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2006-11-27 AT – Wien - Arena

EXODUS ist eine der Bands, für die ich alles liegen und stehen lasse. Schon letztes Jahr auf den Antiweihnachts-Festivals haben sie auch mit der neuen Besetzung alles weggeblasen und bewiesen, dass sie nach wie vor die weltweite Nummer 1 im Thrash sind. Seit Monaten war ich daher in freudiger Erwartung dieses Konzerts und fand es auch ziemlich leiwand, dass neben dem Toursupport BIOMECHANICAL hier 2 lokale Bands, nämlich die Wiener Todesmetaller PARENTAL ADVISORY und die Neo-Thrasher EPSILON, als Vorgruppen hätten agieren sollen. HÄTTEN. Denn es kam alles „etwas“ anders.

:: Fotos ::

3 Tage vor dem Konzert wurde plötzlich bekanntgegeben, dass der für den gleichen Tag im Planet Music geplante HATESPHERE-Auftritt von dort in die Arena ver- und mit dem EXODUS-Konzert zusammengelegt wird. Somit war schon mal für Epsilon kein Platz mehr – sowas scheint ja üblich zu sein und mit kleinen Bands kann man ja anscheinend alles anstellen. Aber es sollte noch heftiger kommen.

Als ich dann einige Minuten nach dem geplanten Konzertbeginn in der Arena ankam, hatten BIOMECHANICAL gerade angefangen. Niemand konnte mir sagen, warum Parental Advisory nicht spielten, ein paar hofften in glatter Realitätsverweigerung auch zu dieser Zeit noch, dass Parental vielleicht erst nach BIOMECHANICAL dran wären. Dem war - no na -natürlich nicht so. Es war ja auch weit und breit keiner von der Band zu sehen. Am nächsten Tag stellte sich dann heraus, dass Tourmanager Nick Barker (ja, der Trommler von Benediction, der früher bei Cradle und dann bei Dimmu Borgir war) am späten Nachmittag (als alle Bands bereits anwesend waren) plötzlich der Meinung gewesen war, dass neben Exodus, Hatesphere und Biomechanical für niemand weiteren Zeit sei, dass der Umbau sonst zu lange dauern würde usw. usw. usw. Parental Advisory konnten somit wieder zusammenpacken. Wenn diese Vorgangsweise der Preis für die Zusammenlegung mit Hatesphere war, dann hätte ich darauf verzichten können (und etliche Anwesende äußerten sich ähnlich). Wie weit das jetzt rein zu Lasten von Herrn Barker geht und wie weit die Hauptbands damit zu tun hatten, lässt sich schwer sagen. Wer auch immer dafür verantwortlich ist – FUCK YOU!! Mir fällt dazu nur noch ein, dass Nick Barker noch nie ein sonderlich sympathischer Kerl war – man denke z.B. nur daran, wie er letztes Jahr am Devil Days – Festival zu extrem später Stunde 50 Minuten Schlagzeug-Soundcheck durchgezogen (obwohl sich die meisten noch Anwesenden Fans eh kaum noch auf den Beinen halten konnten) und danach trotzdem einen Scheiss-Auftritt mit Benediction (die ich sonst sehr schätze) hingelegt hat.

Die Arena-Crew hat sich nach Aussage der Parental-Burschen dagegen jedenfalls sehr höflich und korrekt verhalten und ihnen sofort einen Ersatz-Auftritt versprochen.

Somit wollen wir uns langsam dem zuwenden, was es zu sehen und zu hören gab. Von BIOMECHANICAL’s Musik hatte ich vor diesem Konzert noch keinen einzigen Ton gehört – umso positiver fiel die Überraschung aus. Irgendwo zwischen Priest und Pantera, würde ich mal sagen. Frontmann John K. glänzte mit seiner sehr variablen Stimme, mit der er sowohl den Halford als auch den modernen Thrash-Brüller bestens hinkriegt, und ich war wohl nicht der einzige, dem es gefallen hat. In den ersten Reihen tummelte sich sehr junges Volk, das auch beim abschließenden Priest-Cover Painkiller (sehr gut gelungen, aber leider Scheiss-Sound, viel zu laut) begeistert feierte (aber vom Text sichtlich keine Ahnung hatte). Von dieser Band wird man hoffentlich noch sehr, sehr viel hören.

Bei HATESPHERE brach natürlich in Sekundenschnelle der erwartete Moshpit los, der bei Death Trip und Reaper Of Life noch zusätzlich an Fahrt gewann, danach aber doch relativ schnell wieder abebbte. Der Start war auch wirklich furios gewesen, aber irgendwie schien nach einigen Nummern ein bissl die Luft draußen zu sein, sodass ich mich auch während des Auftritt das eine oder andere Mal nach draußen verzog, um festzustellen, dass sich doch mehrere noch bei der Bar herumtrieben. Gepost haben die Dänen natürlich trotzdem wieder ärgstens – in dieser Disziplin macht ihnen keiner was vor, auch wenn das ganze zum Teil doch eindeutig einstudiert war. Jacob Bredahl war wie immer bestens aufgelegt und rannte, so weit das auf der kleinen Bühne ging, wie aufgezogen durch die Gegend. The Coming Of Chaos und das abschließende Hate rüttelten die Leute noch mal kräftig durch, trotzdem war dieser Gig der bis dato am wenigsten tolle, den ich von HATESPHERE erlebt hab. Vor ein paar Monaten in Kaltenbach und letztes Jahr vor Kreator war das irgendwie viel geiler. Naja, möglicherweise war ihnen die Arena-Bühne zu klein, die brauchen ja immer viel Auslauf. Und ca. 75 Minuten sind bei so einer Band vielleicht auch etwas viel des Heftigen.

Alle solchen Überlegungen waren dann aber mal für die nächsten knapp eineinhalb Stunden irrelevant, denn wenn EXODUS da sind, ist alles andere vergessen. Mittlerweile war keiner mehr draußen bei der Bar unterwegs, dafür dampfte es in der Halle schon beim Intro ordentlich. Den Anfang machte wieder einmal Bonded By Blood – eine ziemlich unoriginelle Vorgangsweise, die aber ihre Wirkung offenbar nicht verfehlt. Fliegende Mähnen, schwirrende Fäuste, laute Anfeuerungsrufe – wie es sich halt gehört. Danach kam mit dem für das letzte Album zum Glück nicht allzu repräsentativen Raze der direkte Sprung in die Gegenwart, was der Stimmung aber keinerlei Abbruch tat. Vor Deathamphetamine forderte das Front-Ungetüm Rob Dukes einen Circlepit – ich glaub, den hätt’s auch so gegeben. Blacklist wurde begeistert mitgegrölt, und danach zeigte sich anhand des (von mir nicht unbedingt erwarteten aber umso erfreuter begrüßten) Uralt-Klassikers Exodus und dem von der aktuellen Scheibe stammenden I Am Abomination erneut das, was auch schon am Anfang zu sehen war: Die neuen Sachen sprechen eindeutig mehr den Mosh-Nerv an, während das alte Zeugs mehr zum Bangen, Fäusterecken und Mitbrüllen anstachelt (wobei aber auch die Stücke von Shovel Headed Kill Machine von einigen sehr textsicher begleitet wurden). Die Mischung aus klassischer Thrash-Schule und dezent eingebauten moderneren Einflüssen zeigt sich auch im Bild der Band auf der Bühne: Einerseits die Altschul-Thrash-Recken Holt, Altus (schnell einen Schluck auf die guten alten Heathen!) und Gibson, andererseits der nicht nur (zum Teil) im Gesangsstil, sondern in seiner ganzen Erscheinung eher dem Neo-Thrash/Core-Lager zuzuordnende Rob Dukes. Ich will gar nicht verheimlichen, dass der Kerl für mich die Schwachstelle der Band darstellt. Noch dazu benimmt sich der Typ für meine Begriffe etwas lächerlich, wenn er ununterbrochen mit dem Mittelfinger Richtung Publikum wackelt und jedes eineinhalbte Wort „Fuck“ sein muss („Höhepunkt“: Dukes stellt die Band vor und erklärt am Schluss: And, by the way: My name is FUCK YOU!“). Ich will Steve Souza zurück, wenn schon Paul Baloff (er soll in Frieden ruhen) nicht mehr zu haben ist!! Man muss aber auch sagen, dass Dukes das gesamte Material absolut einwandfrei rübergebracht hat. Auf das Amerika-kritische Scar Spangled Banner folgten unmittelbar nacheinander 3 meiner absoluten Lieblingsstücke, nämlich das begeistert aufgenommene And Then There Were None (jaaaaaaaaaaaaa!), das für mich völlig unerwartete The Last Act Of Defiance (inklusive klassischem Album-Intro) und der absolute Knochenbrecher A Lesson In Violence. Weiterhin enstanden immer wieder kleine Pits, denen aber ein bissl zu viel Raum gegeben wurde –sprich in der vorderen Mitte der Halle war es auf einmal ziemlich leer, was Lee Altus zu einem eindringlichen Appell veranlasste, die Lücke zuzustopfen. Apropos Altus: Seine Gitarre klang wieder einmal ganz genau so wie es sein soll, nämlich derartig achtziger-mäßig, dass einem die Freudentränen kommen hätten können, wenn man nicht ein harter und böser Metaller wär, der wo niemals weinen tut. Abgesehen davon war soundmäßig an diesem Abend aber wieder einmal nicht alles optimal – alles ein bisserl übersteuert, außer bei Hatesphere. Mit 44 Magnum Opus und Shovel Headed Kill Machine gab es nochmal 2 ordentliche Kopftreffer, bevor die Band endlich Erbarmen mit meinem Genick zeigte und sich kurz mal zurückzog. Allzu lang dauerte es nicht, bis die Kalifornier für ein paar Zugaben auf die Brettln zurück gebrüllt waren und mit Fabulous Disaster die nächste G'nackwatschn austeilten. Schon während dieser Nummer sah man Jacob Bredahl am Bühnenrand heftig herumgestikulieren, und bei War Is My Shepherd gab es dann ein tatsächlich nettes Duett mit dem Hatesphere-Schreihals, bei dem sich zum ersten Mal sowas wie ein Lächeln hinter dem buschigen Bart von Rob Dukes abzeichnete, der einige Lobesworte für Hatesphere fand. Und Bredahl freute sich den Haxn aus, mit seinen Idolen auf der Bühne zu stehen. Apropos stehen – ich war nicht als einziger stehend k.o., aber das war egal, denn wenn als letztes Stück endlich das heißersehnte Strike Of The Beast abgefeuert wird, dann macht man sich keine Gedanken über den nächsten Tag, sondern dankt den Göttern dafür, dass man an einem Abend gleich 5 Stücke von der unübertroffenen Bonded By Blood – Scheibe um die Ohren gekriegt hat. Danach war Schluss und einige aus der Band waren sofort draußen bei den Fans – schön so!

Fazit: Es gibt nix geileres als Thrash und es gibt keine geilere Thrashband als EXODUS. Nix anderes war vorher und erst recht nachher klar. Großartige Setlist, auch wenn einigen berechtigterweise Toxic Waltz und Piranha sowie Zeugs von Pleasures Of The Flesh abgegangen ist. Aber wer so viele großartige Klassiker zur Auswahl hat wie EXODUS, der kann halt nicht jeden einzelnen Wunsch erfüllen.

Schade, dass in der Erinnerung an den Abend aufgrund der eingangs erwähnten Dinge trotzdem ein unguter Beigeschmack bleiben wird.

 

story & pics © Gunnar