<< archive
 

Grave - Dismember - Entombed - Unleashed - Exterminator

 
2006-11-14 AT – Wien - Planet Music

Alle 4 Schwedentod-Legenden auf einmal - selbst in diesem Konzertjahr, das es eh schon ziemlich in sich hat, ist so eine Veranstaltung noch mal ein besonderer Höhepunkt, und man kann da ja eigentlich gar nicht wirklich von einem Nostalgiepackerl sprechen, da die Bands ja auch heute noch durchaus aktuell sind. Also ein ähnlicher Fall wie die Sodom/Kreator/Destruction – Tour vor ein paar Jahren. Bei Leuten wie meinereinem, die jetzt doch schon etwas länger dabei sind, weckt das ganze natürlich trotzdem nicht ganz un-sentimentale Erinnerungen an Konzerte in den frühen neunziger Jahren, z.B. den genialen Auftritt von DISMEMBER und vor allem GRAVE im Vorprogramm von Morbid Angel im September 1993 in der Arena, oder auch…ah, lass ’ma das lieber, sonst wird die Einleitung länger als der eigentliche Bericht…

:: Fotos ::

Schon die Vorverkaufszahlen ließen auf das hoffen, was letztendlich auch eintrat, nämlich eine gut gefüllte Hütte, die aber nicht derart elendig vollgequetscht war wie 3 Tage davor bei Amon Amarth, als man sich selbst in der letzten Reihe kaum rühren konnte (ohne Übertreibung). Unter den Anwesenden waren viele in schon sehr ausgewaschene Leiberln aus der bereits erwähnten Zeit gehüllt – u.a. ist mir mit Massacre’s From Beyond- Fetzen eine ganz besondere Perle ins Aug gestochen („beneid“).

Bei Todesthrashern :: EXTERMINATOR ::, die jetzt auch schon seit 15 Jahren ihr Unwesen treiben, waren die Reihen dann aber doch noch ziemlich licht, was aber mehr daran gelegen haben dürfte, dass man halt wegen der schwedischen Legenden da war und 5 Bands doch etwas viel des guten sind. Musikalisch gab es nämlich absolut nix auszusetzen, sehr groovige G’schicht, sehr thrashig, größtenteils deutsche Ansagen – kein Wunder also, dass es von denen, die sich die Belgier nicht entgehen lassen haben, anständigen Applaus setzte. Mehr als ein Anheizer konnten die bei dieser Zusammenstellung aber leider trotzdem nicht sein.

Ich hatte ja eigentlich gehofft, das :: UNLEASHED :: ein bisserl später dran sein würden, da die Wikingerhymnen der Burschen um den Sympathiebolzen Johnny Hedlund mit noch etwas mehr Alkohol im Schädel (als ich zu der Zeit eh schon hatte) ja doch irgendwie noch besser kommen. Aber wurscht – wenn UNLEASHED da sind, dann gibt’s kein Raunzen, sondern einen Hit nach dem anderen, und davon am Anfang gleich einen der größten (Before The Creation Of Time). Bei den Klassikern war natürlich am meisten los, der eine oder andere „Unleashed! Unleashed!“ – Chor ließ nicht lange auf sich warten. Johnny schien auch ehrlich erfreut über die Reaktionen, die bei den Stücken vom leiwanden neuen Album Midvinterblot (Blood Of Lies, Triumph Or Genocide, Victory Or Defeat – bei letzterem gab es auch ein nettes Mitsing-Spielchen) zwar nicht ganz so euphorisch waren wie z.B. bei Neverending Hate, Don’t Want To be Born, To Asgard We Fly oder natürlich vor allen The Immortals (wobei ich ja persönlich nicht versteh, wieso ausgerechnet das zur absoluten Bandhymne geworden ist). Schade, dass bei Vinterland das geniale Black Metal – Riff kaum zu hören war, ansonsten war der Sound nämlich gar nicht übel – tut sich da im Planet Music in letzter Zeit etwa gar etwas in dieser Richtung? Ein weiteres Kultstück, konkret Into Glory Ride, beendete dann (natürlich inklusive Trunk aus dem Horn) den regulären Teil. Sehr schnell war die Band aber wieder da und packte mit Death Metal Victory auch noch genau die richtige Zugabe aus, um noch ein letztes Mal alle Mitgröl-willigen (und das waren nicht wenige) zum Zug kommen zu lassen. Ich hätte ja eigentlich ganz gern wieder mal Execute ’Em All gehört, aber – wie schon erwähnt – Raunzen gilt nix, sondern Daumen weit nach oben!

:: ENTOMBED :: waren aus dem schwedischen Quartett diejenigen, die mich am wenigsten interessiert haben, nachdem mir ja eigentlich nur die ersten 2 Scheiben getaugt haben und ich sie nach dem 93er-Drittling Wolverine Blues weitgehend ignoriert hab (wobei ich aber nix über den großartigen ENTOMBED-Auftritt im Mai 1994 auf der Tour mit Napalm Death, die an dem Tag übrigens erbärmlich waren, kommen lasse). Die erste Frage, nämlich wer den ausgestiegenen Uffe Cederlund auf dieser Tour an der Gitarre ersetzen würde, war schnell geklärt – gar niemand. Aber irgendwie machte sich das nicht so negativ bemerkbar wie man hätte glauben können – Alex Hellid, neben Sänger LG „Sinatra“ Petrov das einzig verbliebene Mitglied aus alten Zeiten, hatte einen brutalen (aber nicht sehr transparenten) Gitarrensound und lieferte trotz seiner Ice-T-Optik (Haube bis zu den Pupillen runter) eine rasante Death´n Roll – Show ab, die anscheinend auch Dismember-Gitarrist David Blomquist (der ja selbst mal ein Weilchen bei Entombed war) gefallen hat – jedenfalls feierte der Herr am Bühnenrand ordentlich mit, und auch im Publikum war deutlich mehr los als ich persönlich erwartet hätte. Herr Petrov selbst dürfte zwar ziemlich blunznfett (für die Pief…äh deutschen Mitleser: „sternhagelvoll“, „hackedicht“ oder so was) gewesen sein und wankte in seinem alten Sadus – Leiberl herum wie ein nicht ganz schwindelfreier Neandertaler, aber wen stört das schon, wenn der so herrlich grölt? Irgendwie hab ich aufgrund diverser Plaudereien und sonstiger Ablenkungen allerdings doch so einiges nicht mitbekommen, aber immerhin an Out Of Hand, Stranger Aeons und das mit einer Gitarre etwas eigentümlich dargebotene (oder ist mir das nur durch die Schuld des Tankstellen – Billigbiers so vorgekommen?) Left Hand Path kann ich mich noch deutlich erinnern. Aber mehr fällt mir nimmer ein. Ah, doch noch was: Der Sound war deutlich schlechter als davor und danach.

Danach waren erst einmal 2 Becher Wasser fällig, um den erwarteten Höhepunkt auch wirklich mitzuerleben, und das war wohl gut so. :: DISMEMBER :: sind ohne Frage die brachialste Partie in diesem Tross, daran ließ auch dieser Abend keinen Zweifel. Ein Klassiker nach dem anderen – Soon To Be Dead, Casket Garden, Skinfather, Collection By Blood, Skin Her Alive - das Nostalgieprogramm schien überhaupt kein Ende mehr zu nehmen. Anscheinend ist die Band mit einer eher variablen Setlist unterwegs, wenn man sich andere Berichte von der gleichen Tour so anschaut. Die Herren Blomquist (g), Persson (g) und Christiansson (b) rannten wie aufgezogen herum, ersterer wie so oft im Maiden – Leiberl. DISMEMBER ernteten wohl auch die besten Reaktionen (zu Recht). Matti führte seine üblichen Jesus-Verarschereien auf und outete sich nebenbei mit seiner Wäsche als beinharter Ghostbusters-Fan. Irgendwann kam dann mit Time Heals Nothing, Tragedy Of The Faithful und Autopsy doch auch mal ein Phase mit mehr neuerem Material an die Reihe, und irgendwann rannte Herr Kärki mit einer ziemlich idiotischen Perücke herum, mit der er als Zwillingsschwester seines Landsmannes, des Candlemass-Frontmönchs Messiah Marcolin hätte durchgehen können. Am Ende standen die beiden Überhits, nämlich das faaaaade Dreaming In Red (von Matti als Dreaming Of Fred angekündigt, aber ob damit Trommler Fred Estby oder Veranstalter Fred Kargl gemeint war, wird wohl sein Geheimnis bleiben) und das sehr geile Override Of The Overture. Einfach wieder mal super, aber das sind sie ja eh fast immer.

Aufgrund der vorgerückten Stunde traten danach schon einige den Heimweg an, aber zum Glück blieben noch genug, um :: GRAVE :: einen würdigen Empfang zu bereiten. Irgendwie scheint sich bei denen immer mehr die Lust auf Geschwindigkeit breit zu machen, jedenfalls hatte ich das Gefühl, dass da alles um ein Eck schneller als gewohnt dahergerauscht kam. Ich wundere mich immer wieder, wie so ein dürres Geschöpf wie Ola Lindgren derartige Töne von sich geben kann... Deformed, danach Burn, und erster Höhepunkt war You’ll Never See…, bei dem sich zeigte, dass auch die Kehlen der Fans immer noch einiges hergaben. Irgendwie sind es von all diesen Schwedentodpartien eigentlich GRAVE, zu denen man am besten die Birne beuteln kann – die haben ihren Namen wahrscheinlich deshalb, weil er so ähnlich wie „Groove“ klingt. David Blomquist war auch hier am Bühnenrand wieder eifrig am mitfeiern – absoluter Kracher für mich: der Soulless-Starter Turning Black. Schön langsam war aber dann auch bei mir die Erschöpfung nicht mehr wegzuleugnen, auch wenn die rasante Darbietung des Comeback-Hits Rise einen doch noch gehörig wach hielt. Into The Grave war dann schließlich das, worauf alle gewartet hatten. Es folgte noch eine Zugabe, ich weiß aber nicht mehr, welche – tut mir leid.

Fazit: Es konnte nur genial werden und war nur genial, und zwar alle Bands. Der Kulturverein Kaltenbach versteht wirklich was von Kultur.
Kritikpunkte möchte ich aber auch anbringen: 20 Euronen für ein normales Leiberl sind meiner Ansicht nach eine Zumutung (wenn auch leider schon fast normal, außer bei Bolt Thrower). Und dass ausgerechnet diesmal es kein Tour-Leiberl gibt, auf dem alle Bands stehen, ist ja wohl auch ein bisserl komisch.
Aber sonst ein großartiger Abend. Nur schade, dass es halt ein Dienstag war und kein Freitag oder Samstag. Da hätte ich alles dran gesetzt, die Bands nachher noch ins Escape zu kriegen. Aber auch so durfte ich mit einem glücklichen Grinsen heimwärts trotten.

 

story & pics © Gunnar