Therion
- The Crüxshadows - Janus - Nik Page - Elis - Regicide -
Down Below
Nachdem
es ja in den letzten Tagen eine zum Teil viehische Hitze und Sonne
satt gegeben hatte, suchte sich der Regen- und Schlechtwettergott
natürlich ausgerechnet den letzten Samstag im Juni für
eine kleine Abkühlung aus. So fühlte sich das NH Team
(Psycho, Maya, Kerstin, Calani) zunächst an letztes Jahr
erinnert: als wir gegen 12:30 am Schloss Broich eintrafen, goss
es wie aus Kübeln. Aber auch diesmal sollte es pünktlich
um 13:00 zum offiziellen Festivalbeginn damit aufhören. Und
auch wenn es dann zwischendurch noch mal ziemlich ungemütlich
und nass wurde, so war uns das allen trotz etwas unpassender Kleidung
deutlich lieber, als wenn man den ganzen Tag in der prallen Sonne
verbracht hätte...
Das Wetter wird folglich nicht der Grund gewesen sein, warum die
sechste Auflage des CASTLE
ROCK FESTIVAL’s im Gegensatz zu den Angaben
des Veranstalters in diesem Jahr zwar gut besucht, aber wohl nicht
ausverkauft war (so wie in den Jahren davor). Ob das nun an den
vielen parallel stattfinden Konkurrenzereignissen lag (z.B. spielten
NIN zeitgleich in Oberhausen, ebenso die deutsche Elf gegen Brasilien,
und auf Schalke zerlegte Stefan Raab reihenweise Autos), oder
aber der diesjährigen Bandkonstellation, die viele der Anwesenden
insgesamt als weniger gelungen empfanden als die Billings der
letzten Jahre, das ist natürlich nur schwer zu sagen.
Allerdings, um das Fazit mal vorwegzunehmen, war auch das diesjährige
CASTLE ROCK wieder eine rundum gelungene und
kurzweilige Angelegenheit; getragen von der reibungslosen Organisation
und dem nach wie vor tollen Ambiente. Und zumindest die Mehrzahl
der Bands wusste auch im Jahre 2005 zu überzeugen; wer will
sich da also angesichts des immer noch sehr günstigen Eintrittspreises
großartig beschweren? Schade war nur, dass die gewohnte
After-Festival-Party im Ringlokschuppen in diesem Jahr nicht statt
finden konnte. Falls das im nächsten Jahr wieder der Fall
ist, sollte man sich hier unbedingt noch eine andere Lösung
überlegen.
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Fotos ::
Eine der besseren
Bands spielte direkt zu Beginn des Konzerts, nämlich DOWN
BELOW aus Rosslau. Ok, den Ankündigungen, reichlich
ägyptische Elemente in die Musik mit einfließen zu
lassen, konnten die Jungs um den agilen Frontmann Neo-Scope zwar
nur optisch (mittels der Kleiderwahl) gerecht werden; zu einem
guten Auftritt reichte es aber auch so alle mal. Musikalisch wurde
dem Publikum recht eigenständiger und kraftvoller Gothic
Metal serviert, der genau an den passenden Stellen mit moderneren
Elementen aufgepeppt und mit energischem Stage-Acting untermalt
wurde. Mit einigen selbstironisch-sympathisch-verstrahlten Ansagen
überwand man zudem die Hürde des Openers problemlos,
so wurden die Anwesenden z.B. mit „Guten Abend, Mülheim“
begrüßt, gefolgt von dem Hinweis, dass man in Rosslau
keine Uhren kennt...
Der Schwerpunkt des Auftritts lag natürlich mit Stücken
wie The Man Who Robs Dead People oder Return Back
From Ignorance auf dem aktuellen Album Silent
Wings: Eternity, Höhepunkt
war aber trotzdem die gelungene Cover-Version von Entre dos
Tierras (Hèroes del Silencio).
Ebenfalls
überzeugen konnten die Norddeutschen REGICIDE,
deren letztjähriges Debüt Viorus
uns ja eher ratlos zurückgelassen hatte. Live hingegen wischte
die sympathische Bande von Beginn alle Zweifel hinfort, dass man
es richtig krachen lassen wollte. Auch hier konnte, neben der
Musik, das Stage-Acting überzeugen, und zudem verfügt
die aus exzellenten Musikern bestehende Band mit Frauke und Timo
über zwei tolle Sänger, die viel aus ihren Stimmen machten
und sich dabei gut ergänzten.
Da konnte also schon beim Opener Behind His Eyes nichts
schief gehen, genauso wenig wie beim komplett gespielten An
Embracing Space. REGICIDE nutzten zudem
die Möglichkeit und stellten einige neue Stücke vor,
von denen vor allem Pirates als sehr gelungen in Erinnerung
geblieben ist. Leider hatte die Band Pech mit dem Wetter, denn
mitten im Set fing es wieder kräftig an zu regnen, wobei
es aber für die Band spricht, dass dieser Umstand der Stimmung
keinen Abbruch tat.
ELIS
aus Liechtenstein hinterließen hingegen einen eher zwiespältigen
Eindruck. Zwar spulten sie ihren Gothic Metal routiniert runter,
aber Chöre vom Band - das geht nun wirklich nicht. Zudem
war die Bühnenperformance zu statisch und innerhalb der Musik
waren die Aufhorcher auch zu spärlich gesät. Irgendwie
fehlte es am eigenständigen Profil, und man konnte partout
nicht ausmachen, was diese Band von anderen des Genres unterscheiden
sollte. Ungeachtet einer an sich guten Mischung aus allen drei
Alben gab’s folglich einen eher durchschnittlichen Eindruck,
man muss aber fairer Weise erwähnen, dass ELIS
beim Publikum trotz starkem Regen während zwei Dritteln des
Gigs gut ankamen und sich von ihren Fans mit dem VIVA-Rotation-Clip
Der Letzte Tag standesgemäß verabschiedeten.
Dieses Glück
war dem Ex-Blind Passengers-Frontmann NIK
PAGE hingegen nicht beschieden. Aber seien wir ehrlich:
dieses Problem war klar hausgemacht, denn die Mischung aus Möchtegern-Rockstar-Posing
und eher uninspirierter Musik kam fast schon naturgemäß
alles andere als gut beim Publikum an. Der angepriesene Electro
Rock wollte demnach überhaupt nicht zünden und entpuppte
sich als lahme Kopie der Sisters Of Mercy zu Mother Russia-Zeiten
mit etwas mehr Elektronik und Mad Max-Optik; keine Ahnung, wer
das heute noch braucht. Tiefpunkt war dann die total missratene
Version des Ärzte-Klassikers Mysteryland, und nachdem
NIK PAGE anfangs noch versucht hatte, die Stimmung
zu seinen Gunsten herumzureißen, resignierte die Band dann
doch sichtlich und kürzte wohl als Konsequenz ihren Set um
einige Stücke. Mit Absurdistan wurde als Abschluss
ein altes Passenger-Stück runtergezockt, welches das eigene
Material auch noch um Längen düpierte. So konnte sich
dann jeder der Anwesenden von diesem Qualitätsunterschied
überzeugen...
Die so gewonnene
Zeit wussten JANUS
trefflich zu nutzen, nicht nur, weil sie als erste Band eine Zugabe
geben durften (und mussten), sondern weil so sogar noch für
ein (neues) Stück mehr im Set Platz war. Die „harten“
Auftritte der extrem sympathischen Hessen (nebst Anhang) sind
ja inzwischen positiv berüchtigt, und auch in Mühlheim
rockte die Band um Rig und Tobi (zu der heuer auch die Sängerin
Diana Nagel gehörte) wirklich wieder einmal alles in Grund
und Boden. Wie üblich wurden dabei fast alle dargeboten Stücke
gründlichst umarrangiert, wobei man diesmal meistens Wert
darauf legte, möglichst viel krachige Gitarren unterzubringen
und das Ganze teilweise mit harschen Electro-Patterns zu unterlegen.
Mission geglückt, kann man da nur sagen! Denn Tracks wie
Verflucht, Ich will seinen Kopf, das wieder
ausgegrabene Saitenspiel, Mein krankes Herz
oder das beinharte, als Abschluss gespielte, neue Stück Neuroleptiker
rockten das Haus höchst energisch.
Auffällig war, neben dem hohen Energie-Level der gesamten
Band, der Grimassen-Wettbewerb zwischen Sänger Rig und Gitarrist
Oliver, den letzterer allerdings klar für sich entschied.
Zwischendrin gab es mit dem sehr intensiven Grabenkrieg
(ebenfalls neu) und Kafka einen kurzen Moment der Besinnung,
bevor man es dann wieder ordentlich krachen ließ. Dass das
Leben nicht immer so bierernst ist, bewies Rig zwischendurch mit
seinen Ansagen (große Lacher erntete z.B. die Bandvorstellung:
„Hallo, wir sind L’Âme Immortelle und spielen
jetzt Bitterkeit“...), so dass JANUS nach
dieser starken Leistung verdienter Maßen mit langanhaltendem
Applaus bedacht wurden.
Danach brauchten
wir (Psycho, Maya, Kerstin) erst mal dringend eine Pause, so dass
wir uns den Auftritt der CRÜXSHADOWS
nur teilweise ansehen konnte, während sich Cal weiterhin
heroisch durch den Fotograben kämpfte. Daher sei dazu nur
soviel gesagt, dass die Band um Front-Entertainer Rogue das Publikum
bestens im Griff hatte und eine Menge Party-Stimmung verbreitete.
Da störte es auch nicht, dass sich live einige Stücke
ziemlich ähnlich klingen, zumal Rogue mal wieder keine Gelegenheit
ausließ, entweder seinen Klettertrieb zu befriedigen oder
aber den Kontakt zum Publikum zu suchen und dabei seine Deutschkenntnisse
zu verbessern – die im Übrigen gar nicht mal schlecht
sind und für eine Menge Pluspunkte beim Publikum sorgten.
Erwähnenswert noch, das die Amerikaner auf dem CASTLE
ROCK erstmalig einen neuen Song präsentierten, den
man auf der aktuellen DVD/CD finden kann. Und obwohl die CRÜXSHADOWS
musikalisch eigentlich am wenigsten zu den anderen Bands passten,
haben sie sich inzwischen eine so stabile Fan-Basis erarbeitet,
dass hier wirklich nichts schief gehen konnte.
Wie im letzten
Jahr stand der Abschluss der Festivals im Zeichen der Vermischung
von Metal und Klassik, diesmal in Form der schwedischen Band THERION,
die neben der normalen Rockbesetzung noch einen fünfköpfigen
Chor (3 Frauen, 2 Männer) mitgebracht hatten. Ehrlich gesagt,
hatte sowohl ich (Psycho), als auch Calani die Band in den letzten
Jahren ein wenig aus den Augen verloren, daher waren wir doch
sehr überrascht, wie schwungvoll THERION
in ihren Set einstiegen: wüstes Metal-Posing (wie früher)
paarte sich da mit einer extrem nach vorne spielenden Band, die
sichtlich Spaß an ihrem Auftritt hatte. So wurden z.B. bei
den ersten Stücken kaum Samples benötigt, sondern der
sehr gute Chor sorgte quasi im Alleingang für die klassische
Atmosphäre, während der Rest der Musiker sich auf ein
ordentliches Metal-Brett konzentrierte.
Besonders erfreut war ich (Psycho) über die Tatsache, mit
Mats Leven endlich mal einen meiner Lieblings-Sänger live
sehen zu können. Und was soll ich sagen: der Mann ist echt
'ne absolute Granate und veredelte daher vor allem ältere
Stücke wie Evocation Of Vovin oder Into Remembrance
mit seinem genialen Organ. Mit Riders Of Theli wurde
sogar ein richtiger „Oldie“ wieder ausgegraben, während
das Programm ansonsten aus bewährten Standards à la
Seven Secrets Of The Sphinx, Schwarzalbenheim
oder Wine Of Aluqah bestand, die im Publikum für
ausgelassene Stimmung sorgten. Auch Christopher Johannson nutzte
die Gelegenheit für einige Ansagen in Deutsch und zeigte
sich dabei ein ums andere Mal von der humorigen Seite. Als ihm
z.B. niemand aus dem Publikum die Heimstatt der nordischen Götter
nennen konnte (Asgaard), schob er dies auf seine schlechten
Deutschkenntnisse und begründete diese mit zuviel Urlaub
in Bayern...
Mit dem Klassiker Beauty In Black verabschiedeten sich
THERION dann zunächst bombastisch von den
Fans, um dann aber noch als krönenden Abschluss eine fulminante
Version von Motörheads Iron Fist ins Publikum zu
schmettern. Das hat Spaß gemacht!
Und da dies
auch insgesamt für das gesamte Festival zutraf (die Zeit
verging wirklich wie im Flug), werden wir folglich im nächsten
Jahr unserer Chronistenpflicht wieder gerne Genüge tun...