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2006-02-25 DE – Osnabrück - Halle Gartlage
Was ist das Beste gegen Winterdepressionen? Ja, klar, ein Urlaub im sonnigen Süden! Und wenn einem das nötige Kleingeld dafür fehlt? Ein ordentliches Power Metal Konzert!
Dieses kündigte sich dann zum Glück in Form von EDGUY an und als wir sahen, dass DRAGONFORCE als Support dabei sein sollten, gab es für uns kein Halten mehr!

Bei diesigem Wetter mit Temperaturen um den Gefrierpunkt machten wir uns nach Osnabrück auf den Weg, um die Halle Gartlage als exzellente Konzertlocation vorzufinden: Parken direkt vor der Tür, mittelgroße Halle mit Tribüne und riesigem „Foyer“ für Merchandise-Stände, Bier- und Würstchenbuden.
Wir suchten uns einen netten Platz ganz oben auf der Tribüne, um unsere alten Knochen für den Hauptact zu schonen (später waren wir aber dann doch zu bequem, um uns noch in das Getümmel vor der Bühne zu stürzen).

:: Fotos ::

Pünktlich rockte die erste Vorband SABATON los mit dem Titelsong ihres ersten Longplayers Primo Victoria. Die sechs jungen Schweden spielen epischen Power Metal mit einem Hauch von progressivem Einfluss, der aber richtig abgeht. Sie überzeugten vor allem mit kraftvollem, recht tiefem Gesang und sehr gutem Gitarrenspiel, dem die anderen Instrumentalisten aber kaum nachstanden. Die Band beglückte eine ganze Reihe Fans mit einigen Songs vom zweiten Album, das in Kürze erscheinen soll und Wolfpack, Into The Fire und Metal Machine vom oben genannten Album. Nach einer kurzen, aber überzeugenden Show, mussten SABATON die Bühne auch schon wieder räumen.

Wie ein Sturm brachen DRAGONFORCE über uns herein, nachdem noch ein extra Podest auf die Bühne gestellt worden war. Unglaublich, diese Spielfreude, unglaublich ihr Können. Es war die reinste Freude, den sechs Musikern aus aller Welt zuzuschauen, wie sie über die Bühne tobten, sich gegenseitig fast umrannten, der anderen Instrumente im Vorbeigehen zu spielen versuchten und wie sie ihre Späße machten. Währenddessen spielten sie ultraschnellen, fröhlichen Metal, der aber absolut mitsingtauglich ist. Manchmal konnte man den Fingern von Gitarrist Herman „Shred“ Li mit den Augen kaum noch folgen. Und wenn er dann in seinen Soli hin und wieder mit der linken Hand von oben spielte, ohne dass man den Wechsel hörte, mochte man seinen Augen kaum trauen. Sam Totman bewegte sich noch in menschlicher Geschwindigkeit, was die Gitarre angeht und konnte Herman trotzdem meistens folgen. Da standen sie dann immer wieder zu zweit auf dem Podest und spielten diese superschnellen Leads und Soli parallel, um sich dann umzudrehen und in hohem Bogen, passend zur Musik von selbigem herunter zu springen. Meist wurden sie verdrängt von Sänger ZP Theard, dessen Stimme leider zu leise und zu schrill ausgesteuert war, der aber bestens mit dem Publikum kommunizierte und eine enorme Präsenz auf der Bühne hatte. Nochmals die Augen reiben musste man sich, als Keyboarder Vadim Pruzhanov mit einem „Umhänge-Keyboard“ nach vorne kam. Zunächst hielt er es mit der linken Hand und spielte mit der rechten, wie üblich. Doch dann stüzte er es mit dem Knie und spielte eine ganze Weile mit beiden Händen. Wie man in einer solchen Haltung überhaupt spielen kann, ist mir schleierhaft, doch bei ihm sah es aus wie ein Kinderspiel. Basser und Drummer hatten natürlich auch genug zu tun und trugen ihren Teil zu den Späßen bei. Besonders schön anzusehen war der Effekt einer Windmaschine vor dem Podest: sie ließ die ultralangen Haare der Musiker dynamisch fliegen. Dieses Feuerwerk von Musik und Show, das richtig gute Laune machte, war nach fünf Songs viel zu schnell zu Ende.
Setlist: My Spirit Will Go On / Fury Of The Storm / Dawn Over A New World / Through The Fire And Flames / Valley Of The Damned

Endlich fiel der schwarze Vorhang, der die Bühne gerade für DRAGONFORCE viel zu klein gemacht hatte und die Bühne war bereit für EDGUY. Aus den Lautsprechern dröhnte, passend zum Karneval, “Fiesta Mexicana” von Rex Gildo. Tobi ist schon wirklich ein Witzbold – und er hat echt schwarzen Humor, wenn man bedenkt, dass Rex Gildo sich unter anderem wegen dieses Songs das Leben genommen hatte und man den Song seitdem kaum noch irgendwo zu hören bekam.
Und dann, mit “Ladies and gentlemen! Welcome to the FREAKSHOW!”, enterten EDGUY die aufwändig gestaltete Bühne und eröffneten die durchgestylte Show mit dem doch recht einfachen Catch Of The Century vom neuen Album Rocket Ride. Tobias Sammet trug zur Strass-besetzten Röhre einen fürchterlichen Zebra-Mantel, den er zum Glück schon für das sehr rockige Sacrifice ablegte. Das war wohl auch bitter nötig, denn ganz seinem Naturell entsprechend flippte Tobi über die Bühne, so dass man sich fragen musste, woher er die ganze Energie nahm. Stimmlich auf der Höhe, aber im Gesamtmix leider zu leise, sang er sich durch fast die Hälfte des neuen Albums, durchsetzt mit (leider zu wenigen) Perlen vergangener Tage. Die Fans waren begeistert und zogen bei den Publikumsanimationen und Scherzen eifrig mit. Das Anspielen des Iron Maiden-Songs The Trooper war wohl eher überflüssig und gehört auch eigentlich nicht in die Setlist. Interessant hingegen war die Entdeckung einer alten Setlist von Hammerfall, die auf dem Boden der Bühne klebte (wohl noch vom November letzten Jahres), die Tobi dazu inspirierte auch einen Hammerfall-Song anzuspielen. Das war doch endlich mal eine spontane und gelungene Aktion! Obwohl wir wirklich unseren Spaß hatten und uns die Leistung von EDGUY überzeugte, wurden wir das Gefühl nicht los, dass so gut wie jede Aktion bis ins kleinste Detail geplant war, ob es nun die Demonstration von Tobis Gitarrenkenntnissen, die wiederholte Performance seines Grätsch-Sprungs vom Drum-Podest, sein Ausflug ins Publikum (er kam bis in unsere Reihe ;) ) oder sogar das doch beeindruckende Drum-Solo war, das wie üblich mit dem “Imperial March” endete. Wir hätten uns ein wenig mehr Spontaneität erhofft, was Setlist und Anekdoten anging, aber so wird es ja von vielen Bands praktiziert und auch von den Labels verlangt. Vielleicht lag dieser Eindruck aber auch nur an dem unglücklichen Umstand, dass EDGUY nach den doch sehr starken DRAGONFORCE spielen mussten, denen sie in Sachen Virtuosität und Spielfreude natürlich nicht das Wasser reichen konnten. Und ihre Trümpfe was das Songwriting angeht, konnten EDGUY mit dieser Setlist leider nicht ausspielen, da die Songauswahl hauptsächlich aus Stücken des neuen, recht nachdenklichen Albums bestand und somit alles andere als repräsentativ für das Schaffen der Band war.
Setlist: Catch Of The Century / Sacrifice / Babylon / The Trooper (Cover) / Lavatory Love Machine / Trinidad / Tears Of A Mandrake / How Many Miles / Superheroes / Save Me / Mysteria / Vain Glory Opera / Avantasia / King Of Fools

Alles in allem war es ein gelungener Konzertabend, wenn auch anstrengend, trotz Sitzplatz. Drei Bands sind einfach zuviel, auch wenn sie alle eine überzeugende Performance abgeliefert haben.
Wir freuen uns für EDGUY, dass sie mittlerweile so groß sind, hoffen aber sehr, dass ihre Frische und Unbeschwertheit nicht durch den wachsenden Leistungsdruck einer langweiligen Routine weichen wird, wie es bei vielen anderen Bands zu beobachten ist.
Uns hat dieser Abend aber hauptsächlich Lust auf den Besuch eines DRAGONFORCE-Headliner-Konzertes gemacht!

 

story & pics © Reverend & Moonchild