Schandmaul
• Skyclad • Schelmisch • Bardic • Moskote
• Osiris • Taurus • Connemara Stone Company
Mülheim.
Unnötig, die einzigartige idyllische Atmosphäre rund
ums Schloss Broich zu loben, überflüssig, Floskeln wie
„von Fans für Fans“ oder „klein, aber fein“
wiederzukäuen, das haben alle anderen vor mir auch schon
getan. Auch, wenn derlei Phrasen wohl für kein anderes Festival
so sehr zuzutreffen schein, wie für das BURGFOLK
FESTIVAL. Konzentrieren wir uns aufs Wesentliche:
Dort, wo ein paar Wochen zuvor noch Bands wie Diary Of Dreams
oder ASP lautstark den Burghof beschallten, gaben sich die Künstler
anlässlich des 3. Ausgabe des Festivals zumeist betont bodenständig.
Von traditionell mittelalterlichem Liedgut über Irish Folk
bis zu krachigem Folk-Rock reichte die musikalische Palette an
diesem sonnigen Juli-Tag.
Die CONNEMARA
STONE COMPANY (CSC) eröffnete das Spektakel
mit pubtauglichem Celtic Rock. Die fünf Herren sind bereits
seit zehn Jahren unterwegs und beherrschen dementsprechend ihr
Handwerk. Mit erdverbundener Sicherheit präsentierten sie
ihren Mix aus Melodien, die man irgendwo schon mal gehört
zu haben glaubt. Oder sie covern ganz offensichtlich. So geschehen
beispielsweise mit Sunday Bloody Sunday, der wohl inoffiziellen
Nationalhymne der (katholischen) Iren. Mit dem Unterschied, dass
CSC die Stromgitarren durch akustischen ersetzt
haben und den Song gewissermaßen „back to the roots“
führen. Im Gesamteindruck keine große Überraschung,
aber als Opener am frühen Mittagsstunde ganz passabel.
Einen tiefen
Griff in die Eso-Kiste taten anschließend OSIRIS
TAURUS: Ein Intro mit Didgeridoo und Regenmacher
- Tut das denn Not?! Viele ihrer Stücke strotzten außerdem
vor Pauken, Trommeln und allem anderen, was schäppert und
rummst. Zum Teil ein bisschen willkürlich. Dazu kam der fremdartige,
assoziative Gesang von Frontfrau Amira Hani, den man auch schon
bei Bands wie Dead Can Dance oder Mila Mar gehört hat. Ein
Kulturschock für musikalische Puristen. Das „Highlight“
aber waren die Jahrmarktstauglichen Zigeuner- und Hunnen-Outfits
des Quartetts, die realitätsbewusste Zuschauer doch eher
zum Schmunzeln veranlasst haben dürften. Ein bisschen mehr
musikalische Substanz wäre hingegen ratsamer gewesen.
Eine wenige
mögen enttäuscht gewesen sein, dass Gothic-Ikone Wayne
Hussey bei diesem Festival durch Abwesenheit glänzte. Alle
anderen wurden aber durch die für ihn eingesprungenen MOSKOTE
fürstlich entlohnt. Vordergründig springen sie auf den
Zug auf, den Subway To Sally, In Extremo oder auch Tanzwut vor
ein paar Jahren losgetreten haben mögen. Lederne Gewandung,
Dudelsäcke – alles schon mal dagewesen. Tatsächlich
aber präsentierten die Sauf- und Raufbolde aus dem Harz einfach
modernen Folk-Rock ohne übertriebene Mittelalter-Pose. Sogar
vor Rap-Einlagen scheuten sie nicht zurück. Ihre ebenso zahlreichen
wie treu ergebenen Fans vor der Bühne hatten sie jedenfalls
damit vom ersten Moment an fest im Griff. In diesem Sinne: „Auf
die Helme!“
Das Duo BARDIC
besann sich hingegen wieder auf die Wurzeln der Zunft und betrat
spartanisch instrumentiert mit Akustik-Klampfe, Geige und Flöte
die Bühne. Wahrscheinlich profitierten in puncto Stimmung
von der abrollenden Welle der Euphorie ihrer Vorgänger. Und
so schafften es auch BARDIC mit nichts als ein
paar wenigen Instrumenten, zweistimmigem Gesang und launigen Sprüchen
ihr Publikum bei Stimmung zu halten. Ein weiteres Beispiel für
das „Tracy-Chapman-Phänomen“ anlässlich
des 70. Geburtstags von Nelson Mandela. Respekt!
Ja, und wenn
SCHELMISCH
nicht mittelalterlich sind, dann weiß ich auch nicht. Das
musikhistorische Großunternehmen hat nicht nur allerlei
Dudelsäcke zu bieten, sondern wahrlich kernige Kerle und
prächtige Weiber, die in blumigen Worten von ihren Reisen
und Abenteuern in aller Herren Länder schwadronieren. Zusätzlich
garnierten sie ihre Mittelalter-Show durch komödiantische
Einladen der derben Art. Da fühlt man sich doch gleich um
ein paar Jahrhunderte zurückversetzt. Damit qualifizierten
sie sich auf jeden Fall auf den Authenzitäts-Award. –
Let’s do the time-warp, again!
Eine phonstarke
Macht der modernen Art betrat danach die Bühne. SKYCLAD
gelten nicht umsonst als die „Erfinder des Folk-Metals“.
Schmissige Geigenmelodien, mitreißende Refrains und Gitarrensoli,
die eigentlich verboten gehören. Aber zum Glück nur
eigentlich. Auch mit dem Material ihres inzwischen 15. (!) Albums
im Gepäck verstanden es die Briten, ihre nibelungentreuen
Fans mitzureißen.
Im letzten
Jahr noch „unter Ferner liefen“ auf dem Castle-Rock,
2004 schon als Headliner: SCHANDMAUL,
die noch jungen Helden des Folk-Rock, setzten mit ihrer Mischung
aus herzergreifenden Melodien und dem nötigen Druck aus dem
Gitarren-Bass-Fundament dem ohnehin schon gelungenen Festivals
die atmosphärische Krone auf. Günstig wirkte sich nicht
zuletzt die allmählich hereingebrochene Dunkelheit aus, in
der die Bühnenbeleuchtung das Podest in stimmungsvolles Licht
tauchen konnte. Hinzu kommt einfach die ansteckende Spielfreude
der Schandmäuler, die sich flugs auf das (inzwischen wieder)
dicht gedrängte Publikum vor der Bühne übertrug.
Insgesamt
bewiesen die Organisatoren des Burg-Folk auch im dritten Jahr,
dass ihr Festival eines der lohnenswerten im Bundesgebiet sein
dürfte.