THE MACHINE IN THE GARDEN in eine musikalische Schublade zu packen, ist gar nicht so einfach. Klar, sie machen Darkwave und Gothic, aber auch Ethereal; sie vereinen Elektronik und Neoklassik in ihren Songs. Manchmal klingen die Gitarren wie bei den seligen Mephisto Walz, dann wieder erinnert die Musik an Siouxsie & The Banshees. Und über all dem schweben die engelsgleichen Vocals von Summer Bowman. Sie gehört seit fünf Jahren zur Band, die ihr Partner Roger Fracé 1994 gegründet hat. Die beiden haben gerade ihr viertes reguläres Werk Asphodel (Middle Pillar Records) veröffentlicht. Und das ist, wie man es von ihnen kennt, wunderschön, sehr emotional und fesselnd. Das ist Musik zum Zuhören, zum Kerzen anzünden, zum Träumen. Aber die Band hat auch ausgefeilte Rhythmen in Songs wie Icarus und Wonderland, so dass die Band auch in den Tanztempeln nicht fehl am Platz wäre. Das Duo schafft es tatsächlich, aus jedem Lied ein kleines Juwel zu basteln - keins klingt wie das andere. So erinnert Seek ein bisschen an Faith & The Muse, während Clarity ein bittersüßes Liebeslied mit ergreifendem Text ("It feels like I'm drowning in a sea of myself") ist. Die große Überrschung kommt bei Photographic: MACHINE IN THE GARDEN haben das Depeche-Mode-Stück in eine getragene, sehr langsame Ballade mit Heavenly Voices verwandelt - toll!

The Machine In The Garden

Claudia: Am besten stellt Ihr Euch erst mal vor - wer seid Ihr, was macht Ihr?
Roger:
Hallo, ich bin Roger. Im "echten Leben" beschäftige ich mich mit Internet-Development und IT-Sachen, gelegentlich mache ich auch noch ein bisschen Design und Print-Druckvorstufen. Ich habe Summer das erste Mal im Internet im Herbst 1996 getroffen, sie gehört seit Frühjahr 1997 zur Band. Ohne ihr Talent und ihren Enthusiasmus wären wir sicher nicht da wo wir heute sind.
Summer: Ich bin Summer und ich arbeite für einen großen Computerkonzern.

Claudia: Ihr seid ja ein Paar. Habt Ihr den selben Musikgeschmack, oder ist es manchmal sogar schwierig zusammenzuarbeiten, wenn man sich so nah steht? Summer: Roger und ich haben eine sehr enge Beziehung. Aber bei Musik haben wir doch ganz verschiedene Geschmäcker. Es gibt viele Bereiche, in denen wir uns überschneiden, aber normalerweise hören wir unterschiedliche Sachen. Und das macht, denke ich, unsere Musik um so interessanter und facettenreicher. Ich denke, man muss jemandem nahe stehen, wenn man eng zusammenarbeiten will. Man muss viel Zeit miteinander verbringen, da ist es besser, wenn man sich gut versteht.

Claudia: Was bedeutet Eurer Bandname?
Roger:
Ein Satz, der einfach so auftauchte. Ich dachte, der Name und das Konzept wären hübsch. Es passt zu meiner eigenen Philosophie. Und die Art, wie wir an Musik herangehen. Ich habe später herausgefunden, dass es ein Buch von Leo Marx ist. Claudia: Und was bedeutet er? Es steckt der Kontrast Natur und Maschinen drin - was ist wichtiger Eurer Meinung nach?
Summer: Wir wollen mit unserer Musik keine politischen Statements abgeben und das auch gar nicht versuchen. Aber der Name reflektiert eine Philosophie, der Roger anhängt - und ich neige dazu, ihr zuzustimmen. Technologie nimmt immer mehr zu, und es ist heutzutage sehr schwer, ohne sie zu leben. Und ich liebe die Natur. Ironischerweise sind Roger und ich Technologie-Freaks. Wir schaffen das meiste von unserer Musik am Computer und leben im Internet.

Claudia: Habt Ihr eine klassische musikalische Ausbildung? Wenn man Eure Musik hört, hat man oft diesen Eindruck.
Roger:
Meine musikalische Ausbildung würde ich nicht unbedingt klassisch nennen, aber ich habe einen Master der Schönen Künste im Fachgebiet in "Elektronischer Kunst", und das umfasst sowohl elektronische Musik als auch Videos und Computergrafik.
Summer: Meine musikalische Ausbildung hatte ich vor allem in Stimmkunst. Ich habe in Chören gesungen seit ich denken kann und hatte auch private Singstunden. Zur Zeit singe ich mit dem Austin Civic Choir, das macht wirklich viel Spaß. Ich spiele außerdem Flöte, das habe ich als Kind gelernt.

Claudia: Was würdet Ihr als Eure wichtigsten Einflüsse bezeichnen? Ich habe gelesen, dass Ihr Enya, Depeche Mode und Siouxsie mögt. Und wie beschreibt Ihr Eure Musik? Man kann Euch nicht so einfach in die Schublade Gothic oder Darkwave oder.... packen.
Roger:
Du hast recht, wir sind nicht ausschließlich Gothic oder Darkwave oder etwas anderes. Aber natürlich gibt es Darkwave- und Gothic-Elemente in unserer Musik. Viele zählen auch Neoklassik und elektronische Genres auf, wenn sie uns beschreiben sollen. Wir sind sicher nicht das eine oder das andere, sondern eine Mischung aus allem. Tatsächlich kann es sein, dass der eine oder andere Song mehr Darkwave ist als andere, aber wir sind nicht sehr gut, wenn wir nur Genre-orientierte Songs machen.
Summer: ich habe so viele Einflüsse, ich wüsste gar nicht, wo ich beim Aufzählen anfangen sollte. Ganz sicher die, die Du erwähnt hast, plus viele andere, die ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt haben. Wir erforschen viele verschiedene Arten von Sounds von der Neoklassik über Etheral bis zum Gothic Rock. Wir haben mit allem experimentiert.

Claudia : Stichwort Depeche Mode. Ihr habt auf der neuen CD Photographic gecovert. Warum dieses Lied? Roger: Photographic habe ich das erste Mal vor acht Jahren gespielt. Wir haben es dann vor einem Jahr für einen Auftritt wiederbelebt und mochten es sehr, den Song zu spielen. Also haben wir beschlossen ihn aufzunehmen und auf eine CD zu packen. Ich mochte diesen Song immer, und unsere Version unterscheidet sich sehr von den Versionen anderer Bands, die ich kenne. Ich bin seit 1985 Depeche Mode-Fan und ich denke, Ihr Einfluss auf TMITG ist im Ganzen ziemlich offensichtlich.

Claudia: Wie wichtig sind Euch die Texte? Worum geht es zum Beispiel auf dem neuen Album?
Summer:
Die Lyrics sind schon immer sehr persönlich gewesen, aber auf dem neuen Album hat dieses Persönliche eine ganz neue Ebene erreicht. Diese Texte sind sehr sehr persönlich für mich, und es war wie eine Art Katharsis, sie zu schreiben. Ich drücke eine Menge meiner inneren Ängste, Sorgen und Gefühle auf dieser CD aus. Auf der einen Seite bin ich ein bisschen nervös, weil ich so viel meiner Seele in diese CD gesteckt habe. Aber ich glaube, ich musste das tun und ich denke, viele Zuhörer werden die Worte nachvollziehen können.

Claudia: Und was bedeutet der Albumtitel?
Summer:
Asphodel ist der Name einer Lilie. Diese spezielle Lilie taucht in der Griechischen Mythologie als Persephones liebste Blume auf. Es ist die Blume der Unterwelt in der Mythologie.

Claudia: Könnt Ihr uns etwas zur Musik auf dem neuen Album sagen? Inwiefern unterscheidet es sich Eurer Meinung nach von früheren Veröffentlichungen? Findet Ihr es besser?
Roger:
Es ist schwierig zu sagen, ob man das Album mehr mag als die früheren. Es ist ganz anders als unsere früheren Veröffentlichungen, aber keines unserer Alben klang wie das vorherige. Es ist düsterer, ähnlich wie Underworld, es ist peppig, ein bisschen wie One Winter's Night, es ist facettenreich wie Out Of The Mists. Im Ganzen denke ich, hat es mehr schnellere und Club/Radio-taugliche Songs als unsere letzte CD und mehr Gitarrenparts als früher. Ich habe kein Lieblingslied - ich mag alle Songs sehr. Aber ich habe eine Vorliebe für den Song Outside. Ich finde, dass die Schichten aus Musik und anderen Tönen einen sehr massiven Sound erschaffen. Ich denke, dieser ist sehr repräsentativ für das, was THE MACHINE IN THE GARDEN sein können. Das, plus die sehr gefühlsgeladenen Vocals von Summer, die so gut dazu passen, macht mich glücklich.
Summer: Ich liebe alle unsere Alben. Es kommt auf meine jeweilige Stimmung an, ich höre verschiedene CD's zu verschiedenen Zeiten an. Es fällt mir wirklich schwer, einen Favoriten zu küren. Auch nicht bei den einzelnen Songs auf dem neuen Album - ich bin wirklich so stolz auf sie alle! Wie Roger tendiere ich zu Outside, ich mag es sehr, aber ich liebe wirklich alle Lieder.

Claudia: Was ist Eure Motivation um Musik zu machen? Was wollt Ihr ausdrücken?
Roger:
Das ist eine schwierige Frage, weil ich meistens nicht weiß, wo alles herkommt. Vieles stammt von dem, was mein Gehirn und meine Finger ausspucken. Manchmal inspiriert mich ein bestimmter Gitarren- oder Synthsound. Aber ich versuche immer noch, keiner bestimmten Richtlinie zu folgen: Ich komponiere, was sich richtig und natürlich anhört.

Claudia: Ihr arbeitet auch unabhängig von Eurer Plattenfirma. Ihr nutzt das Internet sehr intensiv, zum Beispiel bei MP3.com, und früher hattet Ihr Euer eigenes Label.
Roger:
Wir haben Underworld auf unserem eigenen Label veröffentlicht, aber es ist wirklich hart, die ganze Arbeit allein zu machen. Jetzt sind wir beim Label Middel Pillar Presents, das aus Middle Pillar Distribution in New York entstanden ist. Wir waren die erste Band, die auf dem Label gesignt wurde. Middle Pillar hatte schon eine Menge Kontakte und den Vertrieb, und das ist unglaublich wichtig. Wir sind sehr glücklich mit ihnen. Das Internet war schon immer sehr wichtig für uns, unsere Homepage gibt es schon ewig. MP3.com ist eine großartige Seite, die uns bei der Promotion sehr geholfen hat und eine gute Möglichkeit bietet, um Songs über ihre MP3-CD's zu veröffentlichen. Wir haben über sie 2 CD's mit Zusatzmaterial veröffentlicht, jede mit dem Titel When Angels Peer Favorably At Us. Die CD's enthalten Demos, Remixe, Alternativversionen und ein paar Orignaltracks.

Claudia: Ich finde, dass Euer Artwork und die Musik sich perfekt ergänzen, die CD's sind immer wunderschön gestaltet. Wie wichtig ist Euch das?
Roger:
Wir haben immer die selbe Fotografin engagiert, seit wir nach Texas gezogen sind. Ihr Name ist Donna Clancy-Goertz und ihre Homepage findet man unter www.charlottesometimes.com. Sie macht einen tollen Job und versteht genau, was wir wollen, denke ich. Wenn sie die Fotos gemacht hat, übernehmen Summer und ich die Verfremdung der Bilder, das Design und das Layout von allem. Bei Asphodel hatte ich ein Grundkonzept, wie zum Beispiel die Farben sein sollten. Summer hat dann die Hauptarbeit übernommen.

Claudia: Eure Pläne für die Zukunft? Vielleicht eine Tour in Deutschland ;-))?
Roger:
Eine Deutschland-Tour wäre wirklich fantastisch. Ich denke, unsere Musik würde dort gut ankommen, und die Anerkennung vom Publikum fühlt sich immer gut an.
Summer: wir wollen in der Zukunft weiter CD's veröffentlichen und hoffentlich noch einige Live-Gigs spielen. Ich selbst möchte weiter an meinem Nebenprojekt MIRABILIS arbeiten, zusammen mit Dru von This Ascension. THE MACHINE IN THE GARDEN tritt deshalb ein bisschen in den Hintergrund. Jetzt wo Asphodel veröffentlicht wurde, kann ich mehr Zeit für dieses Projekt aufbringen, und das finde ich toll!

 
10/2002 © Claudia Frickel • The Machine In The Garden