Alle
4 Schwedentod-Legenden auf einmal - selbst in diesem Konzertjahr,
das es eh schon ziemlich in sich hat, ist so eine Veranstaltung
noch mal ein besonderer Höhepunkt, und man kann da ja eigentlich
gar nicht wirklich von einem Nostalgiepackerl sprechen, da die
Bands ja auch heute noch durchaus aktuell sind. Also ein ähnlicher
Fall wie die Sodom/Kreator/Destruction – Tour vor ein paar
Jahren. Bei Leuten wie meinereinem, die jetzt doch schon etwas
länger dabei sind, weckt das ganze natürlich trotzdem
nicht ganz un-sentimentale Erinnerungen an Konzerte in den frühen
neunziger Jahren, z.B. den genialen Auftritt von DISMEMBER
und vor allem GRAVE im Vorprogramm von Morbid
Angel im September 1993 in der Arena, oder auch…ah, lass
’ma das lieber, sonst wird die Einleitung länger als
der eigentliche Bericht…
::
Fotos ::
Schon die
Vorverkaufszahlen ließen auf das hoffen, was letztendlich
auch eintrat, nämlich eine gut gefüllte Hütte,
die aber nicht derart elendig vollgequetscht war wie 3 Tage davor
bei Amon Amarth, als man sich selbst in der letzten Reihe kaum
rühren konnte (ohne Übertreibung). Unter den Anwesenden
waren viele in schon sehr ausgewaschene Leiberln aus der bereits
erwähnten Zeit gehüllt – u.a. ist mir mit Massacre’s
From Beyond- Fetzen eine ganz besondere Perle ins Aug gestochen
(„beneid“).
Bei Todesthrashern
:: EXTERMINATOR
::, die jetzt auch
schon seit 15 Jahren ihr Unwesen treiben, waren die Reihen dann
aber doch noch ziemlich licht, was aber mehr daran gelegen haben
dürfte, dass man halt wegen der schwedischen Legenden da
war und 5 Bands doch etwas viel des guten sind. Musikalisch gab
es nämlich absolut nix auszusetzen, sehr groovige G’schicht,
sehr thrashig, größtenteils deutsche Ansagen –
kein Wunder also, dass es von denen, die sich die Belgier nicht
entgehen lassen haben, anständigen Applaus setzte. Mehr als
ein Anheizer konnten die bei dieser Zusammenstellung aber leider
trotzdem nicht sein.
Ich hatte
ja eigentlich gehofft, das :: UNLEASHED
:: ein bisserl später dran sein würden,
da die Wikingerhymnen der Burschen um den Sympathiebolzen Johnny
Hedlund mit noch etwas mehr Alkohol im Schädel (als ich zu
der Zeit eh schon hatte) ja doch irgendwie noch besser kommen.
Aber wurscht – wenn UNLEASHED da sind,
dann gibt’s kein Raunzen, sondern einen Hit nach dem anderen,
und davon am Anfang gleich einen der größten (Before
The Creation Of Time). Bei den Klassikern war natürlich
am meisten los, der eine oder andere „Unleashed! Unleashed!“
– Chor ließ nicht lange auf sich warten. Johnny schien
auch ehrlich erfreut über die Reaktionen, die bei den Stücken
vom leiwanden neuen Album Midvinterblot (Blood Of Lies, Triumph
Or Genocide, Victory Or Defeat – bei letzterem gab
es auch ein nettes Mitsing-Spielchen) zwar nicht ganz so euphorisch
waren wie z.B. bei Neverending Hate, Don’t Want To be
Born, To Asgard We Fly oder natürlich vor allen The
Immortals (wobei ich ja persönlich nicht versteh, wieso
ausgerechnet das zur absoluten Bandhymne geworden ist). Schade,
dass bei Vinterland das geniale Black Metal – Riff
kaum zu hören war, ansonsten war der Sound nämlich gar
nicht übel – tut sich da im Planet Music in letzter
Zeit etwa gar etwas in dieser Richtung? Ein weiteres Kultstück,
konkret Into Glory Ride, beendete dann (natürlich
inklusive Trunk aus dem Horn) den regulären Teil. Sehr schnell
war die Band aber wieder da und packte mit Death Metal Victory
auch noch genau die richtige Zugabe aus, um noch ein letztes Mal
alle Mitgröl-willigen (und das waren nicht wenige) zum Zug
kommen zu lassen. Ich hätte ja eigentlich ganz gern wieder
mal Execute ’Em All gehört, aber – wie
schon erwähnt – Raunzen gilt nix, sondern Daumen weit
nach oben!
::
ENTOMBED
:: waren aus dem schwedischen Quartett diejenigen,
die mich am wenigsten interessiert haben, nachdem mir ja eigentlich
nur die ersten 2 Scheiben getaugt haben und ich sie nach dem 93er-Drittling
Wolverine Blues weitgehend ignoriert hab (wobei ich aber nix über
den großartigen ENTOMBED-Auftritt im Mai
1994 auf der Tour mit Napalm Death, die an dem Tag übrigens
erbärmlich waren, kommen lasse). Die erste Frage, nämlich
wer den ausgestiegenen Uffe Cederlund auf dieser Tour an der Gitarre
ersetzen würde, war schnell geklärt – gar niemand.
Aber irgendwie machte sich das nicht so negativ bemerkbar wie
man hätte glauben können – Alex Hellid, neben
Sänger LG „Sinatra“ Petrov das einzig verbliebene
Mitglied aus alten Zeiten, hatte einen brutalen (aber nicht sehr
transparenten) Gitarrensound und lieferte trotz seiner Ice-T-Optik
(Haube bis zu den Pupillen runter) eine rasante Death´n
Roll – Show ab, die anscheinend auch Dismember-Gitarrist
David Blomquist (der ja selbst mal ein Weilchen bei Entombed war)
gefallen hat – jedenfalls feierte der Herr am Bühnenrand
ordentlich mit, und auch im Publikum war deutlich mehr los als
ich persönlich erwartet hätte. Herr Petrov selbst dürfte
zwar ziemlich blunznfett (für die Pief…äh deutschen
Mitleser: „sternhagelvoll“, „hackedicht“
oder so was) gewesen sein und wankte in seinem alten Sadus –
Leiberl herum wie ein nicht ganz schwindelfreier Neandertaler,
aber wen stört das schon, wenn der so herrlich grölt?
Irgendwie hab ich aufgrund diverser Plaudereien und sonstiger
Ablenkungen allerdings doch so einiges nicht mitbekommen, aber
immerhin an Out Of Hand, Stranger Aeons und das mit einer Gitarre
etwas eigentümlich dargebotene (oder ist mir das nur durch
die Schuld des Tankstellen – Billigbiers so vorgekommen?)
Left Hand Path kann ich mich noch deutlich erinnern. Aber mehr
fällt mir nimmer ein. Ah, doch noch was: Der Sound war deutlich
schlechter als davor und danach.
Danach waren
erst einmal 2 Becher Wasser fällig, um den erwarteten Höhepunkt
auch wirklich mitzuerleben, und das war wohl gut so. ::
DISMEMBER
:: sind ohne Frage die brachialste Partie in diesem
Tross, daran ließ auch dieser Abend keinen Zweifel. Ein
Klassiker nach dem anderen – Soon To Be Dead, Casket
Garden, Skinfather, Collection By Blood,
Skin Her Alive - das Nostalgieprogramm schien überhaupt
kein Ende mehr zu nehmen. Anscheinend ist die Band mit einer eher
variablen Setlist unterwegs, wenn man sich andere Berichte von
der gleichen Tour so anschaut. Die Herren Blomquist (g), Persson
(g) und Christiansson (b) rannten wie aufgezogen herum, ersterer
wie so oft im Maiden – Leiberl. DISMEMBER
ernteten wohl auch die besten Reaktionen (zu Recht). Matti führte
seine üblichen Jesus-Verarschereien auf und outete sich nebenbei
mit seiner Wäsche als beinharter Ghostbusters-Fan. Irgendwann
kam dann mit Time Heals Nothing, Tragedy Of The Faithful
und Autopsy doch auch mal ein Phase mit mehr neuerem
Material an die Reihe, und irgendwann rannte Herr Kärki mit
einer ziemlich idiotischen Perücke herum, mit der er als
Zwillingsschwester seines Landsmannes, des Candlemass-Frontmönchs
Messiah Marcolin hätte durchgehen können. Am Ende standen
die beiden Überhits, nämlich das faaaaade Dreaming
In Red (von Matti als Dreaming Of Fred angekündigt,
aber ob damit Trommler Fred Estby oder Veranstalter Fred Kargl
gemeint war, wird wohl sein Geheimnis bleiben) und das sehr geile
Override Of The Overture. Einfach wieder mal super, aber
das sind sie ja eh fast immer.
Aufgrund der
vorgerückten Stunde traten danach schon einige den Heimweg
an, aber zum Glück blieben noch genug, um ::
GRAVE ::
einen würdigen Empfang zu bereiten. Irgendwie scheint
sich bei denen immer mehr die Lust auf Geschwindigkeit breit zu
machen, jedenfalls hatte ich das Gefühl, dass da alles um
ein Eck schneller als gewohnt dahergerauscht kam. Ich wundere
mich immer wieder, wie so ein dürres Geschöpf wie Ola
Lindgren derartige Töne von sich geben kann... Deformed,
danach Burn, und erster Höhepunkt war You’ll
Never See…, bei dem sich zeigte, dass auch die Kehlen
der Fans immer noch einiges hergaben. Irgendwie sind es von all
diesen Schwedentodpartien eigentlich GRAVE, zu
denen man am besten die Birne beuteln kann – die haben ihren
Namen wahrscheinlich deshalb, weil er so ähnlich wie „Groove“
klingt. David Blomquist war auch hier am Bühnenrand wieder
eifrig am mitfeiern – absoluter Kracher für mich: der
Soulless-Starter Turning Black.
Schön langsam war aber dann auch bei mir die Erschöpfung
nicht mehr wegzuleugnen, auch wenn die rasante Darbietung des
Comeback-Hits Rise einen doch noch gehörig wach
hielt. Into The Grave war dann schließlich das,
worauf alle gewartet hatten. Es folgte noch eine Zugabe, ich weiß
aber nicht mehr, welche – tut mir leid.
Fazit:
Es konnte nur genial werden und war nur genial, und zwar alle
Bands. Der Kulturverein Kaltenbach versteht wirklich was von Kultur.
Kritikpunkte möchte ich aber auch anbringen: 20 Euronen für
ein normales Leiberl sind meiner Ansicht nach eine Zumutung (wenn
auch leider schon fast normal, außer bei Bolt Thrower).
Und dass ausgerechnet diesmal es kein Tour-Leiberl gibt, auf dem
alle Bands stehen, ist ja wohl auch ein bisserl komisch.
Aber sonst ein großartiger Abend. Nur schade, dass es halt
ein Dienstag war und kein Freitag oder Samstag. Da hätte
ich alles dran gesetzt, die Bands nachher noch ins Escape zu kriegen.
Aber auch so durfte ich mit einem glücklichen Grinsen heimwärts
trotten.