In den letzten Jahren gab es ja schon so manche spektakuläre und einzigartige :: DEVIN TOWNSEND PROJECT :: Show. Man erinnere sich an The Retinal Circus, aufgeführt am 27. Oktober 2012 im Londoner Roundhouse, mit diversen Akrobaten, Kontorsionisten, Gospelchören und Pyro-Effekten; an die legendäre Ziltoid Show in der Royal Albert Hall am 13. April 2015 oder an verschiedene Ki/Addicted/Deconstruction/Ghost 4-fach Vollbedienungen. Keines dieser Events war mir bis dato vergönnt.
Nun bietet das Jahr 2017 eine weitere einmalige Gelegenheit – das 20-jährige Jubiläum von Devins ersten und bahnbrechenden Soloalbum Ocean Machine: Biomech. Und natürlich wurde dieser Anlaß für eine weitere legendäre Show genutzt.
Dafür hat man sich dieses Mal die atemberaubend schöne Kulisse des antiken :: Amphitheater Philippopolis :: in Plowdiw, Bulgarien ausgesucht, um dort Ocean Machine: Biomech in seiner ganzen Länge darzubieten, umrahmt von einem zweiten „by request Set“, bei dem die Fans über die Auswahl der Songs vorher abstimmen konnten. Und dieses Mal wollte ich unbedingt dabei sein.
Gesagt, getan. Tickets, Flüge und Hotels gebucht und auf ging es in den wilden Osten nach Bulgarien :)
:: Fotos :: (mobile pics only)
Das man sich die Konzert-Tickets in Bulgarien einfach an Tankstellen ausdrucken lässt, hatte schon was ;) Super einfaches Handling. Dafür war das antike Theater entgegen allen Erwartungen und den recht günstigen Ticketpreisen nicht ausverkauft. Für die oberen Ränge gab es noch Karten und selbst die ausverkauften aber bei dem einen oder anderen überzähligen Golden- und Silver Circle Tickets ließen sich nicht mehr an den Mann oder die Frau bringen. Das war schon sehr schade. Allerdings sollte man hier auch erwähnen werden, dass das Gros des Publikums aus aller Herren Länder kam: aus den USA, Kanada, Australien, aus jeder Ecke Europas, sogar Fans aus Malta waren angereist. Ich schätze, die Einheimischen konnte man an den Händen abzählen, denn für diese waren die Ticketpreise, gemessen am Durchschnittseinkommen, sicherlich extraordinär teuer.
Von Anfang an herrschte eine unglaubliche Stimmung rund um das Theater. Viele Fans fanden sich schon lange vor der Zeit ein, tranken zusammen das eine oder andere Bier und fachsimpelten über das Devin Townsend‘sche Omniversum. Nerds halt. Jeder freute sich einfach bei diesem Spektakel dabei sein zu können.
Nun denn… Die Orga, gerade was die Tickets und dann den Einlass anging, verlief im Vorfeld nicht ganz so reibungslos. Etwas verspätet um 18:30 Uhr öffneten sich dann endlich unter lautem Gejubel die Tore und die Fans eilten in die Arena, um sich die besten Plätze zu sichern. Das war gar nicht so einfach, denn die original marmornen Treppen waren sehr schmal, außerordentlich steil und ausgetreten. Es war in der Tat ein halsbrecherischer Akt da hinunterzukommen. Also ohne Blessuren runterzukommen, meine ich… Zumal gerade im Hauptgang auch noch jede Menge Kabel verliefen. Außerdem gab es gerade zu Beginn einiges Gerangel, da man ein speziell für diesen Abend entworfenes Jubiläums-Plakat und zweierlei Jubiläums-T-Shirts erwerben konnte. Nach 30 Minuten war aber alles ausverkauft (inzwischen kann man aber Poster und Shirts im HeavyDevy-Shop kaufen. Leider, leider gibt es keine Girlies) und die Gänge wieder leer.
Dafür erfreute sich die Mehrheit der Fans an den äußert günstigen Bierpreisen von 3 BGN, was ca. 1,50 Euro entspricht.
Die Zeit bis zum Start der Show wurde uns mit Lichtspielen zum Ausleuchten des Theaters und mit der Musik von Anathema versüßt, die hier, neben einer Reihe anderer namhafter Bands, ebenfalls schon eine ganz besondere Show gespielt haben.
Und dann war es endlich soweit. Zuerst gab es das „By Request Set“, welches vom :: Plovdiv State Opera Orchester :: begleitet wurde. Der Einzug der Musiker wurde frenetisch bejubelt, ebenso der Chor, der sich auf einer höheren Ebene sehr dekorativ zwischen den Säulen einrichtete. Der Tumult wurde noch inbrünstiger, als - natürlich - als Devin Townsend und seine Jungs auf die Bühne kamen. Als erstes bedankte sich Devin bei jedem und allen herzlichst, die diese Show möglich gemacht hatten. Denn hier, so sagte er, wurde ein Traum für ihn wahr.
“This is a dream come true, guys, I can’t even tell you,” he says. “Everyone’s here because we’re all a little socially awkward. Tonight we’re going to see what happens when you get a bunch of nerds in one place!”
Und er kündigte auch gleich an, das er diesmal nicht soviel Blödsinn reden wollte, um das Nachbearbeiten der Aufnahmen für die BlueRay zu erleichtern ;) Gut, ganz verkneifen konnte er sich die Scherze und das Reden dann doch nicht ;) So widmete er zum Beispiel Deadhead seiner Frau und Canada... nun ja… Kanada. Im Set gab es so manche Perle, wie Om, Deep Peace oder A Simple Lullaby, die man selten oder bisher noch nie live zu hören und zu sehen bekommen hat. Bei letzterem gab es immer dann, wenn Devin „Fire“ brüllte, Flammensäulen auf dem hinteren Teil der Bühne und zum Ende des Songs passend ein grandioses Feuerwerk. Wow! Das war großartig. Die Fans waren hin und weg und bedankten sich allenthalben mit standing ovations bei der Band und dem Orchester.
Der Sound war allerdings etwas unausgewogen. Man konnte zwar deutlich den Anschlag einer einzelnen Triangel hören, so still und klar war es teilweise, aber dafür waren andere Parts des Orchesters kaum und der Chor überhaupt nicht zu hören. Ich hoffe doch sehr, dass man dies beim Nachbearbeiten der DVD ausgleichen kann.
Die 1 1/2 Stunden des ersten Sets vergingen wie im Fluge und eigentlich wollte jeder noch mehr hören. Doch das DEVIN TOWNSEND PROJECT bedankte sich einmal mehr herzlichst und entließ das Publikum in eine 30-minütige Pause.
Setliste „By Request with orchestra: Truth, Stormbending, Om, Failure, By Your Command, Gaia, Deadhead, Canada, Bad Devil, Higher, A Simple Lullaby, Deep Peace
Aber anstatt sich ein bisschen zu auszuruhen, tobten die Bandmitglieder durch das Amphitheater, schüttelten Hände und quatschten mit Fans. Teilweise so intensiv, das Devin himself beinahe den Einsatz zum zweiten Set verpasste ;)
Die Bühnendekoration hatte sich in der Zwischenzeit drastisch geändert. Oder sagen mir mal… minimalisiert. Orchester und Chor waren nun komplett verschwunden, das Drumkit von Ryan Van Poederooyen wurde in die Mitte gerückt, rechts das Effektboard von Dave Young und links… stand ein Stuhl.
Jene, die sich wie ich wunderten, mussten aber nicht lange warten, denn kurz darauf wurde der originale Ocean Machine: Biomech Bassist John ‘Squid’ Harder auf die Bühne geleitet, der während des Sets sitzend seinen Bass spielte.
Nun hielt es die Fans kaum noch auf den Hintern. Viele standen entweder durchgängig oder sprangen allenthalben auf, reckten die Fäuste, schrien, jubelten oder sangen lautstark mit (der Bewegungsdrang kann aber auch an der nun schnell einsetzenden frischen Luft und der allgemein knappen Bekleidung gelegen haben… ;)).
Ich muss gestehen, dass ich mir Ocean Machine: Biomech schon verdammt lange nicht mehr angehört und somit komplett vergessen habe, wie großartig dieses Album eigentlich ist. Insbesondere die zweite Hälfte ab Regulator geht unter die Haut. Das (Handy)Lichtermeer bei Sister, welches Devin nur mit seiner Akustikgitarre begleitete, verursachte Gänsehaut. Und bei The Death Of Music standen mir dann auch tatsächlich die Tränen in den Augen. Scheiße, das ging ans Herz… Was für eine Show!
Da wog es dann auch nicht so schwer, dass DEVIN TOWNSEND zunehmend Probleme mit seiner Stimme bekam und immer wieder zu seinem Inhalator greifen musste.
Am Ende verlangte das Volk natürlich lautstark nach Zugaben, die es aber nicht gab. Was hätte das DEVIN TOWNSEND PROJECT nach Things Beyond Things auch noch spielen können, ohne diese einzigartige Atmosphäre zu zerstören oder zu banalisieren.
Ja, dieses Konzert war schon etwas ganz Besonderes. Es war sicherlich nicht perfekt aber wer oder was ist das schon. Es war perfekt dort zu sein. Es war perfekt solch ein Konzert genießen zu dürfen. Band und Orchester haben mit Herz und Seele gespielt und die Fans haben mit Liebe reagiert. Ein DEVIN TOWNSEND Konzert sollte man ja generell nie verpassen. Aber für eines dieser besonderen Events lohnt es sich immer um den Globus zu reisen.
Setliste Ocean Machine: Biomech: Seventh Wave, Life, Night, Hide Nowhere, Sister, 3 A.M., Voices In The Fan, Greetings, Regulator, Funeral, Bastard (1/Not One Of The Better Days, 2/The Girl From Blue City), The Death Of Music, Things Beyond Things
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