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STEVE HACKETT

acoustic trio

 
2006-10-07 DE – Melle - Alte Stadthalle

STEVE HACKETT – eine Legende – einer der Gitarristen unserer Zeit – live, in fast intimem Rahmen! Das darf man sich nicht entgehen lassen!

:: Fotos ::

Natürlich war auch die Vorfreude auf dieses Konzert schon ein Genuss und wir nahmen trotz Erkältung den Weg ins schöne Melle auf uns. Früh erreichten wir die geschmackvoll renovierte Alte Stadthalle und konnten uns bei einem heißen Kaffee von der Bar aus den Soundcheck und letzte Proben ansehen, was schon einen überragenden Vorgeschmack auf das bedeutete, was uns später am Abend erwartete.
Einige Male liefen HACKETT und seine Leute an uns vorbei und die Teeauswahl der kleinen Bar schien den Briten wohl nicht wirklich zuzusagen.

Wir ergatterten uns Plätze in der zweiten Reihe, mitten zwischen Mitgliedern des Fanclubs, mit denen man sich bis zum Beginn des Konzertes noch nett uns qualifiziert austauschen konnte. Als STEVE HACKETT schließlich die Bühne betrat, die nur mit dem nötigsten Equipment ausgestattet und spärlich aber stimmungsvoll beleuchtet war, brach in dem mit gut 200 Zuschauern völlig überbelegten Saal tosender Beifall los, der aber genauso schnell wieder verstummte, als STEVE sich auf seinen Klavierhocker gesetzt hatte und das Mikrofon zur Hand nahm. Nach einer freundlichen Begrüßung erklärte er uns, dass er nun erst einmal die Gitarre stimmen und etwas weißes Pulver nehmen müsse, ohne das ein Musiker ja nicht auskäme. Dabei griff er nach einem Penaten-Puder-Fläschchen und rieb sich mit dem Puder die Finger ein, denn mit Handschweiß an den Händen lässt sich einfach nicht so gut Gitarre spielen. Das Stimmen war schnell erledigt und kaum dass man sich versah, tanzten STEVE's Finger über die Seiten und ein fantastisches Konzert nahm seinen Anfang in einigen konzertanten, klassischen Stücken, wie ein zweistimmiges Stück von Segovia, das er als Vorschau auf sein nächstes klassisches Album zum Besten gab.
Das Klima auf der Bühne (kühles Wetter plus heiße Scheinwerfer) machten STEVE's beiden Akustikgitarren zu schaffen und er musste sie des Öfteren nachstimmen, was ihm offenbar etwas an Freude nahm. Trotzdem erwies er sich als routinierter Entertainer, auch wenn er nur hin und wieder das Wort ergriff. Sein und unser Hauptaugenmerk galt ohnehin der Gitarre, die er so unglaublich vielseitig beherrscht, wie kaum ein anderer.
Das Publikum verhielt sich sehr angenehm, was STEVE ebenfalls positiv bemerkte. Wenn ein Stück beendet war, wurde erst nach einer kleinen Pause geklatscht und der Beifall verebbte dann sehr schnell, um einer erwartungsvollen Stille zu weichen. Nur ein paar Leute aus dem Fanclub begannen mitten in Stücken zu klatschen, wenn eine besonders bekannte Melodie oder eine sehr anspruchsvolle Passage erklang, was wir als etwas störend empfanden, da wir ja die Musik hören wollten und nicht den Beifall.
Nach einer ordentlichen Pause begann das zweite Set, das ganz dem Trio gewidmet war. STEVE nahm sich hier etwas zurück und ließ Raum für Keyboarder Roger King und Flötist (und Bruder) John Hackett. Nun bekamen die Zuhörer die etwas bekannteren bis sehr bekannten Stücke aus STEVE's Solo-Oevre und ein wenig Genesis, aber auch Werke aus John's und Roger's Feder zu Ohren und die Zwischenrede wurde von allen dreien bestritten. So führte Roger nachdem das Set u. a. mit Jaccuzi vom Album Defector eröffnet worden war, den Klassiker Firth Of Fifth sinngemäß mit den Worten ein: "Steve, du hast da doch mal in einer Band gespielt? Steve: Nein, hab ich nicht. Roger: Doch, hast du wohl! Steve: Ach ja, hab ich doch. Aber mir fällt der Name nicht mehr ein."
Auch John beeindruckte mächtig an seinen beiden Flöten (sopran und alt). Kein Wunder, gehört er doch immerhin zu den besten vier Flötisten in Großbritannien. Außerdem überraschte er mit wirklich guten Deutschkenntnissen und einem sonnigen Gemüt.
Das Trio erfreute uns des Weiteren mit Stücken wie Jazz On A Summer's Day, Walking Away From Rainbows (Guitar Noir), Ace Of Wands (Voyage Of The Acolyte) und Kim (Please Don't Touch), wozu STEVE bemerkte, das es von dem Album stamme, das nach seinem Austritt bei Genesis entstand, und er sich entsprechend privateren Dingen widmete.
Die drei Musiker beglückten uns mit überragendem Zusammenspiel, großer Spielfreude und unglaublicher Virtuosität. Roger King überzeugte durch fein abgestimmte Begleitung genauso, wie durch anspruchsvolle “Leads” und “Soli”. John Hackett entlockte seinen Flöten Sounds und Stimmungen, die ihresgleichen suchen, genauso wie seine Fingerfertigkeit, die der seines Bruders an der Gitarre in nichts nachsteht. STEVE HACKETT holte gerade innerhalb des Trios alles aus der Gitarre heraus, benutzte sie als Percussion-Instrument, mal spielte er sanft, mal hart, mal streichelte, mal kraulte er sie regelrecht. Als er dann das ursprünglich von ihm erfundene Tapping sogar auf der Akustikgitarre anwendete und schließlich nur auf den Bünden mit der linken Hand spielte, konnten wir kaum glauben, dass es wahr war, was wir sahen.
Nach drei Zugaben war dieses großartige Konzert dann doch zu Ende. Doch für die Brüder Hackett und die “echten” Fans ging es noch weiter. Sie zeigten keinerlei Scheu und gaben vor der Bühne Autogramme, sprachen mit den Fans. ließen sich Sammlerobjekte und Fotos zeigen. Noch nie haben wir eine solche Hingabe in Bezug auf die Fans gesehen. STEVE war offensichtlich sehr erschöpft und sprach auch davon, dass er sich gerade noch von einer schlimmen Erkältung erholte, aber er ließ es sich nicht nehmen, mit jedem, der wollte, ein paar Worte zu wechseln.

Wir hatten uns von diesem Konzert nicht zuviel versprochen, ganz im Gegenteil. Es war ein Erlebnis und wir werden davon bestimmt noch lange zehren. Einen der ganz großen des Musikbusiness, des Gitarrenspiels und des Komponierens so hautnah zu erleben und zu sehen wie sehr er auf dem Boden der Tatsachen steht, dass er ein Mensch wie jeder andere auch, aber mit ganz großen Gaben ist, das wird eine Erinnerung sein, die man wie eine Schatz mit sich tragen wird. Wir wollen jedoch auch die Erkenntnis/Bestätigung der Tatsache, dass gute, anspruchsvolle Musik nicht aus dem Nichts kommt, dass sie Zeit zum Wachsen braucht und dass sie untrennbar mit großem Talent und ungebrochener Disziplin verbunden ist, in Erinnerung behalten.

Nun freuen wir uns auf die Tour, die STEVE HACKETT nächstes Jahr zu seinem aktuellen Album Wild Orchids unternehmen wird. Dort werden wir dann auch seine rockige Seite live erleben.

 

story & pics © Reverend & moonchild