THYRFING bilden zusammen mit Amon Amarth die Speerspitze der schwedischen Viking-/Pagan Metalbewegung. Nach einer Kurskorrektur weg vom stark keyboardlastigen Einheitssound (Urkraft) haben die Tyresöer mit Vansinnesvisor 2002 ein für die Szene richtungsweisendes Album eingetütet, das der Band neben einer Glanzleistung im Bereich Songwriting vor allem auch durch die ungemein druckvolle und transparente Produktion von Daniel Bergstrand (In Flames...) den wohlverdienten Erfolg hätte bringen müssen; spätestens aber mit Farsotstider, dem Nachfolger, der ganze drei Jahre auf sich warten ließ. Keinen Deut schlechter als Vansinnesvisor, haben THYRFING ihren Stil perfektioniert und präsentierten sich als gereifte Musiker mit einem Hang zu progressiveren Songstrukturen. Leider steht man aber nach wie vor in dem Schatten von massentauglicheren Bands wie Amon Amarth.
2006 verließen zu allem Übel Sänger Thomas und Gitarrist Henrik die Band, zumindest für Außenstehende, überraschend. Rosige Zukunft adé? Mitnichten! Denn schnell hat man mit Jens Rydén (ex-Naglfar, Profundi) einen Hochkaräter für den freien Posten hinterm Mikro gefunden und uns erwartet im Oktober diesen Jahres das heiß begehrte sechste Album Hels Vite. Genug Gesprächsstoff, um Gitarrist Patrik auf den Zahn zu fühlen und über Vergangenes und Künftiges zu plaudern.

Haris: Hallo Patrik, gleich einmal vorweg: wie habt Ihr den Weggang von Thomas (Gesang) und Henrik (Gitarre) verkraftet? Immerhin hat Thomas Eurem Sound mit seinen charakteristischen Vocals einen ureigenen Stempel aufgedrückt.
Patrik:
Wir haben niemals in Anbetracht gezogen, wegen dem Weggang der Beiden aufzugeben – unser erster Gedanke war eher „lasst uns so bald wie möglich Ersatz finden!“. Und auch wenn Thomas ein großartiger Sänger und Frontmann ist, haben wir THYRFING niemals als Band gesehen, die auseinander fallen würde, sollte ein einziges Mitglied aussteigen. Natürlich war es für uns wichtiger, einen Sänger als einen zweiten Gitarristen zu finden, so dass wir zunächst unseren Schwerpunkt darauf richteten.

Haris: Ihr habt ja damals ein kurzes Statement zur Trennung rausgegeben, in dem es hieß, dass Ihr Euch friedlich getrennt hättet und dass beide schlicht keinen Bock mehr hätten, weitere Platten aufzunehmen. Nachdem Thomas Mitte 2006 aber gar als Gastsänger bei Moonsorrows Hävitetty Album zu hören war, klingt das nicht unbedingt nach fehlender Motivation. Kannst Du den Weggang von Thomas und Henrik etwas genauer erläutern?
Patrik:
Das ist ehrlich der Grund, den sie uns nannten und ich zweifelte diesen auch niemals an. Natürlich gibt es immer mehrere Gründe, warum jemand eine Band verlässt und dies war sehr wahrscheinlich auch der Fall bei Thomas und Henrik, aber das war nun mal der Grund, den sie uns nannten, also... In Bezug auf Thomas Beitrag zu Hävitetty würde ich sagen, dass dies schon etwas anderes ist als wenn man als Leadsänger für ein ganzes Album schreibt, probt und aufnimmt.

Haris: Inwiefern hat sich denn die Tatsache, dass Ihr mit Dir nunmehr nur einen Gitarristen in der Band habt, auf das Songwriting ausgewirkt?
Patrik:
Nicht so sehr. Natürlich kam Henrik mit großartigen Riffs an – sowohl was das eigentliche Schreiben als auch Inspiration, Denkweisen und frische Ideen angeht – aber letzten Endes war er nicht der „musikalische Motor“ der Band. Wenn man ein Album für zwei Gitarren schreibt, ergeben sich immer andere Ideen und Gelegenheiten, so dass das Album anders klingen würde, wäre Henrik noch in der Band. Aber alle Songs wurden als Demos aufgenommen und vorab roh produziert, so dass man gewissermaßen sagen kann, dass sie letztendlich für zwei Gitarren geschrieben wurden.

Haris: Gespannt darf man sein, zu hören, wie sich Jens Gesang, der im Gegensatz zu Thomas eher aggressiven und tiefer angesiedelten Vocals eher für sein Black Metal-typisches hohes Gekreische bekannt ist, in das Soundgefüge THYRFINGs einfügt. Wie weit hat Euch der neue Gesangsstil beim Songwriting für Hels Vite beeinflusst?
Patrik:
Ich würde nicht sagen, dass es uns darin beeinflusst hat, wie wir komponieren. Jens Art und Weise, bei THYRFING zu singen, ist nicht unbedingt die gleiche, wie dies bei Naglfar oder Profundi der Fall gewesen ist bzw. nach wie vor ist und wenn Du die Black/Death Metal Szene mal außen vor lässt und dies aus einer weiteren Perspektive betrachtest, so wirst Du sehen, dass sich Thomas und Jens Vocals letztendlich gar nicht so sehr voneinander unterscheiden. Demnach mussten wir die Musik nicht nach den Vocals abstimmen.

Haris: Stilistisch seid Ihr ja meilenweit entfernt vom schnellen und melodischen Black/Death Metal von Jens ehemaliger Hauptband. Glaubst Du nicht trotzdem, dass sich zwangsweise ein gewisser Einfluss von Naglfar in Euren Sound mit eingeschlichen hat?
Patrik:
Nicht, dass es mir aufgefallen wäre. Jens war am Songwriting des Albums beteiligt, aber ich bezweifle, dass seine Ideen zu Naglfar oder Profundi gepasst hätten und andersrum. Und er hat ja nach wie vor sein „Baby“ Profundi. Dort kann er die schnellen Parts unterbringen... ;-)

Haris: Ihr habt ja (den vorab veröffentlichten Songtiteln nach zu urteilen) wieder zwei englischsprachige Songs (Isolation und Becoming The Eye) am Start. Hat das einen bestimmten Grund? Auf Farsotstider habt Ihr die Texte ja bewusst schwedisch gehalten.
Patrik:
Nein, wir haben diesmal schlicht die Beständigkeit aus dem Fenster geworfen und uns dazu entschieden, beide Sprachen zu verwenden, so lange es zu Text und Song passt.

Haris: Kannst Du uns schon vorab etwas zu den Texten erzählen? Ist Hels Vite gar ein Konzeptalbum geworden?
Patrik:
Nö. Es ist kein Konzeptalbum im eigentlichen Sinne, wo es eine lineare Story gibt (im Sinne von Iron Maidens Seventh Son Of A Seventh Son, Bathorys Blood On Ice oder den King Diamond Alben usw.). Aber die Texte ähneln sich sehr in Ausdruck, im Einsatz von Metaphern und der Sprache, so dass man in dieser Hinsicht schon von einem Konzept sprechen könnte. Ich würde sagen, dass die Texte einen gewissen „THYRFING Filter“ durchlaufen müssen, um zur gesamten Atmosphäre, dem Artwork und der ganzen Symbolik zu passen. Die Texte sind, genauso, wie bei den letzten Alben, dunkle und vorahnende Reflektionen oder einfach Geschichten, die aus unserem Geist und Gedanken kommen.

Haris: Für Dich als einzigen Gitarristen ist es ja eine durchaus ungewöhnliche Situation, live ohne Deinen langjährigen Weggefährten Henrik aufzutreten. Ist für Konzerte ein zusätzlicher Sessiongitarrist geplant oder meinst Du, dass Ihr auch als Quintett live gut einheizen könnt?
Patrik:
Ja, wir sind gerade dabei, einen Sessiongitarristen auszuprobieren, der es auch hoffentlich bis zur Bühne schaffen wird. Wir könnten es wahrscheinlich auch mit nur einem Gitarristen durchziehen, aber da der Großteil der Songs zweistimmige Parts enthalten, fühlt es sich einfach besser an, mit zwei Gitarristen aufzutreten.

Haris: Ihr werdet ja demnächst ein paar Gastauftritte im Rahmen der Tourneen von Primordial und Finntroll sowie von Marduk und Morbid Angel absolvieren. Ich nehme an, Ihr werdet das neue Album in Bälde auch mit einer Europatour anständig live promoten. Sind dabei auch Gigs in Deutschland geplant?
Patrik:
Nein, es wird keine ausgedehnte Tour geben. Aber wir werden hier und da einige einzelne Gigs und Festivals im Winter und danach abreißen. Bis jetzt sind drei Auftritte in Deutschland bestätigt (Dortmund im November, Bamberg im Dezember und Osnabrück im Januar), aber es werden momentan einige Angebote verhandelt. Also, Augen auf für weitere Termine!

Haris: Warum gedenkt Ihr nicht, Hels Vite mit einer Tour zu promoten? Liegt es an Eurem Label oder seid Ihr das Touren satt? Ich meine, erwartet man, dass Hels Vite ein Kracher vor dem Herrn wird, dann wäre es doch notwendig, der Welt zu zeigen, wie talentiert Ihr seid und die Aufmerksamkeit geschenkt zu bekommen, die Euch zusteht.
Patrik:
In Anbetracht unserer momentanen privaten Situation (Arbeit, Lebenspartner etc.) haben wir das Gefühl, dass wir längere Touren einfach nicht fahren können. Natürlich sind wir uns dessen bewusst, dass Touren an sich und mehr Livepräsenz die Aufmerksamkeit der Leute auf die Band und unsere Alben ziehen würde. Jedoch gibt es mit Internet, Myspace und dergleichen heutzutage alternative Möglichkeiten, Musik zu verbreiten. Zudem hoffen wir, dass das Interesse für die Shows dementsprechend ansteigt, wenn wir seltener auftreten. Diese Lösung haben wir durchgesprochen und jedes einzelne Bandmitglied ist zufrieden damit.

Haris: Das war’s dann auch schon, Patrik! Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit Hels Vite. Auf dass Ihr uns lange erhalten bleibt!
Patrik:
Danke für Euer Interesse und Eure Unterstützung. Ich hoffe, dass ihr und alle anderen Hels Vite genießen werdet, sobald es erschienen ist. Und schaut doch hin und wieder einmal auf unserer Website vorbei, um über anstehende Live Gigs und andere Events auf dem Laufenden zu bleiben. Cheers!

 

8/2008 © Haris Durakovic • Thyrfing