Unglaublich,
was man mit billigen Ticketpreisen erreichen kann – das
war mein erster Gedanke, als ich an dem Tag des Planet Music betrat.
Hatte ich heute Abend mit einem gemütlichen Konzert unter
alten Bekannten gerechnet, so wurde ich eines besseren belehrt:
die Halle war zum Bersten gefüllt und es waren Leute anwesend,
die ich seit Urzeiten nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Natürlich,
BOLT THROWER kommen nicht alle Tage nach Österreich,
allerdings war der Satz „Um den Preis schau ich ma schon
wieder ein Konzert an“ an dem Tag desöfteren zu Hören.
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Fotos ::
Der
erste Act an diesem Abend waren die Deathmetaller von NECROPHAGIST,
die mit ihrem im Jahr 2004 erschienenen Album Epitaph
in der internationalen Deathmetal-Szene durch ihr extrem komplexes
und vertracktes Songwriting für Aufregung gesorgt haben.
Wer die zwei Alben der Deutschen Todesmetaller kennt muss sich
zwangsläufig fragen, wie es überhaupt möglich ist,
derart kompliziert zu spielende Songs live zu performen ohne dabei
völlig den Überblick zu verlieren. Tja, die Antwort
liegt in der Perfektion und ich muss sagen, dass ich noch nie
eine derart tighte Liveband erlebt habe. Die 4 Ausnahmemusiker
arbeiten mit einer Präzision von einer Atomuhr, anders kann
man es nicht beschreiben, da jeder Stopp auf die Hundertstel-Sekunde
genau getimet ist. Gespielt wurden natürlich vor allem Songs
vom neuen Album, jedoch kamen auch Fans von Onset
Of Putrefaction auf ihre Kosten, von der immerhin
zwei Nummern dargeboten wurden. Einfach genial!
Nach dem technischen
Gefrickel wirkten die Schweden von NIGHTRAGE
doch etwas kümmerlich, und das nicht nur angesichts
der Tatsache, dass der typische Schweden-Death einfach schon ziemlich
abgedroschen ist. Frontman Jimmie Strimmel schrie sich zwar die
Seele aus dem Leibe, allerdings wollten seine Shouts nicht so
ganz zum Rest der Musik passen. Auf diese Band hätte problemlos
verzichtet werden können bzw. wäre es nicht ungeschickt
gewesen sie anstelle von NECROPHAGIST als Opener
ins Rennen zu schicken.
Bei MALEVOLENT
CREATION war nicht ganz klar, wie das Line-Up denn
nun aussehen würde, nachdem spekuliert wurde, dass Ex-Member
Jason Blachowicz wieder mit dabei sein würde. Dieser war
dann allerdings definitiv nicht auf der Bühne mit dabei,
als die Death-Granate ihr Set herunterspielte. Gebracht wurden
sowohl ältere Songs des Debüts, sowie neuere Stücke
der The Will To Kill-Scheibe und es
schien, als würde die Band einen sehr zweigespaltenen Eindruck
hinterlassen: Während die einen wie wild ihre Köpfe
schüttelten, standen andere eher lethargisch daneben, da
sie die Band schon besser gesehen hatten.
Witziges Detail
am Rande: Vor dem Headliner gab es zum Geburtstags des Planets
Music eine Verlosung – nach dieser wurden vom Moderator
die Headliner „Bolt Thunder“ angekündigt.
Dass die Rückkehr
der englischen Death Metal - Dampfwalze BOLT
THROWER nach Wien ein Triumph werden würde,
war schon beim Lärm, der das Intro begleitete, klar, und
als man dann bei den ersten Tönen von At First Light
auch noch den außergewöhlich guten Sound bemerken
durfte, war es Gewissheit, dass auch diese Schlacht nur mit einem
vernichtenden BOLT THROWER - Sieg enden konnte.
Nach Entrenched und dem umjubelten Mercenary
wurde mit World Eater ein absolutes Kultstück ausgepackt,
allerdings nur als instrumentale Kurzversion, die bald in Cenotaph
überging, gefolgt von The Killchain und Powder
Burns. Der glücklicherweise in die Band zurückgekehrte
Karl Willets war stimmlich leider nicht gerade in Bestform, ging
aber dafür mit umso mehr Begeisterung zur Sache. Ihm war
deutlich anzusehen, wie gut ihm (und nicht nur ihm) die Rückkehr
in die Band tut. Bei all meiner Wertschätzung für Martin
van Drunen und Dave Ingram – Willets ist einfach der einzig
wahre BOLT THROWER – Frontmann. Gegenüber
dem Auftritt in Wels am Vortag fehlten diesmal leider Where
Next To Conquer und No Guts – No Glory, dafür
wurde aber nach dem Titelstück der aktuellen Scheibe Those
Once Loyal der Warmaster persönlich
in den Kampf geschickt, der in Wels nicht am Start war. Nach Auskunft
von Gavin Ward (g) gibt es ziemlich häufig Änderungen
in der Setlist. Die Berücksichtigung mancher unerwarteter
Klassiker wertet diese Tournee gegenüber den letzten, wo
meistens hauptsächlich das jeweils gerade aktuelle Album
und der Vorgänger rauf und runter gespielt worden waren,
noch zusätzlich auf – vielleicht auch ein Verdienst
von Karls Rückkehr. Nach The 4th Crusade und When
Cannons Fade und einigen überschwenglichen Dankesworten
von Herrn Willets war erst einmal Rückzug angesagt, was natürlich
zu heftiger Gegenwehr aus dem Publikum führte, sodass man
sich seitens der Band gezwungen sah, mit Contact – Wait
Out und …For Victory auch noch die letzten
Ecken des Schlachtfeldes dem Erdboden gleichzumachen. Beim letzten
Stück waren statt der üblichen Pommesgabeln viele „Victory“
– Zeichen im Publikum wahrzunehmen. Nach dem Ende des Auftritts
sah man wie üblich einige aus der Band noch lange Zeit auf
der Bühne arbeiten, und dass Gitarrist Barry Thomson davor
stundenlang selbst den Verkaufsstand betreut hatte, beweist noch
zusätzlich, wie weit BOLT THROWER trotz
ihres Status von jeglichem Star-Gehabe entfernt sind. Aber noch
wichtiger: Nichts und niemand hat live eine Chance gegen die Macht
aus Birmingham, und es wäre sehr zu hoffen, dass es bis zum
nächsten Beweis dieser Tatsache nicht wieder 4 Jahre dauert.