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DEAD CAN DANCE

 
2005-03-26 DE – Köln - Philharmonie

Psycho: Es kommt ja wirklich selten vor, aber in diesem Fall stimmte der Spruch einfach: “Das ich das noch erleben durfte!”. Nachdem ich es ja in den 90er irgendwie geschafft hatte :: DEAD CAN DANCE :: quasi erst in der Endphase ihres Schaffens für mich zu entdecken und ein Konzertbesuch so gar nicht mehr möglich war, hätte ich wirklich nie im Leben damit gerechnet, dass :: Lisa Gerrard :: und :: Brendan Perry :: nach knapp 10 Jahren wieder zusammenfinden und gemeinsam auf Tour gehen würden.
Die anberaumten Konzerte waren natürlich im Nu ausverkauft, trotz der durchaus opulenten Ticketpreise (im Vorverkauf schon über 50 €). Die Spannung bis zu diesem Samstag steigerte sich jedenfalls im Laufe der Wochen vorher fast ins Unermessliche, zumal schnell das Gerücht umging, dass DEAD CAN DANCE auch neue Stücke präsentieren würden.

Dajana: Auch für mich war es die erste livehaftige Begegnung mit DEAD CAN DANCE, da meine nähere Bekanntschaft bereits nach der Trennung von Lisa Gerrard und Brendan Perry stattfand.

Psycho: Zunächst galt es aber, sich mit dem Auto durch das Gewirr der Kölner Baustellen und Einbahnstrassen zu kämpfen. Zudem ist der Rheinmetropole die Philharmonie anscheinend peinlich; ausgeschildert war sie nämlich nicht. Zum Glück ließ sich dieses Problem dann auch lösen, aber in Punkto Fotografierverbot gab es dann vor Ort leider kein Einlenken, so dass wir Dajanas Utensilienkoffer direkt im Wagen lassen konnten…
Dajana: …was ich natürlich zutiefst bedauert habe. Da bekommt man solche eine Chance und es gibt nicht mal ’nen Pressetermin, obwohl Management und Tourveranstalter mit Anfragen geradezu überflutet wurden.

Psycho: Der Rahmen wirkte für das zu erwartende Geschehen dann überaus festlich und, der Örtlichkeit entsprechend, sehr vornehm. Da am Einlass auf schärfere Kontrollen verzichtet wurde, gelangten dann aber doch eine Menge Digitalkameras in das Gebäude. Was im späteren Verlauf des Abends dazu führte, dass jede Menge Apparate während des Konzerts vom sehr freundlichen Personal eingesammelt wurden. Das hätte man auch geschickter lösen können, um Störungen bei der Vorführung zu vermeiden.
Die Bühne selber war eigentlich eher spartanisch ausstaffiert: eine mächtige Percussion-Armada auf der linken Seite, eine Keyboard-Front auf der rechten, davor der Raum für Brendan Perry und dazwischen in der Mitte das Pult für Lisa Gerrard; meines Wissens nach also der gleiche Aufbau wie zur Towards The Within Tour.

Dajana: Hier möchte ich anmerken, das vor allem auch das Publikum sehr bunt gemischt war. Natürlich waren mehrheitlich Metaller und Leute der schwarzen Szene zugegen, mit teils sehr schönen Outfits. Fast jeder hatte sich fein rausgeputzt, lange Mähnen waren gebändigt oder kunstvoll auftoupiert, zu den obligatorischen Lederhosen gab es meist ein Sakko. Vertreter der Schlabber-Turnschuh-Jeans-Fraktion waren de facto vorhanden aber doch sehr rar. Wenn sich selbst hartgesottene Metaller so in Schale werfen, steht Großes bevor...

Psycho: Um 20:15 betraten dann Lisa Gerrard, Brendan Perry und ihr fünfköpfiges Ensemble, bereits jetzt schon begleitet von Standing Ovations und frenetischem Applaus, die Bühne. Brendan Perry hätte ich ehrlich gesagt nicht wiedererkannt, aber Lisa Gerrard sah aus wie immer und verströmte von Anfang an dieses merkwürdige sakrale Fluidum, welches ja auch ihre Musik und Stimme ausmacht. Zusammen mit dem farblich auf ihr Gewand abgestimmten Pult wurde dieser Effekt auch optisch deutlich, wirkte das ganze doch so, als wolle sie im nächsten Moment eine Predigt halten.

Dajana: Ich hatte eher den Eindruck einer fast göttlichen Diva, die sehr zerbrechlich wirkend, fern von dieser Welt und völlig unnahbar in den Saal schwebte, um ihren angestammten Platz hinter dem Podium einzunehmen.

Psycho: Die Bekehrungsversuche fanden dann aber natürlich nur musikalisch statt. Los ging es mit Nierika. Zunächst überraschte mich hier die Lautstärke, zwar nicht ohrenbetäubend, aber doch deutlich mehr als erwartet. Dann zeigte sich schnell, dass die Begleitband durchweg mit hervorragenden Musikern besetzt war. Der prominenteste davon war sicherlich Patrick Cassidy, mit dem Lisa Gerrard unter anderem ihr letztes Soloalbum Immortal Memory aufgenommen hat. Schnell zeigten sich auch die Unterschiede in der Performance der beiden Hauptakteure. Während Lisa Gerrard meistens fast unbeweglich hinter ihrem Pult stand und einen eher entrückten Eindruck machte, übernahm Brendan Perry nicht nur die (spärliche) Kommunikation mit dem Publikum, sondern auch das Zeigen von Emotionen und die Bewegung auf der Bühne.
Unglaublich aber bei beiden die Stimmen: Lisas Gesang ist ja auf CD schon der Garant für ein Wechselspiel der Gefühle, aber live ist er wirklich Gänsehaut pur! Und zwar bei jedem Stück... Diese Frau hat nicht nur einen schier unglaublichen Stimmumfang, sondern dazu auch noch ein Volumen und ein Timbre, welches schlicht nicht von dieser Welt sein kann und den Hörer doch direkt in sein Inneres trifft. Überrascht hat mich hingegen die Leistung von Brendan Perry, der seine wunderschöne, warme Stimme herrlich akzentuiert einzusetzen verstand und so letztendlich ebenfalls den im Studio konservierten Eindruck noch zu toppen vermochte. Während Lisa Gerrard mehr sphärisch und schwebend klingt, ist ihr Pendant eher für die erdverbundenen, wärmeren Töne zuständig. Was zusammen dann halt ein Teil dessen darstellt, was DEAD CAN DANCE in der Mischung so faszinierend macht.
Bereits als zweites wurde dann ein neues Stück gespielt, welches mir ausgezeichnet gefiel: ein verdrehter, orientalisch klingender Rhythmus, gepaart mit großartigen Melodien und einer mitreißenden Stimmung. Ungefähr das erste Drittel des Sets wurden dann auch weiterhin hauptsächliche neuere oder noch unbekannte Stücke gespielt, bevor dann mit einer fulminanten Saltarello-Version der Reigen der bekannteren Stücke eingeleitet wurde.
Großartig z.B. How Fortunate The Man With None, von Brendan Perry eindringlich gesungen und so eines meiner persönlichen Highlights des Abends. Im letzten Teil des Konzertes wechselten sich dann perkussivere Stücke mit Perry-Gesang mit den ruhigeren, düster-klassischen Zeremonien von Lisa Gerrard in direkter Folge ab. Sehr kontrastreich, aber zu jedem Moment spannend!
Die so aufgebaute Stimmung lässt sich leider nur schwer beschreiben; das Publikum lauschte jedem Ton mit tiefer Ergriffenheit, und es baute sich eine wunderbare, entspannte Atmosphäre auf, die aber das Auditorium nicht daran hinderte, nach jedem Stück in orkanartigen Jubel zu verfallen. Nach Yulunga (Spirit Dance) war dann erst mal Schluss, aber nicht enden wollender Beifall und Standing Ovations führten dann natürlich doch zu zwei Zugaben: zunächst Severance und dann, nach einer weiteren Pause, das höchst aufwühlende Hymn For The Fallen von Lisas nächstem Soloalbum, in der sie ihrer ohnehin schon mehr als beeindruckenden Stimme noch bisher gänzlich unbekannte, eher dem Blues oder Jazz zuzurechnende Varianten hinzufügen konnte.
Danach und zwei leider viel zu schnell an einem vorbei gerauschten Stunden war dann allerdings auch Schluss. Ein unvergesslicher Abend fand somit sein Ende, auch wenn man sich noch unendlich viel mehr Zeit gewünscht hätte. Jeder, der es nicht sehen konnte hat hier definitiv was verpasst!

Brendan Perry     Lisa Gerrard

Trotzdem gab es aus meiner Sicht auch einen kleinen Wermutstropfen: denn obwohl praktisch alle beteiligten Musiker ausgemachte Multiinstrumentalisten waren (und zwischendurch auch fleißig die Instrumente wechselten): vieles wurde halt doch durch die Keyboards erzeugt, seien es nun die klassischen oder aber die eher traditionellen bzw. mittelalterlichen Klänge. Das fand ich sehr schade, hätte es doch gerade in diesem Rahmen gut gepasst, hier vielleicht die Besetzung noch ein wenig aufzustocken, zumal diese DEAD CAN DANCE-Tour ja eigentlich schon was besonderes darstellen sollte. Ansonsten habe ich aber nichts zu meckern, sondern es freut mich vielmehr, dass ich dabei sein durfte! Von der Gänsehaut werde ich noch lange zehren...

Dajana: Dem kann ich auch nichts mehr hinzufügen. Wer DEAD CAN DANCE kennt wird wissen, wie schwer es ist schon die Musik einer der CD’s zu beschreiben. Wenn man dann ein solches Ereignis in Worte fassen soll … ich kann es nicht. Während man mit transzendenter Aufmerksamkeit und Klarheit dem Geschehen auf der Bühne folgte, war man doch gleichzeitig in tiefste innere Sphären versunken, ein Zustand für die Ewigkeit.

Setlist:
Nierika - Saffron - Yamyinar - The Ubiquitous Mr. Lovegrove - Love That Cannot Be - Lotus Eaters - Cresent - Minus Sanctus - Salterello - The Wind That Shakes The Barley - How Fortunate The Man With None - Dreams Made Flesh - I Can See Now - American Dreaming -
Sanvean - Rakim - Black Sun - Salems Lot-Aria - Yulunga (Spirit Dance) // Severance // Hymn For The Fallen

Dajana: Jedes Konzert dieser Tour wurde im Übrigen aufgenommen, wird später abgemixt und kann dann über die DEAD CAN DANCE Homepage für 30 € bezogen werden. Allerdings ist jede Edition auf 500 handnumerierte Exemplare limitiert und bereits ausverkauft.

 

story © Psycho & Dajana