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GERÄUSCHWELTEN XXIV

John Duncan

 
2005-10-07 DE – Muenster - Cuba

Endlich ist die Sommerpause vorbei und ich kann mich in meine nächste GERÄUSCHWELT stürzen. Und die Herbstsaison startet dann auch gleich mit niemand geringerem als Z’EV und JOHN DUNCAN, zwei amerikanischen Industrial Legenden. Ersterer hat seinen Schwerpunkt auf die Kombination der verschiedensten Percussion Instrumente gelegt, deren Rhythmik er nach den Zahlenmysterien der Kabbala aufgebaut hat, während JOHN DUNCAN insbesondere mit seiner Performance und diversen künstlerischen Installationen oft polarisiert aber nichtsdestotrotz sehr intensiv und verstörende Klangwelten zu erzeugen weiß.
Beide charismatische Weltenbummler hat es nun zum ersten Mal nach Münster verschlagen und werden an diesem Abend neue Arbeiten präsentieren.

:: Fotos ::

:. Z’EV ~ begann pünktlich um 21 Uhr und wandelte zunächst (auf Strümpfen) eine Weile mit Rasseln um den Tisch, auf dem das Equipment für John Duncan aufgebaut war. Unglaublich, wie viele verschiedene Nuancen man mit kleinsten Bewegungsänderungen hervorrufen kann. Danach sank der Meister in einen trance-ähnlichen Zustand auf einem Teppich (ich frag mich, was der Mann die ganze Zeit geraucht hat...) zwischen seinen Schlaginstrumenten, drehte uns den Rücken zu, vergaß alles um sich herum und begann mit der großen „Pauke“, arbeitete sich über 2 „Blechtafeln“, und 2 Gongs hin zu einem blechernen Gebilde, das mich an Spongebob erinnerte, aber eine enorme Fülle an Klangabwandlungen offenbarte. An jedem der Instrumente verweilte er jeweils für ca. 8 Minuten. Wenn man die Augen schloss, fühlte man sich in ein afrikanisches Dorf versetzt, wo ein Schamane mit Stammesklängen versucht böse Geister auszutreiben oder Krankheiten zu heilen. Nach 45 Minuten war völlig überraschend und abrupt Schluss und wurden die Zuhörer unsanft geweckt.

:. JOHN DUNCAN ~ erreichte kurz darauf ein noch intensiveres Level mit seinen Klanglandschaften. Die Musik legt sich regelrecht schwer und schmerzhaft auf den Körper, lässt Arme und Beine bewegungslos erstarren und die Augenlieder zufallen. Weltraum, Breitbandgeräusche, als wenn man mit dem Very Large Array des NRAO zwischen den Sternen lauscht, rein in den Adler Nebel M16, einer der Geburtsstätten von Sternen und schwarzen Löchern oder den vielen Sonden beim kommunizieren lauscht. Mein altes Kraftwerk kam mir in den Sinn, mit seinen riesigen Maschinen, die einen charismatischen Klang erzeugten, wenn sie starteten und hochliefen, lässt sich natürlich auch mit irgendwelchen interstellaren Raumschiffen assoziieren ;) JOHN DUNCAN schaffte es immer wieder eine enorme Spannung aufzubauen, in dem er die Klangwelten minimal in neue Richtungen tendieren und sich steigern ließ und dann abrupt abbrach, um mit hintergründigen Sounds überbrückt in eine neue Klangdimension vorzustoßen, welche wiederum irgendwann abrupt verebbten. Auch hier gab es nur eine 45 Minuten Performance, bei der DUNCAN von nur 3 Teelichtern gespenstisch beleuchtet über seinen Reglern hing.

Schade, die Spielzeit hätte man gut und gerne bei beiden Künstlern verdoppeln können. Material haben sie ja genug. Dennoch einmal mehr ein außergewöhnliches Ereignis experimenteller Musik das ganze neue Denk- und Musikansätze vermittelt.

 

story & pics © Dajana