Haggard
~ Diary Of Dreams ~ ASP ~ Saltatio Mortis ~ Chamber ~ Adorned
Brood ~ The Cascades
Irgendwann
musste es ja einmal passieren: nachdem das CASTLE
ROCK in den letzten Jahren vom Wetter geradezu verwöhnt
worden war, deuteten diesmal die Zeichen am Himmel auf ein etwas
stürmischeres Event hin. Und unsere schlimmsten Befürchtungen
schienen sich zunächst zu bewahrheiten, denn kaum eingetroffen
brach auch bereits ein heftiger Regenschwall aus den Wolken hervor,
der uns zur Flucht unter einen der Verkaufsstände zwang...
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Fotos ::
Pünktlich
zum Auftritt von THE
CASCADES hörte es jedoch wieder auf, so dass
die Band auf deutlich mehr Publikum vor der Bühne bauen konnte.
Mit ihrem relativ straighten, aber gerade live höchst effektiven
Gothic Rock in der Schnittmenge zwischen alten The Mission und
z.B. Funhouse erwiesen sich die vier Musiker schon bald als der
ideale Opening Act, der zu der doch ziemlich frühen Stunde
(13 Uhr) die Lebensgeister der Anwesenden perfekt zu wecken vermochte
und so direkt für gute Laune sorgte. Kein Wunder, das die
Zeit so wie im Flug verging!
Auch ADORNED
BROOD hatten Glück mit dem Wetter und konnten
sich so gänzlich auf ihren Auftritt konzentrieren. Musikalisch
bot die Band dabei eine gute Mischung aus alten Klassikern und
Stücken der letzten Scheibe Erdenkraft,
zudem hatte man noch zwei neue Tracks im Gepäck, die mir
durchaus zu gefallen wussten. Die Performance selber war aber
leider etwas durchwachsen: der neue Gitarrist Thorsten wirkte
nicht nur optisch noch wie ein Fremdkörper in der Band, zumal
auch der zweite Gitarrist Benjamin zumeist wie angenagelt auf
seinem Platz stehen blieb und sich kaum bewegte. Dagegen wirkte
Frontmann/Bassist Frost mit seiner guten, aggressiven Show fast
schon wie eine Frontsau, während das etwas zurückhaltende
Agieren von Flötistin/Sängerin Ingeborg Anna dazu einen
durchaus reizvollen Kontrast bildete. Leider war ihr Gesang meistens
zu leise abgemischt, so dass Frost auch stimmlich deutlich mehr
im Vordergrund stand, dabei aber sowohl die Keif- als auch die
cleanen Passagen sehr gut meisterte. Da ADORNED BROOD
sehr Metal geprägt sind, gab es dann doch bei diversen energetischen
Ausbrüchen hier und da hochgezogene Augenbrauen im Publikum,
die uns alte Metal-Asseln das eine oder andere erheiternde Grinsen
entlockte. Insgesamt eine recht gelungene Vorstellung...
Danach war
es allerdings mit der trockenen Phase vorbei; es regnete praktisch
während zwei Dritteln des Auftrittes von CHAMBER.
Aber trotz dieses Umstandes und einiger technischer Probleme zu
Beginn des Sets war das Konzert des Kammerorchesters eines der
Highlights des diesjährigen Castle Rock! Sänger/Gitarrist
Marcus Testory hatte einen absoluten Sahnetag erwischt und faszinierte
nicht nur mit tiefer Stimme und noch tieferer Leidenschaft, sondern
er unterhielt das Publikum auch mit viel Wiener Schmäh, reichlich
Anekdoten und Dönekes und versuchte zwischendurch sogar,
den vermaledeiten Regen wegzutanzen. Zudem wurden die Stücke
von einer geradezu mitreißenden Spielfreude getragen, die
sich quasi sofort auf das Publikum übertrug und einen so
den Regen fast vergessen ließ. Lediglich beim Geburtstagsständchen
für Kontrabassistin Natalie Eis wollte die Menge nicht so
recht mitgehen, ansonsten gefielen mit CHAMBER
aber in dieser Verfassung noch viel besser als auf CD!
SALTATIO
MORTIS waren bereits im letzten Jahr dabei und damals
irgendwie an mir vorbeigegangen. In diesem Jahr war das allerdings
unmöglich, gaben sich die 7 Musikanten doch alle erdenkliche
Mühe, als die Stimmungskanonen des Castle Rock V in die Geschichte
einzugehen. Das könnte ihnen fürwahr gelungen sein,
denn obwohl auf Platte nicht unbedingt originell oder besonders
eigenständig, erwies sich die mit lockerer Hand inszenierte
Mischung aus etwas Mittelalter-Theater und kraftvollem Medieval-Rock
als fast schon beängstigend perfekt. Zudem noch beglückt
durch eitlen Sonnenschein gelang den Mannen somit ein denkenswürdiger
Auftritt, der die Menge in prächtige Party-Laune versetzte
und daher auch leider viel zu früh zu Ende war. So stelle
ich mir gelungenes Entertainment vor! Und, mal nebenbei bemerkt:
musizieren können sie ja alle prima, die Leute in diesen
Mittelalter-Kapellen, aber die Dudelsäcke von SALTATIO
MORTIS sehen echt am besten aus... :-)
Nach so einem
Parforce-Ritt auf der Bühne hätte es eigentlich jeder
Künstler schwer gehabt. Aber ASP
gaben sich ziemlich unbeeindruckt und hatten dann das Publikum
auch tatsächlich in relativ kurzer Zeit fest im Griff. Hilfreich
war dabei sicherlich, dass der Auftritt einfach deutlich runder
und stimmiger, aber auch viel emotionaler rüberkam als z.B.
das Konzert während des Black Elben-Festivals in Hamm, wo
ich ASP das letzte Mal gesehen habe. Folglich
wurde man zu Recht abgefeiert und vor allem der Meister selbst
dürfte nach seiner explosiven Vorstellung ganz schön
kaputt gewesen sein.
Anschließend
folgte dann der letzte Auftritt von DIARY
OF DREAMS vor der Veröffentlichung des neuen
Albums im Herbst; vielleicht sogar für das gesamte Jahr 2004.
Leider erwischten Adrian Hates und seine Mitstreiter einen nicht
ganz so guten Tag. Zwar gab man sich redlich Mühe und spielte
einen eigentlich wunschfreien Best Of Set der letzten drei Alben,
aber ich habe die Band wirklich schon deutlich besser gesehen.
Das ging großen Teilen des Publikums wohl ähnlich,
denn so richtig dolle Stimmung wollte bis zum Schluss nicht aufkommen.
Ich schätze einfach mal, dass DIARY OF DREAMS
noch zu sehr in der Studioarbeit stecken, als dass sich das notwendige
Live-Feeling entwickeln konnte. So war es aber immer noch grundsolide,
und ich bin mir absolut sicher, dass wir bei den Konzerten zum
neuen Album eine ganz andere Performance erleben werden!
Als diesjährigen
Headliner konnten die Organisatoren die Münchener HAGGARD
verpflichten. Die waren zwar nur mit 16 Personen angereist (da
fehlte also einer, es sei denn, ich hab mich verzählt...),
passten aber rein optisch natürlich ganz wunderbar in das
vorhandene Burgambiente. Musikalisch war ich allerdings dann doch
etwas enttäuscht, da mir die derben Death Metal-Passagen
zu simpel erschienen und die klassischen Teile so entweder nach
Staffage klangen oder aber die Stücke alleine tragen mussten
(sollten?), was aber m.E. nach nicht so recht funktionierte. Fairer
Weise sei aber erwähnt, dass große Teile des Publikums
da ganz anderer Ansicht waren und HAGGARD nach
allen Regeln der Kunst abfeierten. Die ließen sich denn
auch nicht lumpen und spielten sogar ein wenig länger als
vom Veranstalter erlaubt, aber wenn die Stimmung nun mal so prächtig
ist...
Insgesamt
war es wieder ein rundherum gelungenes Festival, mit 1700 Besuchern
einmal mehr ausverkauft, mit interessanten Bands und einer genialen
Location. Das Wetter hätte deutlich schlimmer ausfallen können,
die Preise waren zivil und die Verkaufsstände eine willkommene
Abwechslung. Lediglich bei den Toiletten besteht Handlungsbedarf:
sie sind zwar sehr sauber, aber von der Kapazität her nicht
ausreichend, was dann z.T. extrem lange Warteschlangen zur Folge
hat. Nach dem Festival fand dann noch eine Aftershow-Party im
Ringlokschuppen statt, bei der dann auch der eine oder andere
Musiker gesichtet wurde bzw. CHAMBER und ASP
für Autogrammstunden anwesend waren.
Da die Tickets gewöhnlich auf ca. 1700 begrenzt sind (mehr
Platz ist auch einfach nicht da – das macht ja auch die
heimelige Atmosphäre aus), kann ich jedem unserer Leser nur
empfehlen, sich 2005 rechtzeitig eine Karte zu organisieren. Wir
werden auf jeden Fall wieder dabei sein!