugte?
Anneke:
Souvenirs z.B. beschäftigt sich mit positiven Songs, die wir mit einer melancholischen Note spielen. Aber mit dem Gefühl glücklich und lebendig zu sein. Wir wollen Leben ausdrücken, wie es ist. Musik.

Jessie: Ihr habt gerade eine EP namens Monsters herausgebracht, auf der jener besagte Titel in 5 verschiedenen Formen (neben einer Menge Bonus Material in Videoform) zu hören ist. War das etwas, das Ihr unbedingt machen wolltet?
Anneke:
Wir wollten unbedingt zusätzliches Material haben. Die Fans mögen das. Das ergibt einen anderen kreativen Mix, weil es den Song in einer Rock-, Pop-, Dance- ...etc. Version gibt. Es war nett, mal was anderes zu machen.

Jessie: Mit welchen Bands würdet Ihr Euch gern mal die Bühne teilen?
Anneke:
Wir würden gern insgesamt mehr touren, da wir eine große Fangemeinde haben. Wir versuchen gerade, mehr mit unserer Booking Agentur auf die Beine zu stellen. Radiohead wären toll, ebenso ein paar andere britische Transmusik Band. Ich mag diesen Stil.

Jessie: Gibt es eigentlich noch etwas, was THE GATHERING bisher noch nicht ausprobiert hat, aber in musikalischer Hinsicht gerne mal machen würde?
Anneke:
Ich würde liebend gerne mal Filmmusik machen wollen. Vielleicht den Soundtrack zu einem Film.

Jessie: Herr der Ringe und Königin der Verdammten wären tolle Filme für Eure Musik...
Anneke:
[lacht]... wäre wirklich großartig, wenn ein Film unsere Musik als Soundtrack hätte.

Jessie: Eure Musik scheint derzeit gute Rezensionen in den Staaten einzuheimsen. Gibt es irgendwelche Pläne, mal wieder in den Staaten zu touren?
Anneke:
Das wäre großartig. Wir hatten eine tolle ‘99. Wir mögen unsere Fans in den USA. Aber aus geschäftlicher Sicht hat das mit viel Geld zu tun, das investiert werden muss. Wir lieben es in New York zu spielen und wir gern überall sonst spielen.

Jessie: Danke schön Anneke, für die Zeit mit uns das Interview zu machen. Es war mir ein Vergnügen mit Dir zu plaudern.
Anneke:
Danke.

 

10/2003 © Jessie Gough • The Gathering