<< archive
 

 
2007-04-18 DE – Duisburg - Theater am Marientor

Das war mal wieder ein Abend zwischen Genie und Wahnsinn, oder besser: Chaos! Aber der Reihe nach...

Nach der eher unverhofften und nur zufälligen Entdeckung, dass sich LISA GERRARD nach der vor zwei Jahren erfolgten Dead Can Dance-Tour nun auch solo für einige Dates nach Europa aufmachen wollte, sorgte natürlich für eine nicht unbeträchtliche Euphorie, haben wir es hier doch mit einer der charismatischsten Sängerinnen dieses Planeten zu tun.
Das Theater am Marientor in Duisburg war für uns die am nächsten gelegene Location, die wir dann auch trotz des um diese Zeit normaler Weise sehr zähen Berufsverkehrs recht zügig erreichten. Es handelt sich um ein ziemlich gemütliches, jedoch mit einem sehr hohen Saal versehenes Theater mit einer ansprechend großen Bühne und guten Sichtmöglichkeiten von allen Seiten. Nicht empfehlenswert war aber, zumindest an diesem Abend, der ausgeschenkte Wein. Caterer Feinkost Kestner (oder so ähnlich) hatte anscheinend keine Kosten und Mühen gescheut, um sowohl beim Weiß- als auch beim Rotwein ein absolut untrinkbares Gesöff zu kredenzen. Wobei man sich diesen Aufwand mit unbescheidenen 4,50 € pro Glas honorieren ließ...

Zum Glück erschallte dann um Punkt 20:00 Uhr der Gong, der den Beginn des Konzertes verkündete. Eine Vorband o.ä. gab es nicht (mir wäre auch zunächst wenig Passendes eingefallen), so dass Frau Gerrard und ihre zwei Mitstreiter direkt loslegen konnten. Im Vergleich zu DCD fiel sofort auf, dass man an diesem Abend fast komplett auf live gespielte Percussion oder Schlaginstrumente verzichtete. Was in Konsequenz natürlich auch bedeutete, dass hier deutlich mehr Musik vom Band kommen würde (und kam). Ist aber irgendwie auch egal ist, wenn man über ein derart faszinierende und mit einer so immensen Range versehene Stimme wie LISA GERRARD verfügt. Da musste man einfach eine Gänsehaut kriegen! Immer und immer wieder...

Nicht verhehlt sei allerdings, dass das Ganze zwischen den Stücken schon etwas strange wirkte. Die Protagonistin machte einen auf extrem verschüchtert und kriegte nur höchst selten einen Ton raus, so dass sich die verbale Kommunikation mit dem Publikum auf ein Minimum beschränkte. Man fragte sich beinahe, woher die Frau dieses Stimmvolumen beim Singen nimmt. Immerhin beherrschte sie ein perfekt entrücktes Lächeln, mit dem sie, durchaus gerührt, die enthusiastischen Reaktionen der Zuhörer entgegen nahm. Noch obskurer allerdings war das fast schon ritualhafte Annäherungsverhalten von Frau Gerrard an ihren Mikroständer, welches vor nahezu jedem Stück mit exaltierten Bewegungen zelebriert wurde. Gleichzeitig musste man den Eindruck gewinnen, als brauche sie während der Songs ihren Lieblingsbarhocker, um sich darauf ein wenig aufzustützen...

Trotz dieser durchaus auffälligen Merkwürdigkeiten gab es an der Qualität der dargebotenen Musik allerdings nichts zu deuteln. Das war Extra-Klasse, in jeder Beziehung, auch wenn das installierte Soundsystem teilweise hörbar an seine Grenzen gebracht wurde und am Beginn der Mix noch ein wenig undifferenziert ausfiel. In knapp zwei Stunden bekamen die ergriffen lauschenden Zuhörer einen Querschnitt durch sämtliche Soloalben geboten, der zusätzlich noch mit einigen Stücken von diversen Soundtracks (Gladiator, Whalerider) und ein wenig DCD-Material angereichert wurde. Na ja, beinahe das gesamte Publikum war hin und weg, denn natürlich genau hinter uns hatten zwei zugedröhnte Volldeppen ihre Plätze, die sich ständig unterhielten und auch sonst einfach nur nervig waren. Mal ganz ehrlich: wer gibt über 50 € für so ein Konzert aus, um dann anschließend aufgrund der eigenen Undiszipliniertheit davon nichts mitzubekommen? Gebt euch demnächst lieber zu Hause die Kante und die gesparte Kohle für die Tickets direkt mir, da haben wir alle mehr von… ;-)

Zurück zur Musik, wo sich LISA GERRARD hauptsächlich auf die ruhigeren, atmosphärischeren Stücke konzentrierte. Gerade die nur mit leichten Piano-Klängen unterlegten Passagen wiesen live tatsächlich leichte Parallelen zu Tenhi (das wäre ein geiles Package gewesen!) auf, ansonsten wurde den Hörern aber ein ganz eigener Tonkosmos kredenzt, unterstützt durch die hervorragenden Mitmusiker. Nach ziemlich genau zwei Stunden war es dann leider auch schon wieder (und viel zu schnell) vorbei, wobei die Zeit wie im Flug verging und es zu Recht (auch bereits vor den zwei Zugaben) stehenden Ovationen gab.

Nach einem kurzen, von Richard initiierten Ausflug in eine Dönerbude, wo wir den Rest der Menschheit davor bewahren konnten, mit diesem Fleisch in näheren Kontakt zu treten, und ansonsten über Killerkarnickel und andere Haustiere philosophierten, stellte sich dann schließlich heraus, dass die Autobatterie bei dem von Dajana unternommenen Belastungstest (4,5 Stunden Licht an) schmählich versagt hatte. Was an sich nicht so schlimm gewesen wäre, hätte die Wegfahrsperre nicht in falsch verstandener Solidarität gleich mit den Geist aufgegeben. Somit hatten wir noch ein lustiges, zweieinhalbstündiges Stand-In auf einem Parkplatz in Duisburg und alle was für unsere Erkältung (schnief) getan. Und außerdem: viva la Frühschicht!
Es besteht aber kein Zweifel, dass es trotz einiger misslicher Begleitumstände ein toller Abend mit einem grandiosen Konzert war! Deswegen sind wir beim nächsten Mal auch bestimmt wieder mit dabei. Punkt.

Setlist: Tempest, Desert Song, Sacrifice, Maharaja, Sea Whisperer, Black Forest, Sanvean, Wandering Star, Meltdown // Paikea Legend, In Exile, Host Of Seraphim, Space Weaver, Dreams Made Flesh, Now We Are Free // The Wind That Shakes The Barley, Salem's Lot, Sleep

 

story © Psycho • pics © Daniela Vorndran