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2004-10-29 DE – Herford - Elfenbein
 

Der absolute Killermonat in Sachen Tour neigt sich langsam dem Ende zu, aber nicht ohne sich noch einmal kräftig aufzubäumen und alles aufzubieten, das irgendwie ein Instrument in der Hand halten kann...
Mein persönliches Overgau-Weekend läute ich mit den legendären schwedischen Goth’n’Rollern FUNHOUSE ein, die es mal wieder nach Deutschland geschafft haben. Spätestens seit ihrem 96iger Album Never Again gehören FUNHOUSE zu meinen Alltime Faves und endlich bot sich auch mal für mich die Gelegenheit, die Jungs aus der Nähe zu erleben. Unterstützung gab es von den Bielefeldern SPIRITUAL CRAMP, die mir erstmalig auf dem Black Elben Festival 2003 über den Weg gelaufen sind und den ebenfalls aus Bielefeld stammenden Quintett REPTYLE, von denen ich zwar schon viel gehört, bisher aber eben noch nichts livehaftiges gesehen hatte...

Als Tatort war das Elfenbein in Herford gebucht worden; eine recht seltsamer abgewirtschafteter Schauplatz mit Schützenverein Ambiente, aber dennoch Heimstatt zahlreicher Veranstaltungen. Die PA schien genauso alt zu sein, wie das Gemäuer, was zur Folge hatte, das bei Einlass noch keine der Bands einen Soundcheck hatte, da man noch immer verzweifelt versuchte, erst einmal irgendwelche Ströme bis ans Ziel zu bringen. Als dann die ersten Töne aus Boxen, Amps und Mikrophonen brummelten, begann das eigentliche Chaos erst...

:: Fotos ::

:. SPIRITUAL CRAMP ~ starteten mit gut 1 ½ Stunden Verspätung und diversen Soundproblemen, die Sänger und Soundhexer Stefan fast zur Verzweiflung brachten. Aber spätestens nach A Stair Into Mind kam man in sicheres Fahrwasser und konnte ungezwungener aufspielen. Musikalisch lag der Schwerpunkt natürlich auf dem aktuellen Album To Say Goodbye, auch wenn Songs vom Time Album (Reality, Centuries) nicht fehlten und mit Decay sogar ein Song vom 97iger Colours dabei war. Was positiv auffiel war die Tatsache, das sich SPIRITUAL CRAMP viel selbstbewusster und sicherer zeigten, als noch im letzten Jahr. Ivi – so meine ich jedenfalls – hat an ihrer Stimme gearbeitet, klingt kräftiger und ausdrucksvoller, jedenfalls nicht mehr „zu dünn“. Ein wirklich schönes Repertoire aus dunklen Electro/Wave Soundkaskaden! Dem Publikum hat es gefallen und SPIRITUAL CRAMP mit reichlich Applaus belohnt, mit dem man das Trio dann auch noch für eine Zugabe wieder auf die Bühne holte.
Setlist: Relief, The Witch, A Stair Into Mind, Reality, Detail, Phoenix, Passion, Decay, Luk // Centuries

:. REPTYLE ~ blieben ebenfalls nicht von Soundproblemen verschont, haben aber selbige vermutlich gar nicht wahrgenommen, da der Monitorsound wohl ok war. Geboten wurde klassischer Gothic Rock im Stile britischer Helden aus den 80igern mit großen Gesten und Posen. Sänger Zulu weiß ziemlich genau, worauf es optisch ankommt (oder wie viel man dafür trinken muss, was auch der Grund für den einen oder anderen schrägen Ton gewesen sein könnte ;)). Das Quintett hat sich gemausert. Die mehrheitlich gespielten brandneuen Songs sind strukturierter und ausgereifter, als noch auf dem recht aktuellen Debüt A High And Lonely Place. Auch hier wurde die Band mit viel Beifall belohnt und für eine Zugabe zurück auf die Bühne zitiert.
Setlist: Black Snow, One Touch, Bought Me A Lie, The Scourge, Green Land, Massacre Celebration, Suffer, Something Wrong In Eden, All Is Love, Honest Liar, In Hell, Because // Anyway Grateful

:. FUNHOUSE ~ enterten erst nach Mitternacht die Bühne und bewiesen, das nach 18 Jahren Bandhistorie Sex, Drugs & Goth’n’Roll noch immer Lebensmotto und Energiequelle der sympathischen Schweden ist. Ich habe selten eine Band gesehen, die so enthusiastisch und quietschvergnügt auf der Bühne gestanden und sich den Arsch abgespielt hat. Als hätte man kleinen Buben nach längerem Entzug wieder das Lieblingsspielzeug in die Hand gegeben... ;) FUNHOUSE müssen derzeit für eine Weile auf Gitarist Peter Mårdklint verzichten, der sich in Australien rumtreibt, um seine Bildung aufzustocken. Dafür hat man inzwischen Matthias von Mobile Mob Freakshow quasi adoptiert, der das ganze Zeugs in weniger als 14 Tage draufschaffte und schon bei der Londonshow einheizte. Mit den ersten Tönen des Openers Care For You wurde das Publikum von den charismatischen Gitarrensound gefangen genommen und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. FUNHOUSE wurden nach jedem Song euphorisch gefeiert, was sie zwischen Bier, Wein und sonstigen Getränken sichtbar genossen. Sänger und Mainman Mikael war so begeistert über das Feedback, das er die meiste Zeit ein herzhaftes Lachen im Gesicht hatte, was so gar nicht zu der melancholisch-düsteren Musik passen wollte. Das Set von etwas über einer Stunde war nicht nur für mich viel zu kurz, zumal der Ruf nach ein paar Klassikern leider unerfüllt blieb (nur ein einziger Song vom Never Again Album in der Zugabe). Trotz vehementer „Zugabe“ Rufen und tobenden Beifall gab’s nur einmal Nachschlag.
Setlist: Care For You, Forever True, Chosen One, I Feel Joy, Second Coming, Never Let Me Down Again, Tung Hit, So Cold Without You, Cry For Love, Star In My Heart // Stand Alone, Voices, White Wedding

Ein unvergleichlich ausgelassener Abend, für den ich jede andere Band jederzeit stehen lassen würde. Das Elfenbein war überraschend gut besucht und die Anwesenden gleichermaßen gutgelaunt wie aufgeschlossen. Über soundtechnische Probleme sah man großzügig hinweg und huldigte statt dessen allen drei Bands. Funhouse natürlich ein bisschen mehr... ;)
Das nach dem chaotischen Anfang auf’s Ende verlegte Interview wurde eine recht lustige Angelegenheit, da nach Erreichen eines gewissen Alkoholpegels nicht mehr besonders viel Ernsthaftes dabei herauskam und bei jeder Gelegenheit rumgeflachst wurde. Beim allgemeinen Aufbruch war es dann auch nach 3 Uhr morgens, was mich wiederum erschreckt hochfahren ließ, denn ich hatte noch 1 ½ Stunden Fahrt vor mir und musste pünktlich um halb sechs zum Frühdienst auf der Matte stehen. Nun denn... kurz vor 5 Uhr zu Hause... *puuuh*... schnell ein paar Brote gemacht, Zeugs eingepackt und ab zur Arbeit. Geschafft! Und das pünktlich! ;) Das Einzige, worüber sich nörgeln ließe, war das nicht wirklich vorhandene Bühnenlicht. Ich hätten gerne tonnenweise Bilder geschossen... Wie dem auch sei – tolle Show! Cheers!

 

story & pics © Dajana