Die
Seifenfabrik
war uns beiden bis zu diesem Tag als Veranstaltungsort völlig
unbekannt und erwies sich im Verlauf des Abends ambivalent: der
Barbereich und die Halle selbst boten ausreichend Platz, doch
der Sound ließ mehr als zu wünschen übrig. Auch
das Flair der Halle würde ich nicht als umwerfend charmant
bezeichnen… doch am wichtigsten ist natürlich die Musik
selbst – und das Programm wurde von drei namhaften Bands
aus Finnland bestritten. Auch hier gab es (viel) Licht und (wenig)
Schatten.
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Fotos •
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AMORAL
–
was täten wir nur ohne Windmaschine?
Ohne lange Wartezeit wurden die Ventilatoren auf Maximum aufgedreht
und AMORAL rockten los. Bekanntlich haben die Herren ihren
Stil ja drastisch verändert – und dieser Mischmasch
gab dem Konzert auch einen durchwachsenen Eindruck. Die technischen
Thrash-Stücke mit aggressivem Gesang konnten dabei weitaus
mehr mitreißen, wogegen die Power-Metal Nummern mit hohem
Gesang eher saft- und kraftlos durch die Boxen dröhnten.
Die Menge ließ sich dann auch nur sehr wenig animieren,
die einzigen Matten in Bewegung waren deshalb jene der Band selbst.
Die Jungs posten dennoch was das Zeug hergab, hatten sichtlich
Spaß und machten gute Miene zu den verhaltenen Publikumsreaktionen.
Die Musik setzt sich aber eigentlich zwischen alle Stühle
und der rote Faden fehlt, um vollends zu überzeugen. Meinen
Geschmack treffen Songs aus der Ära Decrowning
deutlich besser als die neueren Kompositionen.
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BEFORE
THE DAWN – melancholische Atmosphäre
mit Rock-Appeal
Nach der A-MORALischen Aufwärmrunde folgte dann ein stimmungsmäßiges
Kontrastprogramm. Die nicht mehr ganz so introvertierten Mannen
rund um Herrn Saukkonen agierten zwar deutlich langsamer als ihre
Landsleute vorhin, doch der Funke sprang nun besser zum Auditorium
über. Die gefühlvoll interpretierten Lieder, bei denen
der Klargesang eine große Rolle spielt, zauberten so manche
Gänsehaut auf den Körper und ein verträumtes Lächeln
ins Gesicht. Dazwischen fügte Tuomas mit seinen Growls in
Verbindung mit satten Gitarrenriffs eine gehörige Portion
Rock-Attitüde hinzu. Die Stücke pendeln sehr gekonnt
zwischen treibender Intensität und melodischen Verschnaufpausen
hin und her, sodass der Zuhörer auf eine rastlose Reise mitgenommen
wird. Neben erstklassiger Musik gab es neben dem opulenten Mikroständer
noch einen Blickfang auf der Bühne, nämlich den dauergrinsenden
Drummer, der so quasi nebenbei komplizierte Rhythmen zum Besten
gab. Der Junge war schon verdammt fit unterwegs. Er tat es damit
seinen beiden singenden Kollegen gleich, die gewohnt souverän
bestens harmonierten. Der abschließende Deadsong
setzte einen mehr als würdigen Schlusspunkt einer sehr guten
Show.
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AMORPHIS
– ein gelungener Querschnitt an alten und
neuen Ohrwürmern
Können Esa, Tomi und Co. bei einer Vielzahl an so starken
Alben wie Tales From The Thousand Lakes, Eclipse
oder dem aktuellen Skyforger eigentlich etwas falsch
machen? Nicht viel jedenfalls! Leider machte der nur durchschnittliche
Sound aus dem Abend keinen Volltreffer – die Stimme war
zu leise und ging genauso wie die herrlichen Gitarrenmelodien
zu sehr unter. Die Drums dagegen übertrafen die übrigen
Instrumente um einige Dezibel und schmälerten das Hörvergnügen.
Die Show wirkte zudem ein bisschen zu routiniert, auch technisch
schlich sich der eine oder andere Wurm in die Rhythmusstrukturen.
Das alles konnte Ohrwürmern wie Black Winter Day oder
The Smoke jedoch nichts anhaben. Mir persönlich sagten
die älteren Stücke besser zu und mich freute, dass der
guten alten Zeit mit The Castaway und einem Medley gehuldigt
wurde. Das aggressive Majestic Beast hatte Biss, die Ballade
From The Heaven Of My Heart klang rührend und als
Überraschung tauchte auch das uralte Sign From The North
Side in der Setlist auf. Die lautesten Reaktionen konnten
bei Sky Is Mine, Silent Waters und House Of Sleep
ausgemacht werden; bei letztgenanntem Song bewies das Grazer Publikum
auch seine stimmlichen Qualitäten und unterstützte Tomi
Joutsen nach Leibeskräften. Als sehr schönen Abschluss
wählten die Finnen das wunderbare My Kantele, das
sich vor allem durch seinen langen instrumentalen Ausklang ausgezeichnet
als letzter Song eignet. Zusammenfassend muss man sagen, dass
AMORPHIS zwar begnadete Komponisten sind, ihrer Show jedoch
en bisschen der Esprit gefehlt hat, um für einen unvergesslichen
Abend zu sorgen. Es war schön, doch nicht herausragend.