Psycho:
Es kommt ja wirklich selten vor, aber in diesem Fall stimmte der
Spruch einfach: “Das ich das noch erleben durfte!”.
Nachdem ich es ja in den 90er irgendwie geschafft hatte ::
DEAD CAN
DANCE :: quasi erst in der Endphase ihres Schaffens
für mich zu entdecken und ein Konzertbesuch so gar nicht
mehr möglich war, hätte ich wirklich nie im Leben damit
gerechnet, dass :: Lisa
Gerrard :: und :: Brendan
Perry :: nach knapp 10 Jahren wieder zusammenfinden
und gemeinsam auf Tour gehen würden.
Die anberaumten Konzerte waren natürlich im Nu ausverkauft,
trotz der durchaus opulenten Ticketpreise (im Vorverkauf schon
über 50 €). Die Spannung bis zu diesem Samstag steigerte
sich jedenfalls im Laufe der Wochen vorher fast ins Unermessliche,
zumal schnell das Gerücht umging, dass DEAD CAN DANCE
auch neue Stücke präsentieren würden.
Dajana:
Auch für mich war es die erste livehaftige Begegnung mit
DEAD CAN DANCE, da meine nähere Bekanntschaft
bereits nach der Trennung von Lisa Gerrard und
Brendan Perry stattfand.
Psycho:
Zunächst galt es aber, sich mit dem Auto durch das Gewirr
der Kölner Baustellen und Einbahnstrassen zu kämpfen.
Zudem ist der Rheinmetropole die Philharmonie anscheinend peinlich;
ausgeschildert war sie nämlich nicht. Zum Glück ließ
sich dieses Problem dann auch lösen, aber in Punkto Fotografierverbot
gab es dann vor Ort leider kein Einlenken, so dass wir Dajanas
Utensilienkoffer direkt im Wagen lassen konnten…
Dajana: …was ich natürlich zutiefst
bedauert habe. Da bekommt man solche eine Chance und es gibt nicht
mal ’nen Pressetermin, obwohl Management und Tourveranstalter
mit Anfragen geradezu überflutet wurden.
Psycho:
Der Rahmen wirkte für das zu erwartende Geschehen dann überaus
festlich und, der Örtlichkeit entsprechend, sehr vornehm.
Da am Einlass auf schärfere Kontrollen verzichtet wurde,
gelangten dann aber doch eine Menge Digitalkameras in das Gebäude.
Was im späteren Verlauf des Abends dazu führte, dass
jede Menge Apparate während des Konzerts vom sehr freundlichen
Personal eingesammelt wurden. Das hätte man auch geschickter
lösen können, um Störungen bei der Vorführung
zu vermeiden.
Die Bühne selber war eigentlich eher spartanisch ausstaffiert:
eine mächtige Percussion-Armada auf der linken Seite, eine
Keyboard-Front auf der rechten, davor der Raum für Brendan
Perry und dazwischen in der Mitte das Pult für Lisa Gerrard;
meines Wissens nach also der gleiche Aufbau wie zur Towards
The Within Tour.
Dajana:
Hier möchte ich anmerken, das vor allem auch das Publikum
sehr bunt gemischt war. Natürlich waren mehrheitlich Metaller
und Leute der schwarzen Szene zugegen, mit teils sehr schönen
Outfits. Fast jeder hatte sich fein rausgeputzt, lange Mähnen
waren gebändigt oder kunstvoll auftoupiert, zu den obligatorischen
Lederhosen gab es meist ein Sakko. Vertreter der Schlabber-Turnschuh-Jeans-Fraktion
waren de facto vorhanden aber doch sehr rar. Wenn sich selbst
hartgesottene Metaller so in Schale werfen, steht Großes
bevor...
Psycho:
Um 20:15 betraten dann Lisa Gerrard, Brendan
Perry und ihr fünfköpfiges Ensemble, bereits
jetzt schon begleitet von Standing Ovations und frenetischem Applaus,
die Bühne. Brendan Perry hätte ich
ehrlich gesagt nicht wiedererkannt, aber Lisa Gerrard
sah aus wie immer und verströmte von Anfang an dieses merkwürdige
sakrale Fluidum, welches ja auch ihre Musik und Stimme ausmacht.
Zusammen mit dem farblich auf ihr Gewand abgestimmten Pult wurde
dieser Effekt auch optisch deutlich, wirkte das ganze doch so,
als wolle sie im nächsten Moment eine Predigt halten.
Dajana:
Ich hatte eher den Eindruck einer fast göttlichen Diva, die
sehr zerbrechlich wirkend, fern von dieser Welt und völlig
unnahbar in den Saal schwebte, um ihren angestammten Platz hinter
dem Podium einzunehmen.
Psycho:
Die Bekehrungsversuche fanden dann aber natürlich nur musikalisch
statt. Los ging es mit Nierika. Zunächst überraschte
mich hier die Lautstärke, zwar nicht ohrenbetäubend,
aber doch deutlich mehr als erwartet. Dann zeigte sich schnell,
dass die Begleitband durchweg mit hervorragenden Musikern besetzt
war. Der prominenteste davon war sicherlich Patrick Cassidy, mit
dem Lisa Gerrard unter anderem ihr letztes Soloalbum
Immortal Memory aufgenommen hat. Schnell
zeigten sich auch die Unterschiede in der Performance der beiden
Hauptakteure. Während Lisa Gerrard meistens
fast unbeweglich hinter ihrem Pult stand und einen eher entrückten
Eindruck machte, übernahm Brendan Perry
nicht nur die (spärliche) Kommunikation mit dem Publikum,
sondern auch das Zeigen von Emotionen und die Bewegung auf der
Bühne.
Unglaublich aber bei beiden die Stimmen: Lisas Gesang ist ja auf
CD schon der Garant für ein Wechselspiel der Gefühle,
aber live ist er wirklich Gänsehaut pur! Und zwar bei jedem
Stück... Diese Frau hat nicht nur einen schier unglaublichen
Stimmumfang, sondern dazu auch noch ein Volumen und ein Timbre,
welches schlicht nicht von dieser Welt sein kann und den Hörer
doch direkt in sein Inneres trifft. Überrascht hat mich hingegen
die Leistung von Brendan Perry, der seine wunderschöne, warme
Stimme herrlich akzentuiert einzusetzen verstand und so letztendlich
ebenfalls den im Studio konservierten Eindruck noch zu toppen
vermochte. Während Lisa Gerrard mehr sphärisch und schwebend
klingt, ist ihr Pendant eher für die erdverbundenen, wärmeren
Töne zuständig. Was zusammen dann halt ein Teil dessen
darstellt, was DEAD CAN DANCE in der Mischung
so faszinierend macht.
Bereits als zweites wurde dann ein neues Stück gespielt,
welches mir ausgezeichnet gefiel: ein verdrehter, orientalisch
klingender Rhythmus, gepaart mit großartigen Melodien und
einer mitreißenden Stimmung. Ungefähr das erste Drittel
des Sets wurden dann auch weiterhin hauptsächliche neuere
oder noch unbekannte Stücke gespielt, bevor dann mit einer
fulminanten Saltarello-Version der Reigen der bekannteren Stücke
eingeleitet wurde.
Großartig z.B. How Fortunate The Man With None,
von Brendan Perry eindringlich gesungen und so eines meiner persönlichen
Highlights des Abends. Im letzten Teil des Konzertes wechselten
sich dann perkussivere Stücke mit Perry-Gesang mit den ruhigeren,
düster-klassischen Zeremonien von Lisa Gerrard in direkter
Folge ab. Sehr kontrastreich, aber zu jedem Moment spannend!
Die so aufgebaute Stimmung lässt sich leider nur schwer beschreiben;
das Publikum lauschte jedem Ton mit tiefer Ergriffenheit, und
es baute sich eine wunderbare, entspannte Atmosphäre auf,
die aber das Auditorium nicht daran hinderte, nach jedem Stück
in orkanartigen Jubel zu verfallen. Nach Yulunga (Spirit Dance)
war dann erst mal Schluss, aber nicht enden wollender Beifall
und Standing Ovations führten dann natürlich doch zu
zwei Zugaben: zunächst Severance und dann, nach einer weiteren
Pause, das höchst aufwühlende Hymn For The Fallen
von Lisas nächstem Soloalbum, in der sie ihrer ohnehin schon
mehr als beeindruckenden Stimme noch bisher gänzlich unbekannte,
eher dem Blues oder Jazz zuzurechnende Varianten hinzufügen
konnte.
Danach und zwei leider viel zu schnell an einem vorbei gerauschten
Stunden war dann allerdings auch Schluss. Ein unvergesslicher
Abend fand somit sein Ende, auch wenn man sich noch unendlich
viel mehr Zeit gewünscht hätte. Jeder, der es nicht
sehen konnte hat hier definitiv was verpasst!
Trotzdem gab
es aus meiner Sicht auch einen kleinen Wermutstropfen: denn obwohl
praktisch alle beteiligten Musiker ausgemachte Multiinstrumentalisten
waren (und zwischendurch auch fleißig die Instrumente wechselten):
vieles wurde halt doch durch die Keyboards erzeugt, seien es nun
die klassischen oder aber die eher traditionellen bzw. mittelalterlichen
Klänge. Das fand ich sehr schade, hätte es doch gerade
in diesem Rahmen gut gepasst, hier vielleicht die Besetzung noch
ein wenig aufzustocken, zumal diese DEAD CAN DANCE-Tour
ja eigentlich schon was besonderes darstellen sollte. Ansonsten
habe ich aber nichts zu meckern, sondern es freut mich vielmehr,
dass ich dabei sein durfte! Von der Gänsehaut werde ich noch
lange zehren...
Dajana:
Dem kann ich auch nichts mehr hinzufügen. Wer DEAD
CAN DANCE kennt wird wissen, wie schwer es ist schon
die Musik einer der CD’s zu beschreiben. Wenn man dann ein
solches Ereignis in Worte fassen soll … ich kann es nicht.
Während man mit transzendenter Aufmerksamkeit und Klarheit
dem Geschehen auf der Bühne folgte, war man doch gleichzeitig
in tiefste innere Sphären versunken, ein Zustand für
die Ewigkeit.
Setlist:
Nierika - Saffron - Yamyinar - The Ubiquitous Mr. Lovegrove
- Love That Cannot Be - Lotus Eaters - Cresent - Minus Sanctus
- Salterello - The Wind That Shakes The Barley - How Fortunate
The Man With None - Dreams Made Flesh - I Can See Now - American
Dreaming -
Sanvean - Rakim - Black Sun - Salems Lot-Aria - Yulunga (Spirit
Dance) // Severance // Hymn For The Fallen
Dajana:
Jedes Konzert dieser Tour wurde im Übrigen aufgenommen, wird
später abgemixt und kann dann über die DEAD
CAN DANCE Homepage für 30 € bezogen werden.
Allerdings ist jede Edition auf 500 handnumerierte Exemplare limitiert
und bereits ausverkauft.