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24.07.2004 DE – Mühlheim - Schloß Broich

Schandmaul • Skyclad • Schelmisch • Bardic • Moskote • Osiris • Taurus • Connemara Stone Company

Mülheim. Unnötig, die einzigartige idyllische Atmosphäre rund ums Schloss Broich zu loben, überflüssig, Floskeln wie „von Fans für Fans“ oder „klein, aber fein“ wiederzukäuen, das haben alle anderen vor mir auch schon getan. Auch, wenn derlei Phrasen wohl für kein anderes Festival so sehr zuzutreffen schein, wie für das BURGFOLK FESTIVAL. Konzentrieren wir uns aufs Wesentliche: Dort, wo ein paar Wochen zuvor noch Bands wie Diary Of Dreams oder ASP lautstark den Burghof beschallten, gaben sich die Künstler anlässlich des 3. Ausgabe des Festivals zumeist betont bodenständig. Von traditionell mittelalterlichem Liedgut über Irish Folk bis zu krachigem Folk-Rock reichte die musikalische Palette an diesem sonnigen Juli-Tag.

Die CONNEMARA STONE COMPANY (CSC) eröffnete das Spektakel mit pubtauglichem Celtic Rock. Die fünf Herren sind bereits seit zehn Jahren unterwegs und beherrschen dementsprechend ihr Handwerk. Mit erdverbundener Sicherheit präsentierten sie ihren Mix aus Melodien, die man irgendwo schon mal gehört zu haben glaubt. Oder sie covern ganz offensichtlich. So geschehen beispielsweise mit Sunday Bloody Sunday, der wohl inoffiziellen Nationalhymne der (katholischen) Iren. Mit dem Unterschied, dass CSC die Stromgitarren durch akustischen ersetzt haben und den Song gewissermaßen „back to the roots“ führen. Im Gesamteindruck keine große Überraschung, aber als Opener am frühen Mittagsstunde ganz passabel.

Einen tiefen Griff in die Eso-Kiste taten anschließend OSIRIS TAURUS: Ein Intro mit Didgeridoo und Regenmacher - Tut das denn Not?! Viele ihrer Stücke strotzten außerdem vor Pauken, Trommeln und allem anderen, was schäppert und rummst. Zum Teil ein bisschen willkürlich. Dazu kam der fremdartige, assoziative Gesang von Frontfrau Amira Hani, den man auch schon bei Bands wie Dead Can Dance oder Mila Mar gehört hat. Ein Kulturschock für musikalische Puristen. Das „Highlight“ aber waren die Jahrmarktstauglichen Zigeuner- und Hunnen-Outfits des Quartetts, die realitätsbewusste Zuschauer doch eher zum Schmunzeln veranlasst haben dürften. Ein bisschen mehr musikalische Substanz wäre hingegen ratsamer gewesen.

Eine wenige mögen enttäuscht gewesen sein, dass Gothic-Ikone Wayne Hussey bei diesem Festival durch Abwesenheit glänzte. Alle anderen wurden aber durch die für ihn eingesprungenen MOSKOTE fürstlich entlohnt. Vordergründig springen sie auf den Zug auf, den Subway To Sally, In Extremo oder auch Tanzwut vor ein paar Jahren losgetreten haben mögen. Lederne Gewandung, Dudelsäcke – alles schon mal dagewesen. Tatsächlich aber präsentierten die Sauf- und Raufbolde aus dem Harz einfach modernen Folk-Rock ohne übertriebene Mittelalter-Pose. Sogar vor Rap-Einlagen scheuten sie nicht zurück. Ihre ebenso zahlreichen wie treu ergebenen Fans vor der Bühne hatten sie jedenfalls damit vom ersten Moment an fest im Griff. In diesem Sinne: „Auf die Helme!“

Das Duo BARDIC besann sich hingegen wieder auf die Wurzeln der Zunft und betrat spartanisch instrumentiert mit Akustik-Klampfe, Geige und Flöte die Bühne. Wahrscheinlich profitierten in puncto Stimmung von der abrollenden Welle der Euphorie ihrer Vorgänger. Und so schafften es auch BARDIC mit nichts als ein paar wenigen Instrumenten, zweistimmigem Gesang und launigen Sprüchen ihr Publikum bei Stimmung zu halten. Ein weiteres Beispiel für das „Tracy-Chapman-Phänomen“ anlässlich des 70. Geburtstags von Nelson Mandela. Respekt!

Ja, und wenn SCHELMISCH nicht mittelalterlich sind, dann weiß ich auch nicht. Das musikhistorische Großunternehmen hat nicht nur allerlei Dudelsäcke zu bieten, sondern wahrlich kernige Kerle und prächtige Weiber, die in blumigen Worten von ihren Reisen und Abenteuern in aller Herren Länder schwadronieren. Zusätzlich garnierten sie ihre Mittelalter-Show durch komödiantische Einladen der derben Art. Da fühlt man sich doch gleich um ein paar Jahrhunderte zurückversetzt. Damit qualifizierten sie sich auf jeden Fall auf den Authenzitäts-Award. – Let’s do the time-warp, again!

Eine phonstarke Macht der modernen Art betrat danach die Bühne. SKYCLAD gelten nicht umsonst als die „Erfinder des Folk-Metals“. Schmissige Geigenmelodien, mitreißende Refrains und Gitarrensoli, die eigentlich verboten gehören. Aber zum Glück nur eigentlich. Auch mit dem Material ihres inzwischen 15. (!) Albums im Gepäck verstanden es die Briten, ihre nibelungentreuen Fans mitzureißen.

Im letzten Jahr noch „unter Ferner liefen“ auf dem Castle-Rock, 2004 schon als Headliner: SCHANDMAUL, die noch jungen Helden des Folk-Rock, setzten mit ihrer Mischung aus herzergreifenden Melodien und dem nötigen Druck aus dem Gitarren-Bass-Fundament dem ohnehin schon gelungenen Festivals die atmosphärische Krone auf. Günstig wirkte sich nicht zuletzt die allmählich hereingebrochene Dunkelheit aus, in der die Bühnenbeleuchtung das Podest in stimmungsvolles Licht tauchen konnte. Hinzu kommt einfach die ansteckende Spielfreude der Schandmäuler, die sich flugs auf das (inzwischen wieder) dicht gedrängte Publikum vor der Bühne übertrug.

Insgesamt bewiesen die Organisatoren des Burg-Folk auch im dritten Jahr, dass ihr Festival eines der lohnenswerten im Bundesgebiet sein dürfte.

 

story © Ole