[Psycho]
Was für ein krönender Abschluss einer genialen Konzertwoche:
nach Rock In Den Ruinen am vorigen Samstag mit Killing Joke und
Saxon und den mächtigen Judas Priest am folgenden Montag
nun dieses geniale Package mit vier überaus interessanten
Bands.
Dabei war mir nach den ersten Vorankündigungen gar nicht
so recht klar, wer denn hier nun den Headliner geben sollte: die
Heavy-Metal-Brüder von 3 INCHES OF BLOOD oder die
ebenfalls fest etablierten, aber eben doch in einer ganz anderen
Nische beheimateten GOATWHORE? Letztere passten für
mein Dafürhalten mit ihrer eigenwilligen Mischung aus Death
und einigen Black Metal-Elementen eigentlich nicht so recht zum
Rest der Bands, folgerichtig gab's dann die große Metal-Party
erst zum Schluss… ;-)
[Psycho]
Besonders gefreut habe ich mich aber, endlich mal ::
HAVOK ::
live sehen zu können, gehören die Jungs doch zu meinen
absoluten Faves bei den neuen Thrash Metal-Bands. Mit den Maniacs
aus Denver ging es vor ca. 220 Anwesenden auch direkt los. Man
merkte der Band richtig an, wie heiß die Mannen um Band-Leader
David Sanchez auf ihren ersten Europa-Gig waren, und dementsprechend
motiviert legte man sich auf der Bühne ins Zeug. Kein Wunder
also, dass der Funke sofort auf das Publikum übersprang,
selten so gute Reaktionen auf eine Band gesehen, die in einem
großen Package als erste auftreten musste. In unserem Interview
zur ersten CD Burn hatte David ja bereits angekündigt,
dass uns bei einer HAVOK-Show reichlich Action erwarten
würde. Das war nicht zuviel versprochen, denn alle Musiker
waren permanent am Bangen oder sonst wie in Bewegung, ohne das
die musikalische Performance darunter gelitten hätte. Ein
gelungener Auftritt also, der mit dem fulminanten Afterburner
ein brachiales Ende fand. Sehr geil, aber mit nur 6 gespielten
Songs leider doch etwas arg kurz…
[BRT] HAVOK, mir bis auf ein oder zwei Songs unbekannt,
waren der ideale Opener, ungestüm, keine Gefangenen machend
und ne ganze Prise jugendliches Herzblut versprühend. Etwas
das viele der großen alten Thrash Bands doch inzwischen
arg vermissen lassen. Hier war der Sound noch okay, doch das sollte
sich im Laufe des Abends leider rapide ändern. Leider ging
der Gesang allerdings etwas im Gesamtsound unter.
[Psycho]
:: ANGELUS
APATRIDA :: brauchten nach diesem Parforce-Ritt
2-3 Songs, bis sie annähernd die gleiche Betriebstemperatur
erreicht hatten. Bis dahin hatte man den Eindruck, als ob die
Spanier es zunächst mal ein wenig ruhiger angehen lassen
wollten (oder etwa gar eingeschüchtert waren?), aber dann
legte die Band noch eine ordentliche Schippe drauf, was sich auch
sofort in den Publikumsreaktionen bemerkbar machte. Interessanter
Weise gefielen mir die Sachen live sogar besser als auf CD. Auf
Konserve leiden die Songs der Band ja zuweilen darunter, etwas
zu zerfahren zu wirken. Live hingegen klang das hingegen alles
deutlich kompakter und mehr auf den Punkt gebracht, so dass der
Gesamteindruck mehr als positiv ausfiel. Daran konnte auch der
jetzt schlechtere Sound nichts ändern. An die starke Stage-Performance
von Havok kamen ANGELUS APATRIDA allerdings nicht ganz
ran, aber trotzdem war auch dieser Auftritt schon nach viel zu
kurzer Zeit und 7 gespielten Songs wieder vorbei. Zumindest mein
Lieblingsstück National Disgrace hätten die Jungs
ruhig noch spielen dürfen…
[BRT] ANGELUS APATRIDA gingen im vergleich zu Havok ein
wenig gebremster zu Werke, was vermutlich am etwas komplexeren
Songmaterial lag. Was Havok an Energie rüberbrachten, glichen
ANGELUS APATRIDA aber durch Ausstrahlung und Charisma aus.
Das Songmaterial gefiel mir einen Tacken besser als bei Havok,
aber auch hier ging der Gesang im zunehmenden Soundbrei unter.
Der Sound wurde zunehmend lauter und übersteuerter, aber
keineswegs besser.
[Psycho]
Bei :: GOATWHORE
:: wurde es dann erstmal etwas leerer vor der Bühne,
den meisten Leute im Publikum stand halt der Sinn wohl mehr nach
Thrash und Power Metal, oder von mir aus auch mehr nach Party
als nach pechschwarzem Armageddon. Zusätzlich hatten die
Amis auch am meisten mit dem Sound zu kämpfen, der viel zu
laut und übersteuert aus den Boxen kam und so kaum mehr als
Brei erkennen ließ (sofern man sich nicht was in die Ohren
gestopft hatte).
Trotzdem konnte die Band mit immer längerer Spielzeit die
Halle wieder gut auffüllen. Woran lag’s? Zum einen
am viel zu guten Songmaterial, welches neben ordentlichem Geprügel
auch Raum für abwechslungsreiche Riffs und Arrangements lässt,
vor allem aber an Fronter L. Ben Falgoust II, der nicht nur über
ein extrem garstiges Organ, sondern auch über eine enorme
Bühnenpräsenz verfügt. Mit dieser Mischung, unterstützt
durch die sehr tighte Rhythmus-Sektion, erarbeiteten (oder besser
erkämpften) sich GOATWHORE letztendlich doch einen
reichlich verdienten Erfolg beim Essener Publikum. Die zum Verkauf
angebotenen Tanga-Slips fand ich aber trotzdem total daneben…
[BRT] Inzwischen war die Soundqualität bei unterirdisch
angelangt und normalerweise hätte ich mir deshalb mal ne
Pause gegönnt, aber GOATWHOREs Southern-Death-Black-Metal
Gemisch sprach mich doch schon sehr an, tightes Geprügel
welches mich ein wenig an Soilent Green erinnert und dazu Frontmann
L. Ben Falgoust II der eine absolut imposante Bühnenerscheinung
hergibt. Für mich auch deshalb bis dahin die beste Band des
Abends, auch wenn der Soundmann sich alle Mühe gab jeglichen
Hörspaß zu torpedieren.
[Psycho]
Auch auf :: 3
INCHES OF BLOOD :: war ich dann mehr als gespannt.
Genau genommen habe ich die Band erst vor etwas mehr als einem
halben Jahr so richtig für mich entdeckt, in dieser Zeit
aber durchaus sehr schätzen gelernt. Woran das starke neue
Album Long Live Heavy Metal (jawoll!) nicht ganz
unschuldig ist…
Über die Jahre hinweg hat die Popularität der Kanadier
ganz schön zugenommen; hilfreich war dabei sicherlich das
generelle momentane Interesse an eher traditionellem Metal mit
ordentlich Bums. Folglich ging es jetzt vor der Bühne wieder
dichter gedrängt zu, und sowohl Band als auch Fans hatten
Bock, so richtig schön abzufeiern. Da brauchten sich Sänger
Cam Pipes und seine Mitstreiter eigentlich gar nicht besonders
anstrengen, was sie aber natürlich trotzdem taten…
;-)
Mit grandiosen Songs wie Metal Woman, Trial Of Champions (endlich
mal ohne das blöde Orgel-Gedudel im Refrain), Deadly Sinner,
Die For Gold, Battles And Brotherhood oder der neuen Bandhymne
Leather Lord und viel Twin-Guitar-Power konnte da aber
auch mal gar nichts schiefgehen, selbst wenn man sich an der einer
oder anderen Stelle das Lachen aufgrund der massiv aufgefahrenen
Klischees nicht ganz verkneifen konnte. Da sich aber 3 INCHES
OF BLOOD selber ebenfalls nicht bierernst nehmen und dabei
trotzdem ganz auf die Musik konzentriert bleiben, geht das so
natürlich völlig in Ordnung.
Neu-Basser Byron Stroud wirkte noch nicht zu 100% integriert,
war aber einfach viel zu routiniert, als dass dieser Umstand die
Show in irgendeiner Weise hätte negativ beeinflussen können.
Einzig um Cams Stimme muss man sich wirklich Sorgen machen; ich
kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass er die Leistung
dieses Abends die ganze Tour über wiederholen kann.
[BRT] 3 INCHES OF BLOOD, klassicher traditioneller Metal
und textliche Klischees, bei denen selbst Manowar Angst und Bange
werden muss, also eigentlich alles, was der Metaller zum feiern,
bangen und mitgröhlen braucht. Dementsprechend voll war es
vor der Bühne und die Band hatte ihr Publikum sofort voll
im Griff. Bei mir sprang der Funken aber irgendwie nicht wirklich
über, der Sound wurde noch matschiger, spielerische Feinheiten
konnte man fast gar nicht mehr heraushören und der schon
recht krass-hohe und extreme Gesang klang bei dem Versuch das
Dezibel-Inferno zu übertönen einfach nur noch quiekig.
Sollte die Stimme von Frontmann Cam das Ende der Tour noch überleben,
wäre das echt erstaunlich... Schade, den eigentlich haben
3 INCHES OF BLOOD alles, was ein veritabler Headliner braucht...
ich weiss das für viele Metal = Laut bedeutet, dann sollte
man allerdings auch Soundmänner einstellen, die das Problem
anpacken können.
[Psycho]
Tja, und dann war es auch schon wieder vorbei. Und zwar ohne jede
Zugabe, nicht mal vom Headliner, obwohl von der Meute lautstark
gefordert. Das hat man so auch nicht alle Tage…
Hat aber trotzdem reichlich Spaß gemacht, und über
die 19,- Euro Eintritt kann es auch nur eine Meinung geben: ein
mehr als fairer Preis für das, was man da geboten bekam.
Dass bei so vielen Bands nicht immer ausreichend Raum bleibt,
um sich adäquat zu präsentieren, ist selbstverständlich
bedauerlich, allerdings ist bei den meisten Touren eine Qualitätsdichte
wie hier einfach nicht gegeben. Was die Frage nach der Sinnhaftigkeit
solcher schlechten Tourzusammenstellungen eigentlich an sich schon
beantwortet…
Insofern will ich in diesem Fall auch mal nicht meckern. Wäre
jedoch trotzdem schön, wenn der Mann am Mischpult demnächst
nicht Lautstärke mit transparentem Sound verwechseln würde;
das war dann aber auch schon der einzige Wermutstropfen dieses
Abends…
[BRT] Der Preis für vier Bands dieser Größenordung
war absolut super, mir hat die Zusammenstellung sehr gut gefallen,
schön abwechslungsreich, auch wenn ich drei Bands pro Abend
für mehr als ausreichend halte, buddhaseidank wurde das Package
nicht mit ein paar weiteren Bands künstlich aufgeblasen.
Der oder die Soundmänner gehören allerdings zum Mond
geschossen, ein paar Dezibel weniger und dafür ein klarer
transparenter Sound wäre hier wirklich sinnvoll gewesen.