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2004-06-16 DE – Münster - Gleis 22
 

Wer auch nur halbwegs in der Punkszene rumfleucht, sollte BALZAC mindestens einmal im Leben live gesehen haben, was – zugegebenermaßen – nicht einfach ist. Die „stylischeren japanischen Misfits“ haben ihre Idole gewissermaßen überholt und haben – vielleicht gerade auf Grund der Legitimation durch die Misfits selbst – Kultstatus ... und das nicht nur in Japan und Amerika. In Europa streiten sich zwar noch ein paar Geister, ob BALZAC nun Klon oder Kult sind, aber mit dem neuen Album Came Out Of The Grave im Gepäck, sind die Horror Punks nun zum aller erstenmal in Europa und insbesondere in deutschen Landen unterwegs, Show für Show eine begeisterte Fangemeinschaft hinterlassend. Auch meine Wenigkeit ließ sich nicht zweimal bitten, als direkt vor der Haustür der japanische Atom-Age Vampire Express 308 einen Stop einlegte. Und der Abend hatte es in sich! Es gab einiges zu sehen und vieles zu lernen, nicht nur beim Interview mit einer japanischen Band (mein erstes und vermutlich einzigstes), sondern auch über die japanische Kultur an sich (die mich ja schon seit längerem reizt), subkulturellen Randerscheinungen und einer absolut genial Show.

:: Fotos ::

:: THE OTHER :: sind eigentlich weit bekannter unter ihrem alter ego Ghouls – Europas Misfits Coverband Nr. 1. Aber ob nun THE OTHER oder Ghouls, die Rheinländer leben die Misfits und führen deren Vermächtnis fort. Musikalische Unterschiede zu den beteiligten Protagonisten gibt es kaum, bis auf die Tatsache, das es sich bei THE OTHER um eigenes Songmaterial handelt. Das ist jetzt keinesfalls nachteilig gemeint, denn THE OTHERS stehen hinter dem was sie tun mit einer Ehrlichkeit, die zu überzeugen weiß. Aber irgendwie wollte der Funke an diesem Abend nicht so richtig überspringen. Entweder war das Publikum zu lahm oder den Herren Roderich Usher – Vocals; Sargeant von Rock – Guitar, Backing Vocals; Andy Only – Bass, Backing Vocals und Dr. Caligari – Drums fehlte das gewissen Quäntchen Energie und Esprit, um wirklich abzuräumen. Generell gefallen hat es trotzdem, denn die Band bekam mehr als nur den Anstandsapplaus. Die Fans dürfen sich derweil freuen, denn das erste Album von THE OTHER nimmt langsam Formen an, wird They’re Alive heißen und soll am 16.08.2004 weltweit über Fiendforce Records veröffentlicht werden.
Setlist: Ripley 8, Army Of Machines, Tarantula, Imp Of The Perverse, Beware Of Ghouls, Wolf, Arise Undead, Return Of The Repressed, Hyde Inside, Down, Invasion, 666 Ways To Die, Dead Boys // Misfits – Halloween

Wer :: BALZAC :: bisher immer vorgeworfen hatte, ein Misfits Plagiat zu sein, hat entweder die Misfits oder BALZAC noch nie gehört. Selbstverständlich sind die Einflüsse stringent, da die Misfist die großen Vorbilder und Idole sind. Dennoch haben es BALZAC in nunmehr 12 Jahren geschafft, sich zu emanzipieren, weiter zu entwickeln und ihr ganz eigenes Ding zu machen. Während die Jungs im Vorfeld unheimlich diszipliniert und professionell zu Werke gingen, explodierten sie förmlich auf der recht engen und kleinen Bühne und lieferten ein absolut geniales Feuerwerk launigen Punks ab. Ich steck nicht tief in der Szene drin, aber ich war im Handumdrehen in den Bann gezogen. Bereits beim Intro war es um die Fans im gutbesuchten Gleis 22 geschehen, die stehenden Fußes völlig ausflippten, was mir wiederum reichlich Blessuren einbrachte ;) Da die Japaner schon 4 Wochen auf Tour waren, kannten sie offensichtlich derartige Ausbrüche und wussten, wie man dem noch eins draufsetzt, um aus den Fans auch das letzte herauszuholen und lieferten eine energiegeladene Wahnsinns Show! Sowas muss man gesehen haben! BALZAC sind live ein absolutes Erlebnis!
Setlist: Zetsubou No Ano Basho; Day The Earth Caught Fire, In Your Face, Silence Of Crows, Season Of The Dead, Inside My Eyes, Zennou Naru Musuu No Me Ha Shi Wo Yubisasu, Came Out Of The Grave, Art Of Dying, The World Without End - The Pain Is Not, The End Of Century, Into The Light

Das Gleis 22 war mit ca. 130 Leuten wirklich gut besucht, das Publikum recht gemischt. Spaß hatten sie alle, denke ich, auch wenn ein paar Bierflaschen zu Bruch gegangen sind, die den Boden reichlich mit Scherben übersäten, was für eine solch pogende Menge nicht ungefährlich ist. Nach der Show wurde ich noch auf eine subkulturelle Randerscheinung namens Trash-Girl aufmerksam gemacht. Das sind Mädels, gekleidet in einer Mischung aus Punk und Gothic, die mit bunten Plüsch- oder Szenetäschchen (mit vielen Buttons drauf), losziehen, um sich Autogramme in ihr Poesiealbum! eintragen zu lassen oder ein Foto mit ihren Lieblingen zu ergattern. Laut Tilo von G-Force Records eine klassische Erscheinung in Japan, die nun wohl auch nach Europa übergeschwappt ist. Aber wie bei so vielen Dingen japanischer Lebensart versteht man diese wohl erst dann so richtig, wenn mal „drüben“ gewesen ist und das alles vor Ort live erlebt hat. Lustig war es alle mal und Japaner sind ja ausgesprochen höflich und geduldig.
Zum Schluss noch mal ein Dankeschön an Jörg „Lobi“ Lobedan für seine Übersetzungsfdienste beim BALZAC Interview und beiden – also auch Tilo Drescher von G-Force für ihre vielen Erklärungen und Erläuterungen zur japanischen Lebensart. Ich hab viel dabei gelernt. Schöner Abend!

 
pics & story © Dajana