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Heilung - Eivør - Lili Refrain
2022-11-16 DE – Bochum - Ruhrcongress

| Einlass: 18 Uhr | Beginn: 19 Uhr | Tickets: 50,10 - 68,50 Euro + Gebühren |

Nach dem für mich grandiosen Zweitwerk Futha hatte ich HEILUNG 2019 zum ersten Mal live gesehen (Livebericht hier) und war über die Maßen begeistert, geradezu hingerissen, verzaubert, hypnotisiert, einfach hin und weg. Hätte ich nicht fotografieren müssen, wäre ich wohl komplett in einer Art Trance versunken und hätte danach jedes Barbaren-Heer im Alleingang besiegt und die Welt gerettet.
Inzwischen sind HEILUNG unglaublich hip, in aller Munde und somit auch im Mainstream angekommen. Das im Sommer veröffentlichte dritte Album Drif fällt meiner Meinung nach deutlich ab und ist nur noch eine blasse Kopie des Vorgängers. Das hat aber an der Intensität der Liveshows keineswegs irgendetwas geändert.
Wie so viele andere Bands, holen nun auch HEILUNG ebenfalls ihre mehrfach verschobene Tour nach und legten dabei einen Stopp im Bochumer :: Ruhrcongress :: ein. Das Line-Up hatte sich geändert: Gaahls Wyrd waren nicht mehr Teil der Tour (hätte ich natürlich auch gerne gesehen), dafür wurden EIVØR und LILI REFRAIN eingeladen.
Ich hatte, ehrlich gesagt, keine besonders Erwartungen an die HEILUNG Show. Wenn man sie das erste Mal live gesehen hat, ist das schwer zu toppen. Vielmehr wollte ich die großartige EIVØR noch einmal live sehen, die ich bei ihren Solokonzerten im Oktober leider verpasst hatte.

Dieses Mal bin ich noch ein bisschen früher losgefahren. Zum einen, weil es einmal mehr keinen genauen Zeitplan/Running Order gab und sich die 20 Uhr Ansage als Show-Beginn bei 3 Bands per se als unwahrscheinlich darstellte. Zum anderen wollte ich möglichen Gästelisten-Problemen vorbeugen (gleiche Agentur wie am Vortag bei Opeth). Und dann gibt es ja auch immer noch reichlich Baustellen auf dem Weg nach Bochum.
Aber dieses Mal hat alles perfekt geklappt. Kein Anreisestau, Parkplatz (Abendticket 5 Euro) und Gästeliste plus Fotopass (noch besser war die Ansage, dass wir nach dem Fotograben auch ruhig aus dem Publikum fotografieren dürften, solange wir niemanden im Wege stehen). Die Cateringpreise (4 Euro für Getränke 0,33) waren ok, und wurden übrigens von der Turock-Crew serviert :) Das Merchandise von HEILUNG hatte es derweil schon in sich. Aber wie BRT gestern schon bei Opeth sagte, die Preise werden sich wohl angesichts der wirtschaftlichen Lage als neuer Standard etablieren. Viel mehr an Einnahmequellen bleibt den Bands ja auch nicht…

Wie erwartet ging es nicht um 20, sondern schon um 19 Uhr los und der Congress war zu dieser Zeit bestenfalls halb voll, auch hier bestuhlt, aber mit Freifläche vor der Bühne. Das bis dato anwesende Publikum war mehrheitlich in traditionelle und/oder historische (Wikinger)-Gewänder gehüllt und gelegentlich auch martialisch geschminkt. Manch eine*r kam dabei optisch den Hauptakteuren von HEILUNG sehr nah. Der Saal war während der Pausen mit Vogelgezwitscher und Blätterrauschen gefüllt, während Runen an allen vier Seiten der Halle auf den Wänden leuchteten. Schon das alleine erzeugte eine ganz besondere Stimmung.

:: Fotos :: LILI REFRAIN ::

Der Abend wurde von :: LILI REFRAIN :: eröffnet, einer Solokünstlerin aus Italien, die mir bis dato völlig unbekannt war. Schwarz gekleidet und mit martialischem Warpaint erschuf sie mit einer Loop-Maschine und Synths Schicht um Schicht einen unglaublich dichten Sound aus Geräuschen, Trommeln, Glocken und sonstigen Instrumenten. Das klang nicht unbedingt nordisch, vielleicht eher hexenhaft, naturmystisch, hatte aber schon einen sehr intensiven rituellen Charakter, dem ich mich nicht entziehen konnte.
Mit ihrem intuitiven Gesang erinnerte mich LILI REFRAIN oft an Lisa Gerrard (so wie Eivør auch), besonders herauszuhören beim Track Ichor, der sich mir direkt eingebrannt hat. Gänsehaut pur! Meter hoch! Dieser Track kam, wie alle anderen an diesem Abend, vom aktuellen und dritten Mana, welches im April 2022 veröffentlicht wurde und dass LILI REFRAIN auch schon beim Roadburn Festival live vorgestellt hatte, was ja einem Ritterschlag gleichkommt ;) Zu Recht!
LILI REFRAIN
hat mich unglaublich beeindruckt. Ich bin hin und weg! Das Publikum blieb derweil eher verhalten, was mich jetzt aber nicht wirklich gewundert hat. Die Musik von LILI REFRAIN ist schon eine ganz eigene Klasse und viele Roadburner dürften nicht anwesend gewesen sein…

Band: Lili Refrain
Setlist: Ichor, Sangoma, Mami Wata, Terra 2.0, Travellers, Earthling

:: Fotos :: EIVØR ::

:: EIVØR :: übt eine einzigartige Faszination aus. Und das trifft nicht nur auf mich zu, wie ich an vielen Gesichtern im Publikum sehen konnte ;) Ich wollte diese Künstlerin unbedingt noch einmal live sehen, nachdem ich sie oft genug verpasst hatte.
Von den Färöer-Inseln stammend ist sie mit vielen nordischen Traditionen eng verbunden, was sich auch in ihrer Musik wiederspiegelt, wie zum Beispiel bei Trøllabundin, mit dem sie perfekt zum Headliner passte (wie im Sommer auch schon zu Wardruna – Livebericht hier). Es gibt aber auch elektronische Elemente in ihrer Musik, zu der man ausgezeichnet tanzen kann (Salt).
Dieses Mal hatte EIVØR einen Cellisten dabei, der auch Synths und Keyboards bediente. Dennoch blieb der Sound, wie auch die Stage Performance, mit Tamburin und Gitarre, und das Licht, eher puristisch. Ganz groß war unter anderem der The Last Kingdom Track, bei dem sie mit flirrenden Post Rock Gitarren Riffs begeisterte, oder die Kiekser, die sie dieses Mal allenthalben an das Ende von Textzeilen und Strophen anhing. Interessant war auch die Anekdote einem Song, in dem sie die Furcht vor Geistern in den nebelverhangenen Wäldern und Bergen der Insel beschreibt und das mimisch dann auch entsprechend umsetzt. .
Leider, leider war diese Show mit knapp 40 Minuten wieder viel, viel zu kurz und doch atemberaubend schön und faszinierend. Einfach großartig! Im Übrigen hatte beide Vorbands einen fantastischen klaren Sound..

Band: Eivør Pálsdóttir
Setlist: God Of War intro, The Last Kingdom, Salt, Lívstræðrir, Helig, Stirdur Saknur, Gullspunnin, Trøllabundin

:: Fotos :: HEILUNG ::

Um 21 Uhr erloschen einmal mehr die Lichter im Kongressaal und Kai Uwe Faust betrat die Bühne, um mit weißen Salbei den Zeremonienplatz zu reinigen. Aus dem Publikum kam Wolfsgeheul und Kampfesschreie, die sich noch verstärkten, als die Warriors rund um :: HEILUNG :: langsam die Bühne betraten und sich zur Eröffnungszeremonie zusammenfanden. Das Publikum brauchte ziemlich lange bis es kapierte, dass nun absolute Stille gefordert wurde. Tatsächlich mussten auch inzwischen einige volltrunkene Wikinger von der Security an die frische Luft gestellt werden. Dann war es endlich soweit und die Gemeinde wurde eingeschworen.

“Remember, that we all are brothers
All people, and beasts, and trees and stone and wind
We all descend from the one great being
That was always there
Before people lived and named it
Before the first seed sprouted.”

Bei der Deko haben HEILUNG im Vergleich zu 2019 ordentlich zugelegt. Ganze Bäume zierten jetzt die Bühne, vollgehangen mit allerlei Symbolen und Glöckchen, dazu Räucherwaren und wahnsinnig viele Instrumente, die dann im Verlauf des Rituals auch alle benutzt wurden.
Die Songs wurden für die Liveperformance vom Original weg deutlich kraftvoller und harscher gespielt und bildeten in der Gesamtheit einen enormen Spannungsbogen, der im finalen Hamrer Hippyer zum ekstatischen Wahnsinn ausuferte. Extrem laut und übersteuert, wobei ich das mal als gewollt unterstelle. Man wurde richtiggehend von dem fast zweitsündigen Set aufgesogen und zum Höhepunkt getrieben. Das war unfassbar großartig! Man fühlte sich hinterher richtig erschöpft.
Interessanterweise wird bei der aktuellen Tour das neue Album Drif mit nur einem Song bedacht, nämlich Anoana, das ja auch als Single ausgekoppelt worden war und sich von der Stimmung her perfekt in das Set einfügte. Das Hauptaugenmerk lag noch immer auf dem Zweitwerk Futha.
An der Show an sich hat sich derweil nichts Wesentliches geändert. Es gab die Schaukämpfe zwischendrin, die Fesselungs- und die Feuer-Performance am Ende der Show. Die Aufmerksamkeit wechselte beständig zwischen den Kernmitgliedern der Band und den jeweiligen Live/Gastmusiker*innen und -sänger*innen. Natürlich war alles sehr stimmig ohne durchchoreographiert zu wirken, im Vergleich zu 2019 nur viel ausgefeilter und akzentuierter. Eben ein Wikinger-Ritual, oder auch Stammesritual der Indianer, wie man es als Kind oft im Fernsehen gesehen hat (die im Übrigen gleichermaßen intensiv und hypnotisierend sind).
Am Ende bliebe zu sagen, das diese Show mein erstes Ritual definitiv getoppt hat und der ganze Abend überhaupt jenseits von allem war. Ich kann es nur wiederholen: das war unfassbar großartig, intensiv, magisch, hypnotisierend, und meditativ. Ich würde sehr gerne einmal an solch einem Ritual in echt in der Natur teilhaben wollen.

Band: Kai Uwe Faust, Maria Franz, Christopher Juul
Setlist: Opening Ceremony, In Maidjan, Alfadhirhaiti, Krigsgaldr, Hakkerskaldyr, Svanrand, Norupo, Othan, Traust, Anoana, Galgaldr, Elddansurin, Hamrer Hippyer, Closing Ceremony

Vielen Dank an Kingstar Music für die Presse-Akkreditierung :)

Story & Pics © Dajana & Dajana Winkel • Photography