Dajana:
Ein DREAM THEATER Konzert ist eigentlich immer
ein Highlight, auch wenn ich gestehen muss, dass keines der nachfolgenden
Konzerte die Magie der Music In Progress-Tour 1993 (in Bonn in
der Biskuithalle – eine der ewigen Top-10 Shows!) erreichen
konnte. Nun denn, viel Zeit ist seitdem vergangen, welche DREAM
THEATER zu Proggöttern hat werden lassen. Live haben
sie sich schon immer rar gemacht, so dass ein Konzert nicht nur
ein Muss, sondern auch ein musikalischer Genuss der Extra-Klasse
ist.
Mit dem nunmehr neunten Album Systematic Chaos
im Gepäck und dem 15-jährigen Jubiläum von Images
And Words auf dem Buckel, begeben sich die New Yorker
ProgRock-Helden auf ausgedehnte Welttour.
Der Andrang in der Düsseldorfer Philipshalle
war groß (verbunden mit dem üblichen Parkplatzproblem),
wenn auch nicht ausverkauft. Ich schätze mal... 6000 Fans
waren da.
Moonchild: Ich habe sogar irgendwo 6500 gelesen
und von vorne sah die Halle auch ziemlich voll aus. Ganz so viele
waren es in Hannover dann doch nicht: 2200 Fans sind nach der
kurzfristigen Verlegung vom Capitol noch in die AWD-Hall
gepilgert, die dann auch ordentlich gefüllt war.
Dajana: Die Getränkepreise in der Philipshalle
waren happig, schlimmer noch die Garderobenpreise.
Reverend: Ja, das ist immer unglaublich! In der
AWD-Hall sah das ähnlich aus.
Dajana: Aber inzwischen hab ich gelernt, das
es noch schlimmer geht. Man nehme den Ringlokschuppen in Bielefeld.
Die nehmen dann doch glatt für 0,3l ganze 3 Euro. Das schafft
nicht mal Kölle... tststs. Aber auch beim Merchandise langte
man hier gut zu und als akkreditierte Fototante gab es einmal
mehr den üblichen Zirkus (dankenswerterweise musste man aber
nicht nach den 3 Songs die Kameras abgeben, außerdem war
die Security ausgesprochen nett zu uns ;)). Den Zirkus hatten
andere auch... denn man sammelte gnadenlos alle Handy- und Digicam-Wütige
beim Fotografieren aus der Menge, sofern man sie gewahr wurde.
Sehr seltsam das Ganze…
Moonchild: ...die Seltsamkeit kann ich aufklären,
in Hannover war man nämlich im Vergleich einigermaßen
gnädig mit Handys und Digicams: also muss diese Ungnade in
Düsseldorf darauf zurückzuführen sein, dass der
offizielle deutsche Fanclub The Mirror die Show dort gefilmt hat.
Reverend: Da auf der Live In Bucharest
DVD (Official Bootleg) auch schon ein paar Filmchen
enthalten sind, die von The Mirror geschossen wurden, darf man
durchaus gespannt sein, was die Jungs sich diesmal ausgedacht
haben.
Ich finde dieses Fotoverbot übrigens eigentlich - auch wenn
mich nun Schläge treffen – gar nicht so schlecht, denn
es nervt schon ziemlich, wenn während des gesamten Konzerts
Journalisten im Fotograben rumspringen oder Leute einem von links
und rechts ihre Handys vor das Gesicht halten. Trotzdem sollte
natürlich eine angemessene Berichterstattung durch die Magazine
möglich sein.
Dajana: Also... wir springen ja nicht die ganze
Zeit da rum, sondern maximal für 3 Songs. Maximal... denn
manchmal werden wir ja auch schon nach einem oder anderthalb Songs
rausgescheucht...
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Fotos
::
Dajana:
In blutrotes Licht getaucht starteten .:
SYMPHONY
X :. pünktlich um 20 Uhr. Während
das Licht statisch und eben ganz rot blieb, zeigte sich die Band
ausgesprochen variabel, sehr agil und spielfreudig. Russell Allen
sprudelte nahezu über vor Energie, fegte über die Bühne
und suchte permanent Kontakt zum Publikum, während er eine
grandiose Nummer nach der anderen vom aktuellen Album Paradise
Lost ins Publikum schmetterte, welches förmlich
an Allen’s Lippen hing und der Band ein entsprechendes Feedback
lieferte. Ich habe hier SYMPHONY X zum ersten
Mal bewusst und richtig live erlebt (und nicht nur im Vorbeigehen
bei Festivals) und war hin und weg! Mr. Allen ist auf der Bühne
ein wahrer Entertainer, richtiggehend packend und die Band insgesamt
kam unglaublich sympathisch rüber. Das war ne Hammershow,
ich sag’s euch! Fehlte nicht viel und SYMPHONY X
hätten den Headliner an die Wand gespielt. Das konnte auch
der recht mäßige Sound nicht trüben... Die knapp
gespielten 40 Minuten waren dann auch Ruck Zuck wieder vorbei.
Hmm… schade… Trotzdem ne arschgeile und kurzweilige
Geschichte!
Moonchild: Ich fand SYMPHONY X auch
wirklich gut - ich hatte aber auch eigentlich nichts anderes erwartet!
Russell Allen ist ja wohl eine Erscheinung! Und seine Interaktion
mit dem Publikum ist unglaublich! Ich hatte den Eindruck, dass
die Jungs in Hannover auch ähnlich gut drauf waren wie in
Düsseldorf.
Der Sound - na gut - was will man von nem Vorband-Equipment erwarten,
aber dafür haben sie mächtig gerockt! Und in Hannover
spielten sie noch einen Song mehr als geplant, obwohl Russells
Micro schon abgestellt gewesen war - aber die Fans wollten mehr.
Vielleicht auch, weil SYMPHONY X schon begonnen
hatten zu spielen, als noch längst nicht alle Leute in der
Halle waren. Wir hatten uns auch gewundert, dass wir kaum unsere
Plätze in der ersten Reihe ergattert hatten und schon das
Licht ausging. Einige Fans haben diesen furiosen Auftritt wegen
dieser knappen Zeitplanung leider verpasst und waren mächtig
enttäuscht - verständlich! Also: SYMPHONY X
müssen als Headliner her!
Reverend: Ich muss sagen, dass ich SYMPHONY
X seit einer Weile aktiv verfolge und der Meinung bin,
dass diese geniale Band absolut unterbewertet ist. Sowohl was
das Songwriting als auch was die instrumentalen Fähigkeiten
der Musiker angeht, sind sie mit das Beste, was man da draußen
so findet. Gerade auch diese herzerfrischend persönliche
Art, ein Konzert zu zelebrieren, findet man bei Bands dieser Größenordnung
einfach viel zu selten. Davon können sich auch Dream Theater
ruhig noch eine Scheibe abschneiden, denn so feurig wie mit Russell
Allen und seinen Jungs wurde es an diesen beiden Abenden später
nicht nochmal!
Setlist: Intro, Set The World On Fire (The
Lie Of Lies), Domination, The Serpent’s Kiss, Paradise Lost,
Inferno (Unleash The Fire), The Walls Of Babylon, Of Sins &
Shadows
Dajana:
Nach einem unglaublich flinken Umbau von nur 20 Minuten legten
.: DREAM
THEATER :. mit einem Medley-Intro und diversen
Filmausschnitten zu den Videos los.
Moonchild: Habt ihr das Bühnenequipment
gesehen? Vom Feinsten! Das war übrigens in Düsseldorf
noch üppiger als in Hannover – also vor allem die Beleuchtung,
aber auch die Deko. Und Portnoys Schießbude fand ich ja
erst richtig hässlich mit dem ganzen Plexiglas/Acryl, aber
es zaubert wundervolle Lichteffekte im Zusammenspiel mit der Beleuchtung.
Dajana: Jau, genau, fand ich auch. Dieser Aufbau
war schon beeindruckend. Generell war die Bühne ganz im Stile
von Systematic Chaos dekoriert: die
Ampel in der Mitte über der Bühne (funktionierte auch,
bei grün begann die Show), die Straßenlaterne und das
DT-Schild. Und natürlich alles voll mit
Ameisen, an der Ampel, an den Keys, in groß auf dem Boden,
am Schlagzeug... überall Krabbelviecher mit bösen roten
Augen ;) Apropos Keyboards… Jordan Rudess hat sich da ja
eine nette Kollage zusammengebaut. Auf einer drehbaren Hand thronten
mehrere Keyboards, ein weiteres stand gegenüber (das war
das legendäre Haken Continuum, Anm. Moonchild ;)) und ein
mobiles zum um den Hals hängen gab es auch noch. Jordan tobte
sich dann auch richtig an den Tasten aus, löste sich hin
und wieder, um an den Bühnenrand zu kommen und den Fans zu
huldigen, die ihrerseits bei seinen Solos fast in Kreischattacken
ausbrachen. Dem setzte Mr. Portnoy hinter seinem Kit noch eins
drauf. Seine erzwungene Ortgebundenheit glich er mit akrobatischen
Übungen und „Im-Stehen-Trommeln“ wieder aus ;)
Dem gegenüber standen die beiden Johns, quasi als Ruhepole,
denn beide agierten eher introvertiert, versanken in ihr Spiel.
John Petrucci, der aussah wie der Mann aus den Bergen, kam dennoch
immer wieder an den Bühnenrand, wo die Huldigungen der Fans
ein Lächeln auf sein Gesicht zauberten.
Moonchild: Aber leider auch nur dann. Mir kam
es so vor, als ob JP irgendetwas auf dem Herzen hatte in Düsseldorf.
In Hannover wirkte er viel entspannter, fröhlicher. Er rockte
richtig mit, suchte intensiv den Kontakt zum Publikum und stand
nicht hauptsächlich ruhig über seine Gitarre gebeugt
– und auch James ging nicht ständig zu ihm, um ihm
den Arm um die Schultern zu legen. Spielerisch war er natürlich
top, wie eh und je, einfach zum niederknien.
Was Jordan angeht: der Zen Riffer ist doch echt der Hammer! So
ein cooles Design, eine klasse Idee. So können sich JP und
JR endlich „gleichberechtigt“ am Bühnenrand solotechnisch
duellieren ;)
Dajana: Mr. James LaBrie wiederum war meiner
Meinung nach bei fantastischer Stimme; das hab ich auch schon
wesentlich schlechter erlebt. Die Setlist war dahingehend auch
recht klug angelegt, denn sie bot LaBrie auf Grund der vielen
Solos – die im Übrigen ein ums andere Mal ziemlich
genial waren, egal, ob sie nun von den Drums, Bass, Gitarre oder
den Keys kamen – viel Freiraum, um seine Stimme zu schonen.
Moonchild: Ja, das stimmt schon, allerdings waren
DT-Songs schon immer so aufgebaut, deswegen würde
ich LaBries unbestritten gute stimmliche Verfassung eher auf seine
neue Technik zurückführen, die er sich nach einer chronischen
Kehlkopfentzündung vor ein paar Jahren angeeignet hat. Ich
denke nicht, dass die Setlist da eine Rolle spielt, denn in Hannover
gab es z.B. kein Keyboardsolo, aber James war auch dort in Top-Form
– nicht nur stimmlich. Gleiches galt übrigens für
das Konzert im Capitol vor zwei Jahren und dem Gig diesen Sommer
in Bonn, wo ja die gesamte Images And Words
gespielt wurde und er eine tadellose Performance bot, was ihm
in Bezug auf dieses Album viele nicht zugetraut hatten.
Dajana: Trotz all dieser überschwänglichen
Lobesbezeigungen gab es aber auch reichlich enttäuschte Gesichter
ob der Setlist, die sich erwartungsgemäß auf das aktuelle
Album Systematic Chaos und die letzten
Veröffentlichungen konzentrierte. Ich würde lügen,
wenn ich mich nicht über die alten Klassiker gefreut hätte,
andererseits kann ich auch die Band verstehen, die nicht immer
wieder die alten Kamellen ausbuddeln will, wenn man mit einem
neuen Album auf Tour ist.
Moonchild: Das mit den enttäuschten Gesichtern
kann ich immer nicht ganz nachvollziehen. Natürlich müssen
sich DREAM THEATER Fans erst einmal daran gewöhnen,
dass es keine An Evening With Shows mehr gibt und dass deswegen
die Songauswahl limitiert ist. Klar dürfte auch sein, dass
der Schwerpunkt immer auf dem neuesten Material liegt. Aber ansonsten
sind die Setlists doch sehr ausgewogen. Gut, in Düsseldorf
war kein Song von vor 1998 dabei, aber in Hannover gab’s
sowohl Scarred als auch Surrounded. Dazu muss
ich anmerken, dass der Song Surrounded, der ja in der
Albumfassung schon hervorragend ist, durch das neue Arrangement
und den einzigartigen Instrumentalteil ein Hochgenuss für
den anspruchsvollen Hörer geworden ist – und einige
wunderbar integrierte Zeilen aus Marillions Sugar Mice vom Album
Clutching At Straws enthält. Ob das ein Gruß an Fish
ist, der gerade mit diesem Album und seinem neuesten Solo-Werk
13th Star auf der Clutching At Stars-Tour ist? Oder darf man den
Gerüchten glauben, dass DREAM THEATER ein
neues “Cover-Projekt” in der Mache haben? Clutching
At Straws würde ja thematisch optimal zu Portnoys bald beendeter
Anonyme Alkoholiker Saga passen.
Also zurück zur Setlist: man sieht, dass es sich bei DT
durchaus lohnt, ein Konzert mehr zu besuchen, da man dann noch
den ein oder anderen Song mehr genießen darf.
Dajana: Ach ja *zustimm* ich würde generell
am liebsten jede Band zwei- oder dreimal am Stück sehen,
wenn man dafür nicht immer halb um den Planeten reisen müsste
oder andersherum dem Arbeitgeber vor die Füße werfen
müsste, um sich ein paar Tage Urlaub zu ergattern... *seufz*
Generell hat die Setliste aber der Stimmung keinen Abbruch getan,
die war von Anfang bis Ende auf hohem Niveau. Insgesamt hatte
die Show vielleicht ein bisschen was Distanziertes, Kühles
an sich, liegt vermutlich an der Musik an sich und den musikalischen
wie handwerklichen Fähigkeiten der Protagonisten auf der
Bühne. LaBrie bedankte sich jedenfalls artig für den
ungemein positiven Zuspruch und ließ die Meute ein ums andere
Mal wissen, wie toll es ist, wieder in Düsseldorf zu spielen
(sie taten das exakt am selbigen Tag zwei Jahre zuvor).
Moonchild: Ja, mit der Distanz der Band hast
du definitiv Recht. Da sollten sich DREAM THEATER
wirklich mal was von SYMPHONY X abgucken –
ich hatte in Düsseldorf den Eindruck, dass James das auch
schon in Teilen macht. Denn auch Prog muss ja nicht immer so super-ernst
und ober-professionell dargeboten werden. Übrigens hat LaBrie
Deutschland mal in einem Interview positiv erwähnt, was den
Feierfaktor der Fans angeht – in einem Atemzug mit Italien
und Brasilien, da kann man schon stolz drauf sein. Allerdings
fällt mir immer wieder auf, dass im Norden Deutschlands –
und da zähle ich Hannover absolut dazu – während
der Konzerte sehr viel weniger abgerockt wird unter den Fans als
weiter südlich – und damit meine ich auch schon Düsseldorf!
Das haben diese beiden Abende auch wieder einmal exemplarisch
gezeigt.
Setlist Hannover: Intro (Video/2007: An Ant
Odyssey), Constant Motion, Panic Attack, Blind Faith, Surrounded
’07, The Dark Eternal Night, Home, Scarred, In The Presence
Of Enemies Pt. 1 & 2 // Big Medley: It’s Raining (Trial
Of Tears), Finally Free, Learning To Live, In The Name Of God,
Razor’s Edge (Octavarium)
Setlist Düsseldorf: Constant Motion,
Never Enough, Blind Faith, Endless Sacrifice, The Dark Eternal
Night, (Keyboard-Solo), Lines In The Sand, I Walk Beside You,
In The Presence Of Enemies Pt.1 & 2 // Big Medley - Its Raining
(Trail Of Tears), Finally Free, Learning To Live, In The Name
Of God, Razors Edge (Octavarium)
Dajana:
So, für mich war das ein wirklich tolles Konzert
mit einer dicken Überraschung bezüglich SYMPHONY
X, die letztendlich und irgendwie dann doch die heimlichen
Lieblinge und Headliner des Abends waren ;)
Moonchild & Reverend: Das können wir
sowohl für Hannover, als auch für Düsseldorf nur
unterstreichen :) Das soll nicht heißen, dass DREAM
THEATER nicht auch hinreißend waren, aber man muss
SYMPHONY X sicherlich als ebenbürtigen Act
ernst nehmen und von daher war das für uns eine traumhafte
Bandkombination.