[Kerstin]
Bereits bei Ankunft in Köln war direkt klar: Die Veranstalter
hatten diese Jahr alle im Vorfeld gemachten Versprechen eingehalten:
Parkplätze in unmittelbarer Nähe zum Gelände, Met
– und Cocktailstand, einige Fressstände mehr und sogar
einen Strandbereich mit Liegestühlen direkt am Rhein gab
es auch. Und nicht nur irgendeinen Met, der Veranstalter hatte
den Vogel abgeschossen und den Hersteller des legendären
Treffen-Mets nach Köln geholt, besser konnte es gar nicht
werden. Der perfekte Start in ein perfektes Wochenende...
Bericht
:: Sonntag :: Galerie
::
SAMSTAG
19.07.2008
Cinderella
Effect - Zeromancer - Ashbury Heights - Haujobb - Covenant - The
Klinik - Deine Lakaien - Oomph!
[Daniel]
Constanze Rudert, besser bekannt als nicht unbedingt stimmgewaltige
Sängerin und Choreografin bei Blutengel, markierte mit ihrem
Soloprojekt :: CINDERELLA
EFFECT :: unseren
Einstieg in das harte Festivalprogramm. Auf ihrem bislang einzigen
Album namens Pearls versammeln sich verschiedenste
eher klassisch instrumentierte Coverversionen von VNV Nation über
Cranberries bis hin zu den später auf der gleichen Bühne
auftretenden Zeromancer. Ein eher waghalsiges Unterfangen also.
Einige neugierige Gesichter drängten zu dieser frühen
Uhrzeit vor die Hauptbühne, doch zum Glück hatte die
grazile rothaarige Sängerin zwei weitere Chanteusen plus
eine Geigerin mit dabei, so dass der Gesang durchaus druckvoll
das Festivalgelände beschallte und nicht die gesamte Musik
aus der Konserve kam. Über die Interpretation von Songs wie
Zombie oder Clone Your Lover mag man sicherlich
streiten, dennoch kann man von einem soliden Auftritt sprechen
zumal das Projekt erst wenige Gigs auf dem Buckel hat.
[Kerstin] Constanze Rudert ist mit ihrem Piepsstimmchen
schon bei Blutengel schwer zu ertragen, als Solokünstlerin
mit einem Album reiner Coversongs geht sie mal so gar nicht, aber
zum Glück hatte sie sich Unterstützung geholt. Das Set
dann auch noch mit einer Klassikversion von Clone Your Lover
zu beginnen, ist wirklich mutig oder vielleicht auch einfach
nur ignorant. Sich dann auch noch an Zombie von den Cranberries
ranzutrauen, stellte die Geduld der Frühaufgestandenen auf
eine harte Probe. Ich brauchte dann erst mal ein Glas Wikingerblut,
um den Auftritt runterzuspülen.
[Kerstin]
Bei :: ZEROMANCER
:: ging es zum Glück dann ganz anders zur Sache.
Hatten sich die Norweger doch letztes Jahr im Theater des Amphis
mehr als wohl gefühlt, sollten sie nun die Chance auf der
Hauptbühne erhalten, den Leuten zur früher Stunde richtig
einzuheizen und das taten sie auch. Der Platz vor der Hauptbühne
war mittlerweile sehr gut gefüllt und ZEROMANCER gingen
mit Need You like A Drug direkt zur Sache und es wurde
schon beim ersten Lied euphorisch mitgesungen. Es gab 4 neue Songs,
die sich sehr gut in die Setlist einfügten und Lust aufs
neue Album machten. Das war mein erstes Highlight des Tages und
der Auftritt ließ mit Doctor Online und der rockigen
Version von Clone Your Lover keine Wünsche offen.
[Daniel] Nach dem eher schläfrigen Singsang von Cinderella
Effect ging es bei ZEROMANCER in die Vollen. Wie zu erwarten
lieferten die Norwegischen Industrial-Rocker eine absolut professionelle
Show ab und hatten das Publikum von der ersten Sekunde an voll
im Griff. Ihr Gig auf dem letzten Amphi Festival hat mir aber
wegen der etwas intimeren Atmosphäre im Theater etwas besser
gefallen.
Setlist: Need You Like A Drug, Doppelganger I Love You,
Clone Your Lover, My Little Tragedy, Cupola, I’m Yours To
Lose, Sounds Like Love, Doctor Online, Fade to Smack
[Daniel]
Die Voraussetzungen konnten kaum besser sein. Nach ::
ASHBURY
HEIGHTS :: überraschend gut besuchten und
abgefeierten Gig auf dem WGT in Leipzig hatte der hoch gehandelte
schwedische Electro-Newcomer aus Schweden alle Möglichkeiten,
noch einen drauf zu setzen. Das Theater war jedenfalls gut gefüllt
mit neugierigen Gesichtern, von denen wahrscheinlich nicht wenige
wegen des Model-artigen Auftretens des Pärchens gekommen
waren. In freudiger Erwartung eines Hitfeuerwerks vom fulminanten
Debüt Three Cheers For The Newly Deads und
ihrer aktuellen viel versprechenden EP Morningstar In A
Black Car, die mehr als gebührend in der Setlist
berücksichtigt werden sollte, konnte es also los gehen. Bereits
zu Beginn kam es zu leichten technischen Verzögerungen, die
sich, gepaart mit Nervosität und Unkonzentriertheit der beiden
Musiker, durch den ganzen Gig ziehen sollten. Die Songs und hier
vor allem die tanzbareren wie Bare Your Teeth kamen beim
Publikum nach einer gewissen Aufwärmphase gut an, doch die
Abstimmungsschwierigkeiten auf der Bühne trübten den
Gesamteindruck doch gewaltig. Mit World Coming Down wurde
die Temposchraube zum Schluss nochmals angezogen. Da ist für
den nächsten Gig sicherlich Nachsitzen im Proberaum angesagt
und das aus dem Publikum geforderte Penance muss wieder
auf die Setlist!
[Kerstin]
Und wieder eins von den mittlerweile unsäglich vielen Projekten
des Sven Friedrich. Wobei mir :: ZERAPHINE
:: eigentlich immer noch am besten gefällt. Ein
sehr professioneller Gig mit einigen alten Hits wie Die Wirklichkeit
und Be My Rain. Kann man sich gut anhören und da Sven sehr
lecker ist auch gut anschauen. Musik, die niemandem wehtut.
[Daniel] Sven Friedrich ist in genau DREI Projekten involviert.
Das ist doch noch harmlos, wenn man sich einen Dirk Ivens anschaut,
der ausnahmsweise nur mit einem Projekt auf dem Festival vertreten
war. Dazu aber später mehr.
[Daniel]
Bislang habe ich :: HAUJOBB
::, die deutsche Institution für den eher frickeligeren
Electro, leider noch nicht live erleben können. Nun galt
es die allerletzte Gelegenheit zu nutzen, denn Daniel Myer und
seine Mitstreiter gaben auf dem Amphi ihr weltweites Abschiedskonzert
und hatten ihre Fanbase entsprechend mobilisiert. Bereits der
Aufbau des Equipments verhieß eine rockige Show. Dank Schlagzeug
und Gitarre rummste der Gig ordentlich, veränderte aber Song
wie Eye Over You klanglich bis zur Unkenntlichkeit. Die
treuen Fans gingen zu Klassikern wie World Window oder
The Noise Institute noch mal richtig ab und Daniel Myer
sendete mit „This is not the fucking Love Parade“
Grüße nach Dortmund. Spätestens als der Sänger
seine Bandmitglieder zum Ende hin nochmals ausgiebig vorstellte,
machte sich traurige Abschiedsstimmung im Theater breit. Mit den
Worten „It’s time to die!“ waren die Liveaktivitäten
von HAUJOBB endgültig besiegelt. Die Abschiedsparty
musste allerdings nach hinten verschoben werden, denn Daniel Myer
durfte sich schnell Richtung Hauptbühne aufmachen. Seine
Kollegen von Covenant warteten schon.
[Kerstin]
Was auch immer Eskil nimmt, um gut drauf zu sein, an diesem Samstag
hatte er die feine Linie eingehalten, um den Auftritt ohne größere
Aussetzer, die sich leider in letzter Zeit mehren, zu überstehen.
Vor ein paar Jahren waren :: COVENANT
:: noch meine Helden, für die ich auch mal bis
nach Amsterdam für ein Konzert gefahren bin, doch diese Zeiten
sind definitiv vorbei, was sehr schade ist. Der arme Daniel Myer
hatte an diesem Tag richtig Stress, da zwischen seinem Auftritt
mit Haujobb und dem Gig mit COVENANT nur 20 Minuten lagen.
Der Auftritt war professionell und Eskil wie immer gerührt,
trotzdem kam der Gig nicht an vergangene Konzerte heran. Man hätte
eine Setlist nur mit reinen Hits spielen können und Songs
wie Like Tears in Rain oder Call The Ships To Port
wären nett gewesen und haben mir sehr gefehlt.
[Daniel] Der Gig begann mit leichter Verzögerung.
Daniel Myer musste schnell noch ein Equipment in Stellung bringen.
Der Arme war wirklich nicht zu beneiden und griff nach seinem
letzten Konzert mit Haujobb auch erstmal zum Handtuch, um die
letzten Schweißtropfen aus dem Theater vom Kopf zu wischen.
Joakim, der Keyboarder mit den großen Kopfhörern, hatte
es am Vortag beim Bolzen im Rahmen des Amphi Cups erwischt. Mit
Krücken enterte er die Bühne. Nach Angaben des Moderators
hatte er sich angeblich sein Bein gebrochen - dafür bewegte
er sich aber noch ganz ordentlich. Insgesamt gab es darüber
hinaus wenig Besonderes zu vermelden. „Ein Sänger ohne
Aussetzer, ein etwas lahmer Einstieg mit Monochrome und
Freude über die Klassiker Stalker und Figurehead
in der Setlist“, notierte ich mir in mein Büchlein.
Setlist: Monochrome, Bullet, Figurehead, The Men, Stalker,
Invisible & Silent, 20Hz, Dead Stars, We Stand Alone, Ritual
Noise
[Daniel]
Die Geschichtsstunde in Sachen belgischer Elektro-Gefrierwaren
ließ auf sich warten. Erst nach etwa 10 bis 15 Minuten Verspätung
war das Equipment zur Zufriedenheit von Dirk Ivens und seinem
Kompagnon Marc Verhaeghen betriebsbereit und die gefürchtete
Trompete neben den analogen Gerätschaften platziert. ::
THE
KLINIK :: in ihrer legendären Zweier-Konstellation
mit Dirk Ivens als Sänger treten live leider nur sporadisch
auf. Dafür ist eine intensiv kalte Atmosphäre garantiert,
wenn Dirk wieder mit einem aufgemalten schwarzen Balken im Gesicht
seine Show abzieht. Gespickt mit Klassikern wie Braindamage,
Walking With Shadows, Black Leather oder Moving Hands
vermissten die Fans im wie immer standesgemäß stockfinsteren
Theater eigentlich nur Cold As Ice. Dafür waren aber
gleich zwei neue Songs an diesem Abend zu hören. Nach einiger
Zeit drängten die ersten zumeist jüngeren Combichrist-Fans
in den Darkroom und kamen in den Genuss der sperrigen und oftmals
kaum tanzbaren Sounds. Teilweise machte sich bei dieser Gruppe
Empörung breit, als THE KLINIK nicht pünktlich
aufhörten sondern gar ihre Spielzeit überzogen. So eine
kleine Lektion in Sachen elektronischer Musik kann sicherlich
nicht schaden, denn die Belgier waren maßgeblicher Einfluss
von später sehr erfolgreichen Acts wie Suicide Commando,
die in dieser Zielgruppe einiges an Ansehen genießen.
[Kerstin]
Ein Konzert mit :: DEINE
LAKAIEN :: ist immer etwas Besonderes - dank der
wunderschönen Stimme von Alexander Veljanov und der Virtuosität
von Ernst Horn. Sie ließen auch keine Wünsche offen
mit Over And Done, Generators bis zum grandiosen Abschluss
mit Love Me To The End. Weniger bombastisch, da ohne Orchester,
dafür aber nicht weniger schön.
[Daniel] Die altbekannten Lakaien nach konzertanten Bombast-Orgien
mit Orchester mal wieder in übersichtlicher Besetzung inklusive
des entrückten Gitarristen - sehr unterhaltsam und wie immer
sehr intensiv.
[Kerstin]
Wie gewohnt druckvoll, konnten mich ::
OOMPH!
:: als Headliner doch nicht wirklich überzeugen,
obwohl es an Hits nicht mangelte, aber die Show wirkte doch sehr
runtergespult. Der Masse hat es zumindest gefallen, wobei man
dann schon von einem gelungenen Abschluss des ersten Festivaltages
sprechen kann.
[Daniel] Raus aus dem finsteren Theater und rein in die
Welt von weißen Zwangsjacken, Nr-1-Hits und absoluter Professionalität.
Dero und Co brachten die ausladende Menschenmenge vor der Hauptbühne
headlinermäßig in Bewegung. Die Grimassen des Wahnsinnigen
sind immer wieder nett anzusehen - das war es aber auch schon.
Unterdessen tobte im Theater in drangvoller Enge der Mob zu Combichrist.
Das nächste Mal den Combichristen LaPlegua bitte auf die
Hauptbühne platzieren!
[Kerstin]
Bis auf einige wenige Schauer hielt sich das schlechte Wetter
doch in Grenzen, man könnte eigentlich von den Temperaturen
her von fast perfekten Festivalwetter sprechen. Leider war das
Theater doch den ganzen Tag über sehr überfüllt,
aber durch den neu hinzugekommenen Strand verteilte sich die Menge
sehr gut über das Gelände, was den Tag zusammen mit
dem guten Line-Up sehr angenehm machte.